Fuchsräude – Fachliche Information – Stand: 10.2012

Tierärztin U. Fischer

 

Unter Räude versteht man verschiedene, durch Räudemilben verursachte Krankheitsbilder der Haut, die mit starkem Juckreiz einhergehen. Beim Fuchs spricht man von Fuchsräude. Nur wenige der untersuchten Tiere weisen jedoch eine klinisch manifeste Räude auf. Dies lässt darauf schließen, dass die Räude bei den meisten Tieren latent als klinisch inapparente Erkrankung vorliegt und nur unter bestimmten Voraussetzungen ausbricht (siehe Abb. 1 und 2).

 

Abbildung 1.

Abbildung 1: Häufigkeit klinisch manifester Räudeerkrankungen im Regierungsbezirk Tübingen unter den insgesamt untersuchten Füchsen, 2009: 2,7 %; 2010: 5,5 %; 2011: 7,1 %.

 

Abbildung 2.

Abbildung 2: Verteilung der Räudeerkrankungen beim Fuchs sowie die Anzahl untersuchter Füchse im Regierungsbezirk Tübingen verteilt auf die Landkreise im Jahr 2011

 

Erreger:

Die Räude wird durch verschiedene Milbenarten hervorgerufen. Beim Fuchs spielt vor allem die Grab­milbe Sarcoptes scabiei var. vulpes eine Rolle. Die Weibchen legen Bohrgänge in der Haut an, um in der Tiefe ihre Eier abzulegen. Die Männchen leben immer an der Oberfläche. Als Reaktion des Körpers auf die Grabgänge werden diese verhornt. Um Nahrung zu erreichen, müssen die Milben die neugebildeten Hornschichten durch ihren Speichel immer wieder auflösen. Falls ihnen dies nicht gelingt, werden sie „eingesargt“ und es erfolgt eine Selbstheilung des Körpers. Bei geschwächter Abwehrlage gelingt dies nicht und es entwickelt sich das klinische Bild der Räude.

 

Übertragung

Die Übertragung der Erkrankung erfolgt in der Regel direkt von Tier zu Tier, vor allem während der Paarungszeit und bei der Aufzucht der Welpen. Latent infizierte Tiere stellen ein wichtiges Erregerreservoir dar. Nach Abklingen der Symptome erscheinen die Tiere äußerlich als gesund, sind jedoch lebenslang Träger und somit eine ständige Ansteckungsquelle. Die Nymphenstadien spielen bei der Übertragung eine wichtige Rolle. Da sie sich auf der Hautoberfläche befinden, können sie leicht von einem Wirt auf den anderen gelangen.
Eine indirekte Übertragung ist ebenfalls möglich, da die Milben unter optimalen Umweltverhältnissen (hohe Feuchtigkeit, niedrige Temperatur) in der Lage sind, mehrere Wochen ohne Wirt zu überleben. Eine Ansteckung erfolgt z.B. bei Aufsuchen eines verlassenen Baus, in dem sich zuvor mit Sarcoptesmilben befallene Füchse aufhielten.

 

Klinik

Abbildung 3.Bei der Räude handelt es sich um eine Faktorenkrankheit, die mit starkem Juckreiz einhergeht. Der Juckreiz wird durch mechanische Irritation (Grabtätigkeit der Milben), toxische Produkte, Sekretion allergischer Substanzen (Speichel) und durch die Freilegung von Nervenendigungen in der Haut hervorgerufen. Verantwortlich für die Entstehung der Hautveränderungen sind vor allem allergische Reaktionen auf den Speichel und den Kot der Milben, durch den Juckreiz hervorgerufene Verletzungen (Kratzen, Scheuern, Benagen etc.) sowie nachfolgende bakterielle Infektionen. Die Haare fallen aus und die Haut nimmt ein borkiges Aussehen mit dicken Krusten an (siehe Abb. 3). Prädilektionsstellen beim Fuchs sind der Nacken, die Kruppe, der Schwanzansatz und die Hinterbeine.
Die Ausprägung der Erkrankung wird von der Reaktionslage des Wirtes (Immunstatus, Ernährungszustand, Allgemeinzustand) und von Umweltbedingungen beeinflusst. Falls die Veränderungen einen Großteil der Haut betreffen, führt die Erkrankung zum Tod des Tieres.

Abbildung 3: Räudiger Fuchs, tot aufgefunden. Rücken, Hinterbeine und Schwanz weisen einen ausgeprägten Haarausfall auf und sind mit dicken Borken bedeckt

 

Epidemiologie

Für die Verbreitung der Räude spielt die Populationsdichte sowie die Bewegung einzelner Individuen in einer Population, z.B. in den Wintermonaten zur Nahrungssuche, eine entscheidende Rolle. Eine hohe Wirtsdichte begünstigt die Übertragung, da es hierdurch zwangsläufig zu einem Anstieg direkter und indirekter Kontakte zwischen den Füchsen kommt.
Insgesamt weisen die im Regierungsbezirk Tübingen erhobenen Fallzahlen auf eine Zunahme der klinischen Erkrankungen hin (siehe Abb. 4).

 

Abbildung 4.Der Verlauf der Erkrankung in einer Population hängt davon ab, ob die Räude in der entsprechenden Population bereits vorhanden ist, oder ob die Tiere noch nie Kontakt mit Sarcoptesmilben hatten. In ersterem Fall treten meist nur vereinzelt Fälle auf, während es in letzterem Fall nach dem Auftreten der Krankheit zu großen Verlusten kommen kann.

Abbildung 4: Prozentualer Anteil positiver Räudeuntersuchungen an den gesamten Untersuchungen

 

Infobox

Zoonotisches Potential

Die Sarcoptesmilben sind größtenteils wirtsspezifisch. Bei Kontakt mit dem Menschen kann es jedoch zum Bild der sogenannten Trugräude kommen, die in der Regel problemlos abheilt. Beim Umgang mit tot aufgefundenen Wildtieren ist daher Vorsicht geboten und die Tiere sollten, wenn überhaupt, nur mit Handschuhen angefasst werden. Kranke, verletzte oder tot aufgefundene Tiere sollten unverzüglich dem zuständigen Förster gemeldet werden.

 

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Artikel erstmals erschienen am 13.11.2012