Baden-Württemberg

Die Untersuchungsämter für Lebensmittelüberwachung und Tiergesundheit

Bewerbung von Hanflebensmitteln mit „THC-frei“ – eine Irreführung des Verbrauchers

Produkte die aus der Hanfpflanze hergestellt werden, enthalten immer THC (Tetrahydrocannabinol)

Sproll C., Kremer J., Lachenmeier D.W. (CVUA Karlsruhe)

 

Zahlreiche Produkte aus der Hanfpflanze, insbesondere CBD-Öle https://www.ua-bw.de/pub/beitrag.asp?subid=2&Thema_ID=2&ID=3021&Pdf=No&lang=DE werden mit der Aussage „THC-frei“ beworben.  Δ9-Tetrahydrocannabinol (THC) ist der psychoaktive Haupt-Inhaltsstoff der Hanfpflanze Cannabis sativa.

 

Die Collage zeigt 5 Etikettenausschnitte von verschiedenen Hanfprodukten, auf denen folgender Text  zu lesen ist: „THC-frei“, „Non-psychoactive -  No THC“, „THC free“, „aus organischem Hanf in Hanfsamenöl. THC-frei“, „nicht berauschend, Hanföl plus Symbol mit durchgestrichenem Wort THC“.

Abbildung 1: Collage mit Etikettenausschnitten von Hanfprodukten  THC-frei Collage

 

Man unterscheidet zwischen THC-reichen (Drogenhanf) und THC-armen Hanfsorten (Faserhanf).  Lebensmittel werden aus THC-armem Faserhanf hergestellt.  Der Gesetzgeber geht bei der Betäubungsmittelgesetzgebung davon aus, dass von Faserhanf  keine unmittelbare psychoaktive Wirkung ausgeht. Die Grenze dafür liegt bei 0,2% THC in der Pflanze. Hanfpflanzen, die weniger als 0,2% THC enthalten, gelten als THC-arme Sorten (Faserhanf), die für die Gewinnung von Hanfsamen und Hanföl zulässig sind.


Die Hersteller von Hanflebensmitteln leiten die Grenze für die Aussage „THC-frei“, die häufig bei CBD-Ölen zu finden ist, von dieser Einstufung nach dem Betäubungsmittelgesetz ab. Völlig übersehen wird dabei, dass an Lebensmittel vollkommen andere Anforderungen gestellt werden, als an die Hanfpflanze selber oder an Cannabisprodukte im Drogen- und Arzneimittelbereich. 

  

Ansprüche an die Lebensmittelsicherheit sind höher als für den Faserhanfanbau

Die Ansprüche betreffend Lebensmittel gehen deutlich weiter als die Betäubungsmittelgesetzgebung. Das ehemalige BgVV [1] hat entsprechende Richtwerte für die Summe von THC und der nicht-psychoaktiven THC-Säure vorgegeben, die sicherstellen sollen, dass auch empfindliche Verbrauchergruppen (wie zum Bespiel Kinder, Jugendliche, Menschen mit Vorerkrankungen) keinerlei nachteilige Wirkung durch den Verzehr derartiger Lebensmittel zu befürchten haben. Hierunter ist nicht nur ein Rauschzustand zu verstehen, sondern jeglicher nachteiliger Effekt.


Beispielsweise wurde nach dem Konsum von stark THC-belastetem Hanföl zur Salatzubereitung über gastrointestinale Beschwerden sowie Wahrnehmungsstörungen berichtet und nach Konsum von Hanftee ebenfalls Fälle von Unwohlsein beschrieben [2,3]. Auch von Unwohlsein, Schweißausbrüchen und Angstzuständen nach unwissentlichem THC-Konsum wurde berichtet.

 

DieTabelle zeigt eine Gegenüberstellung der Gehalte in µg/kg und deren Darstellung in % ( g/100g)

Tabelle 1: Vergleich von THC-Grenzwerten nach BTMG mit Richtwerten für Lebensmittel
 


Bereits aus dieser Tabelle wird ersichtlich, dass ein Produkt lediglich mit THC-frei beworben werden darf, wenn es sehr deutlich die Richtwerte unterschreitet. In Analogie zum alkoholfreien Bier könnte man beispielsweise eine Unterschreitung um Faktor 10 fordern (durchschnittliches Bier enthält 5% Alkohol, alkoholfreies Bier max. 0,5% Alkohol).

 

 

Eigenkontrollen der Hersteller häufig unzureichend

Eigenkontrollen der Hersteller von Hanflebensmitteln bei privaten Anaylsenlaboren haben teilweise zu hohe Nachweisgrenzen, die gerade einmal Gehalte von 0,2% überwachen können, aber keinesfalls geeignet sind, die Lebensmittelrichtwerte zu überprüfen. Eine unsachverständige Interpretation von analytischen Ergebnissen (wie z.B. „nicht nachweisbar“ bei einer Nachweisgrenze von 0,1%) trägt sicherlich zu den irreführenden Angaben auf Lebensmitteln bei.

