Mykotoxinbelastung in getrockneten Feigen – bekannte und neue Herausforderungen
Dr. Tanja Welsch
Das CVUA Sigmaringen untersuchte seit Herbst 2017 insgesamt 64 Proben getrocknete Feigen auf Mykotoxine (Schimmelpilzgifte). Knapp ein Drittel der Proben beanstandeten die Sachverständigen wegen Überschreitung der Höchstgehalte für Ochratoxin A oder für die Aflatoxine B1, B2, G1 und G2. Alle 28 bisher zusätzlich auf Alternaria-Toxine untersuchten Proben enthielten quantifizierbare Gehalte an Tenuazonsäure. Das CVUA wird die Untersuchungen zum Schutz der Verbraucherinnen und Verbraucher in den nächsten Monaten intensiv fortsetzen.
Getrocknete Feigen erfreuen sich nicht nur in der Weihnachtszeit großer Beliebtheit als leckerer Snack oder als Zutat
für verschiedene Lebensmittel wie Früchtebrot. Allerdings können getrocknete Feigen auch Schimmelpilzgifte (Mykotoxine) enthalten. Daher untersucht das CVUA Sigmaringen zum gesundheitlichen Verbraucher-schutz jedes Jahr vor allem im Herbst und Winter getrocknete Feigen auf Mykotoxine – in den letzten fünfeinhalb Jahren bisher insgesamt 64 Proben. Bei zwei Dritteln der Proben liegen dem CUVA Sigmaringen Angaben zur Herkunft der Feigen vor. Sie stammen fast ausschließlich aus der Türkei, dem größten Produzenten von Feigen weltweit.
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Was sind Mykotoxine?
Mykotoxine (Schimmelpilzgifte) sind von verschiedenen Schimmelpilzen gebildete Stoffe, die schon in geringen Konzentrationen giftig auf Mensch und Tier wirken können. Schimmelpilze können entweder Pflanzen bereits beim Wachstum auf dem Feld oder Lebensmittel bei der Verarbeitung und Lagerung befallen. Unter geeigneten Bedingungen bilden sie dann Mykotoxine, wodurch es zur Kontamination von Lebensmitteln kommen kann. Typische Schimmelpilze, die bei Trockenfrüchten zur Belastung mit Mykotoxinen führen, stammen z. B. aus den Gattungen Aspergillus, Penicillium oder Alternaria.
Zum Untersuchungsspektrum des CVUA Sigmaringen gehören die bei getrockneten Feigen besonders relevanten Mykotoxine Aflatoxin B1, B2, G1 und G2 sowie Ochratoxin A. Aflatoxine haben ein hohes krebserzeugendes Potenzial. Ochratoxin A wirkt unter anderem giftig auf die Niere. Wegen seiner krebserzeugenden Wirkung bei Versuchstieren wird Ochratoxin A als möglicherweise krebserzeugend für den Menschen eingestuft.
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Rechtliche Regelungen zu Aflatoxinen und Ochratoxin A
Um eine Gefährdung der Gesundheit durch mit Mykotoxinen belastete Lebensmittel zu verringern, hat der EU-Gesetzgeber für bestimmte Lebensmittel in der Verordnung (EG) Nr. 1881/2006 Mykotoxin-Höchstgehalte festgelegt. So existiert in dieser Verordnung ein Höchstgehalt für Aflatoxine in getrockneten Feigen (Aflatoxin B1: 6 µg/kg, Summe der Aflatoxine B1, B2, G1 und G2: 10 µg/kg). Einen EU-weit gültigen Höchstgehalt für Ochratoxin A in getrockneten Feigen wird es ab dem Jahr 2023 geben (8 µg/kg). Aktuell ist in Deutschland noch derselbe Höchstgehalt in der nationalen Kontaminanten-Verordnung (KmV) geregelt.
Untersuchungsergebnisse zu Aflatoxinen und Ochratoxin A
Seit dem Herbst und Winter 2017/2018 hat das CVUA Sigmaringen insgesamt 64 Proben getrocknete Feigen auf Aflatoxine und Ochratoxin A untersucht.
Überblick über die Anzahl der untersuchten Proben und die Ergebnisse der Untersuchungen von Aflatoxinen und Ochratoxin A in getrockneten Feigen von 2017 bis 2022.
Knapp ein Drittel der Proben (19 von 64 Proben) beanstandeten die Sachverständigen wegen Überschreitung der Höchstgehalte dieser Toxine. Bei elf Proben war der Höchstgehalt für Ochratoxin A überschritten, bei sieben Proben der Höchstgehalt für die Aflatoxine und bei einer Probe sogar beide Höchstgehalte. In knapp der Hälfte der Proben lagen die Gehalte der Toxine unterhalb der Bestimmungsgrenze der Untersuchungsmethode. In 20 % der Proben wurden Ochratoxin A- oder Aflatoxin-Gehalte bestimmt, allerdings unterhalb der Höchstgehalte.
