Baden-Württemberg

Die Untersuchungsämter für Lebensmittelüberwachung und Tiergesundheit

Bodenseefelchen - Überprüfung der Herkunftsangabe

Dr. Eva Annweiler, Vanessa Schilling

 

Felchen AufstellerBodenseefelchen sind eine beliebte Fischspezialität und werden in vielen Fischgeschäften und Gastronomiebetrieben der Bodenseeregion angeboten. Verbraucherinnen und Verbraucher, darunter auch viele Touristen, sind bereit, für diese Delikatesse einen entsprechenden Preis zu bezahlen. Allerdings gingen die Fangerträge an Bodenseefelchen in den letzten Jahren stetig zurück und die Nachfrage kann schon seit längerer Zeit nicht mehr gedeckt werden. So werden am Bodensee auch Zuchtfelchen beispielsweise aus Italien, Kanada oder Russland angeboten. Die Lebensmittelüberwachung in Baden-Württemberg überprüft seit 2015, ob die freiwillige Herkunftsangabe bei Felchen vom Bodensee korrekt ist.

 

Die gute Nachricht vorneweg, in den Jahren 2015 bis 2022 wurden 64 Proben Bodenseefelchen bezüglich ihrer Herkunftsangabe überprüft; in fast allen Fällen, bis auf drei Proben, war die Herkunftsangabe korrekt.

 

Die Überprüfung der freiwilligen Herkunftsangabe „Bodensee“ bei Felchen erfolgt mit Hilfe der Stabilisotopenmassenspektrometrie (IRMS). Initiiert durch ein vom Ministerium für Ernährung, Ländlichen Raum und Verbraucherschutz Baden-Württemberg unterstütztes Forschungsprojekt, wurde in den letzten Jahren eine Datenbank zur Beurteilung von Felchenproben aufgebaut [1]. Die Herkunft der Felchen kann analytisch differenziert werden, sodass sich die im Untersuchungsamt durchgeführte IRMS-Labormethode und die Dokumentenkontrolle durch die zuständige Lebensmittelüberwachungsbehörde bei der Überprüfung der Herkunftsangabe ergänzen. Die Stabilisotopen-Datenbank enthält Daten zu Felchen aus dem Bodensee, aber auch anderer Herkunft. Um die Beurteilungsgrundlage abzusichern, werden - neben den Proben der Lebensmittelüberwachung - auch authentische Proben untersucht, deren Herkunft sicher bekannt ist. Die Vergleichsdaten der Stabilisotopen-Datenbank werden stetig erweitert, um die Aktualität der Beurteilungskriterien zu gewährleisten. Hierzu konnten im Jahr 2020 authentische Fischproben aus einem weiteren Untersuchungsprogramm, dem Bodensee-Fisch-Monitoring zum Nachweis von per- und polyfluorierten Alkylsubstanzen (PFAS), herangezogen werden [2]. Erstmals wurden auch für Barsch und Schleie (10 bzw. 4 Proben) Isotopendaten von authentischen Proben aus dem Bodensee erfasst.

 

Hintergrundinformation zum Bodensee

Der Bodensee ist mit einer Oberfläche von insgesamt 536 km² der drittgrößte See in Mitteleuropa und der größte Trinkwasserspeicher in Europa. Er setzt sich aus zwei Becken, dem Ober- und dem Untersee, zusammen. Der Obersee, mit einer Fläche von 473 km² und einer maximalen Tiefe von 254 m, ist über den Seerhein mit dem wesentlich kleineren Untersee verbunden, dessen maximale Tiefe bei 47 m liegt.

Im Jahr 2021 sank der Gesamtertrag der Berufsfischer am Bodensee-Obersee auf 233,6 t. Der Ertragsrückgang ist hauptsächlich auf die gesunkenen Fänge bei den Felchen zurückzuführen (Blaufelchen um minus 37 % und Gangfische um minus 62 % gegenüber dem Vorjahr). Der Bodenseefelchen ist ein bekannter und wohlschmeckender Speisefisch der Region aus der Familie der Lachsfische. Ihm gilt das Hauptinteresse der Bodenseefischerei. So lag der Anteil an Felchen 2021 mit ca. 107 t bei 46 %. Neben Felchen zählen vor allem Barsche aber auch Schleien, Brachsen und Karpfen zu den wichtigsten Fischarten der Bodenseefischerei. [3]

Proben

FelchenIm Zuge des Bodensee-Fisch-Monitorings 2020 wurden Felchen, Barsche und Schleien an verschiedenen Probenahmestellen direkt aus dem See entnommen. Die untersuchten Fischarten sind innerhalb des Sees nicht nur in unterschiedlichen Lebensräumen zu finden, auch ihre Ernährungsgewohnheiten unterscheiden sich. Entsprechend der natürlichen Lebensräume im See wurden an den Entnahmestellen 1 und 2 im seichten Gewässer Barsche gefangen. Felchen, die im Freiwasser leben (Blaufelchen), wurden an den Punkten 3 und 4 gefangen. Die Schleien stammten von der Probeentnahmestelle 5 (siehe Tabelle 1 und Abbildung 1).

