E-Liquids – was ist drin?

Vitamin-E-Acetat und Cannabinoide in E-Liquids: Ergebnisse aus einem Kooperationsprojekt des BfR mit den CVUAs Sigmaringen und Karlsruhe und der Marktüberwachung

M. Macziol, J. Hahn (jeweils CVUA Sigmaringen), C. Sproll, D. Lachenmeier (jeweils CVUA Karlsruhe), N. Mallock, H. Tschiche, P. Laux, L. Luch (jeweils BfR Berlin), T. Junger, M. Kaimer (jeweils Chemikaliensicherheit RP Tübingen)

 

Die elektronische Zigarette (E-Zigarette) erlangt immer mehr Popularität. Jedoch waren zuletzt meist negative Schlagzeilen in den Medien. Im Sommer 2019 trat in den USA eine Reihe schwerer Lungenschäden und Todesfälle nach dem Konsum von E-Dampf-Produkten auf (EVALI, E-cigarette, or Vaping, product use Associated Lung Injury) [1,2]. E-Liquids, welche mit den Lungenschädigungen assoziiert wurden, wurde vorwiegend der psychoaktive Stoff Δ9-Tetrahydrocannabinol (THC) missbräuchlich beigemischt. In den meisten THC-haltigen E-Liquids wurde Vitamin-E-Acetat, ein öliges wasserunlösliches Antioxidans, nachgewiesen [3]. Durch die Inhalation der öligen Flüssigkeit wird eine Entzündung verursacht, welche zu einer Lipidpneumonie führen kann. Der Gasaustausch in der Lunge wird erheblich beeinträchtigt, zudem kann es zu einer Einschränkung der Atemfunktion kommen.
Vitamine und andere Zusatzstoffe, wie bestimmte Aromastoffe, sind in nikotinhaltigen E-Liquids gemäß der Tabakerzeugnisverordnung verboten.

 

Rauchen einer E-Zigarette, Quelle:www.pixabay.com

 

