Baden-Württemberg

Chemisches und Veterinäruntersuchungsamt Freiburg

Fremdwasser in Pangasiusfilets

Dr. Elke Müller-Hohe und Benjamin Dambacher, CVUA Freiburg

 

Aktueller Hintergrund

Pangasius steht bereits seit 2009 in der Rangfolge der bedeutendsten Meeres- und Süßwasserfische auf dem deutschen Markt hinter Alaska-Seelachs, Hering, Lachs und Thunfischen auf Platz 5. Er hat als „Exot" damit einen Klassiker unserer Speisefische, den Kabeljau, abgelöst. Angeboten werden hauptsächlich tiefgefroren oder aufgetaut zum Verkauf angebotene Filets, gelegentlich auch tiefgefrorene Steaks.

 

Während in den ersten Jahren der „Markteroberung" Probleme mit der korrekten Bezeichnung der Fischart dominierten (Pangasius wurde unter Bezeichnungen wie Zunge, Vietnamesische Rotzunge oder sogar Seezunge angeboten), mehrten sich in den letzten Jahren Hinweise darauf, dass Filets in größerem Umfang Wasser unter Verwendung wasserbindender Substanzen ohne jegliche Kenntlichmachung zugesetzt wird.

 

Die Zusammensetzung und Kennzeichnung von handelsüblichen tiefgefrorenen oder zum Verkauf aufgetauten Pangasiusfilets war daher Gegenstand einer Schwerpunktuntersuchung durch das CVUA Freiburg.

 

Untersuchungsergebnisse

24 Proben, davon 19 aus dem Einzelhandel und 5 aus dem Großhandel, wurden sensorisch und chemisch auf ihre Zusammensetzung sowie bestimmte Zusatzstoffe mit wasserbindender Wirkung untersucht. Insgesamt fielen 7 Proben auf durch drastische Abweichungen in der Zusammensetzung, vor allem im Wasser- und Rohproteingehalt sowie durch ausgeprägte sensorische Veränderungen und Anzeichen für die Verwendung nicht deklarierter Zusatzstoffe. 5 dieser Proben stammen aus Großhandelsbetrieben, die u.a. die Gastronomie beliefern, 2 Proben aus dem Einzelhandel.

 

Die betroffenen Proben waren bereits in der Sinnenprüfung auffällig: Im Gegensatz zu der bei unbehandeltem Fischfilet zu erwartenden, durch den typischen lamellenartigen Aufbau der Fischmuskulatur geprägten Struktur zeigten sie an den Filetunterseiten ein glasig-transparentes, teilweise von Bläschen durchsetztes, strukturloses Aussehen und eine sulzig-gallertige Konsistenz.

 

Pangasiusfilet unbehandelt

 

Pangasiusfilet behandelt

 

Pangasiusfilet Abbildung 2 vergrößert

 

Teilweise waren die aufgetauten Filets so weich, dass sie beim Aufnehmen auseinander fielen. Nach dem Erhitzen waren die Filetunterseiten strukturlos oder die Oberflächen zeigten durch zahlreiche weißliche Bläschen ein schaumiges Aussehen. Weiterhin fiel eine für Fischfilet untypische elastisch-zusammenklebende Konsistenz sowie bei der Verkostung ein glasig-gallertiges Mundgefühl auf.

 

In der Tabelle sind ausgewählte Untersuchungsparameter dieser auffälligen 7 Proben aufgeführt, dabei wurden die Messwerte dieser Proben den anhand von Literaturdaten natürlicherweise zu erwartenden Werten gegenüber gestellt:

Tabelle

Auch wenn die Erhöhungen der Wassergehalte auf den ersten Blick nicht dramatisch aussehen: eine Erhöhung des Wassergehaltes von 80% auf beispielsweise 87% bedeutet, dass von 100 g unbehandeltem Fischgewebe zusätzlich 50 g Wasser aufgenommen wurden. Wie die Werte zeigen, war der Eiweißgehalt (Rohproteingehalt) bis zu 50% niedriger als natürlicherweise zu erwarten.


Die starken sinnfälligen Veränderungen der betroffenen Erzeugnisse sowie die auffallend hohen pH-Werte lassen vermuten, dass andere als die für tiefgefrorene rohe Fischfilets zugelassene Zusatzstoffe beispielsweise Carbonate verwendet wurden, um das zugesetzte Wasser im Produkt zu binden. Es ist bekannt, dass eine „Alkalisierung" durch strukturelle Veränderungen des Fischproteins dessen Fähigkeit, Wasser zu binden, erhöht.

Kondensierte Phosphate, die diesen Effekt auch bewirken und deren Verwendung bei tiefgefrorenen rohen Fischfilets zulässig ist, wurden in keiner der beanstandeten Proben nachgewiesen.

 

Zusammenfassend entsprachen die beanstandeten Erzeugnisse, welche starke strukturelle und substanzielle Abweichungen zu einem unbehandelten Fischfilet aufwiesen und denen offensichtlich Wasser zugesetzt wurde, nicht der Verkehrsauffassung eines Fischfilets (hier: Pangasiusfilet).
Es bestand für die Verbraucher (zu denen auch gastronomische Betriebe gehören) in den vorliegenden Fällen keine Möglichkeit, anhand der Kennzeichnung eine fundierte Kaufentscheidung zu treffen, da ihnen die hierfür notwendigen Informationen nicht zur Verfügung standen.

Info Pangasius

Beim Pangasius oder Schlankwels handelt es sich um einen zur Ordnung der Welsartigen gehörenden Süßwasserfisch, der in den Flusssystemen des Mekong und Chao Praya in Thailand, Vietnam, Laos und Kambodscha vorkommt. Die auf dem deutschen Markt gehandelten Erzeugnisse stammen praktisch ausschließlich aus vietnamesischen Aquakulturbetrieben im Mekong-Delta. Hauptmastspezies für den Export stellt dabei Pangasionodon hypophthalmus (s. Abb.) dar. Die Fische werden bereits im Ursprungsland geschlachtet, filetiert und tiefgefroren.

 

Pangasionodon hypophthalmus

 

Was ist ein „Fischfilet"?

Der Begriff „Fischfilet" ist in den „Leitsätzen für Fische, Krebs- und Weichtiere und Erzeugnisse daraus" des Deutschen Lebensmittelbuches beschrieben. Danach handelt es sich um „zusammenhängendes Fischfleisch wie gewachsen, das nach Entfernung der Bauchlappen parallel zur Rückengräte vom Rumpf abgetrennt, enthäutet und soweit wie technisch möglich entgrätet ist". Pangasiusfilet darf auch den Bauchlappen enthalten. Die Verwendung bestimmter Zusatzstoffe sowie eine äußere Wassereisglasur als Schutz bei tiefgefrorenen Erzeugnissen ist zulässig. Dies ist durch die Angabe „glasiert", „mit Wassereisglasur" oder gleichsinnig in Verbindung mit der Verkehrsbezeichnung kenntlich zu machen. Wichtig zu wissen: Die Wassereisglasur ist nicht zu verwechseln mit einem wirklichen Zusatz von Wasser im Produkt.

 

Bildnachweis

Abbildungen 1-3 (CVUA Freiburg)

Pangasionodon hypophthalmus (Lerdsuwa, GNU-Lizenz)

 

Artikel erstmals erschienen am 16.04.2013 15:53:36

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