Baden-Württemberg

Chemisches und Veterinäruntersuchungsamt Karlsruhe

Smoothies frisch gepresst - ein ungetrübtes Vergnügen?

Dr. Daniela Noack, Johannes Keller (CVUA Karlsruhe)

 

Zwischendurch beim Einkaufsbummel oder in der Mittagspause rasch einen Smoothie trinken, Vitamine tanken und mit dem beruhigenden Gefühl, etwas Gutes für sich getan zu haben, seinen Weg fortsetzen. Smoothie-Lounges bieten diesen Service an, aber auch Cateringfirmen, die direkt an den Arbeitsplatz oder nach Hause liefern. Im Gegensatz zu Smoothies aus dem Handel sind die Produkte entweder zum direkten Verzehr vor Ort oder beim Catering für die zeitnahe Auslieferung bestimmt. Am Chemischen und Veterinäruntersuchungsamt (CVUA) Karlsruhe wurden 2023 neun Proben frischer Smoothies und sechs Proben von Ausgangs- und Zwischenprodukten (wie geschnittenes oder püriertes Obst) sensorisch und mikrobiologisch untersucht. Darüber hinaus baten wir die Probenehmer, bei der Entnahme die hygienischen Zustände vor Ort zu prüfen. Das Ergebnis war ernüchternd – fünf der neun Smoothies waren mit unerwünschten Keimen belastet, bei den restlichen waren die Ergebnisse noch tolerierbar bzw. unauffällig. Nur in zwei Fällen waren vor Ort sichtbare Mängel feststellbar; die hergestellten Smoothies waren mikrobiologisch auffällig.

Das Bild zeigt drei Trinkgläser, mit verschiedenfarbigen Smoothies gefüllt und mit weiteren Zutaten dekoriert

Abb. 1: Verschiedene Smoothie-Getränke im Glas, dazu frisches Obst

 

„Smoothie“ – Begriff, Projektansatz und typische Flora

Bereits im Sommer 2020 nahm das CVUA Karlsruhe die beliebten Getränke mit püriertem Obst und/ oder Gemüse unter die Lupe. Damals lag das Hauptaugenmerk auf Fertigprodukten aus Onlineshops, deren mikrobiologischem Status und der Einhaltung der erforderlichen Kühllogistik. Mehr dazu hier

 

Im Sommer 2023 richteten wir den Fokus auf frisch zubereitete Smoothies aus verschiedenen Smoothie-Bars und Smoothie-Cateringbetrieben. Insgesamt wurden neun Smoothieproben sensorisch und mikrobiologisch untersucht. Außerdem wurden sechs Proben vorbereitetes Obst bzw. Gemüse und gepresste bzw. pürierte Zwischenprodukte analysiert.

Der Schwerpunkt lag dabei auf der sensorischen und mikrobiologischen Beschaffenheit im Hinblick auf die Frische und das Vorkommen von Verderbniserregern und Hygienekeimen.

 

Produkttypische Keimflora

Schimmelpilze kommen häufig auf bzw. in Obst vor, ohne zu nennenswerten Mängeln zu führen. Das liegt daran, dass der niedrige pH-Wert diese Mikroorganismen gegenüber anderen begünstigt.

Achtung: der Nachweis von Schimmelpilzen in Obst stellt nicht zwangsweise einen Verderb dar. Auf die Keimzahl kommte es an.

Eine gewisse Zahl an Schimmelpilzen ist somit zu tolerieren und muss stets im Zusammenhang mit anderen Keimnachweisen bewertet werden.

 

Petrischale mit großen blaugrünen Schimmelpilzkolonien.

Abb. 2: In Obst häufig nachgewiesen: Schimmelpilze (hier Penicilium spp.)

 

Weiterhin ist mit der Anwesenheit säuretoleranter Keime zu rechnen, aber viele sind keine obligaten Verderbniserreger. Auch hier gilt: auf die Höhe der Keimzahl kommt es an.

 

Untersuchungsspektrum

Direkt bei Probeneingang wurden die Erzeugnisse von mehreren geschulten Prüfpersonen sensorisch untersucht, um mögliche Auffälligkeiten – vor allem bzgl. Aussehen und Geruch – festzustellen.