Um zu klären, in welchem Umfang diese und weitere Inhaltsstoffe in Liquids auf dem deutschen Markt anzutreffen sind, initiierte das Tabaklabor des CVUA Sigmaringen ein Kooperationsprojekt mit dem CVUA Karlsruhe, der Marktüberwachung des Regierungspräsidiums Tübingen (RPT) und dem Bundesinstitut für Risikobewertung (BfR, Berlin). Neben den Inhaltsstoffen und deren toxikologischer Bewertung sollten auch die Anforderungen an die chemikalienrechtliche Einstufung, Kennzeichnung und Verpackung der Liquids überprüft werden, sowie eine tabakrechtliche Beurteilung erfolgen. Dazu wurden 57 E-Liquids stichprobenartig erhoben. 15 Proben wurden aus Onlineshops bezogen, 42 wurden in Baden-Württemberg im Rahmen der Lebensmittelüberwachung erhoben. Die Proben umfassten 20 nikotinhaltige und 37 nikotinfreie E-Liquids, wovon 27 Proben zudem laut Deklaration Cannabidiol (CBD) in unterschiedlichen Mengen enthielten.
Nachweismethoden für Vitamin E und Vitamin-E-Acetat wurden vom CVUA Sigmaringen als auch vom BfR entwickelt, validiert und angewandt. Diese umfassen eine Methode für praxisübliche Konzentrationsbereiche und eine spurenanalytische Methode. Damit ist es möglich, auch sehr geringe Spuren von Vitamin E und Vitamin-E-Acetat nachzuweisen. Zudem wurden die Proben am CVUA Sigmaringen auf den Nikotingehalt und 33 Aromastoffe untersucht. Das CVUA Karlsruhe validierte eine Methodik für THC, CBD und verwandte Substanzen auf Basis einer für Lebensmittel entwickelten LC/MS/MS-Methodik [4]. Diese wurde angewandt, um die Proben auf vorhandene Cannabinoide zu untersuchen. Die chemikalienrechtliche Prüfung wurde von der Marktüberwachung des RPT durchgeführt.
In den analysierten Proben zeigten sich lediglich Spuren von Vitamin E und einmalig Vitamin-E-Acetat. Eine gesundheitliche Auswirkung ist bei den gefundenen Spuren nicht zu erwarten, die Quelle dieser Verunreinigungen ist nicht bekannt. Im Unterschied zu diesen Befunden zeichneten sich die meisten fallbezogenen Liquids in den USA durch sehr hohe Gehalte (im Mittel 50%) aus [5]. Es gilt also weiterhin, dass auf dem deutschen Markt kein erhöhtes Risiko durch Vitamin E und Vitamin-E-Acetat beim Konsum von regulären Liquids besteht [6]. Dies spiegelt sich auch in umfangreichen Untersuchungen von Liquids des britischen Marktes wieder [7].
Dagegen konnte das psychotrope Cannabinoid THC in insgesamt 20 der 27 CBD Proben nachgewiesen werden. Dabei lagen in 9 Proben unbedenkliche THC-Spuren vor, während 11 Proben aufgrund erhöhter THC-Gehalte beanstandet wurden. Bei 10 Proben konnte ein THC-Gehalt nachgewiesen werden, der bei einem täglichen Liquid-Verbrauch von 10 ml zu einer THC-Aufnahme von mehr als 1 µg/kg Körpergewicht führen würde. Bei einer der Proben lag die tägliche THC-Aufnahme mit 100 µg/kg Körpergewicht sogar in einem Bereich, der bereits zu akut-toxischen Effekten führen kann.
Bei dem nicht-psychotropen Bestandteil CBD schwankten die Gehalte stark mit einer häufigen Abweichungen des analytisch bestimmten von dem auf der Verpackung deklarierten Gehalt. So entsprach lediglich bei 4 Proben der CBD-Gehalt der Deklaration (90-100%), bei 6 Proben lag der CBD-Gehalt im Bereich 75-90%, während 10 Proben nur 50-75% des deklarierten CBD-Gehaltes aufwiesen. In den restlichen 7 Proben betrug der CBD-Gehalt unter 15% oder war nicht nachweisbar. Das Bild der CBD-Liquids entspricht damit der Beobachtung bei CBD-Ölen aus dem Nahrungsergänzungsmittelbereich, bei denen in einer Reihe von internationalen Studien und bei eigenen Untersuchungen ebenfalls deutliche Abweichungen der Gehalte von der Deklaration zu beobachten waren [4]. Möglicherweise ist CBD in den Trägerstoffen der E-Liquids nicht stabil und kann sich während der Lagerung zu THC und anderen Cannabinoiden abbauen, insbesondere wenn ein saures Milieu vorliegt, z.B. durch bestimmte Aromastoffe [8]. Einen Hinweis auf einen säureinduzierten CBD-Abbau gibt auch der Nachweis von

Δ8-THC [7], dass im Vergleich zu Hanfextrakt-haltigen Produkten im Lebensmittelbereich in ungewöhnlicher Menge in nahezu gleichen Gehalten wie Δ9-THC in den E-Liquids vorgefunden wurde.
In den Proben wurden insgesamt 17 verschiedene Aromastoffe nachgewiesen. Am häufigsten waren Limonen, Linalool, Benzylalkohol und Geraniol enthalten, wobei die Gehalte alle unterhalb einer Kennzeichnungspflicht waren. Nur wenige nikotinhaltige Proben enthielten verbotene Aromastoffe, wie beispielsweise Diacetyl (3 Proben von 20, 15%).
Insgesamt war die Beanstandungsquote nikotinhaltiger Liquids aufgrund tabakrechtlicher Verstöße wie üblich recht hoch (50%). Dies betraf zumeist Kennzeichnungsmängel, aber auch die Verwendung verbotener Aromastoffe. Der Nikotin-Höchstgehalt von 20 mg/ml wurde stets eingehalten. Auch die Deklaration bezüglich des Nikotingehaltes stimmte bei jeder Probe mit dem analytisch ermittelten Gehalt überein.

