Kosmetik-Sachverständige des CVUA Karlsruhe, Mai 2017
Das kühle und regnerische Maiwetter verhindert ausgiebiges Sonnenbaden und gebräunte Haut. Verbraucher greifen daher in solchen Jahreszeiten gerne zu kosmetischen Ersatzprodukten, sogenannten Selbstbräunungsmitteln. Sind diese Produkte harmlos oder können sie unerwünschtes Formaldehyd enthalten? Untersuchungsergebnisse des CVUA Karlsruhe zeigen, dass Formaldehyd in 15 unterschiedlichen Handelsprodukten nicht nachgewiesen werden konnte. Ob dies auch nach einer längeren Lagerung gewährleistet ist, werden unsere künftigen Untersuchungen zeigen.
Abbildung 1:
Selbstbräunungsmittel lassen
sich leicht auf die Haut auftragen
Seit langem ist bekannt, dass übermäßiges Sonnenbaden der Haut schadet und auch die Nutzung von Solarien die Haut vorzeitig altern lässt. Dennoch gilt braune Haut noch immer als erstrebenswertes Schönheitsideal. Gegen moderates Sonnenbaden zur Stabilisierung des körpereigenen Vitamin D-Spiegels ist nichts einzuwenden, aber viele Menschen halten sich zu lange in der Sonne auf und setzen sich so einer hohen UV-Strahlungsdosis aus, was vorzeitige Hautalterung und Faltenbildung, bei extremen Sonnenbaden sogar irreparable Hautschäden bis hin zum Hautkrebs auslösen kann. Immer mehr Menschen ziehen deshalb eine Hauttönung durch kosmetische Selbstbräunungsmittel der Bräunung durch Sonnenlicht vor.
Selbstbräuner reagieren mit den Keratinproteinen der Haut und führen dadurch zu einer Bräunung der äußersten Hautschicht (Epidermis). Verantwortlich hierfür ist der Wirkstoff Dihydroxyaceton (DHA), der mit den genannten Proteinen der Haut reagiert. Es bilden sich gelb-braune Reaktionsprodukte, sog. Melanoidine [1]. DHA ist kosmetikrechtlich nicht begrenzt und wird in Selbstbräunercremes, –lotionen oder -gelen in Konzentrationen bis zu 10 % eingesetzt. Der wissenschaftliche Kosmetikausschuss SCCS hat festgestellt, dass DHA in diesen Kosmetika kein Risiko darstellt. Auch bzgl. der Anwendung in Ganzkörper-Spraykabinen (DHA in wässrigen Lösungen bis 14 %) sieht der SCCS kein gesundheitliches Risiko [2].
Abbildung 2: Dihydroxyaceton (DHA)
Die Bräunung durch Selbstbräuner verblasst allmählich mit der normalen Erneuerung der äußeren Hautschicht. Der Wassergehalt der Epidermis spielt eine entscheidende Rolle bei der Bräunungsreaktion. So zeigt sich, dass wasserfreie Formulierungen nur eine leichte Bräunung verursachen, während ein hoher Anteil an Feuchthaltemitteln die Bräunungsintensität stark erhöht. Bereits drei Stunden nach der Anwendung wird die Bräunung sichtbar. Etwa sechs Stunden nach Anwendung erreicht die Bräunung in der Regel ihre maximale Intensität. Durch Änderung der Bestandteile in der Formulierung können unterschiedliche Farbnuancen erreicht werden. Auch der pH-Wert hat Einfluss auf den Braunton. Leicht alkalische Formulierungen bringen eine orange-braune Nuance, während eine leicht saure Formulierung eine dunklere Brauntönung mit sich bringt [1].
Es sind einige wenige Alternativen zu DHA beschrieben. Juglon (5-Hydroxy-1,4-naphthochinon) zum Beispiel ist ein Farbstoff, der in Walnussschalen vorkommt und auf dieselbe Weise mit den Proteinen der Haut reagiert wie DHA. Weiterhin werden ß-Carotinoide oder das Xanthophyll Fucoxanthin eingesetzt [6]. Diese sollen die Melaninsynthese in der Haut anregen, wodurch es zu einer Bräunung der Haut kommen soll. Als Bräunungsmittel bleibt DHA aber das wirksamste und erfolgreichste Mittel [1].
Typische Anwendungshinweise bei kosmetischen Selbstbräunern
· „verleiht der Haut innerhalb weniger Stunden eine natürliche, gleichmäßige Sommerbräune“
· „Die Bräunung ist je nach Hauttyp nach 2-6 Stunden abgeschlossen.“
· „Hält bei einmaliger Anwendung bis zu 3 Tagen“
· „Regelmäßige Anwendung intensiviert die Bräune der Haut“
Bei Selbstbräunern, die DHA enthalten, ist es wichtig, auf die Haltbarkeit und die richtige Lagerung der Produkte zu achten. Die Rohstoffhersteller der Chemikalien DHA garantieren eine Haltbarkeit von 18 Monaten bei einer Lagertemperatur von 2 – 8 °C [2]. Bei üblichen höheren Lager-Temperaturen kann DHA auf Grund seiner chemischen Struktur Formaldehyd abspalten, z. B. durch Sonneneinstrahlung oder bei Aufbewahrung im warmen Badezimmer über einen längeren Zeitraum. Selbstbräunungsmittel besitzen daher nur eine begrenzte Haltbarkeit.
