Vanillepasten – Viel Zucker mit einem Hauch von Vanille?
Benjamin Dambacher und Dr. Harald Hahn
Gerade zur Weihnachtszeit kommt das allseits geschätzte Gewürz Vanille häufig zum Einsatz. Ob in duftenden Weihnachtsplätzchen (z. B. Vanillekipferln), im Glühwein oder in leckeren Desserts wie Crème Brûlée und Panna Cotta – die Beliebtheit von „echter“ Vanille ist ungebrochen.
Abb. 1 Vanillekipferln
Aufgrund der kontinuierlich steigenden Nachfrage bei gleichzeitig schlechten Ernten von Vanilleschoten
stieg der Preis von Vanille in den letzten Jahren enorm an - bis ca. 600 €/kg Mitte 2019 [1; 2].
Abb. 2 Vanillepaste
Mittlerweile sinken die Preise wieder, befinden sich aber immer noch auf einem hohen Niveau. So zählt Vanille neben Safran zu den teuersten Gewürzen der Welt. Es überrascht daher nicht, dass neben ganzen und zerkleinerten Vanilleschoten auch zahlreiche Vanilleerzeugnisse, die wesentlich günstiger sind als die Vanilleschote selbst, im Handel angeboten werden.
2020 und 2021 wurden am Chemischen und Veterinäruntersuchungsamt Sigmaringen 14 Vanille-extrakte und zwölf Vanillepasten hinsichtlich ihrer Zusammensetzung und Kennzeichnung untersucht. Zum Vergleich wurden zusätzlich Analysen-ergebnisse aus dem OPSON IX-Projekt des Jahres 2020 herangezogen, an dem sich das CVUA Sigmaringen mit der Untersuchung von zehn Vanilleschoten und sechs Vanillezucker beteiligt hatte [3; 4].
Infokasten
Was der Markt zu bieten hat
Vanilleprodukte werden aus den Erzeugerländern vorwiegend als Schoten, in zerkleinerter Form oder als Vanilleextrakt nach Deutschland importiert. Haupterzeugerland von Vanille ist mit großem Abstand Madagaskar. Verarbeitungsprodukte wie Vanilleextrakte und gemahlene Schoten werden neben Madagaskar vor allem aus Marokko und Frankreich importiert. Daraus mischen die Hersteller die Backzutaten, die dem Verbraucher dann als Vanillepaste, Vanillezucker, Vanilleextrakt, Vanillepulver oder natürliches Vanillearoma im Einzelhandel angeboten werden.
Wie wir untersucht haben
Für das Aroma der Vanille ist der Aromastoff Vanillin zwar charakteristisch, es tragen aber noch viele weitere Einzelstoffe zum Gesamtaroma bei. Ebenso enthält Vanille nicht-aromaaktive Verbindungen.
Diese Begleitstoffe sind teilweise in relativ konstanten Konzentrationsverhältnissen zum Vanillin enthalten, die auch bei der Verarbeitung erhalten bleiben. Für die Feststellung der Authentizität von echter Vanille hat es sich bewährt, die Konzentrationsverhältnisse der Einzelstoffe Vanillin, Vanillinsäure, para-Hydroxybenzaldehyd (p-HBA) und para-Hydroxybenzoesäure (p-HBS) zu ermitteln und mit Literaturwerten zu vergleichen. Damit wird geprüft, ob die ggf. deklarierten Zutaten Vanilleextrakt oder Vanilleschote tatsächlich für die Herstellung des Lebensmittels eingesetzt wurden. Besonders aussagekräftig ist dabei der Quotient: (Vanillin+Vanillinsäure)/(p-HBA+p-HBS) [6].
Eine Stoffeigenschaft, die sehr spezifisch über die Herkunft des Vanillins Auskunft geben kann, ist das Verhältnis der stabilen Isotope des Kohlenstoffs. Isotope sind Atome mit gleicher Anzahl an Protonen, aber unterschiedlicher Anzahl an Neutronen. Stabile Isotope zerfallen nicht, deren Verteilung kann deshalb auch nach langer Zeit noch anzeigen, mit welchen Ausgangsprodukten und unter welchen Bedingungen ein Stoff hergestellt wurde. Aufgrund von Besonderheiten bei der Photosynthese der Vanillepflanze ist hierdurch eine sehr verlässliche Abgrenzung zwischen Vanillin aus der Vanillepflanze und synthetisch hergestelltem Vanillin möglich. Mit Hilfe der Untersuchungsmethode Isotopenverhältnis-Massenspektrometrie (IRMS - isotope ratio mass spectrometry) kann dieser Verhältniswert bestimmt werden. Diese Methodik wendet in Baden-Württemberg nur das CVUA Freiburg an. Bei einem Teil der untersuchten Proben wurde diese Untersuchung stichprobenhaft durchgeführt.
Was wir gefunden haben
Grundsätzlich enthalten die untersuchten Vanillepasten und -extrakte sehr viel weniger Vanillin und Begleitsubstanzen als Vanilleschoten (siehe Tabelle 1).
Tabelle 1: Ergebnisse der aromagebenden Vanillebestandteile
* Ganze, fein zerkleinerte oder pulverisierte Vanilleschoten
In der Literatur werden für die Vanilleschote Vanillinkonzentrationen zwischen 8.000 mg/kg und 24.000 mg/kg angegeben. Eigene Untersuchungen von Vanilleschoten des Jahres 2020 ergaben mittlere Werte von fast 11.000 mg/kg Vanillin.
