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Rückstände und Kontaminanten in verarbeiteten Lebensmitteln, Pilzen, Getreide und Kartoffeln 2016

Ein Bericht aus unserem Laboralltag

Ellen Scherbaum, Kathi Hacker und Alexander Lemke

 

Zusammenfassung der Rückstandsbefunde in Erzeugnissen aus konventionellem Anbau

 

Im Jahr 2016 wurden, zusätzlich zu 1736 Proben Frischgemüse und Frischobst aus konventionellem Anbau, 413 Proben verarbeitete Lebensmittel, Pilz-, Getreide- und Kartoffelproben aus konventionellem Anbau auf Rückstände von über 700 Wirkstoffen und Kontaminanten untersucht. 402 dieser Proben (97 %) wiesen Rückstände von insgesamt 172 verschiedenen Wirkstoffen auf. Bei 99 der 413 Proben (24 %) wurden Höchstmengenüberschreitungen festgestellt, damit liegt die Beanstandungsquote etwas niedriger als im Vorjahr (27 %). Ein Großteil der Überschreitungen betraf den Wirkstoff Chlorat, ohne Berücksichtigung der Proben mit erhöhten Chloratgehalten lag die Quote der Beanstandungen mit 39 Proben bei 9,4 %.

 

Schmuckbild.

 

Vorbemerkung

Funde von Pestizidrückständen in pflanzlichen Lebensmitteln bedeuten nicht zwangsläufig, dass sie aus einer Anwendung von Pflanzenschutzmitteln oder Bioziden stammen.

 

Hintergrund der Untersuchungen

Der Schwerpunkt der Untersuchungen auf Pflanzenschutzmittelrückstände liegt in der Regel auf frischem Obst und Gemüse. Verarbeitete Erzeugnisse wie Tiefkühlprodukte, Trockengemüse und Trockenobst, Konserven und Säfte werden ebenfalls in großem Maße konsumiert. Aus diesem Grund wurden auch weiterverarbeitete Erzeugnisse untersucht. Häufig führt eine Weiterverarbeitung zu einer Reduzierung enthaltener Rückstände. Doch bei der Beurteilung, ob ein Produkt die EU-weit festgesetzten Rückstandshöchstmengen einhält, muss diese Veränderung des Gehaltes durch die Verarbeitung berücksichtigt werden.

 

Infokasten

Berücksichtigung von Verarbeitungsfaktoren

Die Verordnung (EG) Nr. 396/2005 regelt die zulässigen Höchstgehalte an Pflanzenschutzmittelrückständen in der Regel für unverarbeitete Lebensmittel. Die Höhe der Rückstände von Pflanzenschutzmittelwirkstoffen in und auf unverarbeiteten Lebensmitteln kann sich unter dem Einfluss von Verarbeitungsprozessen verändern. Bei der rechtlichen Beurteilung der festgestellten Rückstandsgehalte an Wirkstoffen in verarbeiteten Lebensmitteln ist gemäß den Vorgaben der VO (EG) Nr. 396/2005 die durch die Verarbeitung bewirkte Veränderung der Pestizidrückstandsgehalte (z.B. die Veränderung durch die Herstellung von Trockenobst, Konserven, Säften oder Wein) zu berücksichtigen. Handelt es sich beispielsweise nicht um Sauerkirschen, sondern um daraus hergestellte Konserven, so muss ein Verarbeitungsfaktor berücksichtigt werden, da bei der Herstellung der Konserve meist eine Reduzierung der Rückstände erfolgt. Das heißt der im Gesamtprodukt (Kirschen plus Aufguss) festgestellte Rückstandsgehalt wird bezogen auf das rohe unverarbeitete Produkt (Kirschen) zurückgerechnet und dieser theoretisch ermittelte Gehalt mit der für das unverarbeitete Produkt gültigen Rückstandshöchstmenge verglichen. Bei Trockenobst liegt durch die Trocknung dagegen eine Anreicherung des Wirkstoffes im Obst vor, d.h. der Rückstandsgehalt war im Ausgangsprodukt niedriger als der im Trockenobst festgestellte Gehalt.