 

Verschiedene Liquids, Quelle:CVUA Sigmaringen

  Bild: Verschiedene E-Liquids

 

Darüber hinaus waren 23 der untersuchten Proben gemäß CLP-Verordnung eingestuft und nach CLP-Verordnung zu kennzeichnen und dementsprechend zu verpacken. Insbesondere die Kennzeichnung erwies sich bei etwa zwei Drittel der Proben als mangelhaft. Beispielsweise fehlten Sicherheits- und Gefahrenhinweise, Gefahrenpiktogramme waren nicht ausreichend dimensioniert oder die Kennzeichnung war nicht in deutscher Sprache, die Schrift auf dem Etikett zu klein und damit schlecht lesbar oder die Kennzeichnung nicht dauerhaft angebracht. Bezüglich der Verpackung war der sogenannte Tastbare Gefahrenhinweis in mehreren Fällen zu klein oder fehlte gänzlich, während der kindergesicherte Verschluss bei allen Proben, soweit erforderlich, vorhanden war.
Die möglichen gesundheitlichen Beeinträchtigungen durch E-Dampf-Produkte verdeutlichen die Notwendigkeit der Etablierung analytischer Referenzmethoden für die Inhaltsstoffe von E-Liquids. Die entwickelten Nachweismethoden für Vitamin E, Vitamin-E-Acetat, THC und CBD sollen den internationalen Gremien der Normung vorgeschlagen werden, um weltweit eine zuverlässige Analyse von E-Liquids zu gewährleisten. Darüber hinaus arbeiten das BfR und die CVUAs Sigmaringen und Karlsruhe an der Entwicklung analytischer Verfahren für weitere Inhaltsstoffe von E-Liquids.
Die Ergebnisse dieses gemeinsamen Projektes wurden in Zusammenarbeit der CVUAs Sigmaringen und Karlsruhe, des BfR (Berlin) und der Abteilung Chemikaliensicherheit des RPT erarbeitet

 

 

 

 

Referenzen:
[1] B.C. Blount et al, Vitamin-E-Acetate in Bronchoalveolar-Lavage Fluid Associated with EVALI, N Engl J Med    2020,     382:697-705, DOI: 10.1056/NEJMoa1916433 

[2] Morbidity and Mortality Weekly Report, 24 Jan 2020, Vol. 69: Notes from the Field: Characteristics of Tetrahydrocannabinol– Containing E-cigarette, or Vaping, Products Used by Adults — Illinois, September–October 2019
[3] Offene Fragen zum Risiko durch Vitamin-E-Acetat in E-Zigaretten, Mitteilung Nr. 007/2020 des BfR vom 28. Januar 2020
[4] Lachenmeier DW, Habel S, Fischer B et al. Are side effects of cannabidiol (CBD) products caused by tetrahydrocannabinol (THC) contamination? F1000Research 2020, 8:1394
[5] Food and Drug Administration. Lung illnesses associated with use of vaping products: information for the public, FDA actions, and recommendations. October 4, 2019
[6] Presseinformation – „Dampfen“: BfR rät vom Selbstmischen von E-Liquids ab
[7] Nyakutsikwa et al, Vitamin-E-acetate is not present in licit e-cigarette products available on the UK market, Addiction, 2019, 115:782–783. DOI:10.1111/add.14920
[8] Golombek, P.; Müller, M.; Barthlott, I.; Sproll, C.; Lachenmeier, D.W. Conversion of Cannabidiol (CBD) into Psychotropic Cannabinoids Including Tetrahydrocannabinol (THC): A Controversy in the Scientific Literature. Toxics 2020, 8, 41.

 

 

 

Artikel erstmals erschienen am 11.08.2020