Die Kosmetik-Sachverständigen des CVUA Karlsruhe
Die Hanfpflanze gehört zur Familie der Cannabaceae und wird seit Jahrtausenden sowohl als Nutzpflanze als auch als Rausch- und Heilmittel kultiviert. THC-arme Sorten werden auch in Deutschland zur Faser- und Ölgewinnung angebaut.
Abb. 1: Hanf (Cannabis sativa L.) Zeichnung von Pflanze, Blüten, Früchten und Samen [1]
Die Cannabispflanze fasziniert die Menschheit schon seit jeher. Seit der Antike wird sie als „Pflanze der Götter“ oder in Indien und China auch als „Nektar der Verzückung“ bezeichnet [2]. Heute erfreut sich die Pflanze einer neuen oder wiederauflebenden Beliebtheit. Dabei mag der eine oder andere Verbraucher sich durch die Verwendung hanfhaltiger Kosmetik eine „berauschende“ Wirkung erhoffen.
Seit der Legalisierung bestimmter Faserhanfsorten mit einem Gehalt von maximal 0,2 Prozent an delta-9-Tetrahydrocannabinol (Δ9-THC) im Jahr 1996 hat der Anbau von Nutzhanf stetig an Bedeutung gewonnen. Als nachwachsender Rohstoff ist er vielseitig einsetzbar. Der Anbau in Deutschland ist unter wirtschaftlichen Gesichtspunkten nur interessant, wenn alle Pflanzenteile verarbeitet werden.
Der besondere Reiz der Pflanze ist auf das Harz zurückzuführen, das in den auf Blättern und Blüten befindlichen Drüsen produziert wird. Es enthält überwiegend Cannabinoide, sekundäre Pflanzeninhaltsstoffe, die nur in der Hanfpflanze vorkommen. Die Drüsen sind bis auf Samen und Wurzeln auf der gesamten Pflanze verteilt zu finden, zahlreicher jedoch an den Blüten und oberen Blättern. Samen und Wurzeln sind frei von Drüsen und enthalten somit keine Cannabinoide. Das bekannteste Cannabinoid ist das Δ9-THC, der psychoaktive Inhaltsstoff des Drogenhanfs, es kommt aber auch zu geringeren Anteilen im Faserhanf vor. Aufgrund seiner psychoaktiven Wirkung fällt es unter das Betäubungsmittelgesetz. Bislang wurden über 120 verschiedene Cannabinoide identifiziert [3].
Nicht nur für Δ9-THC, auch für eine Vielzahl weiterer Cannabinoide werden psychoaktive und pharmakologische Wirkungen beschrieben.
Von Körperpflege über Haarpflege bis zur Lippenpflege und Badezusätzen ist alles vertreten. Doch Vorsicht: nicht alle Hanfbestandteile dürfen in kosmetischen Mitteln eingesetzt werden.
Hanföl soll hautpflegende Eigenschaften besitzen und gut geeignet sein für die Pflege sehr trockener Haut [4]. Oft ist in Zusammenhang mit Hanf die Bezeichnung „CBD“ (z.B. CBD-Öl, CBD-Creme) zu finden.
CBD steht für Cannabidiol und zählt wie Δ9-THC zu den Cannabinoiden, den sekundären Pflanzeninhaltsstoffen der Hanfpflanze. Auch CBD kommt vor allem im Harz, in den weiblichen Blüten und in geringen Konzentrationen in den Blättern vor [5]. Im Gegensatz zu Δ9-THC ist CBD nicht psychoaktiv und fällt somit nicht unter die Bestimmungen des Betäubungsmittelgesetzes. Neben Cannabinol (CBN) zählt CBD zu den Hauptbestandteilen des Cannabinoidspektrums der Hanfpflanze. CBD wird eine ganze Reihe von Wirkungen nachgesagt, so soll es zum Bespiel schmerzlindernd sein und beruhigend wirken [5]. Ein Arzneimittel mit dem Wirkstoff CBD zur Behandlung von Epilepsie ist bereits in der EU zugelassen.
