Elisa Scheib
Nudelgerichte: bei Groß und Klein beliebt, vielfältig kombinierbar und schnell zubereitet. Aus Gastronomiebetrieben, Großküchen und Privathaushalten sind Teigwaren nicht wegzudenken. In der Gastronomie werden Teigwaren in Form von Spaghetti, Spätzle oder Rigatoni häufig in großen Mengen vorgekocht und bis zur Abgabe an den Verbraucher gelagert, wodurch eine schnelle Zubereitung von Speisen ermöglicht wird. Frisch gekocht sind Teigwaren praktisch keimfrei. Jede weitere Behandlung nach dem Kochvorgang kann jedoch eine Kontaminationsquelle darstellen. Das CVUA Stuttgart überprüft daher routinemäßig den Hygienestatus gegarter Teigwaren aus Dienstleistungsbetrieben. Nicht zu Unrecht wie der folgende Artikel zeigt …
Abbildung 1: gegarte Spaghetti in typischer Probenahmebox
Im Voraus und in größeren Mengen gegart und anschließend bis zur Zubereitung gelagert, bilden Teigwaren die Basis für eine Vielzahl von Speisen und sind auch als Beilage eine beliebte Wahl. Insbesondere in Gastronomiebetrieben werden Teigwaren nicht selten in großen Mengen gekocht, in Behältnisse umportioniert und einige Tage vorrätig gehalten. Bei Bedarf sind diese zur Zubereitung verschiedener Speisen schnell einsatzbereit. Zu Stoßzeiten wie zum Beispiel beim Mittagsgeschäft müssen Gäste somit nicht lange auf ihre Speisen warten und der Gastronom kann mehr Kundinnen und Kunden bedienen. Teigwaren sind durch den Kochvorgang üblicherweise sehr keimarm. Nach dem Garvorgang kann es unter bestimmten Umständen zur Kontamination der Lebensmittel mit anschließender Vermehrung von Hygiene- und Verderbserregern sowie potentiell krankmachenden „pathogenen” Keimen kommen. Als Kontaminationsursachen zu nennen sind hier mangelhaft gereinigte Behältnisse und Küchengerätschaften aber auch eine unzureichende Personalhygiene kombiniert mit einer mangelhaften Kühlung und/oder einer zu langen Lagerungsdauer. Feuchte, kohlenhydratreiche Teigwaren bieten Mikroorganismen optimale Wachstumsbedingungen und gehören daher zu den leicht verderblichen Lebensmitteln.
Von Januar 2015 bis Mai 2024 hat das Chemische und Veterinäruntersuchungsamt Stuttgart 1332 Proben gegarter Teigwaren auf Verderbs- und Hygieneparameter (Pseudomonaden, Enterobacteriaceae, Escherichia (E.) coli, Milchsäurebakterien, Hefen und Schimmelpilze) sowie auf pathogene Keime, u. a. Salmonellen, Listerien, Bacillus (B.) cereus sowie Staphylococcus (S.) aureus untersucht.
Der mikrobiologischen Untersuchung geht immer eine grobsinnliche Beurteilung der Proben auf Geruch und Geschmack voraus.
Von den insgesamt 1332 zur Untersuchung vorgelegten Proben waren 961 Proben (72,1 %) nicht zu beanstanden. Aufgrund mikrobiologischer Kriterien wurden 317 Proben (23,8 %) beanstandet. Davon fielen 12 Proben bereits bei der grobsinnlichen Untersuchung durch geruchliche Abweichungen (parfümig, fruchtig, unfrisch) auf. Bei 54 Proben (4,1 %) führten andere Ursachen (z. B. eine fehlerhafte Kennzeichnung) zu einer Beanstandung.
Von den wegen der mikrobiologischen Ergebnisse beanstandeten Proben wurden 152 Proben (47,9 %) aufgrund erhöhter Gehalte an Verderbnis- und/oder Hygieneparametern beanstandet. Dies deutet z. B. auf Mängel in der Personal- und/oder Betriebshygiene gemäß VO (EG) Nr. 852/2004 [1] bzw. der Lebensmittelhygiene-Verordnung (LMHV) [2] hin.
160 Proben (50,5 %) waren wegen zu hoher Keimgehalte nicht mehr zum Verzehr geeignet im Sinne von Artikel 14 Abs. 2 Buchstabe b der VO (EG) Nr. 178/2002 [3]. Werden Lebensmittel als für den Verzehr durch den Menschen ungeeignet beurteilt, gelten diese als nicht sicher und dürfen nicht in Verkehr gebracht werden.
