Freekeh – was ist das und was ist drin?
Dr. Gregor Vollmer und Barbara Ruf
Freekeh-Körner Freekeh-Körner (vergrößert)
Freekeh, der auch als Firik Bulgur oder ähnlich bezeichnet wird, ist unreif geernteter, getrockneter und gerösteter Weizen. Eine mögliche Bezeichnung für dieses Produkt in Deutschland ist deshalb „Gerösteter grüner Weizen“. Die Ernte des unreifen Weizens erfolgt zu einem Zeitpunkt, an dem die Körner noch grün, weich und stark wasserhaltig sind. Anschließend werden sie in der Sonne getrocknet und dann kontrolliert in Brand gesetzt. Auf Grund des hohen Wassergehaltes verbrennen die Körner nicht, sondern werden geröstet. Schließlich werden die Getreidekörner gedroschen und weiter in der Sonne getrocknet.
Für Freekeh charakteristisch ist ein deutlich rauchiges Aroma. Der Geschmack ist grundsätzlich weizentypisch, jedoch ebenfalls rauchig und leicht nussig. Freekeh stammt ursprünglich aus dem arabischen Raum und wird als Beilage, in Suppen oder als Salat verzehrt. Ein ähnliches Produkt ist der in Süddeutschland bekannte Grünkern; allerdings besteht dieser aus unreif geernteten Dinkelkörnern und war bei Untersuchungen des CVUA Sigmaringen von deutlich besserer Qualität.
Untersuchungsergebnisse
In jüngster Zeit wurde die Lebensmittelüberwachung auf diese eher exotischen Erzeugnisse aufmerksam. Das CVUA Sigmaringen als Zentrallabor für Getreide und Getreideerzeugnisse in Baden-Württemberg hat 2021 Freekeh-Proben im Rahmen eines bundesweiten Monitoring-Projektes untersucht. Dabei wurden neben dem Gehalt an Polyzyklischen aromatischen Kohlenwasserstoffen (PAK) auch die Kennzeichnung und die Zusammensetzung geprüft.
Keine der neun untersuchten Proben entsprach allen lebensmittelrechtlichen Vorgaben, die Beanstandungsquote lag demzufolge bei 100 %. Bei sieben der Proben gab es mehr als einen Beanstandungsgrund.
Enthaltener Besatz
Glassplitter (vergrößert) Kunststoffstück (vergrößert)
In zwei Proben wurden Fremdkörper gefunden, die sehr hart und scharfkantig waren. In einem Fall handelte es sich um einen Glassplitter (ca. 2,5 mm x 2 mm), im anderen um ein kleines schwarzes Kunststoffstück (ca. 3 mm x 3,5 mm). Beide Proben wurden als gesundheitsschädlich und damit als nicht sicher für den Verzehr durch den Menschen beurteilt. Lebensmittel, die nicht sicher sind, dürfen nicht in Verkehr gebracht werden. Zudem ist es verboten, Lebensmittel für andere derart herzustellen oder zu behandeln, dass ihr Verzehr gesundheitsschädlich ist.
Getreidekapuziner (vergrößert) Kornkäfer (vergrößert) Erdklümpchen
Die Reinigung der Produkte war bei allen neun Proben unzureichend; in allen Proben befanden sich Verunreinigungen und Kornbesatz in erheblicher Menge. In vier Proben waren lebende oder tote Käfer bzw. Insektenfragmente vorhanden. Dabei handelte sich um typische Lagerschädlinge wie Getreidekapuziner und Kornkäfer. In sechs Proben wurden kleine Steinchen gefunden. Zusätzlich waren in den Proben erdklümpchenartige Verunreinigungen, Fremdsamen, Spelzen, holzige Pflanzenteile und/oder schwarz verfärbte bzw. verdorbene Getreidekörner enthalten.
Aufgrund ihres Gesamtzustandes und insbesondere aufgrund der Käfer, Steinchen bzw. erdklümpchenartigen Verunreinigungen waren alle Proben als für den Verzehr durch den Menschen ungeeignet zu beurteilen. Diese Lebensmittel sind ebenfalls nicht sicher und deshalb nicht verkehrsfähig.
Aus Sicht des CVUA ist eine deutlich gründlichere Reinigung der Rohware bei der Produktion dringend erforderlich. Einige Hersteller sind offensichtlich der Auffassung, dass die Verantwortung für die abschließende Reinigung des Produktes beim Verbraucher liegt. Es fanden sich deshalb auf den Verpackungen Hinweise wie „Freekeh-Körner auf Kornbesatz prüfen“ oder "Freekeh-Samen vor Beginn der Zubereitung auf Kornbesatz untersuchen, zweimal mit kaltem Wasser waschen". Da ein Aussortieren der zahlreichen Verunreinigungen und des Kornbesatzes nicht machbar ist, reichen solche Hinweise auf der Verpackung nicht aus.