Vanillepasten und -extrakte enthielten lediglich 205 bzw. 264 mg Vanillin pro kg Erzeugnis (jeweilige Mittelwerte der untersuchten Proben). In den Vanillezucker-Proben konnten durchschnittlich knapp über 1.000 mg/kg Vanillin ermittelt werden, was im Vergleich zu Vanilleschoten mit einem mittleren Vanillingehalt von fast 11.000 mg/kg immer noch relativ wenig ist. Zu vergleichbaren Ergebnissen ist die Stiftung Warentest in ihrem aktuellen Bericht gekommen [7].
Als problematisch werden die Angaben auf den Verpackungen der Produkte zum Vanillegehalt gesehen. Gerade bei Vanillepasten wird der überwiegende Anteil dieser Produkte mit der Angabe von Vanille-Äquivalenten wie „1 Teelöffel entspricht der Aromawirkung einer ganzen Vanilleschote“, „entspricht dem Aroma von 14 Vanilleschoten“ oder „1 Teelöffel statt einer Vanilleschote“ beworben. Diese Werbeaussagen sind allerdings nicht richtig, wenn in den Produkten die wertgebenden Bestandteile der Vanille nur zu einem Bruchteil der angegebenen Menge vorhanden sind. Durch das CVUA Sigmaringen wurden aus diesem Grund acht von zwölf der Vanillepasten als irreführend im Sinne des Art. 7 Abs. 1 a der Verordnung (EU) Nr. 1169/2011, beurteilt. Sowohl in den Vanillepasten als auch in den Vanilleextrakten konnten in einem Teelöffel (5 g) durchschnittlich lediglich ein Zwanzigstel einer Vanilleschote nachgewiesen werden. Vanillezucker enthält in einem Päckchen mit 8 g im Mittel immerhin eine halbe Vanilleschote (siehe auch Tabelle 1).
Abb. 3 Darstellung des Vanilleschotenanteils berechnet anhand der ermittelten Mittelwerte an Vanillin in den Erzeugnissen und den Vanilleschoten.
Die Stabilisotopen-Untersuchungen ergaben bei keiner der Proben Anhaltspunkte dafür, dass neben den Vanillebestandteilen unzulässigerweise auch noch synthetisch oder biosynthetisch hergestelltes Vanillin verwendet worden ist.
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Vanilleextrakt
Vanilleextrakte werden üblicherweise durch Extraktion von Vanilleschoten mit Ethanol und Wasser gewonnen. Es dürfen aber auch andere Extraktionslösungsmittel oder flüssige Lebensmittel zur Extraktion verwendet werden. Eine zunehmende Bedeutung erfährt auch die Extraktion mittels überkritischem CO2 [6].
Bei vielen der hier untersuchten Produkte wird im Zutatenverzeichnis angegeben, zu welchem Anteil Vanilleextrakt zugesetzt wurde. Für den Verbraucher ist dabei wichtig zu wissen, dass es im EU-Raum keine rechtsverbindliche Vorgabe für den Mindestgehalt an Vanille gibt. Somit kann ein „Vanilleextrakt“ beliebig verdünnt werden, weshalb diese Mengenangabe geeignet ist, eine höherwertige Beschaffenheit dieser Zutat vorzutäuschen.
Für die rechtliche Beurteilung im EU-Raum zwar nicht relevant, jedoch als Anhaltspunkt gut geeignet sind die Vorgaben für Vanilleextrakt, die in den USA gelten. Diese sind im Code of Federal Regulations (CFR) niedergelegt. Der CFR 169.175 schreibt u.a. vor, dass ein Vanilleextrakt mindestens 100 g Vanilleschoten (Vanilla planifolia) in 1 Liter Extrakt enthalten muss. Entsprechend muss ein konzentrierter Vanilleextrakt mindestens 200 g in 1 Liter Extrakt enthalten [8]. Keine der in den letzten zwei Jahre untersuchten Vanillepasten (mit Zutat „Vanilleextrakt“ laut Zutatenliste) und als „Vanilleextrakte“ in Verkehr gebrachten Erzeugnisse enthielt Vanillextrakte in einer entsprechenden Qualität. Die Verwendung von stark verdünnten „Vanillextrakten“ scheint insofern mangels verbindlicher Vorgaben marktüblich zu sein.
Fazit:
Wer Weihnachtsplätzchen mit „gutem“ Vanillearoma backen möchte, greift am besten zur klassischen Vanilleschote. Auch Vanillezucker liefert ein „ausreichendes“ Vanillearoma. Dagegen sind Vanillepasten oder -extrakte in der Regel nur viel Zucker mit einem „Hauch an Vanille“.
Auch 2022 wird das CVUA Sigmaringen wieder Vanillearomen und vanillehaltige Produkte hinsichtlich der Zusammensetzung und der Kennzeichnung untersuchen.
Literatur und weitere Informationen:
(Internetlinks Stand vom Dezember 2021)
[1] Nur Safran ist teurer – Artikel auf www.welt.de Finanzen
[2] Vanille ist seit Jahren extrem teuer. Ein Ende des hohen Preises ist nicht in Sicht.
[3] Presseinformation BVL zu OPSON IX vom 22.07.2020
[4] Vanille - eines der wertvollsten Gewürze der Welt; Internetbericht CVUA vom 01.12.2020
[5] BLL; Richtlinie für Vanille-Zucker und Vanillin-Zucker (2007)
[7] Was am meisten Aroma bringt; Stiftung Warentest