 

Ergebnisse in der Übersicht

402 der untersuchten konventionellen Proben (97 %) wiesen Rückstände von insgesamt 172 verschiedenen Wirkstoffen auf. Bei 99 der 413 Proben (24 %, vgl. Tabelle 1) wurden Höchstmengenüberschreitungen festgestellt, damit liegt die Beanstandungsquote etwas niedriger als im Vorjahr (27 %). Ursächlich hierfür die hohe Beanstandungsquote in den letzten beiden Jahren ist die Ausweitung des Untersuchungsspektrums auf polare Pestizide und der hohe Anteil an Überschreitungen der Höchstmenge für den Wirkstoff Chlorat. Ohne Berücksichtigung der Proben mit erhöhten Chloratgehalten lag die Quote der Beanstandungen mit 39 Proben bei 9,4 %.

 

Tabelle 1: Rückstände in verarbeiteten Lebensmitteln, Pilz-, Getreide- und Kartoffelproben aus konventionellem Anbau
Anzahl Proben
413
davon mit Rückständen 402
Proben über HM* 99
mittlerer Pestizidgehalt 2,1 mg/kg
mittlerer Pestizidgehalt ohne Fosetyl**, Bromid, Oberflächenbehandlungsmittel
0,41 mg/kg
Stoffe pro Probe
4,6

*HM = Höchstmenge
**Summe aus Fosetyl und Phosphonsäure, beides sind Fungizide, die verbreitet eingesetzt werden und zu recht hohen Rückstandsgehalten führen können.

 

Die Pestizidbelastung wies je nach Matrix z.T. große Unterschiede auf. Die Ergebnisse differenziert nach Matrix, sind in Tabelle 2 und 3 aufgeführt.

 

Tabelle 2: Rückstände in verarbeiteten Lebensmittel, Pilz-, Getreide- und Kartoffelproben aus konventionellem Anbau differenziert nach Probenart
Matrix Anzahl Proben
mit Rückständen
mit Mehrfach-rückständen
Proben
> HM*
Anzahl
Befunde
> HM*
Stoffe über der HM*
Fette, Öle 17 11 (65 %) 8 (47 %)      
Getreide 23 19 (83 %) 13 (57 %) 5 (22 %) 5 Glyphosat (4x); Dichlorvos
Getreideerzeugnisse 8 8 (100 %) 7 (88 %)      
Hülsenfrüchte, Ölsaaten, Schalenobst, Soja 32 29 (91 %) 65 (98 %) 4 (13 %) 4 Glyphosat; Fosetyl, Summe; Piperonylbutoxid; Haloxyfop, Summe
Kartoffeln und stärkereiche Pflanzenteile 65 63 (97 %) 17 (53 %) 8 (12 %) 8 Chlorat (2x); Fosetyl, Summe; Fluazifop; Nikotin; Flonicamid, Summe; BAC (n=8 bis 18); Haloxyfop, Summe
Gemüseerzeugnisse 66 66 (100 %) 54 (83 %) 47 (71 %) 86 Chlorat (38x); Triadimefon, Summe (5x); Dithiocarbamate (4x); Metalaxyl (-M) (3x); Boscalid (3x); Lambda-Cyhalothrin (3x); Nikotin (4x); Fosetyl, Summe (2x); Chlorpyrifos (2x); Cypermethrin (2x); Iprodion (2x); Trimethylsulfonium-Kation (2x); Endosulfan, Summe; Myclobutanil; Penconazol; Famoxadone; Tebuconazol; Dimethomorph; Flusilazol; Pyrimethanil; Pyraclostrobin; Metrafenone; Tebufenpyrad; Methoxyfenozide; Fenbutatin-oxid; Trifloxystrobin; Azoxystrobin; Fluopyram
Pilze

 

56 50 (89 %) 31 (55 %) 5 (8,9 %) 6 Chlorat (3x); Chlorpropham; Mepiquat; Trimethylsulfonium-Kation
Pilzerzeugnisse 16 16 (100 %) 16 (100 %) 5 (31 %) 5 Chlorat (4x); Nikotin
Obsterzeugnisse 71 67 (94 %) 62 (87 %) 12 (17 %) 13 Carbofuran, Summe (3x); Chlorat (5x); Ethephon (2x); Fenazaquin (2x); Nikotin
alkoholfreie
Getränke
38 35 (92 %) 30 (79 %) 8 (21 %) 8 Chlorat (8x)
Biere und Rohstoffe 3** 3 3      
Wein und Weinerzeugnisse 27 27 (100 %) 27 (100 %)      
Nahrungsergänzungsmittel 2 1 1 1 11 Chlorat; Profenofos; Acetamiprid; Methomyl, Summe; Lufenuron; Cypermethrin; Permethrin; Deltamethrin; Emamectin B1a/B1b; Fipronil, Summe; BAC (n=8 bis 18)
Säuglingsnahrung 4 4 0 4 4 Fosetyl, Summe (4x)
Sonstiges 3 3 3      
Summe 413 402 (97 %) 337 (78 %) 99 (24 %) 150 -