Die EU-Kosmetikverordnung (Verordnung (EG) Nr. 1223/2009) gibt vor, welche Stoffe in kosmetischen Mitteln nicht enthalten sein dürfen. Darunter fallen nach Art. 14 in Verbindung mit Anhang II lfd. Nr. 306 natürliche und synthetische Betäubungsmittel. Dazu gehört jeder Stoff, der in den Tabellen I und II des am 30. März 1961 in New York unterzeichneten Einheitsübereinkommens über Betäubungsmittel aufgezählt ist. In diesem Einheitsübereinkommen werden folgende Hanfbestandteile aufgelistet, die somit nicht in kosmetischen Mitteln erlaubt sind:
Cannabis und Cannabisharz und Extrakte und Cannabistinkturen
Der Ausdruck Cannabis bezeichnet die Blüten- oder Fruchtstände der Cannabispflanze, denen das Harz nicht entzogen worden ist. Ausgenommen sind die nicht mit solchen Ständen vermengten Samen oder Blätter. Der Ausdruck Cannabisharz bezeichnet das abgesonderte Harz der Cannabispflanze, gleichviel ob roh oder gereinigt.
Unter das Verbot fallen sog. Vollspektrum-Extrakte, Extrakte aus der kompletten Pflanze inklusive der harzhaltigen Blüten, sowie Extrakte aus den Blüten (Cannabis Sativa Flower Extract). Diese enthalten noch hohe Anteile an Δ9-THC. Blüten und Fruchtstände, denen das cannabinoidreiche Harz entzogen wurde, fallen nicht unter das Verbot.
Blätter sind vom Begriff Cannabis ausgenommen, ebenso die daraus gewonnenen Zubereitungen wie Extrakte oder Öle. Hanföle (Cannabis Sativa Seed Oil) werden ausschließlich aus dem Samen der Cannabispflanze hergestellt, welche keine Cannabinoide enthalten und dürfen in kosmetischen Mitteln eingesetzt werden. In den Blättern dagegen befinden sich harzbildende Drüsen, die Cannabinoide enthalten. Dadurch können auch durch einen Blätterextrakt (Cannabis Sativa Leaf Extract) geringe Mengen an Cannabinoiden in ein kosmetisches Mittel gelangen.
Reines CBD ist zulässig. Dabei spielt aus unserer Sicht die Herkunft des CBD keine Rolle. CBD kann synthetisch hergestellt werden oder aus der Cannabispflanze isoliert werden. In der Liste der Bestandteile ist es in beiden Fällen als CBD oder Cannabidiol zu kennzeichnen. Bei den sog. CBD-Isolaten handelt es sich um aus der Cannabispflanze gewonnenes und aufkonzentriertes, quasi reines CBD. Dieses enthält keine bzw. nur sehr geringe Mengen an Δ9-THC. Das CBD wird zwar auch aus den für kosmetische Mittel verbotenen Pflanzenteilen wie den Blüten/Harz gewonnen, jedoch enthält das am Ende des Prozesses gewonnene Isolat keine verbotenen Bestandteile mehr. Das kosmetische Mittel muss aber immer sicher für die menschliche Gesundheit sein (Art. 3 EU-Kosmetikverordnung). Unabhängig vom eingesetzten Rohstoff (Pflanzenextrakt oder CBD) müssen die Gehalte an Δ9-THC und CBD dem Hersteller bekannt sein und als sicher bewertet worden sein. Gehalt und Exposition der pharmakologisch aktiven Substanzen CBD und Δ9-THC in diesen Produkten dürfen nicht geeignet sein, eine therapeutische Wirkung auszuüben, da sonst ein Funktionsarzneimittel vorliegt und kein kosmetisches Mittel. Hier gelten dann andere rechtliche Bestimmungen, unter anderem gibt es für Arzneimittel ein Zulassungsverfahren. Der Hersteller trägt die Verantwortung für die Sicherheit eines kosmetischen Mittels bzw. der Importeur, wenn das kosmetische Mittel von außerhalb der EU eingeführt wird. Außerdem müssen Hersteller solcher Produkte auch auf die Bestimmungen des Betäubungsmittelgesetzes achten. Diese können in verschiedenen EU-Mitgliedsstaatenaufgrund jeweils national gültigen Gesetzen auch unterschiedlich sein.
