Baden-Württemberg

Chemisches und Veterinäruntersuchungsamt Karlsruhe

Jerky - Naschen auf Amerikanisch

Dr. Daniela Noack, Claudia Andlauer, Stephanie Pfalzgraf (CVUA Karlsruhe)

 

Getrocknetes, mariniertes Fleisch in Streifen – meist Beef Jerky – hat inzwischen das Regal mit den herzhaften Snacks erobert. Geworben wird mit hohem Proteingehalt, qualitativ hochwertigem Magerfleisch und traditioneller Herstellung. Durch Erhitzungsschritte bei der Herstellung soll das Produkt mikrobiologisch sicher und ungekühlt haltbar sein. Aber ist das wirklich so? Und kann man das Produkt auch selbst zubereiten? Um mehr über die mikrobielle Beschaffenheit zu erfahren und zu prüfen, ob die Zusammensetzung und Kennzeichnung den Vorgaben entspricht, haben wir eine aktuelle Probenserie untersucht. Zusätzlich stellten wir die Herstellung im haushaltsüblichen Backofen nach.

Woher kommt eigentlich die Bezeichnung jerky? Die einen glauben, aus dem indigenen Wort „ch’arki“, das aus Südamerika stammt und „getrocknetes Fleisch“ bedeutet. Die anderen sind überzeugt von der Verwandtschaft mit dem französischen Metzger, dem „charcutier“.

 

Auf dem Bild sind rohe, dünn geschnittene Fleischscheiben auf einem Telelr zu sehen

Bild 1: rohe, dünn geschnittene Fleischscheiben

Auf dem Bild sind getrocknete, dünn geschnittene Fleischscheiben auf einem Teller zu sehen.

Bild 2: getrocknete Fleischscheiben

 

Herstellung und Zusammensetzung

Bei industrieller Herstellung wird sehr mageres Fleisch (z. B. vom Rind, Lamm oder Schwein) in Streifen beliebiger Länge, aber nur weniger Millimeter Dicke geschnitten. Weitere Produktionsschritte sind Pökeln oder Räuchern zur Verfeinerung des Geschmacks. Darauf folgt das Marinieren mit verschiedenen Würzzutaten und der Trocknungsprozess.

Insgesamt verliert das rohe Fleisch dadurch etwa zwei Drittel seines Ausgangsgewichts. Jerky hat damit einen hohen Proteinanteil, kaum Fett und enthält ohne weitere Zutaten auch nur wenig aus dem Fleisch stammende Kohlenhydrate.

 

Kenntlichmachung, Werbung… Täuschung?

In der chemisch-analytischen Untersuchung der Proben konnten die Nährwertangaben bestätigt werden. Mit Angaben wie „hoher Proteingehalt“ und „proteinreich“ darf rechtlich nur geworben werden, wenn auf den Eiweißanteil mindestens 20 % des gesamten Brennwerts des Lebensmittels entfallen. Der in den Nährwertangaben deklarierte hohe Eiweißgehalt von 39 g bis zu 72 g pro 100 g konnte bei allen 11 untersuchten Handelsproben analytisch bestätigt werden. Der bei 10 Proben angebrachte zusätzliche Hinweis auf den hohen Proteingehalt war zutreffend.

 

Pflichtangaben müssen zwar in Deutschland in deutscher Sprache angegeben werden, für freiwillige Werbeangaben gilt dies jedoch nicht. Fremdsprachige Werbeangaben können allerdings irreführend sein, wenn sie unrichtige Vorstellungen über das Produkt auslösen. Hinsichtlich der verwendeten Fleischqualität waren bei einem überwiegenden Teil der Proben im englischsprachigen Werbetext Hinweise auf die Verwendung von „rump beef“ vorhanden. Durch die Ähnlichkeit zu dem verkehrsüblichen Begriff „Rumpsteak“ ist der Hinweis auf das Teilstück „rump“ auch im deutschen Sprachraum verständlich. Bei der sensorischen Untersuchung auf Aussehen, Geruch und Geschmack konnten wir bei diesen Proben die Herstellung aus magerem, gewachsenem Fleisch bestätigen. Sogar die aus Schweinefleisch hergestellten „Pork Jerky“-Streifen waren ohne sichtbares Fettgewebe und von gleichmäßig weicher, gut kaubarer Konsistenz.

 

Sensorisch war nur eine Probe auffällig: Die dünnen Rindfleischscheiben waren offensichtlich aus mehreren kleineren Fleischteilen geformt. Die Bezeichnung „aus mehreren Rinderedelteilen zusammengesetzt“ entsprach hier nicht dem rechtlich verbindlichen Wortlaut „aus Fleischstücken zusammengefügt“.

