Baden-Württemberg

Chemisches und Veterinäruntersuchungsamt Sigmaringen

In aller Munde - Alternariatoxine in Tomatenprodukten

Dr. Tanja Welsch

 

Pommes

 

Das CVUA Sigmaringen untersuchte von 2017 bis 2023 insgesamt 251 Proben Tomatenprodukte auf Schimmelpilzgifte (Mykotoxine). Dabei waren vor allem die Alternariatoxine als Kontamination von Bedeutung. In 20 Proben (ca. 8 %) war der EU-weite Richtwert überschritten. Die Belastung mit Alternariatoxinen hing von der Art des Toxins und des Tomatenprodukts ab. Die Untersuchungsergebnisse tragen dazu bei, die bisher unzureichende Datenlage im Interesse des gesundheitlichen Verbraucherschutzes zu verbessern.

 

Tomate

 

Tomatenprodukte erfreuen sich großer Beliebtheit, ob als Ketchup zu einer Portion Pommes, als Tomatensaft oder als unverzichtbare Zutat in der Küche in geschälter, gestückelter oder passierter Form aus der Konserve, als Tomatenmark oder als Pulver für Tomatensuppe oder Tomatensoße. Tomatenprodukte können allerdings Mykotoxine enthalten. Aus Gründen des gesundheitlichen Verbraucherschutzes untersuchte das CVUA Sigmaringen daher zwischen 2017 und 2023 insgesamt 251 Proben dieser Tomatenprodukte auf zahlreiche Mykotoxine (s. Tortendiagramm). 

 

 

Tortendiagramm

Überblick über die Anzahl der auf Mykotoxine untersuchten Proben verschiedener Tomatenerzeugnisse.

 

Mykotoxine sind von verschiedenen Schimmelpilzen gebildete sekundäre Stoffwechselprodukte, die schon in geringen Konzentrationen giftig auf Mensch und Tier wirken können. Das CVUA Sigmaringen untersucht Tomatenprodukte unter anderem auf die Mykotoxine Aflatoxin B1, B2, G1 und G2 sowie Ochratoxin A. In den letzten Jahren sind außerdem die Alternariatoxine stärker in den Fokus gerückt, daher haben die Expertinnen und Experten des CVUA die 5 Alternariatoxine Alternariol (AOH), Alternariolmonomethylether (AME), Tenuazonsäure (TEA), Tentoxin (TEN) und Altenuen (ALT) in die Untersuchungsmethoden aufgenommen.

 

Was sind Alternariatoxine?

Alternariatoxine ist ein Oberbegriff für Mykotoxine, die von Schimmelpilzen der Gattung Alternaria gebildet werden. Diese Schimmelpilze sind weit verbreitet und verursachen zahlreiche Pflanzenkrankheiten. Sie können verschiedene Nutzpflanzen bereits auf dem Feld oder Lebensmittel bei der Verarbeitung und Lagerung befallen. Unter bestimmten Bedingungen bilden sie dann Alternariatoxine, so dass es zu einer Kontamination von Lebensmitteln mit diesen Mykotoxinen kommt.

 

Alternariatoxine können in einer breiten Palette an Lebensmitteln vorkommen beispielsweise in Getreide, Ölsaaten, Trockenfrüchten (wie getrockneten Feigen), Obst und Gemüse (wie Tomaten) sowie Produkten daraus.

Inzwischen sind mehr als 70 verschiedene von Alternaria gebildete Mykotoxine mit unterschiedlichen Strukturen und Wirkungen in der Literatur beschrieben. Zu den am häufigsten diskutierten gehören AOH, AME und TEA. Insgesamt gibt es aber noch viele Wissenslücken zu den Alternariatoxinen.

 

So liegen zur Toxizität der Alternariatoxine für den Menschen noch keine ausreichenden Daten vor. Studien weisen allerdings auf potenziell schädliche Wirkungen hin. In vitro Versuche – also Versuche in Modellsystemen unter spezifischen Laborbedingungen – lassen vermuten, dass AOH und AME genotoxisch sein könnten. Auch mehrere andere mögliche toxische Wirkungen werden aktuell diskutiert und erforscht. Die Europäische Behörde für Lebensmittelsicherheit (EFSA) kam bei ihrer Bewertung zum Schluss, dass die wenigen toxikologischen Daten nicht für eine fundierte Risikobewertung ausreichen. Außerdem empfahl die EFSA, weitere Daten zum Vorkommen der Alternariatoxine in Lebensmitteln zu sammeln, um die Datengrundlage für diese Risikobewertung im Interesse des gesundheitlichen Verbraucherschutzes zu verbessern. Dazu trägt das CVUA Sigmaringen mit den regelmäßigen Untersuchungen verschiedener Lebensmittel auf Alternariatoxine bei. Mittelfristiges Ziel ist, dass nach einer Risikobewertung durch die EFSA auch für diese Toxingruppe EU-weite Höchstgehalte festgelegt werden können.

 

Für Alternariatoxine gibt es bisher keine gesetzlich festgelegten Höchstgehalte. Die europäische Kommission hat aber in der Empfehlung (EU) 2022/553 für bestimmte Lebensmittel Richtwerte festgelegt.

 

Infokasten

Was sind Richtwerte für Alternariatoxine?