Die mikrobiologische Untersuchung umfasste die Gesamtzahl an Schimmelpilzen und säuretoleranten Keimen. Daneben wurden typische Getränkeschädlinge wie Milchsäurebakterien und Hefen (säureliebend oder – tolerant) ermittelt. Aber auch klassische Hygienekeime, Pseudomonaden (in Getränken bei guter Herstellungspraxis nicht nachweisbare Verderbniserreger) sowie potentiell pathogene Bacillus cereus – Keime wurden analysiert.

Spezielle rechtliche Vorgaben für Smoothies gibt es nicht, allerdings kann der Vergleich mit frischem, zerkleinertem Obst und Gemüse und nicht pasteurisierten Säften, für die es mikrobiologische Empfehlungen und zum Teil auch Grenzwerte gibt, bei der Bewertung der Befunde hilfreich sein. Drei Kategorien der Bewertung wurden festgelegt: akzeptables bzw. niedriges Keimniveau, Keimarten und -niveau noch tolerierbar sowie inakzeptabel kontaminiert.

 

Ergebnisse

Sensorischer Eindruck

Die sensorische Untersuchung der Proben kann als unauffällig eingestuft werden. Sowohl optisch als auch geruchlich ergaben sich keinerlei Hinweise auf einen bereits begonnenen Verderb oder anderweitige Kontamination und die Erzeugnisse machten einen frischen Eindruck.

 

Buntes Treiben: mikrobiologische Befunde

Über die Hälfte aller Proben enthielt unerwünschte Mikroorganismen, meist in auffälliger Zahl.

 

Das Bild zeigt einen Kreis mit drei farblich unterschiedlichen Tortenstücken: 56 % der Proben sind inakzeptabel kontaminiert, bei 22 % sind Keimarten und –niveau noch tolerierbar und bei weiteren 22 % besteht ein akzeptables bzw. niedriges Keimniveau.

Abb. 3: Anteil der Smoothie-Proben nach Bewertungskategorien

 

"Spitzenreiter"

In einer Probe konnten wir hohe Keimzahlen an Fäkalindikatoren (600 KBE pro ml) und 1300 KBE pro ml Enterobacteriacae (Hygienekeime) nachweisen. Hier war bei der Betriebshygiene etwas grundlegend schiefgelaufen. In allen anderen Proben waren keine Fäkalindikatoren nachweisbar.

 

Fäkalindikatoren

Bakterien, die z.B. in Lebensmitteln und Trinkwasser nachgewiesen werden können. Der Nachweis zeigt an, dass eine Verunreinigung mit Fäkalien von Tier oder Mensch vorliegt. Ein klassischer Fäkalindikator ist das Bakterium Escherichia coli

Petrischale mit runden, kleinen blauen Eschericha coli-Kolonien

Abb. 4: Kultur von Eschericha coli-Keimen (Fäkalindikatoren)

 

Wer war´s?

Das Bild zeigt einen Ring mit drei farblich unterschiedlichen Abschnitten: 15 % Pseudomonaden, 30 % typische Hygienekeime und 55 % Verderbniserreger. Diese symbolisieren Keimgruppen in der Bewertungskategorie „inakzeptabel kontaminiert“.

Abb. 5: Anteil verschiedener Keimgruppen in der Bewertungskategorie "inakzeptabel kontaminiert"

 

Die Gruppe der typischen Verderbniserreger war am häufigsten für eine Bewertung als „inakzeptabel kontaminiert“ verantwortlich (siehe Abb. 5). Dabei gingen die Keimzahlen bis zu 3 Mio. KBE pro ml.

Die Keimzahlen an Hygieneindikatoren waren hingegen meist niedrig (Ausnahme s. „Spitzenreiter“).

 

Eine Sonderstellung nahmen die Nachweise von Pseudomonaden ein. Diese Keime sind typische Eiweißverderber. Sie gehören nicht zu den Keimen, deren Vorhandensein in Getränken zu erwarten ist, und können z.B. bei Belägen an Geräten/Maschinen oder über ungeschältes Gemüse ins Produkt gelangen. In mehreren Fällen korrelierten erhöhte Gehalte mit der Verwendung von Wurzelgemüse. Dieses ist äußerlich stets mit in der Erde natürlich vorkommenden Keimen belastet. Daher ist besonders auf gründliches Waschen zu achten; am besten ist es, Wurzelgemüse geschält zu verwenden. Bei vier Proben lagen die Keimzahlen der Pseudomonaden über 10.000 KBE pro ml.