Tabelle 1: Anzahl der mittels Isotopenanalyse untersuchten Fische und Zuordnung zu den entsprechenden Probeentnahmestellen im Bodensee.
Fischart Nummer Probeentnahmestelle Anzahl untersuchte Proben
Felchen 3 (Obersee) 4
  4 (Obersee) 5
Barsch 1 (Obersee) 5
  2 (Untersee) 5
Schleie 5 (Untersee) 4

 

Abbildung 1: Übersicht der Probenahmestellen im Obersee (1, 3 und 4) bzw. im Untersee (2 und 5) des Bodensees (Untersuchungsprogramm 2020). Bildquelle: Geoportal Baden-Württemberg

Abbildung 1: Übersicht der Probenahmestellen im Obersee (1, 3 und 4) bzw. im Untersee (2 und 5) des Bodensees (Untersuchungsprogramm 2020). Bildquelle: Geoportal Baden-Württemberg.

Ergebnis

Die Ergebnisse des Fisch-Monitorings 2020 der Felchenproben aus dem Obersee stehen sehr gut mit den Isotopendaten von Handelsproben und authentischen Referenzproben aus den Jahren 2015 bis 2022 im Einklang und bestätigen damit die Repräsentativität der Datenbasis (Abbildung 2).

Für 61 der insgesamt 64 untersuchten Felchenproben wurden die Ergebnisse der Stabilisotopenanalytik als typisch für die Herkunft Bodensee eingestuft.

Bei einer der abweichenden Proben mit der Herkunftsangabe „Bodensee“ wurde die mutmaßliche Herkunft Italien durch die Dokumentenkontrolle der zuständigen Lebensmittelüberwachungsbehörde bestätigt.

Im Zuge der Nachverfolgung erfolgte zu den beiden weiteren auffälligen Proben eine Betriebskontrolle im Zulieferbetrieb mit Schwerpunkt auf die Rückverfolgbarkeit sowie die Entnahme zweier Nachproben. Es wurde festgestellt, dass der Betrieb sowohl Felchen aus dem Bodensee als auch Felchen aus Italien bezieht, diese unterschiedlichen Herkünfte allerdings im Wareneingangskühlraum nicht deutlich voneinander getrennt hatte. Der Betrieb führte nach der Kontrolle ein plausibles System zur Trennung der Chargen ein. Für die zwei Nachproben wurde die freiwillige Herkunftsangabe „Bodensee“ als zutreffend beurteilt.

Abbildung 2: Isotopenverhältnisse von Kohlenstoff und Stickstoff in der fettfreien Trockenmasse (ffTM) sowie Sauerstoff in der Wasserfraktion; Bodenseefelchen (Monitoringproben 2020 sowie Handelsproben aus den Jahren 2015 bis 2022) im Vergleich zu anderen Herkünften

Abbildung 2: Isotopenverhältnisse von Kohlenstoff und Stickstoff in der fettfreien Trockenmasse (ffTM) sowie Sauerstoff in der Wasserfraktion; Bodenseefelchen (Monitoringproben 2020 sowie Handelsproben aus den Jahren 2015 bis 2022) im Vergleich zu anderen Herkünften.

 

Der Vergleich der Isotopendaten bezüglich der verschiedenen Fischarten spiegelt die unterschiedlichen Lebensräume und Ernährungsgewohnheiten wider (Abbildung 3).

Anhand der Stabilisotopenverhältnisse verschiedener Elemente werden die Fischarten differenziert. Die Ergebnisse verdeutlichen damit aber auch, dass für die jeweiligen Fischarten eigene Referenzdaten benötigt werden.

Abbildung 3:	Bodenseemonitoring 2020 - Isotopenverhältnisse von Kohlenstoff und Stickstoff in der fettfreien Trockenmasse (ffTM) sowie Sauerstoff in der Wasserfraktion; Vergleich der Fischarten Felchen (Obersee), Barsch und Schleie.

Abbildung 3: Bodenseemonitoring 2020 - Isotopenverhältnisse von Kohlenstoff und Stickstoff in der fettfreien Trockenmasse (ffTM) sowie Sauerstoff in der Wasserfraktion; Vergleich der Fischarten Felchen (Obersee), Barsch und Schleie.

Fazit

Bei insgesamt 64 Proben Bodenseefelchen, die zwischen 2015 und 2022 untersucht wurden, waren bis auf drei Ausnahmen alle Herkunftsangaben zutreffend.

 

Mit der Stabilisotopenanalytik steht eine analytische Methode zur Verfügung, die es ermöglicht, die freiwillige Herkunftsangabe „Bodensee“ bei Felchen effektiv zu überprüfen. Die Methode wird daher auch weiterhin regelmäßig in der Lebensmittelüberwachung eingesetzt werden.

 

 

Referenzen

  • [1] Annweiler E., Schilling V., Waiblinger H.-U., Weber S., Kuballa T. Neue Analysenmethoden gegen Lebensmittelbetrug und Täuschung. 10.07.2020. https://www.ua-bw.de/pub/beitrag.asp?subid=3&Thema_ID=1&ID=3202&Pdf=No&lang=DE
  • [2] Riemenschneider C., Zielinski J., Laufer S (CVUA Freiburg). Nachweis von per- und polyfluorierten Alkylsubstanzen (PFAS) in Fischen aus dem Bodensee – Ergebnisse eines Untersuchungsprogramms aus dem Jahr 2020. ua-bw vom 17.03.2021.
  • [3] Bericht zur IBKF 2022 (Internationale Bevollmächtigtenkonferenz für die Bodenseefischerei) – Die Fischerei im Bodensee-Obersee im Jahr 2021, Gesamtbericht, Im Auftrag des Bundesamtes für Umwelt, Bern P. Steiner, Juni 2022;

 

 

Bildnachweis

alle CVUA Freiburg

 

 

 

Artikel erstmals erschienen am 27.10.2022 11:02:06

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