*HM = Höchstmenge;
** Datenbasis für prozentuale Auswertung zu gering

 

Tabelle 3: Mittlere Anzahl Stoffe pro Probe und mittlerer Gehalt (mg/kg) in verarbeiteten Lebensmitteln, Pilz-, Getreide- und Kartoffelproben aus konventionellem Anbau differenziert nach Probenart
Matrix
Anzahl Proben
mit Rückständen
Mittlere Anzahl Stoffe pro Probe
Mittlerer Gehalt (mg/kg)*
Anmerkung

Fette, Öle

17 11 (65 %) 1,6 0,008  
Getreide 23 19 (83 %) 2 0,1  
Getreideerzeugnisse 8 8 (100 %) 4,4 0,34  
Hülsenfrüchte, Ölsaaten, Schalenobst, Soja 32 29 (91 %) 1,9 0,24  
Kartoffeln und stärkereiche Pflanzenteile 65 63 (97 %) 3,2 0,8  
Gemüseerzeugnisse 66 66 (100 %) 6,9 0,77  
Pilze 56 50 (89 %) 1,9 0,11  
Pilzerzeugnisse 16 16 (100 %) 3,6 0,31  
Obsterzeugnisse 71 67 (94 %) 8,1 0,28  
alkoholfreie
Getränke
38 35 (92 %) 4 0,056  
Biere und Rohstoffe 3** 3 5 5,3 Es handelt sich um 3 Proben Hopfen
Wein und Weinerzeugnisse 27 27 (100 %) 7,5 0,13  
Nahrungsergänzungsmittel 2 1 9,5 4,4 1 Probe Moringa
Säuglingsnahrung 4 4 1 0  
Sonstiges 3 3 2,5 0,02  
Summe 413 402 (97 %) 4,6 0,41 -

* ohne Fosetyl, Bromid, Oberflächenbehandlungsmittel
** Datenbasis für prozentuale Auswertung zu gering

 

Ausführliche Darstellung ausgesuchter Themen

Chlorat

Die Quote der Überschreitungen an Höchstmengen ist seit 2014 deutlich höher als in den Vorjahren. Dies ist vor allem auf Chlorat zurückzuführen, auf das davor nicht, oder nur in Einzelfällen untersucht wurde. Insgesamt wurde der Chloratgrenzwert von 0,01 mg/kg in 61 von 413 Proben überschritten.

Chlorat-Rückstände in pflanzlichen Lebensmitteln können neben der Anwendung als Herbizid (dies ist unwahrscheinlich, da EU-weit bereits seit langem nicht mehr zugelassen) verschiedene andere Ursachen haben, z.B.:

  • Gechlortes Gieß- und Beregnungswasser
  • Waschwasser/Trinkwasser/Brunnenwasser, welches mit chlorhaltigen Bioziden behandelt wurde
  • Desinfektionsmaßnahmen mit chlorhaltigen Prozesswässern.

 

Das Thema wurde in drei Internetberichten 2014 bereits ausführlich dargestellt:

  • Herkunft unbekannt: Rückstände von Chlorat in pflanzlichen Lebensmitteln (vom 10.03.2014)
  • Chlorat-Rückstände in Karotten: eine Spur führt zur Nacherntebehandlung mit gechlortem Wasser (vom 10.03.2014)
  • Chlorat-Rückstände in pflanzlichen Lebensmitteln – ein Update (vom 19.12.2014)

 

Bei den hier ausgewerteten verarbeiteten Lebensmitteln, Pilzen, Getreide und Kartoffeln aus dem Jahr 2016 sind vor allem verarbeitetes Gemüse und Obst häufig mit Chloratbefunden über der Höchstmenge von 0,01 mg/kg auffällig. Eine zusammenfassende Darstellung findet sich in Tabelle 4. Die höchsten gemessenen Chloratgehalte in verarbeitetem Obst und Gemüse, in Pilz-, Getreide- und Kartoffelproben aus konventionellem Anbau sind in Tabelle 5 aufgeführt.