 

Auch der Einsatz von Verfahren wie Pökeln oder eine weitere Behandlung mit Rauch sind in der Kennzeichnung anzugeben. Alle 11 im Handel entnommenen Proben wurden mit Nitritpökelsalz, einer Mischung aus Speisesalz und den Zusatzstoffen Natriumnitrit oder Kaliumnitrit, hergestellt und korrekt als „gepökelt“ gekennzeichnet. Der Hinweis auf die Anwendung von Rauch war jedoch nur bei einer Probe mit der Bezeichnung „leicht geräuchert“ vorhanden. Bei einer weiteren Probe war laut Zutatenverzeichnis „Raucharoma“ verwendet worden.

 

Bei 9 Proben war dagegen sensorisch zwar ein Geschmack und Geruch nach Rauch feststellbar, es fehlte jedoch in der deutschsprachigen Kennzeichnung ein Hinweis auf eine Behandlung mit Rauch. Entsprechende Angaben waren lediglich in englischer Sprache als „smoked“ und in Niederländisch als „gerookt“ vorhanden.

 

Hervorhebend wurde bei diesen 9 Proben zudem auf „Quality & Tradition“ verwiesen und mit der Aussage „ohne künstliche Farbstoffe“ geworben. In diesem Fall liegt die Irreführung darin, dass alle vergleichbaren Produkte dieselbe Eigenschaft aufweisen, da Farbstoffe als Lebensmittelzusatzstoffe für diese Produkte rechtlich nicht zugelassen sind. Die Auslobung „ohne künstliche Farbstoffe“ wurde daher bei diesen 9 Proben als irreführende „Werbung mit Selbstverständlichkeiten“ beurteilt.

 

Insgesamt waren somit 10 der 11 vorgelegten Handelsproben (entspricht 91 %) aufgrund von Kennzeichnungsmängeln auffällig.

 

Mikrobiologische Beschaffenheit

Die sogenannte Wasseraktivität ist für die Haltbarkeit und die mikrobiologische Beschaffenheit dieser speziellen Fleischerzeugnisse maßgeblich.

Wasseraktivität

Die Wasseraktivität (auch aw-Wert oder Activity of Water) ist ein Maß für das „aktive“ Wasser. Denn nicht nur der reine Wassergehalt eines Lebensmittels ist für seine Haltbarkeit von Bedeutung, sondern auch, in welchem Maße das Wasser z. B. für das Wachstum von Mikroorganismen oder den Ablauf chemischer Prozesse zur Verfügung steht.

Der Höchstwert und damit die maximale Verfügbarkeit liegt bei 1,00.

In der Literatur sind für Jerky abhängig von der Tierart Werte von 0,55 bis 0,70 als produkttypisch angegeben. Zum Vergleich: Frisches Obst und Gemüse haben einen aW-Wert von 0,97 [1].

Unter unseren 11 im Handel entnommenen Proben fand sich eine, die mit einem Wert von 0,43 sogar noch unter dem oben genannten Bereich lag und im Biss sehr hart und trocken war. Bei allen anderen Proben wurden deutlich höhere Werte gemessen, meist um 0,80; der höchste Wert war 0,83. Die Folge war eine eher weiche Beschaffenheit. Würde dies die mikrobiologischen Ergebnisse beeinflussen oder würden die vor der Trocknung angewandten Verfahren ausreichen?

 

Unsere Kriterien und Resultate

Die Proben wurden auf ein weites Spektrum von Mikroorganismen untersucht. Darunter waren Verderbniserreger wie Hefen und Schimmelpilze und Krankheitserreger wie Listeria monocytogenes, Salmonella spp. und Shigatoxin-bildende E. coli.

Besonders interessierte uns, ob Bakterien, denen hohe Temperaturen nichts anhaben können, zu finden sein würden. Präsumtive Bacillus cereus und sulfitreduzierende Clostridien besitzen diese Eigenschaft, da sie zur Bildung von Überdauerungsformen (Sporen) fähig sind. Diese Keimgruppen sind in hohen Keimzahlen potentiell krankheitserregend.

Bei den Sporenbildnern wurden wir fündig: In einer der 11 untersuchten Proben (9 %) konnten sulfitreduzierende Clostridien in geringer Menge nachgewiesen werden. Das Ergebnis war überraschend, handelte es sich doch um die Probe mit dem niedrigsten aW-Wert. Auf den zweiten Blick konnte daher nicht ausgeschlossen werden, dass besonders widerstandsfähige Bakterienstämme enthalten waren. Zum Zeitpunkt der Untersuchung sollte das Produkt noch 4 Monate haltbar sein; eine weitere Vermehrung dieser Bakterien ist durchaus möglich.

Die übrigen Keimarten konnten wir erfreulicherweise in keiner Probe nachweisen.

Auf dem Bild ist eine Agarplatte mit schwarzgefärbten Clostridien-Kolonien zu sehen.