5 Proben (1,6 %) wurden aufgrund des Nachweises pathogener Keime als gesundheitsschädlich im Sinne von Artikel 14 Abs. 1 i. V. mit Abs. 2 Buchstabe a der VO (EG) Nr. 178/2002 [3] beurteilt.
Bei den aufgrund von Hygienemängeln beanstandeten Proben handelte es sich überwiegend um verderbniserregende Keime, zum Beispiel Pseudomonaden, Milchsäurebakterien und/oder Hefen mit Keimgehalten von > 105 KbE/g* bis > 109 KbE/g. Verderbniserregende Schimmelpilze wurden in Keimgehalten von 103 bis 106 KbE/g nachgewiesen.
Sensorische Abweichungen in Form eines parfümigen, fruchtigen sowie unfrischen Geruchs sind meist hohen Keimgehalten an Pseudomonaden geschuldet.
Zusätzlich wurden häufig die zu den Hygienekeimen zählenden Enterobacteriaceae in einer Größenordnung von > 104 bis > 109 KbE/g festgestellt. Der Nachweis hoher Keimgehalte an Enterobacteriaceae, die sich bei Kühlschranktemperaturen nicht vermehren können, ist ein Hinweis darauf, dass die Teigwaren nach dem Kochen ungekühlt und ggf. auch zu lange im Betrieb aufbewahrt wurden. Der zu den Enterobacteriaceae gehörende Fäkalindikatorkeim E. coli wurde in drei Proben mit Keimgehalten zwischen > 102 und > 103 KbE/g nachgewiesen.
E. coli kommt vor allem im menschlichen und tierischen Darm vor. Das Auftreten in Lebensmittelproben kann auf eine fäkale Verunreinigung durch Mängel in der Personal- und/oder Betriebshygiene hindeuten. Eine Kontamination mit E. coli kann z. B. durch unzureichende Reinigung und Desinfektion von Arbeitsflächen, -geräten und Händen, oder durch die Verwendung von Putz- und Spüllappen, die mit diesen Bakterien behaftet sind, zustande kommen.
Neben Verderbs- und Hygieneparametern stehen pathogene Mikroorganismen im Fokus der mikrobiologischen Untersuchungen. Diese können beim Verzehr kontaminierter Lebensmittel zu Erkrankungssymptomen wie z. B. Durchfall und/oder Erbrechen führen.
Erfreulicherweise wurden Salmonellen in keiner der Proben nachgewiesen.
In zwei Proben wurde Listeria (L.) monocytogenes in zählbarer Menge (400 KbE/g und 600 KbE/g) festgestellt. L. monocytogenes ist der Erreger der bei Menschen und Tieren vorkommenden Erkrankung Listeriose. Verzehrfertige Lebensmittel, in denen L. monocytogenes in einer Menge von über 100 KbE/g nachgewiesen wird, sind nicht sicher und daher nicht zum Verzehr für den Menschen geeignet. Diese beiden Proben wurden als gesundheitsschädlich beurteilt.
In drei – im Erkrankungszusammenhang erhobenen – Proben wurde B. cereus nachgewiesen. B. cereus ist ein ubiquitär vorkommender, potentieller Lebensmittelintoxikationserreger, der Magen-Darm-Erkrankungen verursachen kann. Bei einer Infektion mit Keimen aus der B. cereus-Gruppe können diese im Fall der Vermehrung im menschlichen Darm Diarrhoe-Toxine bilden, die Durchfälle verursachen. Darüber hinaus besitzen manche B. cereus-Stämme zusätzlich die Gene für eine Gruppe emetischer Toxine (Cereulid). Bei einer Intoxikation haben diese Bakterien das Cereulid bereits im Lebensmittel gebildet und bewirken so 0,5 bis 6 Stunden nach dem Verzehr Übelkeit und Erbrechen. Die Cereulidbildung im Lebensmittel ist dann möglich, wenn das Lebensmittel zu lange einem kritischen Temperaturbereich zwischen +10 °C und +60 °C gelagert wurde und die Keime sich in dieser Zeit auf hohe Keimzahlen (> 105 KbE/g) vermehren konnten. [4].
In zwei dieser Proben wurde B. cereus in erkrankungsrelevanter Menge (1,2 x 105 KbE/g und 2,4 x 106 KbE/g) nachgewiesen. In einer dieser beiden Proben wurde zudem Cereulid (B. cereus emetisches Toxin) festgestellt. In einer weiteren Probe wurde zwar ein geringerer Keimgehalt (3,8 x 104 KbE/g) ermittelt, Cereulid konnte dennoch nachgewiesen werden. Alle drei Proben wurden aufgrund der hohen Keimgehalte seitens des CVUA Stuttgart als gesundheitsschädlich beurteilt.