 

Infokasten

Chlorat

Chlorate sind sowohl herbizid als auch biozid wirksame Stoffe. Chlorat ist ein in der EU seit dem Jahr 2008 nicht mehr zugelassener Pflanzenschutzmittelwirkstoff. Auch in Biozidprodukten darf Natriumchlorat nicht mehr angewendet werden.

Die Definition „Pestizidrückstände“ der VO (EG) Nr. 396/2005 bezeichnet auch Rückstände von (ggf. nicht mehr zugelassenen) Pflanzenschutzmittelwirkstoffen in Lebensmitteln bei möglichem anderem Eintragsweg als der Anwendung als Pflanzenschutzmittel (sog. Dual-Use-Stoffe), wie etwa im Fall von Chlorat in Lebensmitteln. Somit ist gemäß der Verordnung (EG) Nr. 396/2005 ein allgemeiner Höchstgehalt von 0,01 mg/kg EU-weit gültig.

Neben der Anwendung als Pflanzenschutzmittel kann Chlorat z.B. auch infolge einer Verunreinigung durch die Umwelt (kontaminiertes Beregnungs- oder Bewässerungswasser, belastete Böden) oder als Rückstand der Gewinnung, einschließlich der Behandlungsmethoden in Ackerbau, Fertigung, Verarbeitung, Zubereitung oder Behandlung in das Lebensmittel gelangen. Die Anwendung von Bioziden, aus denen Chlorate entstehen können, stellt eine mögliche Kontaminationsquelle dar. Grundsätzlich kann Chlorat als Nebenprodukt bei der Trinkwasser-/Brauchwasserdesinfektion mit Chlorgas, Hypochlorit oder Chlordioxid entstehen, ein Grenzwert für Chlorat in Trinkwasser ist gemäß den Vorgaben der Trinkwasserverordnung (TrinkwV) jedoch nicht festgelegt.

Chlorat hemmt reversibel die Aufnahme von Jodid in die Schilddrüse und kann insbesondere bei empfindlichen Personengruppen wie Kindern, Schwangeren oder Personen mit Schilddrüsenfunktionsstörungen unerwünschte gesundheitliche Effekte verursachen. Neben Auswirkungen auf die Schilddrüsenfunktion kann Chlorat auch Schädigungen der Erythrocyten (Methämoglobin-Bildung, Hämolyse) bewirken.

Die Mitgliedstaaten führen ein Monitoring zur Erfassung der Belastungssituation in Lebensmitteln und Trinkwasser durch, um Daten für eine abschließende toxikologische Bewertung durch die EFSA bereitzustellen. Darauf basierend sollen dann spezifische Rückstandshöchstgehalte festgelegt werden.

 

Quellen: BfR [1], Europäische Kommission [2]

 

Tabelle 4: Höchstmengenüberschreitungen von Chlorat in verarbeitetem Obst und Gemüse, in Pilz-, Getreide- und Kartoffelproben aus konventionellem Anbau differenziert nach Probenart
 
Anzahl Proben
Chlorat-HMÜ
Gemüseerzeugnisse außer TK, davon 15 1 (7 %)
Paprika getrocknet 1 1
TK-Gemüse, davon 51 37 (73 %)
Rosenkohl tiefgefroren 10 9
Spinat tiefgefroren 2 1
Schnittlauch tiefgefroren 4 3
Petersilie tiefgefroren 3 2
Broccoli tiefgefroren 6 5
Mohrrübe tiefgefroren 1 1
Erbse tiefgefroren 9 6
Grüne Bohne tiefgefroren 11 8
Pariser Karotte tiefgefroren 2 2
TK-Obst, davon 47 2 (4,3 %)
Erdbeere tiefgefroren 3 1
Heidelbeere tiefgefroren 2 1
Obsterzeugnisse außer TK, davon 25 3 (12 %)
Papaya getrocknet 1 1
Pflaume getrocknet 3 2
Pilze und Pilzerzeugnisse, davon 72 7 (9,7 %)
Zuchtchampignon (Agaricus bisporus) 20 1
Wildpilze 23 2
Champignon tiefgefroren 4 3
Wildpilze tiefgefroren 5 1
Sonstiges, davon

203

11 (5,4 %)

alkoholfreie Getränke 38 8
Nahrungsergänzungsmittel 2 1
Kartoffeln und Kartoffelerzeugnisse 65 2

 