Gemäß Artikel 19 Absatz 1c der EU-Kosmetik Verordnung ist die Angabe des Mindesthaltbarkeitsdatums für kosmetische Mittel mit einer Mindesthaltbarkeit von mehr als 30 Monaten nicht vorgeschrieben. In diesen Fällen ist aber anzugeben, wie lange das Mittel nach dem Öffnen durch den Verbraucher sicher verwendet werden kann [3]. Diese Angabe wird als PaO („Period after Opening“) bezeichnet. Der Hersteller ist verpflichtet, entsprechende Daten (z.B. zu Stabilitätstests) im Rahmen seiner Produktunterlagen bereit zu halten, die belegen, dass die Produkte diesen Anforderungen entsprechen. Zu PaO gibt es auch Leitlinien der Europäischen Kommission [4]. Selbst wenn der Verbraucher z.B. durch ein Klebeetikett auf dem Produkt vermerkt, wann er es erstmals geöffnet hat, ist er nicht in der Lage zu erkennen, wie alt das Produkt zum Zeitpunkt des Kaufes tatsächlich ist. Kann dies bei Selbstbräunern von Nachteil sein?
Um zu überprüfen, ob Formaldehyd im Rahmen der deklarierten Verwendungsdauer bzw. Mindesthaltbarkeit bei Selbstbräunern entsteht, wurde dieses Untersuchungsprojekt gestartet.
15 unterschiedliche Selbstbräunungsmittel wurden durch die zuständigen Behörden im Handel amtlich erhoben.
Abbildung 3:
Formaldehyd
Nach der europäischen Verordnung über die Einstufung, Kennzeichnung und Verpackung von Stoffen und Gemischen (CLP, VO (EG) Nr. 1272/2008) ist Formaldehyd seit dem 01.01.2016 als krebserzeugender Stoff der Kategorie 1B eingestuft (1B-Stoffe sind wahrscheinlich beim Menschen krebserzeugend; die Einstufung erfolgt überwiegend aufgrund von Nachweisen bei Tieren) [5].
Mit dieser Einstufung der EU in die Kategorie 1B fällt Formaldehyd unter die sogenannten CMR-Stoffe. CMR-Stoffe sind kanzerogen, mutagen oder reproduktionstoxische Stoffe. Gemäß Artikel 15 der EU-Kosmetik-Verordnung ist die Verwendung von CMR-Stoffen der Kategorie 1A und 1B mit gewissen Ausnahmen verboten. Eine entsprechende Verbotsregelung für die Verwendung von Formaldehyd in kosmetischen Mitteln ist seitens der Europäischen Kommission in Vorbereitung.
Formaldehyd wird in Selbstbräunungsmitteln nicht als aktiver Bestandteil verwendet sondern kann während der Lagerung im Produkt entstehen. Diese Tatsache muss schon heute bei der Beurteilung der Sicherheit für jedes kosmetische Mittel berücksichtigt werden. So ist es Aufgabe des Herstellers, die Sicherheit von Selbstbräunungsmitteln auch im Hinblick auf mögliche freigesetzte Mengen an Formaldehyd aus DHA während des Produktlebens zu bewerten.
Formaldehyd konnte erfreulicherweise in keiner der 15 Proben nachgewiesen werden. Die Nachweisgrenze des spektralphotometrischen Prüfverfahrens liegt bei 0,017 Prozent (siehe Tabelle).
Aus der Tabelle geht auch hervor, dass die Empfehlung des Industrieverbandes Körperpflege und Waschmittel (IKW eV), welche besagt, dass in einem Anwendungshinweis auf der Packung darauf hingewiesen werden soll, dass Selbstbräuner keinen UV-Schutz enthalten,bei allen Produkten eingehalten wurde.
Bei 9 Produkten wurde ein MHD angegeben, die anderen 6 Selbstbräuner enthielten lediglich PaO-Kennzeichnungen zwischen 6 und 18 Monaten.
Tabelle 1: Untersuchungsergebnisse Selbstbräuner
Im Abstand gewisser zeitlicher Perioden werden die Untersuchungen wiederholt, um zu überprüfen, ob während der Lagerung eine Abspaltung von Formaldehyd aus Dihydroxyaceton in den 15 Proben nachgewiesen werden kann. Hierüber wird zu gegebener Zeit berichtet.
[1] Schrader, Domsch; Skin Care, Sun and Whitening
[2] Opinion on Dihydroxyacetone, Scientific Committee on Consumer Safety 2010 (SCCS/1347/10)
[3] VO (EU) 1223/2009: Verordnung (EG) Nr. 1223/2009 des Europäischen Parlaments und des Rates vom 30. November 2009 über kosmetische Mittel (ABl. L 342/59), zuletzt geändert durch die Verordnung (EU) Nr. 2016/1143 vom 13. Juli 2016 (ABl. L 189/40).
[4] PaO-Leitlinien der Europäischen Kommission;
[5] Formaldehyd – ein krebserzeugender Stoff mit Wirkschwelle, Vorstand der GDCh-Sektion ‚Chemiker im öffentlichen Dienst‘;
[6] SymRise: SymBronze1659