Johannes Keller, Dr. Daniela Noack, Tábata Rajcic de Rezende (CVUA Karlsruhe)
Abb. 1: Beispiele für Werbeaussagen bei Online angebotenen Smoothies.
„Smoothie“ - Das Trendgetränk beschreibt alkoholfreie Mischgetränke, die in der Regel auf Basis von Fruchtmark/–püree hergestellt werden. Der Begriff leitet sich aus dem englischen Wort smooth ab, was so viel wie „geschmeidig“, „weich“ oder „sämig“ bedeutet. Eine lebensmittelrechtliche Definition, welche Getränke als Smoothie bezeichnet werden dürfen und welche nicht, existiert derzeit nicht. So ist es auch nicht verwunderlich, dass immer wieder neue Kreationen, z. B. mit Gemüsesäften, Schalenfrüchten, Gewürzen oder zusätzlichen Vitaminen und Mineralstoffen auf dem Markt zu entdecken sind.
Bei derartigen kühlpflichtigen Produkten erfordert der Onlinevertrieb durch die erforderliche Kühl-Logistik besondere Sorgfalt. Eine Unterbrechung der Kühlkette kann zu unvorhersehbaren mikrobiologischen Risiken oder zum Verderb der Ware führen. Die Verantwortlichkeit zur Einhaltung der Kühlkette und somit zur einwandfreien Produktqualität bis zur Abgabe an den Verbraucher liegt beim Lebensmittelunternehmer. Da beim Onlinekauf von leicht verderblichen Produkten kein Widerrufsrecht besteht, empfiehlt sich die umgehende Überprüfung der Ware zum Zeitpunkt der Lieferung.
Um auch die vielfältigen Angebote an Smoothies im Netz nicht außer Acht zu lassen, wurden im Sommer 2020 am Chemischen und Veterinäruntersuchungsamt (CVUA) in Karlsruhe Smoothies aus Online-Shops überprüft. Zusammen mit der Stabsstelle Tiergesundheit, Tierschutz und Verbraucherschutz (STV) am Regierungspräsidium Tübingen konnten insgesamt 15 Proben vom Typ Smoothie aus 10 verschiedenen Online-Shops als sog. Testkäufe bestellt und untersucht werden.
Besonderes Interesse lag dabei vor allem auf der Überprüfung der Temperatureinhaltung, möglicher mikrobiologischer Belastungen und der Sensorik (Aussehen, Geruch, Geschmack) bei Probeneingang sowie nach sachgerechter Lagerung. Des Weiteren wurden Werbeaussagen mit nährwert- und gesundheitsbezogenen Angaben auf ihre Zulässigkeit überprüft.
Abb. 2: Verschiedene Smoothie-Getränke im Glas
Der Zustand der Produkte bei Probeneingang war oft enttäuschend. Zwar waren bis auf ein Paket alle mit Kühlelementen ausgestattet, die Getränke wiesen jedoch oftmals bereits zum Anlieferungszeitpunkt eine höhere Temperatur auf, als vom Hersteller für die Lagerung vorgegeben. Ein komplett ungekühltes Paket wies eine Eingangstemperatur von 21,6 °C auf, obwohl im Internet damit geworben wird, dass die Getränke „frisch und gekühlt zu Ihnen nach Hause oder ins Büro geliefert“ werden. Insgesamt konnten zehn von 15 Proben die angegebenen Kühltemperaturen (max. +8 °C) zum Anlieferungszeitpunkt nicht einhalten. Sensorisch war jedoch keine der Proben auffällig.
Paket | Kühlelemente |
Eingangs- temperatur |
Temperaturvorgabe lt. Hersteller |
Mikrobiologischer Befund |
---|---|---|---|---|
1 | 2 Kühlkissen | 11,5°C / 13,0°C | Max. +7°C | auffällig |
2 | 1 Kühlkissen | 16,2°C / 17,1°C | Max. +8°C | auffällig |
3 | 4 Kühlkissen | 4,4°C | 0°C - 7°C | unauffällig |
4 | 1 Kühlkissen | 20,7°C / 20,0°C | "kalt lagern" | unauffällig |
5 | 2 Kühlkissen | 10,0°C | 0°C - 8°C | unauffällig |
6 | keine | 21,6°C | 0°C - 7°C | auffällig |
7 | 8 Kühlkissen | 16,0°C | 2°C - 8°C | auffällig |
8 | 3 Kühlkissen | 11,4°C | 0°C - 7°C | unauffällig |
9 | 2 Kühlkissen | 2,8°C / 3,9°C | 2°C - 6°C | auffällig |
10 | Trockeneis | -39,1°C / -43,7°C | Mind. -18°C | unauffällig |
Die Produkte wurden bei Probeneingang sowie nach Lagerung bei der vom Hersteller vorgegebenen Temperatur bis zum angegebenen Haltbarkeitsdatum untersucht. Das Untersuchungsspektrum umfasste potentielle Getränkeschädlinge, Milchsäurebakterien, Hefen und Schimmelpilze, aber auch Bacillus cereus - Keime und Hygienekeime.