Tabelle 5: Die höchsten gemessenen Chloratgehalte in verarbeitetem Obst und Gemüse, in Pilz-, Getreide- und Kartoffelproben aus konventionellem Anbau 2016
Lebensmittel Herkunft
Stoff
Gehalt (mg/kg)
Schnittlauch tiefgefroren Unbekannt
Chlorat
3,7
Zuchtchampignon Polen
Chlorat
1,1
Paprika getrocknet China
Chlorat
0,42
Broccoli tiefgefroren Unbekannt
Chlorat
0,28

 

Pfifferling tiefgefroren Unbekannt
Chlorat
0,19

 

Eine zusammenfassende Darstellung der Befunde für Obst- und Gemüseerzeugnisse im Vergleich zu frischem Obst und Gemüse findet sich in Abbildung 1. Auffällig ist der große Unterschied zwischen Obst und -erzeugnissen einerseits und Gemüse und -erzeugnissen andererseits, sowie der enorme Unterschied in der Beanstandungsquote für frisches Gemüse und Gemüseerzeugnisse. Dies deutet auf unterschiedliche Eintragspfade hin.

 

Chlorat in Obst, Obsterzeugnissen, Gemüse, Gemüseerzeugnissen (CVUAS 2015, 2016).

Abbildung 1: Chlorat in Obst, Obsterzeugnissen, Gemüse, Gemüseerzeugnissen (CVUAS 2015, 2016)

 

Die Gemüseerzeugnisse fielen mit einer Quote von 71 % der Proben mit Pestiziden über der Höchstmenge besonders ins Auge. Wie bereits dargestellt, betraf die Mehrzahl der Fälle die besondere Problematik um Chlorat. Weitere auffällige Gemüseerzeugnisse waren 2016 Weinblätter und sogenanntes „Superfood“.

 

Weinblätter

Weinblätter, die mit verschiedenen Zutaten gefüllt werden, sind ein beliebtes und weitverbreitetes Gericht in der südosteuropäischen und orientalischen Küche. Da beim Anbau von Wein- bzw. Tafeltrauben üblicherweise verschiedene Pflanzenschutzmittel angewendet werden, sind entsprechende Rückstände auch in Weinblättern zu erwarten.

Weinblätter stellen ein Nebenprodukt der Traubenerzeugung dar und werden üblicherweise nicht als eigenständige Kultur angebaut. Das hat zur Folge, dass bisher sehr wenig spezielle Pestizidhöchstmengen für Weinblätter beantragt wurden und infolgedessen für Weinblätter überwiegend sehr niedrige, allgemeine Höchstmengen auf dem Niveau der analytischen Bestimmungsgrenze festgesetzt sind. Die Erzeuger von Weinblättern könnten höhere Höchstmengen beantragen, doch die Erarbeitung der hierzu notwendigen Datengrundlage, wie beispielsweise die Durchführung von Rückstandsversuchen, ist aufwändig und teuer. Angesichts der im Vergleich zu Tafeltrauben deutlich geringeren Verzehrsmenge von Weinblättern und den teilweise deutlich höheren zulässigen Höchstmengen für Tafeltrauben, ist eine Beeinträchtigung der Verbraucher durch die festgestellten Höchstmengenüberschreitungen in Weinblättern zwar nicht zu erwarten, unabhängig davon sind die bestehenden, rechtlich verbindlichen Höchstmengen jedoch einzuhalten.

Seit einigen Jahren fallen Weinblätter mit Herkunft Türkei durch eine Vielzahl von Überschreitungen der gesetzlichen Höchstmengen auf. Deshalb wurden 2014 für Weinblätter mit Herkunft Türkei verstärkte amtliche Kontrollen bei der Einfuhr nach Verordnung (EG) Nr. 669/2009 durchgeführt.

Im Jahr 2016 fielen jedoch erneut Weinblätter in Lake mit Überschreitungen der Höchstmenge – für oft mehr als einen Stoff – auf, wie Tabelle 6 zeigt.

