Baden-Württemberg

Die Untersuchungsämter für Lebensmittelüberwachung und Tiergesundheit

Dioxine, PCB und weitere Schadstoffe in (Wild-)Fischen aus Binnengewässern in Baden-Württemberg

Dr. Rainer Malisch, Kerstin Wahl (CVUA Freiburg)

 

Die Ergebnisse umfangreicher Untersuchungen aus den letzten 10 Jahren zu Gehalten and Dioxinen, PCB und weiteren organischen und anorganischen Kontaminanten in (Wild-) Fischen aus Binnengewässern in Baden-Württemberg hat das Chemische und Veterinäruntersuchungsamt Freiburg jetzt zusammengestellt. Ergänzend werden die vom CVUA Karlsruhe durchgeführten Untersuchungen auf perfluorierte Tenside (PFT) einbezogen.

 

Die Ergebnisse von Monitoringprogrammen sollen auch zur Abschätzung der Aufnahme von Kontaminanten über den Süßwasserfischverzehr dienen.

 

Eindrücklicher Beleg für die Anreicherung langlebiger Schadstoffe in der Nahrungskette sind die Ergebnisse der Untersuchung von Kormoranen. Da Kormorane sich überwiegend bis ausschließlich von Fischen ernähren, können sie als Bioindikatoren für die Belastungssituation von Gewässern herangezogen werden.

 

1. Monitoring 2010

FischfiletIm Rahmen zweier Monitoringprogramme wurden in Baden-Württemberg im Jahr 2010 insgesamt 46 Proben unterschiedlicher Fischarten aus 14 Binnengewässern auf Dioxine, polychlorierte Biphenyle, chlor- und bromorganische Pestizide und Kontaminanten, Nitromoschusverbindungen, Pyrethroide, Schwermetalle und perfluorierte Tenside untersucht.

 

Bei der Auswahl der Gewässer, Probenahmestellen, Fischarten sowie der Größen, des Alters und des Fettgehaltes der Fische wurde insbesondere die fischereiliche Relevanz (Fangquoten der Berufsfischer, Verzehrshäufigkeit der Fischarten) berücksichtigt. Dabei wurden auch die im bundesweiten Monitoringprojekt vorgegebenen Fischarten beachtet.

 

Insgesamt wurden in den Proben erhebliche Schwankungen der Gehalte an Dioxinen, PCB, Pestiziden, Schwermetallen und PFT festgestellt, die zum einen von der Belastungssituation des Gewässers an der Probenahmestelle, zum anderen von Art und Zusammensetzung der Proben (Fettgehalte, Alter/Größe, Fischarten, ...) abhängen. Durch die Fokussierung auf den fischereilichen Warenkorb der Berufsfischer und Angler stellen die vorliegenden Untersuchungen eine gute Abschätzung für die Aufnahme von Kontaminanten über Süßwasserfischverzehr durch den Menschen dar.

 

Aufgrund der Art der Probenahme ist das durchgeführte Monitoring allerdings nicht repräsentativ für die beprobten Gewässer. Die in Hinblick auf die Anreicherung der fettlöslichen Kontaminanten eher kritischen fettreichen Fische mit Fettgehalten über 10 % waren bei den beprobten Fischen nicht dabei. Im Süßwasser kommen solche Fettgehalte im Filet in der Regel nur bei großen und alten Fischen vor.

 

Der Höchstgehalt für die Summe aus Dioxinen und dioxinähnlichen PCB wurde nur von einer Probe Brachsen numerisch überschritten. Jedoch wiesen die Fischproben teilweise Gehalte an Quecksilber und dioxinähnlichen PCB auf, die im Bereich des festgelegten Höchstgehaltes bzw. Auslösewertes liegen. Alle übrigen Befunde lagen unterhalb der gesetzlichen Höchstmengen, soweit es spezielle Regelungen für die nachgewiesenen Stoffe gibt.

 

2. Umweltmonitoring Aal 2008

Im Rahmen eines Umweltmonitorings wurden 2008 insgesamt 15 Aale aus dem Rhein sowie 5 Aale aus dem Bodensee auf Dioxine, PCB, Schwermetalle und Pestizide untersucht.

 

Europäischer AalDer für die Summe aus Dioxinen und dioxinähnlichen PCB zulässige Höchstgehalt wurde von allen fünf aus dem Bodensee stammenden Aalen unterschritten. Die im Rhein gefangenen Aale wiesen überwiegend Gehalte auf, die oberhalb oder im Bereich des zulässigen Summen-Höchstgehaltes lagen. Aale, die den Summen-Höchstgehalt unter Berücksichtigung der erforderlichen Messunsicherheit gesichert überschreiten, sind nicht verkehrsfähig und dürfen daher nicht als Lebensmittel in den Handel kommen.

 

Da Aale aus dem Rhein aufgrund ihrer hohen Bestandsgefährdung in Baden-Württemberg bereits einer ganzjährigen Schonung unterliegen und somit nicht gefangen werden dürfen, ist auch das Inverkehrbringen als Lebensmittel nicht zulässig.