 

Insbesondere CBD-Öle werden vom Verbraucher im Glauben eingenommen, dass er damit keinerlei psychoaktive Wirkstoffe aufnehmen würde. Dabei handelt es sich gerade bei diesen Erzeugnissen um Extrakte, die nicht nur in Ihrem CBD-Gehalt, sondern auch in den Gehalten anderer Cannabinoide, insbesondere THC, angereichert sind und sich dadurch deutlich von anderen Hanflebensmitteln unterscheiden.

 

Es ist sogar davon auszugehen, dass nicht CBD der eigentliche Wirkstoff bei diesen Produkten ist, sondern das „versteckt“ applizierte THC [4].

 

Die Grafik zeigt die Verhältnisse in % zwischen zwischen den nach dem Betäubungsmittelgesetz zulässigen Gehalten, dem Grenzwert für Nutzhanf und den viel kleineren lebensmittelrechtlich zulässigen Gehalten.

Abbildung 2: Einordnung der typischen THC-Gehalte bei der Drogenbewertung
im Vergleich zu den Richtwerten der Lebensmittelüberwachung 0,0004%
entsprechen 4000 µg/kg Lebensmittel

 

 

Die Tabelle zeigt eine Berechnung zu den über Hanflebensmittel tatsächlich aufgenommenen THC-Mengen für Lebensmittel, die alle Richtwerte einhalten. 243 µg werden dabei aufgenommen und die täglich tolerable Dosis von 70 µg für einen Erwachsenen von 70 kg Körpergewicht dabei bei weiterm überschritten.

Tabelle 2: Maximale Aufnahmemengen THC bei einseitiger Ernährung mit Hanflebensmitteln, die die vorgesehenen Richtwerte einhalten (Berechnung für einseitige Ernährung mit Hanflebensmitteln)



Bereits bei Einhaltung der Richtwerte ist es möglich, dass die akute Referenzdosis, die 2015 von der EFSA veröffentlicht wurde und die die Dosis darstellt, die täglich nicht überschritten werden sollte, deutlich überschritten wird.


Aus sachverständiger Sicht ist die Bewerbung mit „THC-frei“ bei Lebensmitteln aus der Hanfpflanze grundsätzlich abwegig.

 

Die Bewerbung von CBD-Ölen mit dem Werbeslogan „THC-frei“ stellt demnach eine erhebliche Täuschung und Irreführung des Verbrauchers dar.

 

 

Literatur:

[1]  BgVV: BgVV empfiehlt Richtwerte für THC (Tetrahydrocannabinol) in hanfhaltigen Lebensmitteln. BgVV Pressedienst, Berlin (2000). https://www.bfr.bund.de/de/presseinformation/2000/07/bgvv_empfiehlt_richtwerte_fuer_thc__tetrahydrocannabinol__in_hanfhaltigen_lebensmitteln-884.html
[2]  Meier H, Vonesch HJ: Cannabis-Intoxikation nach Salatgenuß. Schweiz Med Wochenschr 127, 214-218 (1997). http://www.ncbi.nlm.nih.gov/pubmed/9157527
[3]  Zoller O, Rhyn P, Zimmerli B: High-performance liquid chromatographic determination of D9-tetrahydrocannabinol and the corresponding acid in hemp containing foods with special regard to the fluorescence properties of D9-tetrahydrocannabinol. J Chromatogr A 872, 101-110 (2000). https://doi.org/10.1016/s0021-9673(99)01287-x
[4]  Lachenmeier DW, Habel S, Fischer B et al. Are side effects of cannabidiol (CBD) products caused by tetrahydrocannabinol (THC) contamination? F1000 Research 2020, 8:1394. https://doi.org/10.12688/f1000research.19931.2
[5]  Lachenmeier, D. W. (2004): Hanfhaltige Lebensmittel - Ein Problem? Deutsche
Lebensmittel-Rundschau, 100(12), 481-490. https://doi.org/10.5281/zenodo.3266096
[6]  Lachenmeier, D. W. (2019): Hanfhaltige Lebensmittel – ein Update. Deutsche
Lebensmittelrundschau, 115(8), 351-372. https://doi.org/10.5281/zenodo.3384641
[7]  Bundesinstitut für Risikobewertung (BfR) 2018: Tetrahydrocannabinoidgehalte sind in
vielen hanfhaltigen Lebensmitteln zu hoch – gesundheitliche Beeinträchtigungen sind
möglich. Stellungnahme Nr. 034/2018 des BfR vom 8. November 2018. https://bfr.bund.de/cm/343/tetrahydrocannabinolgehalte-sind-in-vielen-hanfhaltigen-lebensmitteln-zu-hoch-gesundheitliche-beeintraechtigungen-sind-moeglich.pdf
[8]  Bundesamt für Verbraucherschutz und Lebensmittelsicherheit (BVL): Hanf, THC, Cannabidiol (CBD) & Co  https://www.bvl.bund.de/DE/01_Lebensmittel/04_AntragstellerUnternehmen/13_FAQs/FAQ_Cannabidiol/FAQ_Cannabidiol_node.html

 

 

Artikel erstmals erschienen am 19.03.2020 12:52:38

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