 

Tabelle 6: Weinblätter in Lake, lediglich Pestizidgehalte > 0,01 mg/kg sind aufgeführt
Probennummer Herkunft Pestizid
Gehalt (mg/kg)
> HM*
Probe 1 Türkei Boscalid 0,30
ja
Cypermethrin 0,28
ja
Deltamethrin 0,066
 
 
Kresoxim-methyl 0,016
Metalaxyl (-M)
0,071
ja
Triadimefon, Summe 0,21
ja
Probe 2 Türkei Boscalid
0,37
ja
Cypermethrin
0,37
ja
Dithiocarbamate
4,0
ja
Kresoxim-methyl
0,67
 
Metalaxyl (-M)
0,21
ja
Metrafenone
0,96
ja
Triadimefon, Summe
2,7
ja
Trifloxystrobin
2,8
ja
Probe 3 Bulgarien Flusilazol
0,024
ja
Iprodion
0,018
ja
Probe 4 Türkei Chlorpyrifos
0,066
ja
Dithiocarbamate

0,59

ja
Endosulfan, Summe
0,12
ja
Nikotin
0,030
ja
Triadimefon, Summe
0,47
ja
Probe 5 Bulgarien Azoxystrobin
0,17
ja
Boscalid
0,14
ja
Chloranthraniliprol
0,029
 
Chlorpyrifos
0,51
ja
Cyflufenamid
0,013
 
Dimethomorph
0,025
ja
Dithiocarbamate
0,92
ja
Famoxadone
0,039
ja
Fenbutatin-oxid
0,34
ja
Fosetyl, Summe
2,3
ja
Iprodion

 

1,3
ja
Lambda-Cyhalothrin
0,036
ja
Methoxyfenozide
1,4
ja
Myclobutanil
0,21
ja
Penconazol
0,084
ja
Pyrimethanil
0,24
ja
Tebufenpyrad
0,20
ja
Tetraconazol
0,013

 

 
Triadimefon, Summe
0,15
ja
Probe 6 Türkei Chlorpyrifos
0,014
 
Fosetyl, Summe
2,4
ja
Lambda-Cyhalothrin
0,77
ja
Nikotin
0,025
ja
Triadimefon, Summe
3,4
ja
Probe 7

 

Türkei Dithiocarbamate
1,3
ja
Fluopyram 10,5
ja
Imazalil 0,043
 
Lambda-Cyhalothrin 0,090
ja
Metalaxyl (-M) 0,13
ja
Nikotin
0,015
ja
Pyraclostrobin 0,056
ja
Tebuconazol 1,2
ja
Triadimefon, Summe 0,036
 

* HM = Höchstmenge

 

Die Untersuchungen werden 2017 fortgeführt.

 

„Superfood“

Moringa liegt zusammen mit anderen angeblichen „Superfoods“ wie Getreidegräsern, Spirulina, Chlorella oder Maca voll im Trend. Die getrockneten, pulverisierten Blätter sollen über das morgendliche Müsli gestreut oder als sog. „Smoothie“ zubereitet werden. Bequemer ist der Verzehr von Kapseln mit Moringapulver. Moringa und andere „Superfoods“ werden häufig als Ware aus ökologischem Anbau angeboten. Lediglich vier Proben Moringa stammten 2016 aus konventioneller Erzeugung.

 

Tabelle 7: Moringa, lediglich Pestizidgehalte > 0,01 mg/kg sind aufgeführt
Probennummer Herkunft Pestizid
Gehalt (mg/kg)
> HM*
Probe 1 Unbekannt Acetamiprid 0,12 ja
BAC (n=8-18) 0,15 ja
Bromid 17,1  
Carbendazim, Summe 0,056
Chlorat 0,012 ja
Chlorpyrifos 0,018  
Cypermethrin 4,1 ja
Deltamethrin 0,16 ja
Emamectin B1a/B1b 0,021 ja
Fipronil, Summe 0,089 ja
Imidacloprid 0,026  
Lambda-Cyhalothrin 0,84
Lufenuron 0,15 ja
Methomyl, Summe 1,1 ja
Permethrin 1,7 ja
Profenofos 0,15 ja
Trimethylsulfonium-Kation 0,034  
Probe 2 Unbekannt BAC (n=8-18) 0,076  
Bromid 59,9
Chlorpyrifos 0,011
Trimethylsulfonium-Kation 0,019
Probe 3 Philippinen 2,4-D 0,023  
Trimethylsulfonium-Kation 0,078 ja
Probe 4 Philippinen Atrazin 0,023  
Bromid

 

42,4
Emamectin B1a/B1b 0,012
Lambda-Cyhalothrin 0,17
Nikotin 0,71 ja
Trimethylsulfonium-Kation 0,12 ja

*HM = Höchstmenge

 

Eine ausführliche Darstellung zum Thema Moringa einschließlich der Proben aus ökologischem Anbau findet sich auf unserer Homepage.