 

3. Fisch-Monitoringprogramme der letzten 10 Jahre

Die Monitoringprogramme aus 2010 und 2008 reihen sich in die umfangreichen Fischuntersuchungen ein, die im CVUA Freiburg seit 30 Jahren durchgeführt werden. Nachdem das CVUA Freiburg alle Untersuchungen auf Rückstände und organische Kontaminanten (außer PFT) in Fischen zentral für Baden-Württemberg übernommen hatte, wurden in den letzten 10 Jahren die verschiedensten Fische untersucht. Dadurch ist ein Vergleich von diversen Flüssen und Seen in Baden-Württemberg mit der Schadstoffbelastung von Fischen aus Aquakulturen und Seefischen möglich.

 

Zur Belastung der Fische trägt nach wie vor die Hintergrundbelastung von Altlasten an langlebigen, fettlöslichen Pestiziden und Kontaminanten bei, die sich über die Nahrungskette im Fettgewebe der Tiere anreichern. Da Flussfische unter den Lebensmitteln tierischer Herkunft mit am höchsten belastet sind, stellt ihr Verzehr ggf. eine nicht unwesentliche Quelle für die Schadstoffbelastung des Menschen dar.

 

Auf der anderen Seite gilt der Fisch als ernährungsphysiologisch wertvolles Lebensmittel, das regelmäßig verzehrt werden sollte. Bei der Abwägung der Verzehrsmenge sollte daher die Fischart und Herkunft berücksichtigt werden. Diesbezüglich wird auf die Stellungnahme des BfR vom 12.10.2009, Nr. 005/2010 „Kriterien für Verzehrsempfehlungen bei Flussfischen, die mit Dioxinen und PCB belastet sind" verwiesen.

 

4. Untersuchung von Kormoran

KormoranDa Kormorane sich überwiegend bis ausschließlich von Fischen ernähren, können sie als Bioindikatoren für die Belastungssituation von Gewässern herangezogen werden. Zusätzlich zu den untersuchten Fischproben wurden daher vier Proben von in Baden-Württemberg geschossenen Kormoranen untersucht.

 

Für Dioxine und PCB in Kormoranfleisch existieren keine gesonderten Höchstgehalte oder Auslösewerte. Zu Vergleichszwecken können die für ähnliche Lebensmittel (z.B. Geflügel) festgesetzten Regelungen herangezogen werden.

 

Sämtliche Kormoran-Proben überschritten den für Dioxine in Geflügel festgesetzten Höchstgehalt um den Faktor 35 - 100 und den für den Summenparameter aus Dioxinen und dioxinähnlichen PCB festgesetzten Höchstgehalt um den Faktor 112 - 375. (Zieht man die für Geflügelfleisch geltenden EU-Höchstmengen für Pestizidrückstände mit Bezug auf Frischgewicht zum Vergleich heran, würde sich für HCB bei einer Probe, für DDT bei zwei Proben eine Überschreitung der Höchstmenge ergeben).

 

Lesen sie den ausführlichen Bericht

 

Weitere Informationen

Grünkohlmonitoring im Raum Kehl / Straßburg mit Ergebnissen von Untersuchungen von Milch-, Ei- und Grünkohlproben auf Dioxine, PCB und Schwermetalle aus den Jahren 1995 - 2007. (pdf, 15 MByte)

 

Weiterführende Links zum Thema "Dioxine, PCB und weitere Schadstoffe in (Wild-)Fischen aus Binnengewässern in Baden-Württemberg":

 

Bundesamt für Verbraucherschutz und Lebensmittelsicherheit (BVL): Handbuch Monitoring 2010

BfR-Stellungnahme Nr. 027/2010 vom 16.06.2010

Projekt 92: Flammschutzmittel in Bodenseeorganismen (FLABO), interreg IV, 2010

IME-Jahresbericht 2004, Fraunhofer Institut

Umweltbundesamt - Umweltprobenbank des Bundes: Octachlorstyrol in Brassen aus der Oberen Elbe

BVL, Berichte zur Lebensmittelsicherheit 2008 - Lebensmittel-Monitoring

Exposition mit Methylquecksilber durch Fischverzehr, Forschungskennzahl UM 705 61 416, Niedersächsisches Landesamt für Verbraucherschutz und Lebensmittelsicherheit, Institut für Fische und Fischereierzeugnisse, Cuxhaven, 02/2008

BfR-Stellungnahme 004/2009 vom 11. September 2008

CVUA Karlsruhe: Perfluorierte Tenside in Fischen aus dem Bodensee

 

Bildnachweis

Fischerei-Forschungsstelle Langenargen (Fischfilet)

Ron Offermans, GNU Free Documentation Licence (Aal)

Manfred Rose, www.pixelio.de, Image-ID: 491645 (Kormoran,"Guten Appetit")

 

Artikel erstmals erschienen am 17.01.2011 16:13:50

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