Dr. Norbert Martin, CVUA Freiburg
In letzter Zeit wurden wieder vermehrt Einträge zu Chrom(VI)-Befunden in Ledererzeugnissen - speziell Schuhen - im europäischen Schnellwarnsystem für Verbraucherprodukte (RAPEX) veröffentlicht.
Anlass auch für das CVUA Freiburg, im Rahmen einer Kampagne Kinderschuhe aus Leder genauer unter die Lupe zu nehmen.
Insgesamt 23 Paar Kinder-/Babyschuhe wurden auf
überprüft. Auf Grund der Materialzusammensetzung und der Verwendung mehrerer unterschiedlicher Lederbestandteile in einem Schuh wurden dabei insgesamt 55 Einzelproben untersucht.
Bilder: Kinderschuhe. Abgebildet sind Produktbeispiele, die nicht zu beanstanden waren.
(alle Fotos: CVUA Freiburg)
Die gute Nachricht: Die chemischen Analysen hinsichtlich gänzlich verbotener Stoffe sowie möglicher irreführender Auslobungen waren allesamt unauffällig.
Besorgniserregend sind allerdings die Befunde bei Chrom(VI), einem als allergisierend und sensibilisierend eingestuften Stoff, welcher beim Gerben aus den verwendeten Chrom(III)-Salzen gebildet werden kann:
In 6 Paar Schuhen war der laut Bedarfsgegenstände-Verordnung vorgeschriebene Grenzwert von 3 Milligramm pro Kilogramm für Chrom(VI) überschritten. Die bestimmten Gehalte lagen zwischen 5,0 und 34,4 mg/kg.
Auch Babyschuhe waren betroffen, obwohl gerade unsere Kleinsten die größtmögliche Vorsorge genießen sollten.
Eine Schlussfolgerung für die verantwortlichen Inverkehrbringer: Lediglich 12 Paar Schuhe, also gut die Hälfte waren gänzlich unauffällig. In 26 % der untersuchten Proben mussten die Schuhe als chemisch nicht sicherer Bedarfsgegenstand, die mit einem verbotenen Verfahren hergestellt wurden, beurteilt werden. In fünf Fällen wurde Chrom(VI) mit Gehalten unter 3 mg/kg bestimmt. Auch diese Befunde unterhalb des Grenzwerts sind aus hiesiger Sicht prinzipiell nicht als gänzlich unproblematisch anzusehen. Zeigt es doch, dass dem Ledermaterial durchaus das Potenzial der Chrom(VI)-Bildung zugeschrieben werden muss. Denn der Gehalt an Chrom(VI) kann sich noch verändern, sowohl während der Verkaufs- als auch während der Nutzungszeit.
Sowohl die RAPEX-Meldungen als auch die eigenen Untersuchungsbefunde deuten darauf hin, dass es derzeit in bestimmten Lederproduktionsbereichen große Probleme gibt, das Ledermaterial aus der Chrom(III)-Salz-Gerbung hinsichtlich des Potenzials der Umwandlung in Chrom(VI) zu stabilisieren. Die genauen Gründe für diesen Trend sind noch nicht abschließend bekannt.
Die verantwortlichen Inverkehrbringer sollten deshalb ihr Qualitätssicherungssystem auch auf den Zeitraum, in dem die Ledererzeugnisse auf dem Markt angeboten werden, ausdehnen.
Durch Vorrätighalten von sogenannten Rückstellproben und deren Untersuchung in regelmäßigen Zeitabständen wären im Falle auffälliger Befunde eigenverantwortliche interne Produktrücknahmen vom Markt möglich und damit ein verbesserter Verbraucherschutz gewährleistet.
ist die nicht mehr umkehrbare Stabilisierung der fäulnisanfälligen Rohhaut. Dabei werden Gerbstoffe durch verschiedene Bindungsarten mit dem Hautkollagen vernetzt.
Lit.: K. Fuchs, M. Fuchs, L. Derichs: Faszination Leder; Edition Chimaira, Frankfurt (Main)