Bild 3: Agarplatte mit Clostridien-Kolonien

 

Marke Eigenbau mit Biss

Seit viele von uns im Lockdown mehr Zeit zu Hause verbrachten, geht der Trend bei Lebensmitteln noch stärker zum Selbermachen.

Anleitungen sind im Internet in Hülle und Fülle zu finden. Zur Zubereitung der Marinade wählten wir ein Rezept auf der Basis von Worcester- und Sojasauce, Ketchup und Knoblauch aus, das im Nu zusammengeschüttelt war [2].

In fünf verschiedenen Metzgereien – sowohl im Supermarkt als auch beim kleinen Handwerksbetrieb – wählten wir jeweils Fleischteilstücke hoher Qualität aus, dreimal vom Rind, zweimal vom Schwein. Wegen des hohen Gewichtsverlusts brauchten wir jeweils 400 g Fleisch, um alle mikrobiologischen Untersuchungen durchführen zu können.

Das Fleisch wurde direkt vor Ort so dünn wie möglich von Hand geschnitten. Die Untersuchung mit dem gleichen Keimspektrum wie bei den Proben aus den Fertigpackungen erfolgte zunächst im rohen Fleisch. Anschließend haben wir den Restbestand bei 70 °C mit Umluft im Backofen 6 Stunden getrocknet, bei Zimmertemperatur abkühlen lassen und nochmals untersucht.

Vier der fünf zufällig ausgewählten Metzgereien hatten hygienisch einwandfrei gearbeitet: Das rohe Fleisch war frei von jeglichen Mikroorganismen. Eine rohe Probe Rindfleisch wies hingegen eine deutlich erhöhte Zahl an Hefen auf. Diese Keime sind für Fleisch vollkommen untypisch. Ihre Anwesenheit ist nur durch eine Verunreinigung erklärlich.

Unsere verzehrfertigen, getrockneten Jerkies waren zu unserer Freude alle frei von Keimen. Sie hatten allerdings eine deutlich härtere Konsistenz als die industriell hergestellten.

 

FAZIT

Sicher zubereitet

Alle Proben aus Fertigpackungen waren mikrobiologisch sicher. Eine stellte sich als bakterienhaltig heraus, gefährlich hohe Keimzahlen lagen jedoch nicht vor. Die potentiell pathogenen Sporenbildner, die wir nachweisen konnten, bilden beim Vorliegen in großer Menge Gas. Den Inhalt einer aufgeblähten Packung sollten Sie daher bitte auf keinen Fall verzehren!

Die selbst hergestellten Produkte waren nach der Behandlung bei 70 °C keimfrei. In einem Ausgangsprodukt wurden zwar Hefen nachgewiesen, die aber durch die Erhitzung abgetötet wurden.

Möchte man selbst tätig werden, können wir den Gebrauch eines Backofens wärmstens empfehlen. Dörrapparate, die in Internet-Rezepturen als Alternative genannt sind, erreichen oft keine Temperaturen, die eine verlässliche Abtötung aller Mikroorganismen sicherstellen. Auch eine Möglichkeit zur exakten Temperatureinstellung bzw. zur Kontrolle, ob die erwünschte Hitze erreicht wurde, ist nicht immer vorhanden.

Das Untersuchungsprojekt des CVUA Karlsruhe hat gezeigt, dass unter Einhaltung der erforderlichen Hygienemaßnahmen Jerky problemlos selbst hergestellt werden kann, wenn die Erhitzungstemperatur und -dauer stimmen.

Chemie bestens, Kennzeichnung enttäuschend

Erfreulicherweise waren alle 11 Handelsproben chemisch-analytisch unauffällig. Die Prüfung der Kennzeichnung lässt allerdings noch Luft nach oben - 10 der 11 vorgelegten Packungen (entspricht 91 %) waren wegen Kennzeichnungsmängeln zu beanstanden.

Abschließend noch ein Wort zu einem anderen Aspekt dieser Knabberei: 1 kg tiefgekühltes Rindfleisch verfügt über einen CO2-Fußabdruck von ca. 14 kg [3], bei 1 kg getrocknetem Rindfleisch muss man nach unseren Erfahrungen von ca. 42 kg ausgehen. Mit einem Kleinwagen könnte man für dieselbe Bilanz rund 250 km auf der Autobahn fahren [4]. Angesichts des enormen Gewichtsverlusts bester, teurer Fleischteilstücke bei der Herstellung kann man da schon nachdenklich werden…

 

Quellen

[1] https://de.wikipedia.org/wiki/Aw-Wert

[2] https://xn--richtig-drren-qmb.de/rezepte/fisch-und-fleisch-trocknen/beef-jerky-selber-machen/

[3] https://www.agrarheute.com/land-leben/faktencheck-so-klimaschaedlich-fleisch-wirklich-542531

[4] https://www.co2online.de/klima-schuetzen/mobilitaet/auto-co2-ausstoss/

 

Artikel erstmals erschienen am 20.01.2022 09:37:53

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