Bei Richtwerten handelt es sich nicht um rechtlich festgelegte Höchstgehalte; eine Überschreitung der Richtwerte führt nicht zu einem Verkehrsverbot und ist auch kein Indiz dafür, dass das Lebensmittel nicht sicher ist. Die Richtwerte für die Gehalte der Alternariatoxine AOH, AME und TEA in bestimmten Lebensmitteln in der Empfehlung (EU) 2022/553 basieren auf Daten über typische Gehalte dieser Substanzen in Lebensmitteln, die in der Datenbank der EFSA verfügbar sind. Werden diese Richtwerte überschritten, so sollten die Lebensmittelüberwachungsbehörden unter aktiver Beteiligung der Lebensmittelunternehmer ermitteln, welche Faktoren zu diesen erhöhten Alternariatoxin-Konzentrationen führen bzw. wie sich die Lebensmittelverarbeitung auf die Konzentrationen der Alternariatoxine auswirkt. Dadurch sollen weitere Informationen zusammengetragen werden mit dem Ziel, Maßnahmen zur Verhinderung oder Senkung des Vorkommens der Alternariatoxine zu ergreifen. Damit wird dem im Kontaminantenrecht verankerten allgemeinen Minimierungsgrundsatz, dem sog. ALARA-Prinzip (für „As Low As Reasonably Achievable“, deutsch: so niedrig wie vernünftigerweise erreichbar), Rechnung getragen.

 

Für verarbeitete Tomatenerzeugnisse liegen die Richtwerte bei 10 µg/kg für AOH, 5 µg/kg für AME und 500 µg/kg für TEA.

 

Untersuchungsergebnisse

Insgesamt waren bei 20 der 251 untersuchten Proben (ca. 8 %) von Tomatenprodukten die Richtwerte für Alternariatoxine überschritten. Mit welchen Mengen welches Alternariatoxins eine Probe kontaminiert war, hing dabei u. a. vom Toxin und der Art des Lebensmittels ab, wie anhand der folgenden Beispiele zu erkennen ist.

Das Balkendiagramm zeigt für die 5 untersuchten Alternariatoxine AOH, AME, TEA, TEN und ALT, bei welchem Anteil der Proben keine Gehalte quantifizierbar waren, also unterhalb der Bestimmungs- bzw. Nachweisgrenze der Untersuchungsmethode lagen, bei welchem Anteil Gehalte bestimmt wurden, die aber unter dem Richtwert lagen oder bei welchem Anteil der Richtwert überschritten wurde.

 

Balkendiagramm

 

Überblick über den Anteil der Proben in denen die Gehalte der Alternariatoxine AOH, AME, TEA, TEN oder ALT unterhalb der Bestimmungsgrenze der Untersuchungsmethode lagen, Gehalte bestimmt wurden, die aber unter dem Richtwert lagen oder der Richtwert überschritten wurde.

 

 

Die Tomatenproben enthielten keine bestimmbaren Gehalte an ALT und nur selten TEN. Jede Probe wies dagegen quantifizierbare Gehalte an TEA auf, sie lagen aber nur selten (ca. 2 % der Proben) über dem Richtwert. AOH und AME waren in 30 % - 60 % der Proben enthalten, in ca. 2 % der Proben war der Richtwert für AME überschritten, in ca. 8 % der Proben der Richtwert für AOH. Die höchsten bisher bestimmten Gehalte lagen für TEA und AME etwa 4-fach und für AOH etwa 8-fach über dem Richtwert, jeweils in einem getrockneten Tomatenprodukt, wobei die Richtwerte sich allgemein auf „verarbeitete Tomatenerzeugnisse“ beziehen und deshalb keine Verdünnungs- oder Konzentrierungsfaktoren durch die Verarbeitung berücksichtigen. Bei einigen Proben war nicht nur der Richtwert für ein Alternariatoxin überschritten, sondern für mehrere Alternariatoxine.

 

Löffel mit rotem Gewürz

 

Lebensmittel, bei denen die Tomaten in konzentrierter Form und mit hohem Anteil enthalten waren, wie Tomatenmark oder getrocknete Tomatenprodukte, waren erwartungsgemäß im Durchschnitt häufiger und mit höheren Gehalten an Alternariatoxinen belastet. Das Diagramm zeigt die Anzahl der Proben verschiedener Tomatenprodukte in denen die Gehalte für AOH und AME unter der Bestimmungsgrenze der Methode lagen oder über der Bestimmungsgrenze aber unter den jeweiligen Richtwerten lagen oder über den Richtwerten.

 

Balkendiagramm

 

Überblick über die Anzahl der verschiedenen Tomatenproduktproben in denen die Gehalte der Alternariatoxine AOH und AME unterhalb der Bestimmungsgrenze der Untersuchungsmethode lagen, Gehalte bestimmt wurden, die aber unter den jeweiligen Richtwerten lagen oder bei denen die Richtwerte überschritten wurden.

 

 

Andere Mykotoxine wie Aflatoxine oder Ochratoxin A waren in den Proben der Tomatenerzeugnissen selten und wenn, dann nur in Gehalten knapp oberhalb der Bestimmungsgrenzen der Methode zu finden. Insgesamt ist bei Tomatenprodukten also besonders die Kontamination mit Alternariatoxinen von Bedeutung. Das CVUA Sigmaringen wird die Untersuchung dieser Produkte auch in den nächsten Jahren fortsetzen.

 

Bilder

Pixabay, CVUA Sigmaringen

 

Artikel erstmals erschienen am 15.02.2024 14:07:00

Copyright © 2005–2024 Alle Rechte vorbehalten.