 

Andere „Superfoods“ gehören zu den Getreide- oder Obsterzeugnissen wie Chiasamen oder Gojibeeren. Im Jahr 2016 wurden 5 Proben Chia und Goji aus konventionellem Anbau untersucht, alle Proben wiesen Überschreitungen der Höchstmengen auf.

 

Tabelle 8: Chia- und Goji-Proben, Pestizidgehalte > 0,01 mg/kg sind aufgeführt
Probenart Herkunft Pestizid
Gehalt (mg/kg)
> HM*
Chia   Unbekannt Fosetyl, Summe 0,28  
Haloxyfop, Summe 0,11 ja

 

Chia Unbekannt Glyphosat 1,1 ja
Goji   China 2,4-D 0,019  
Acetamiprid 0,28
Amitraz, Summe 0,081
Azoxystrobin 0,014
Carbendazim, Summe 0,11
Carbofuran, Summe 0,050 ja
Chlorpyrifos 0,083  
Cypermethrin 0,12
Difenoconazol 0,088
Fenpropathrin 0,014
Imidacloprid 0,076
Iprodion 0,012
Kresoxim-methyl 0,021
Lambda-Cyhalothrin 0,044
Prochloraz, Summe 0,083
Propargit 0,042
Pyridaben 0,026
Tebuconazol 0,094
Thiamethoxam 0,040
Thiophanat-methyl 0,098
Triadimefon, Summe 0,037
Goji   Unbekannt Acetamiprid 0,22  
Amitraz, Summe 0,062
Carbendazim, Summe 0,12
Carbofuran, Summe 0,019 ja
Chlorpyrifos 0,028  
Cypermethrin 0,067
Difenoconazol 0,036
Imidacloprid 0,068
Lambda-Cyhalothrin 0,020
Prochloraz, Summe 0,085
Propargit 0,044
Pyridaben 0,024
Tebuconazol 0,017
Thiophanat-methyl 0,015
Triadimefon, Summe 0,021
Goji Unbekannt Acetamiprid 0,13  
Acetamiprid Metabolit IM-2-1 0,019
Amitraz, Summe 0,024
Anthrachinon 0,024
Carbofuran, Summe 0,013 ja
Imidacloprid 0,011  
Nikotin 0,12 ja
Triadimefon, Summe 0,012  

*HM = Höchstmenge

 

Eine Darstellung der Untersuchungsergebnisse für „Superfood“ aus ökologischem Landbau findet sich im Ökomonitoringbericht 2016.

 

Weitere Überschreitungen von Höchstmengen (außer Chlorat) sind in Tabelle 9 aufgeführt. Hierbei sind keine besonderen Häufungen erkennbar, es handelt sich überwiegend um Einzelfälle. Bei verarbeiteten Lebensmitteln muss kein Herkunftsland angegeben werden, deshalb ist die Herkunft häufig unbekannt.

 

Tabelle 9: Weitere Überschreitungen der Höchstmenge (außer Chlorat)
Matrix Parameter mit Überschreitung der Höchstmenge
Johannisbeere rot tiefgefroren Ethephon (2x); Fenazaquin (2x)
Buchweizen Glyphosat (3x)
Hirse Glyphosat
Roggen Dichlorvos
Kichererbse Fosetyl, Summe
Linse Piperonylbutoxid
Kartoffeln Flonicamid, Summe; Fluazifop; Fosetyl, Summe; Haloxyfop, Summe
Kartoffel blanchiert BAC (n=8-18)
Zuchtchampignon Mepiquat; Trimethylsulfonium-Kation
Ölsamen Glyphosat; Haloxyfop, Summe
Säuglingsnahrung Fosetyl, Summe (4x)
Maniok Nikotin
Semmelstoppelpilze Chlorpropham
Steinpilze getrocknete Nikotin

 

Quellen

[1] Vorschläge des BfR zur gesundheitlichen Bewertung von Chloratrückständen in Lebensmitteln vom 12.05.2015

[2] Entscheidung der Kommission vom 10. November 2008 über die Nichtaufnahme von Chlorat in Anhang I der RL 91/414/EWG des Rates und die Aufhebung der Zulassungen für Pflanzenschutzmittel mit diesem Stoff (ABl. L307/7 vom 18.11.2008)