Bei unseren Untersuchungen fanden wir auch CBD-Produkte, die als kosmetisches Mittel zur Mundpflege (z. B. in Form eines Kaugummis) in den Verkehr gebracht wurden. Da bei diesen Produkten allerdings eine ernährungsspezifische oder physiologische Wirkung durch das CBD im Vordergrund stand, ist die überwiegende Zweckbestimmung der Produkte die Lebensmitteleigenschaft. Die unrichtige Einstufung der Produkte als kosmetische Mittel erfolgte durch die Hersteller offensichtlich, um die vermeintlich strengeren Regeln des Lebensmittelrechts wie die Novel-Food Verordnung zu umgehen. Allerdings wären diese Produkte auch als Kosmetika bereits durch die Verwendung von nicht-entharzten Hanfextrakten als unzulässig anzusehen. Hersteller auf dem Graumarkt der Hanfprodukte vertreiben CBD-Produkte daher jetzt teilweise auch als ganz andere Produkte z.B. als Aroma zur Raumbeduftung, um sowohl Lebensmittel- als auch Kosmetikrecht zu umgehen. Aufgrund des Risikos von sehr hohen Δ9-THC-Konzentrationen ist von einem Verzehr von derartigen Produkten dringend abzuraten, da Drogeneffekte bis hin zur Beeinflussung der Fahrtüchtigkeit und positive Haschisch-Drogentests nicht auszuschließen sind [6].
Die EFSA (European Food Safety Agency) hat 2015 eine akute Referenzdosis von 1µg Δ9-THC /kg Körpergewicht veröffentlicht, die nicht überschritten werden sollte.
Ein Rausch oder gesundheitliche Beeinträchtigungen durch die Verwendung von Hanfkosmetik ist nicht zu erwarten, sofern nur zulässige Bestandteile der Hanfpflanze verwendet werden und die Produkte entsprechend dem vorgesehenen Verwendungszweck angewendet werden. Dermal aufgenommenes Δ9-THC gelangt zwar direkt ins Blut, allerdings geschieht die Aufnahme durch die Haut sehr langsam. Hinzu kommt, dass Δ9-THC sehr schnell vom Körper abgebaut wird. Es ist daher unwahrscheinlich, dass über die Verwendung von Kosmetika eine wirksame Blutkonzentration erreicht wird.
[1] Lachenmeier, D. W. (2019). Hanfhaltige Lebensmittel – ein Update. Deutsche Lebensmittelrundschau, 115(8), 351-372.
[2] Cannabis - Substanzen auf Rezept - Kurier.at, 15.02.2018
[3] Bundesinstitut für Risikobewertung (BfR): Tetrahydrocannabinoidgehalte sind in vielen hanfhaltigen Lebensmitteln zu hoch – gesundheitliche Beeinträchtigungen sind möglich. Stellungnahme Nr. 034/2018 des BfR vom 8. November 2018.
[4] CosIng Datenbank (Cosmetic Ingredients)
[5] Enzyklopädie der psychoaktiven Pflanzen - Christian Rätsch, AT-Verlag, 7. Auflage 2004
[6] Lachenmeier DW, Habel S, Fischer B et al. Are side effects of cannabidiol (CBD) products caused by tetrahydrocannabinol (THC) contamination? F1000Research 2019, 8:1394