Untersuchung auf Polyzyklische aromatische Kohlenwasserstoffe
schwarz verfärbte Getreidekörner
Durch das Rösten des grünen Weizens über offenem Feuer können als Verbrennungsrückstände Polyzyklische aromatische Kohlenwasserstoffe (PAK) entstehen. Dies ist eine Stoffgruppe von mehreren hundert Verbindungen, von denen mindestens 15 als krebserregend eingestuft werden. Der wichtigste Vertreter dieser Gruppe ist Benzo(a)pyren. Da Benzo(a)pyren als alleinige Indikatorsubstanz für das Vorkommen von PAK nicht ausreicht um die Verbrauchergesundheit effektiv zu schützen, wird als Bewertungsgrundlage die Summe der Gehalte von vier bestimmten PAK-Verbindungen berechnet.
In der Verordnung (EG) Nr. 1881/2006 sind Höchstgehalte für Benzo(a)pyren und für die „Summe von 4 PAK“ aufgeführt. Diese gelten für die in der Verordnung genannten Lebensmittel. Freekeh und sonstige Getreideprodukte sind jedoch nicht genannt. Gemäß der Verordnung (EWG) Nr. 315/93 gilt für Kontaminanten allgemein, diese auf so niedrige Werte zu begrenzen, wie sie durch gute Praxis sinnvoll erreicht werden können. Dieses Minimierungsprinzip wird auch als ALARA-Prinzip bezeichnet: As Low As Reasonably Achievable.
Auf dem Markt ist Freekeh erhältlich, in dem PAK nur in niedrigen Konzentrationen enthalten sind (Benzo(a)pyren < 1 µg/kg und „Summe von 4 PAK“ < 10 µg/kg). Daraus lässt sich schließen, dass es praktikable Herstellungsverfahren gibt, bei denen es nicht zu einer übermäßigen Kontamination mit PAK kommt. Das CVUA Sigmaringen hat in allen neun Proben Gehalte an PAK festgestellt; für Benzo(a)pyren Werte zwischen 2,2 µg/kg und 11,2 µg/kg und für die „Summe von 4 PAK“ Gehalte zwischen 12,5 µg/kg und 50,2 µg/kg.
Bei sechs Proben waren die gemessenen Werte auch abzüglich der Messunsicherheit so hoch, dass davon ausgegangen werden musste, dass bei der Herstellung das Minimierungsprinzip nicht berücksichtigt wurde und somit die Vorgaben der Verordnung (EWG) Nr. 315/93 nicht eingehalten waren.
Beurteilung der Kennzeichnung
Erhebliche Mängel gab es auch bei der Kennzeichnung der Freekeh-Produkte. Die Beurteilung der Kennzeichnung erfolgt nach der Verordnung (EU) Nr. 1169/2011 (Lebensmittelinformationsverordnung, LMIV).
Gemäß der LMIV dürfen Informationen über Lebensmittel nicht irreführend sein. Auf drei Verpackungen war angegeben, dass es sich um Produkte mit besonders hoher Qualität handele, wie z. B. „Premium quality“ oder
„100 % Extra Quality“. Aufgrund der oben beschriebenen sensorischen Abweichungen lagen jedoch keinesfalls Premiumprodukte vor. Diese Auslobungen stellen daher eine Irreführung des Verbrauchers dar.
Bei sechs Proben waren weitere Vorgaben für die Kennzeichnung nicht erfüllt. Beispielsweise war keine korrekte Bezeichnung des Lebensmittels angegeben; Angaben wie Freekeh, Firik Bulgur oder ähnliche sind nicht ausreichend, da der Verbraucher anhand dieser Bezeichnungen die Art des Lebensmittels nicht erkennen kann. Eine mögliche Bezeichnung wäre z. B. „Gerösteter grüner Weizen“. Ebenso waren bei einigen Proben das Mindesthaltbarkeitsdatum oder die Nährwertdeklaration nicht korrekt angegeben.
Zusammenfassend bleibt festzustellen, dass bei Freekeh noch erheblicher Optimierungsbedarf bezüglich Herstellungsverfahren, Reinigung und Kennzeichnung besteht. Das CVUA Sigmaringen wird daher diese Erzeugnisse weiter beobachten.