 

Anlagen

Anlage 1: Wirkstoffe und Metaboliten, die in der Rückstandsdefinition enthalten sind und nur als Summe in die Auswertung eingeflossen sind
  Parameter

 

In der Rückstandsdefinition enthalten und analytisch erfasst
Abamectin Avermectin B1a
Avermectin B1b
8,9-Z-Avermectin B1a

 

Aldicarb, Summe Aldicarb
Aldicarb-sulfoxid
Aldicarb-sulfon
Amitraz, Gesamt- Amitraz
BTS 27271
Benzalkoniumchlorid, Summe (BAC) Benzyldimethyloctylammoniumchlorid (BAC-C8)
Benzyldimethyldecylammoniumchlorid (BAC-C10)
Benzyldodecyldimethylammoniumchlorid (BAC-C12)
Benzyldimethyltetradecylammoniumchlorid (BAC-C14
Benzylhexadecyldimethylammoniumchlorid (BAC-C16)
Benzyldimethylstearylammoniumchlorid (BAC-C18)
Carbofuran, Summe Carbofuran
3-Hydroxy-Carbofuran
DDT, Summe DDE, pp-
DDT, pp-
DDD, pp-
DDT, op-
Dialkyldimethylammoniumchlorid, Summe (DDAC) Dioctyldimethylammoniumchlorid (DDAC-C8)
Didecyldimethylammoniumchlorid (DDAC-C10)
Didodecyldimethylammoniumchlorid (DDAC-C12)
Dieldrin, Summe Dieldrin
Aldrin
Dimethoat, Summe Dimethoat
Omethoat
Disulfoton, Summe Disulfoton
Disulfoton-sulfoxid
Disulfoton-sulfon
Endosulfan, Summe Endosulfan, alpha-
Endosulfan, beta-
Endosulfan-sulfat
Fenamiphos, Summe Fenamiphos
Fenamiphos-sulfoxid
Fenamiphos-sulfon
Fenthion, Summe Fenthion
Fenthion-sulfoxid Fenthion-sulfon
Fenthion-oxon
Fenthion-oxon-sulfoxid
Fenthion-oxon-sulfon
Fipronil, Summe Fipronil
Fipronil-sulfon
Flonicamid, Summe Flonicamid
TFNG
TFNA
Fosetyl, Summe Fosetyl
Phosphonsäure
Glufosinat, Summe Glufosinat MPPA
N-Acetyl-Glufosinat
Heptachlor, Summe Heptachlor
Heptachlorepoxid
Malathion, Summe Malathion
Malaoxon
Methiocarb, Summe Methiocarb
Methiocarb-sulfoxid
Methiocarb-sulfon
Methomyl, Summe Methomyl
Thiodicarb
Milbemectin Milbemectin A3
Milbemectin A4
Oxydemeton-S-methyl, Summe Oxydemeton-methyl
Demeton-S-methyl-sulfon
Parathion-methyl ,Summe Parathion-methyl
Paraoxon-methyl
Phorat, Summe Phorat
Phorat-sulfon
Phorat-oxon
Phorat-oxon-sulfon
Phosmet, Summe Phosmet
Phosmet-oxon
Pirimicarb, Summe Pirimicarb
Desmethyl-pirimicarb
Prochloraz, Gesamt Prochloraz
2,4,6-Trichlorphenol
BTS 44595
BTS 44596
BTS 9608
BTS 40348
Pyrethrum, Summe Pyrethrin I
Pyrethrin II
Jasmolin I
Jasmolin II
Cinerin I
Cinerin II
Pyridat, Summe Pyridat
Pyridafol
Quintozen, Summe Quintozen
Pentachloranilin
Sethoxydim, Gesamt Sethoxydim
Clethodim
Spirotetramat, Summe Spirotetramat,
Spirotetramat-Enol,
Spirotetramat, Ketohydroxy
Spirotetramat, Monohydroxy
Spirotetramat-Enol-Glykosid
Terbufos, Summe Terbufos
Terbufos-sulfon
Terbufos-sulfoxid
Tolylfluanid, Summe Tolylfluanid
DMST
Triadimefon u. Triadimenol Triadimefon
Triadimenol
Triflumizol Triflumizol
Triflumizol Metabolit FM-6-1

 

Artikel erstmals erschienen am 07.08.2017 10:18:42

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 Kleines Landeswappen von Baden-Württemberg.