Warum ist die Reduzierung des Ethylcarbamatgehalts in Steinobstbränden
wichtig?
Ethylcarbamat kommt bei mangelhafter Herstellungsweise in Steinobstdestillaten vor. Es bildet
sich unter anderem aus Blausäure, die beim Brennvorgang in das Destillat übergehen
kann und zuvor aus natürlichen Vorläufersubstanzen freigesetzt wird, die besonders
in Obststeinen vorkommen.
Ethylcarbamat besitzt erbgutschädigende und krebserregende Eigenschaften. Der Gehalt dieser
Substanz in Steinobstbränden ist daher unbedingt zu minimieren. Vom ehemaligen Bundesgesundheitsamt
(BGA) wurde bereits 1986 ein Richtwert von 0,4 mg/L trinkfertige Spirituosen festgelegt, bei
dessen Überschreitung um das Doppelte (0,8 mg/L) Maßnahmen zu ergreifen sind.
Wozu eine Fragebogenaktion?
Zur praxisbezogenen Ermittlung von Einflussfaktoren auf die Ethylcarbamatgehalte in Steinobstbränden
wurden in Baden-Württemberg seit 2001 bei der Probenahme von Steinobstbränden in
Kleinbrennereien anhand spezieller Fragebögen diverse brennereitechnische Parameter abgefragt.
Was wurde in den Fragebögen erfasst?
In den Fragebögen waren u.a. Angaben zu der Obstsorte der Brände, dem Baujahr der
Anlage, der Reinigung der Anlage, Verwendung eines Kupferkatalysators bei der Destillation,
dem Zeitpunkt der Nachlaufabtrennung, der Verwendung des Nachlaufs eines älteren Brandes
und den Lagerbedingungen zu machen.
Insgesamt kamen 180 Fragebögen zur Auswertung. Die EC-Gehalte der entsprechenden Obstbrände
wurden durch die Chemischen und Veterinäruntersuchungsämter (CVUA) Baden-Württemberg
ermittelt und die Daten statistisch ausgewertet.
Welche Ergebnisse lieferte die Auswertung?
Die Auswertung der Fragebögen ergab, auf welche brennereitechnischen Parameter besonders
zu achten ist. Die Ergebnisse stimmen im wesentlichen mit bereits bestehenden Empfehlungen
zur Reduzierung des Ethylcarbamatgehalts in Steinobstbränden überein.
Zur Minimierung des Ethylcarbamatgehalts in Steinobstbränden haben sich folgende Parameter bei der Herstellung besonders bewährt:
Als Hilfe zur praktischen Umsetzung der relevanten Parameter wurde in Baden-Württemberg
für die Kleinbrenner ein Merkblatt
"Maßnahmen zur Reduzierung von Ethylcarbamat
in Steinobstbränden" erstellt.
Ergebnisse im Detail
Obstsorte:
Ethylcarbamat wird überwiegend aus Blausäure bzw. deren Salzen gebildet,
die zunächst gebunden in den Steinen der Früchte vorliegen und während des
Reifeprozesses durch Enzyme freigesetzt werden.
Von den verschiedenen Obstsorten ist das Verhältnis Fruchtfleisch zu Stein bei Kirschen
am niedrigsten. Daher sind die EC-Gehalte bei Kirschbränden wie erwartet höher als
bei Zwetschgen- und Mirabellenbränden.
Brennanlage:
Bei jüngeren Anlagen (etwa ab Baujahr 1980) sind geringere EC-Gehalte der
Brände zu erkennen.
Neuere Anlagen sind häufiger mit automatischen Spülvorrichtungen und einem Kupfer-Katalysator
ausgestattet, beide Komponenten haben einen entscheidenden Einfluss auf die EC-Gehalte der
Brände.
Sowohl die Destillation mit Kupfer-Katalysator (21% der Brände) als auch die Reinigung über
eine automatische Spülvorrichtung (24% der Brände) haben einen positiven Einfluss
auf die Minimierung der EC-Gehalte in Steinobstbränden.
Abb. 1.: Anteil der Brände mit EC-Gehalten über und unter den Richtwerten in Abhängigkeit von verschiedenen Parametern
Herstellung:
Bei Bränden, bei denen der Nachlauf eines älteren Brandes mitverwendet
wurde, sind die ermittelten EC-Gehalte höher als bei Bränden, bei denen kein Nachlauf
mitverwendet wurde.
Bei einer Abtrennung des Nachlaufes über 45% vol sind die ermittelten EC-Gehalte niedriger
als bei einer Abtrennung unter 45% vol.
Lagerung:
Ethylcarbamat ist eine auf natürliche Weise lichtinduziert gebildete Substanz.
Ein entscheidender Faktor ist demnach auch die Lagerung.
Die ermittelten EC-Gehalte bestätigen, dass bei dunkler Lagerung von Destillat und Enderzeugnis
im Mittel niedrigere EC-Gehalte in den Bränden vorhanden waren.
Da die Bildung des Ethylcarbamats nach einmaliger Initialisierung durch Lichteinfluss auch
bei anschließend dunkler Lagerung nicht mehr gestoppt werden kann, müssten sowohl
das Destillat als auch das Enderzeugnis bis zum Endverbraucher immer dunkel gelagert werden.
Eine dunkle Lagerung ist allerdings kaum realisierbar.
Weitere Informationen:
Merkblatt für Kleinbrenner: "Maßnahmen zur Reduzierung von Ethylcarbamat in Steinobstbränden"
Wissenschaftlicher Fachartikel mit ausführlicher Darstellung:
Weltring, Anja; Rupp, Martin; Arzberger,
Ulrich; Rothenbücher, Ludwig; Koch, Helmut; Sproll,
Constanze; Lachenmeier, Dirk W. (2006) Ethylcarbamat: Auswertung von Fragebögen zur Erhebung
von Steinobstbränden bei Kleinbrennereien. Deutsche Lebensmittel-Rundschau 102(3), 97
- 101 [PDF 292 KB]
(Mit freundlicher Genehmigung der Deutschen Lebensmittel-Rundschau, Wissenschaftliche Verlagsgesellschaft
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