 

Die in hitzebehandelten Smoothies häufig in unbedenklich niedriger Zahl nachweisbaren Bacillus cereus - Keime, die den Prozess in Sporenform unbeschadet überleben können, waren in keiner Probe nachweisbar.

 

Ursachenforschung

Checklisten wurden den Probenehmern zur Verfügung gestellt, um mögliche hygienische Schwachstellen dokumentieren zu können.

In einem Betrieb wurde für zwei Smoothiesorten (ein reiner Obst- und ein Obst-Gemüse-Smoothie) Ausgangsmaterial und püriertes bzw. gepresstes Zwischenprodukt erhoben. Diese Vorgehensweise bezeichnet man als Stufenkontrolle.

 

Die Auswertung der bei jeder Probenahme erstellten Checklisten zeigte, dass ein optisch einwandfreier Zustand oder eine unauffällige Sensorik nicht unbedingt auf eine einwandfreie mikrobiologische Beschaffenheit schließen lässt.

 

Stufenkontrolle Obst-Smoothie

Das Bild zeigt in einer Kunststoffdose Apfel-, Nektarinen-, Ananas- und Bananenstücke

Abb. 6: Ausgangsmaterial für Obst-Smoothie

 

Die Untersuchungsergebnisse zeigten, dass die Zahl der säuretoleranten Bakterien nach dem Pressen um das 14fache höher lagen. Milchsäurebildner waren im vorgeschnittenen Obst gar nicht, im gepressten Zwischenprodukt hingegen stark erhöht. Schimmelpilze konnten bereits im Ausgangsprodukt festgestellt werden und wurden in das Zwischenprodukt weitergegeben.

Im zur Herstellung des Endprodukts bereitgestellten Orangensaft war die Keimmenge hingegen unauffällig bzw. tolerierbar, sodass mit einem gewissen Verdünnungseffekt beim Auffüllen gerechnet werden kann.

 

Stufenkontrolle Obst-Gemüse-Smoothie

Das Bild zeigt in einer Kunststoffdose Spinatblätter, Bananen- und Kiwi-Stücke.

Abb. 7: Ausgangsmaterial für Obst-Gemüse-Smoothie

 

Bei dem Obst-Gemüse-Smoothie lag der Fall etwas anders. Die Keimzahlen an säuretoleranten Keimen, Hefen und Pseudomonaden waren bereits im Ausgangsprodukt sehr hoch.

Weiterhin waren Indikatoren für Mängel in der Personalhygiene nachweisbar (Staphylokokken), die in keiner anderen Probe gefunden werden konnten. Die Kontamination mit Pseudomonaden und Staphylokokken wurde vom Ausgangs- zum Zwischenprodukt weitergegeben.

 

Staphylokokken

Bakterien, die Haut und Schleimhäute von Mensch und Tier besiedeln und so in Lebensmittel gelangen können. Manche Arten sind Eitererreger und können Krankheiten hervorrufen; im Umfeld von Lebensmitteln sind die Keime als klassischer Indikator für nachlässige personelle Hygiene zu werten (Vorbeugung z.B. durch Niesschutz).

 

Beide Stufenkontrollen ergaben übereinstimmend, dass die rechtlichen Hygieneanforderungen, insbesondere die Vermeidung von Kontaminationen durch Mikroorganismen, nicht erfüllt wurden. Das Resultat lieferte wichtige Anhaltspunkte dafür, an welchen Stellen im Herstellungsprozess die Gefahr einer Verunreinigung besteht.

 

Mögliche Ursachen:

  • Mängel bei der Betriebs- und Personalhygiene
  • Mangelnde Frische des Ausgangsmaterials
  • Hygienisch bereits belastete Zutaten (z.B. ungeschältes Obst und Gemüse)
  • Kontamination beim Vorschneiden (Messer, Arbeitsflächen)
  • Kontamination durch Geräte/Maschinen beim Pressen bzw. Pürieren

 

Fazit

Es ist möglich, Smoothies mit geringen bzw. tolerierbaren Keimzahlen an Verderbniserregern und/oder Hygienekeimen herzustellen; die Regel war es in den am CVUA Karlsruhe untersuchten Produkten leider nicht.

Stattdessen zeigten unsere Untersuchungen Mängel beim Umgang mit den Ausgangsmaterialien, Einschleppung vermeidbarer Hygienekeime wie Pseudomonaden und Defizite bei der Herstellungshygiene.

 

Artikel erstmals erschienen am 04.04.2024 15:34:41

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