Angesichts der Produktart und der Haltbarmachung mittels Hochdruckverfahren war nicht unbedingt mit Keimfreiheit zu rechnen, jedoch wurden wegen der keimreduzierenden Behandlung nur geringe Keimzahlen erwartet.
Erfreulich war, dass bei der Hälfte der Proben sowohl bei Probeneingang als auch nach Lagerung Keimzahlen unter oder nur geringfügig über der Nachweisgrenze festgestellt wurden. Bei den restlichen Proben standen die als produkttypischen Verderbniserreger bekannten Hefen und Schimmelpilze nicht im Vordergrund. Diese Mikroorganismen werden durch das Hochdruckverfahren sicher abgetötet.
Die Vermehrung von Bacillus cereus – Keimen scheint hingegen durch das Hochdruckverfahren begünstigt zu sein, welches diese in Sporenform unbeschadet überleben können. In fünf Proben waren diese Keime sowohl nach Eingang als auch nach Lagerung in z. T. beträchtlichen Mengen nachweisbar. Zwei dieser Proben wiesen zusätzlich hohe Zahlen an säuretoleranten Keimen auf. Ein Verderb hatte jedoch noch nicht stattgefunden.
Ein Produkt bei dem kein Haltbarmachungsverfahren angewandt wurde, wies schon bei Probeneingang außergewöhnlich hohe Keimzahlen auf. Dies war auch die einzige Probe, bei der coliforme Keime nachweisbar waren, welche einen Hinweis auf unhygienische Arbeiten sein können.
Abb. 3: Bacillus cereus - Kolonien auf Blutagarplatte
Die meisten der untersuchten Produkte wurden mittels sogenanntem Hochdruckverfahren (auch kurz „HPP“ – high pressure processing) haltbar gemacht. Dabei werden Lebensmittel unter Einsatz von hohem Druck statt mit gezielter Erhitzung (Pasteurisation) haltbar gemacht.
Ziel ist es, unerwünschte Mikroorganismen zu inaktivieren, ohne dabei wesentliche Qualitätsverluste in Kauf nehmen zu müssen, wie sie bei der Anwendung von Hitze auftreten. [1] Die besondere Behandlung mittels Hochdruckverfahren ist in der Kennzeichnung der Produkte anzugeben (z. B. „mit Hochdruck haltbar gemacht“).
Dass Obst und Gemüse auch in pürierter Form, z. B. in Smoothies wichtige Vitamine und Mineralstoffe enthält, dürfte jedem Verbraucher klar sein. Werbende Angaben zu Vitaminen und Mineralstoffen sowie zu gesundheitlichen Wirkungen sind jedoch in der sogenannten Health-Claims Verordnung (VO (EG) 1924/2006) klar geregelt und dienen dem Schutz der Verbraucher vor irreführenden und wissenschaftlich nicht belegten Versprechen – auch im Internet.
Bei 13 von 15 Proben (87 %) wurden Verstöße gegen besagte Verordnung festgestellt. In den meisten Fällen wurde auf der Internetseite eine Fülle an Vitaminen und Mineralstoffen angepriesen, ohne deren tatsächliche Gehalte in den Produkten anzugeben. Auch die positive Darstellung von Gesundheitseigenschaften war oftmals übertrieben. Vor allem bei den als „Saftkuren“ ausgelobten Produkten wurde mit unzulässigen Angaben wie Entgiftung, „Detox“, Verdauungsentlastung oder Gewichtsreduktion geworben. In einem Fall wurde sogar mit der Linderung diverser Krankheiten geworben – ein lebensmittelrechtliches No-Go!
Die unzulässigen Werbeaussagen waren vor allem im Internet oder in beigelegten Broschüren zu finden. Auch die restliche Kennzeichnung der Proben blieb ernüchternd: Alle 15 Proben wiesen Mängel gemäß Lebensmittelinformationsverordnung (LMIV) auf.
Abb. 4: Übersicht der Beanstandungen von Smoothies aus Onlineshops
Beim Einkauf von kühlpflichtigen Smoothies in Online-Shops ist Vorsicht geboten. Aufgrund des fehlenden Widerrufsrechts beim Onlinekauf von gekühlten Produkten sollten Verbraucher sicherstellen, dass sie bei der Paketanlieferung vor Ort sind und die Pakete direkt unter die Lupe nehmen können, vor allem in den Sommermonaten. Sollten keine Kühlelemente vorhanden oder diese bereits warm sein, ist vom Verzehr der Getränke abzuraten. Bei ordnungsgemäßer Kühlung ist jedoch nicht mit unerwünschten Keimen zu rechnen.
Kritisch sollten Verbraucher auch gegenüber angepriesener Werbeaussagen sein und sich nicht von übertriebenen Gesundheits- oder Heilversprechen blenden lassen. Wer gänzlich frische Smoothies möchte, dem bleibt alternativ die Zubereitung aus Obst und Gemüse im eigenen Haushalt.
[1] Bayerisches Landesamt für Gesundheit und Lebensmittelsicherheit (LGL): Hochdruckpasteurisierung (14.11.2012) https://www.lgl.bayern.de/lebensmittel/technologien/funktionelle_lebensmittel/et_hochdruckpasteurisierung.htm