Baden-Württemberg

Die Untersuchungsämter für Lebensmittelüberwachung und Tiergesundheit

Nur das Beste fürs Kind? - Nahrungsergänzungsmittel für die Kleinsten geben Anlass zu großen Bedenken

Verena Bock, Tábata Rajcic de Rezende

 

Zwischen 2021 und 2023 untersuchte das CVUA Karlsruhe Nahrungsergänzungsmittel für Kinder. 19 der 31 Proben waren explizit für Säuglinge und Kleinkinder bestimmt. Diese waren allesamt nicht verkehrsfähig. Problematisch waren vor allem die festgestellten Überschreitungen der sicheren Tageshöchstmengen von Folsäure. Auch die übrigen Nährstoffmengen lagen häufig über den Werten für eine angemessene Zufuhr, was vor allem bei jungen Kindern als kritisch betrachtet wird.

Zu sehen ist eine Brotzeit, die für Kinder optisch ansprechend in Eulenform angerichtet ist. Auf dem Teller liegen außerdem Nahrungsergänzungsmittel in verschiedenen Darreichungsformen.

Abb.1: Nahrungsergänzungsmittel für Kinder - Geeignet zur Ergänzung der herkömmlichen Ernährung?

 

Nahrungsergänzungsmittel mit Vitaminen, Mineralstoffen sowie sonstigen Stoffen wie Milchsäurebakterien dienen der Ergänzung der herkömmlichen Ernährung. Diese Produkte werden mittels bunten Aufmachungen und entsprechenden Auslobungen auch speziell für die Zielgruppe Säuglinge und Kleinkinder angeboten, oft in Form von Lutschtabletten, Pulvern, Tropfen oder in kaubarer Form.

 

Durch die Produktaufmachungen wird bei Eltern der falsche Eindruck erweckt, Säuglinge und Kleinkinder hätten einen spezifischen Bedarf an diesen Produkten, weshalb diese als irreführend beurteilt wurden.

 

Studien, die das Ernährungsverhalten von Kindern untersuchten, belegen, dass der Nährstoffstatus von Kindern im Allgemeinen keinen Anlass zur Sorge gibt und eine ausreichende Versorgung mit Vitaminen und Mineralstoffen in der Regel bereits über die herkömmliche Ernährung erreicht wird. Somit kann es bei zusätzlicher Aufnahme von Nahrungsergänzungsmitteln schnell zu einer Überschreitung der angemessenen Zufuhrmengen kommen. Dies ist vor allem bei jungen Kindern und Nährstoffen, die nicht so leicht wieder ausgeschieden werden können, als kritisch zu betrachten. Es kann zur Belastung des Stoffwechsels oder sogar einer Intoxikation (Vergiftung) kommen.

 

Nahrungsergänzungsmittel für Säuglinge und Kinder sind vom Gesetzgeber nicht explizit geregelt worden, sie sind also nicht ausdrücklich verboten. Daher sind derartige Produkte auf dem Markt zu finden. Nach hiesiger Einschätzung kann aus der derzeitigen Rechtslage jedoch zumindest abgeleitet werden, dass sie nicht vorgesehen sind.

 

Aus diesem Grund untersuchte das CVUA Karlsruhe zwischen 2021 und 2023 insgesamt 31 Nahrungsergänzungsmittel für Kinder, die größtenteils mittels Internetrecherchen ermittelt und teilweise im Internet bestellt wurden. 19 Proben (61 %) waren dabei explizit für einen Verzehr durch Säuglinge und Kleinkinder bestimmt und waren allesamt nicht verkehrsfähig. Gründe hierfür waren neben der irreführenden Aufmachung unter anderem auch darin nicht zugelassene Zusatzstoffe. Das bedeutet, dass die gesundheitliche Unbedenklichkeit dieser Stoffe in dieser Bevölkerungsgruppe nicht berücksichtigt wurde und gegebenenfalls noch ungeklärt ist.

 

Bei 4 Produkten für Säuglinge und Kleinkinder wurden zudem die als sicher bewerteten Tageshöchstmengen zugesetzter Folsäure vollständig ausgeschöpft oder sogar überschritten. Von einer akuten Gesundheitsgefahr durch die Produkte ist zwar nicht auszugehen. Eine überhöhte Zufuhr an Nährstoffen sollte jedoch insbesondere bei jungen Kindern vermieden werden.

 

Auch die übrigen Nährstoffmengen in den Nahrungsergänzungsmitteln schöpften die Werte für eine angemessene Zufuhr in den entsprechenden Altersgruppen häufig vollständig aus oder lagen um ein Vielfaches darüber (vor allem bei den Vitaminen C, K und den B-Vitaminen). Bei 6 Proben (19 %) wurden zudem von den Verpackungsangaben abweichende Vitamingehalte festgestellt.

 

Von Nahrungsergänzungsmitteln für Säuglinge und Kleinkinder ist daher grundsätzlich abzuraten. Das CVUA Karlsruhe rät Eltern ebenfalls davon ab, älteren Kindern Nahrungsergänzungsmittel zu verabreichen. Es wird empfohlen, auf natürliche Nährstoffquellen aus herkömmlichen Lebensmitteln durch ausgewogene Ernährung zu setzen und gegebenenfalls ärztlichen Rat einzuholen, sofern die Unterversorgung eines Nährstoffs befürchtet wird.

 

Der ausführliche Bericht mit weiteren Details und Quellennachweisen ist hier nachzulesen.

 

Artikel erstmals erschienen am 25.08.2023 17:24:05

Copyright © 2005–2024 Alle Rechte vorbehalten.