Bei einer Betrachtung der einzelnen Untersuchungszeiträume fällt auf, dass der Anteil der Proben von getrockneten Feigen, die Ochratoxin A und/oder Aflatoxine– auch oberhalb der Höchstgehalte – enthalten, schwankt. Das Balkendiagramm zeigt für Proben mit einem Probenahmedatum jeweils im Herbst und Winter der entsprechenden Jahre die Anteile der Proben mit einer nicht bestimmbaren Belastung an Aflatoxinen und Ochratoxin A (< Bestimmungsgrenze) sowie Gehalten dieser Mykotoxine unterhalb bzw. oberhalb der Höchstgehalte. Diese Schwankungen können unter anderem auch auf die unterschiedlichen Bedingungen der jeweiligen Erntesaison zurückzuführen sein.
Das CVUA hat die Untersuchungen für den Zeitraum 2022/2023 begonnen und wird sie in den nächsten Monaten intensiv fortsetzen.
Anteile der Proben von getrockneten Feigen mit einer nicht bestimmbaren Belastung an Aflatoxinen und Ochratoxin A
(< Bestimmungsgrenze), quantifizierbaren Gehalten dieser Mykotoxine unterhalb der Höchstgehalte (> Bestimmungsgrenze aber
< Höchstgehalt) oder Gehalten oberhalb der Höchstgehalte jeweils für Proben mit Probenahmedatum im Herbst und Winter der entsprechenden Jahre.
Untersuchungsergebnisse zu Alternaria-Toxinen
In den letzten Jahren sind verstärkt verschiedene von Schimmelpilzen der Gattung Alternaria gebildete Toxine (sog. Alternaria-Toxine) wie Tenuazonsäure, Alternariol und Alternariolmonomethylether in den Blickpunkt gerückt. Die Expertinnen und Experten des CVUA Sigmaringen haben diese Alternaria-Toxine in die Untersuchungsmethoden aufgenommen und inzwischen bei 28 Proben getrockneten Feigen zusätzlich auch diese Substanzen analysiert.
Zur Toxizität der Alternaria-Toxine für den Menschen liegen noch keine ausreichenden Daten vor. Versuche weisen allerdings auf potenziell schädliche Wirkungen hin. Für Alternaria-Toxine gibt es noch keine Höchstgehaltsregelungen. Allerdings hat die EU-Kommission in der Empfehlung (EU) 2022/553 für bestimmte Lebensmittel sogenannte Richtwerte festgelegt – darunter auch einen Richtwert für Tenuazonsäure von 1000 µg/kg für getrocknete Feigen.
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Was sind Richtwerte für Alternaria-Toxine?
Bei Richtwerten handelt es sich nicht um rechtlich festgelegte Höchstgehalte. Werden diese Richtwerte überschritten, so sollten die Lebensmittelüberwachungsbehörden unter aktiver Beteiligung der Lebensmittelunternehmer ermitteln, welche Faktoren zu diesen erhöhten Alternaria-Toxin-Konzentrationen führen bzw. wie sich die Lebensmittelverarbeitung auf die Konzentrationen der Alternaria-Toxine auswirkt. Dadurch sollen weitere Informationen zusammengetragen werden mit dem Ziel, Maßnahmen zur Verhinderung oder Senkung des Vorkommens der Alternaria-Toxine zu ergreifen. Die Richtwerte für die Gehalte der Alternaria-Toxine Alternariol, Alternariolmonomethylether und Tenuazonsäure in bestimmten Lebensmitteln in der Empfehlung (EU) 2022/553 (veröffentlicht im April 2022) basieren auf Daten über typische Gehalte dieser Substanzen in Lebensmitteln, die in der Datenbank der europäischen Behörde für Lebensmittelsicherheit (EFSA) verfügbar sind.
Nur etwa ein Viertel der Proben getrockneter Feigen enthielt quantifizierbare Gehalte der Alternaria-Toxine Alternariol und Alternariolmonomethylether. Tenuazonsäure bestimmte das CVUA Sigmaringen dagegen in allen bisher auf Alternaria-Toxine untersuchten Feigenproben. Die Gehalte an Tenuazonsäure schwanken dabei stark, der Median liegt bei ca. 800 µg/kg. In ungefähr einem Drittel der bisher untersuchten Proben wäre der inzwischen im Jahr 2022 veröffentlichte Richtwert der EU-Kommission auch rückblickend überschritten worden.
Das CVUA Sigmaringen weist nicht nur in Gutachten auf die Überschreitung des Richtwerts hin, sondern übermittelt die Untersuchungsergebnisse zu Alternaria-Toxinen in getrockneten Feigen auch über das Bundesamt für Verbraucherschutz und Lebensmittelsicherheit (BVL) an die EFSA und trägt somit dazu bei, die Datenbasis zu vergrößern, um somit die Bewertung dieser Problematik voranzubringen.