Mediale Bekanntheit erlangte B. cereus durch das „Fried rice syndrome“ (dt.: „Gebratener-Reis-Syndrom“). Insbesondere stärkehaltige Lebensmittel wie gekochter Reis, aber auch feuchte, gegarte Nudeln stellen für B. cereus ideale Wachstumsbedingungen dar.
S. aureus wurde in drei Proben in einer Konzentration von 102 bis 104 KbE/g festgestellt. S. aureus kommt zum einen in eitrigen Wunden vor, jedoch findet sich dieser auch bei 30–50 % der gesunden Bevölkerung im Nasen-Rachen-Raum und auf der äußeren Haut, sodass dieser über Lappen, Tücher, Arbeitsflächen oder Geräte verschleppt werden kann. Eine einwandfreie Personalhygiene ist daher von großer Bedeutung. Ab einer Konzentration von 105 bis 106 Keimen pro Gramm Lebensmittel kann dieser Keim, sofern er Toxin bildet, zu Lebensmittelvergiftungen mit starkem Erbrechen führen. Dieser Keimgehalt war in keiner der untersuchten Proben erreicht worden. Auch wurde kein Staphylokokken-Enterotoxin nachgewiesen.
Die Untersuchungsergebnisse aus fast 10 Jahren zeigen, dass die Lebensmittelüberwachungsbehörden zu Recht immer wieder einen prüfenden Blick auf die Vorratshaltung und Arbeitsabläufe in Großküchen, Gastronomiebetrieben und anderen lebensmittelverarbeitenden Betrieben werfen. Etwas mehr als jede 4. bei uns untersuchte Probe war grobsinnlich und/oder mikrobiologisch auffällig, die Hälfte davon sogar so gravierend, dass sie für den menschlichen Verzehr nicht mehr geeignet war. Dies lässt auf Mängel in der Personal- und/oder Betriebshygiene schließen. Auch die Tatsache, dass fünf Proben aufgrund des Nachweises von pathogenen Keimen in zum Teil erkrankungsrelevanter Menge und dem Nachweis von Toxin (Cereulid) im Lebensmittel als gesundheitsschädlich beurteilt wurden, zeigt die Relevanz der Untersuchung dieser Lebensmittelmatrix.
Erfreulicherweise ist der Großteil (ca. 72 %) der untersuchten Proben nach den Ergebnissen der Untersuchungen unauffällig. Lediglich 4 % der Proben wiesen Mängel in der Kennzeichnung auf.
Das CVUA Stuttgart und die amtlichen Lebensmittelüberwachungsbehörden werden diese leicht verderbliche Lebensmittelgruppe weiterhin im Blick haben, sodass Nudelliebhaber zukünftig hoffentlich noch unbesorgter zugreifen können.
Abbildung 2: optisch unauffällig, jedoch als gesundheitsschädlich beurteilte Rigatoni aufgrund des Nachweises von L. monocytogenes in erkrankungsrelevanter Menge.
Fotos: CVUA Stuttgart, Abt. Mikrobiologie und Trinkwasser
[1] VO (EG) 852/2004: Verordnung (EG) Nr. 852/2004 des Europäischen Parlaments und des Rates vom 29. April 2004 über Lebensmittelhygiene (ABl. L 139/1), zuletzt geändert durch die Verordnung (EU) 2021/382 vom 3. März 2021 (ABl. L 74/3).
[2] LMHV: Verordnung über Anforderungen an die Hygiene beim Herstellen, Behandeln und Inverkehrbringen von Lebensmitteln (Lebensmittelhygiene-Verordnung) in der Fassung der Bekanntmachung vom 21. Juni 2016 (BGBl. I S. 1469), zuletzt geändert durch Artikel 3 der Verordnung vom 20. Juni 2023 (BGBl. 2023 I Nr. 159).
[3] VO (EG) 178/2002: Verordnung (EG) Nr. 178/2002 des Europäischen Parlaments und des Rates vom 28. Januar 2002 zur Festlegung der allgemeinen Grundsätze und Anforderungen des Lebensmittelrechts, zur Errichtung der Europäischen Behörde für Lebensmittelsicherheit und zur Festlegung von Verfahren zur Lebensmittelsicherheit (ABl. L 31/1), zuletzt geändert durch die Verordnung (EU) 2019/1381 vom 20. Juni 2019 (ABl. L 231/1).
[4] U.S. Food and Drug Administration (FDA): Bad Bug Book (Second Edition)
* KbE/g = Koloniebildende Einheit pro Gramm; bezeichnet die Anzahl einzelner Mikroorganismen, welche durch Vermehrung (Zellteilung) einzelne Kolonien auf einem Nährmedium bilden können.