Tahini & Co. – Mykotoxine in Sesam und Sesamprodukten
Dr. Tanja Welsch

Das CVUA Sigmaringen hat von 2016 bis Anfang 2025 insgesamt 124 Proben Sesam und Sesamprodukte (Sesamkörner, Sesampaste, Sesamöl und Sesamhalva) auf Schimmelpilzgifte (Mykotoxine) untersucht. Aflatoxine und Ochratoxin A waren nur selten in den Produkten bestimmbar. Eine Ausnahme war eine Probe Halva, die wegen Überschreitung des EU-weit gültigen Höchstgehaltes von Aflatoxin B1 beanstandet wurde. Dagegen enthielten die Proben deutlich häufiger Alternariatoxine, wobei die Belastungssituation sich je nach Alternariatoxin und Produktgruppe unterscheidet. 16 % der Sesamproben überschritten den Richtwert für Alternariolmonomethylether (AME), einige dieser Proben enthielten zusätzlich das strukturverwandte Alternariol (AOH) in Mengen über dem Richtwert. Die Untersuchungen des CVUA Sigmaringen tragen dazu bei die bisher unzureichende Datenlage für die Alternariatoxine im Interesse des gesundheitlichen Verbraucherschutzes zu verbessern.
In letzter Zeit ist Sesampaste besonders als Zutat für Dubai-Schokolade in den Fokus gerückt. Das CVUA Sigmaringen untersucht aber regelmäßig Sesam und Sesamprodukte auf Schimmelpilzgifte (Mykotoxine). In den letzten 10 Jahren insgesamt 124 Proben Sesam, Sesampaste, Halva auf Sesambasis und Sesamöl. Sesampaste (Tahin/Tahina/Tahini) ist vor allem in der arabischen Küche weit verbreitet, z. B. als Zutat für Hummus, Baba Ganoush oder Halva. Tahini wird üblicherweise aus geröstetem und gemahlenem Sesam hergestellt. Halva ist ein süßes Dessert, das vor allem in vielen Ländern des Nahen Ostens, des Mittelmeerraums und in Teilen Asiens beliebt ist. Es gibt verschiedene Arten von Halva, wobei Sesamhalva mit gemahlenen Sesamsamen als Hauptzutat sowie mit Zucker oder Honig und ggf. weiteren Zutaten weit verbreitet ist.
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Was sind Mykotoxine?
Mykotoxine sind von verschiedenen Schimmelpilzen gebildete Stoffe (sekundäre Stoffwechselprodukte), die schon in geringen Konzentrationen giftig auf Mensch und Tier wirken können. Sie gelangen als unerwünschte Kontaminanten in Lebensmittel, wenn Schimmelpilze entweder Pflanzen bereits beim Wachstum auf dem Feld oder Lebensmittel bei der Verarbeitung und Lagerung befallen und unter bestimmten Bedingungen dann Mykotoxine bilden. Die meisten Mykotoxine sind relativ stabil; dies bedeutet, dass sie bei üblichen Verfahren der Lebensmittelverarbeitung kaum zerstört werden und dann auch in den verarbeiteten Erzeugnissen zu finden sind.

Zum Untersuchungsspektrum von Sesam und Sesamprodukten gehören die krebserregenden Aflatoxine sowie das potenziell krebserregende Ochratoxin A. Für Aflatoxine in Sesam und Sesamprodukten hat die EU zum Schutz der Gesundheit gesetzlich Höchstgehalte festgelegt. In den letzten Jahren sind außerdem die Alternariatoxine stärker in den Fokus gerückt, daher haben Lebensmittelchemiker und Lebensmittelchemikerinnen des CVUA die 5 Alternariatoxine Alternariol (AOH), Alternariolmonomethylether (AME), Tenuazonsäure (TEA), Tentoxin (TEN) und Altenuen (ALT) in die Analysenmethoden aufgenommen.
Alternariatoxine können in vielen verschiedenen Lebensmitteln vorkommen: z. B. Getreide, Obst, Gemüse, Ölsaaten wie Sesam und den Produkten daraus. Zur Toxizität dieser Toxine für Mensch und Tier liegen noch keine ausreichenden Daten vor. Studien weisen allerdings auf potenziell schädliche Wirkungen hin. In vitro Versuche – also Versuche in Modellsystemen unter spezifischen Laborbedingungen – lassen vermuten, dass AOH und AME genotoxisch sein könnten. Auch die Informationen zum Vorkommen in Lebensmitteln sind begrenzt. Daher gibt es auch noch keine Höchstgehalte für Alternariatoxine in Lebensmitteln. Das CVUA Sigmaringen gibt die Untersuchungsergebnisse an den Bund und die Europäische Behörde für Lebensmittelsicherheit (EFSA) weiter und trägt so dazu bei, die bisher unzureichende Datenlage für die Alternariatoxine im Interesse des gesundheitlichen Verbraucherschutzes zu verbessern. 2022 hat die EU in der Empfehlung (EU) 2022/553 der Kommission für bestimmte Lebensmittel Richtwerte für AOH, AME und TEA festgelegt. Für Sesamsamen sind das je 30 µg/kg für AOH und AME und 100 µg/kg für TEA.
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Was sind Richtwerte für Alternariatoxine?
Bei Richtwerten handelt es sich nicht um rechtlich festgelegte Höchstgehalte; eine Überschreitung der Richtwerte führt nicht zu einem Verkehrsverbot und ist auch kein Indiz dafür, dass das Lebensmittel nicht sicher ist. Die Richtwerte für die Gehalte der Alternariatoxine AOH, AME und TEA in bestimmten Lebensmitteln in der Empfehlung (EU) 2022/553 der Kommission basieren auf Daten über typische Gehalte dieser Substanzen in Lebensmitteln, die in der Datenbank der EFSA verfügbar sind. Werden diese Richtwerte überschritten, so sollten die Lebensmittelüberwachungsbehörden unter aktiver Beteiligung der Lebensmittelunternehmer ermitteln, welche Faktoren zu diesen erhöhten Alternariatoxin-Konzentrationen führen bzw. wie sich die Lebensmittelverarbeitung auf die Konzentrationen der Alternariatoxine auswirkt. Dadurch sollen weitere Informationen zusammengetragen werden mit dem Ziel, Maßnahmen zur Verhinderung oder Senkung des Vorkommens der Alternariatoxine zu ergreifen. Damit wird dem im Kontaminantenrecht verankerten allgemeinen Minimierungsgrundsatz, dem sog. ALARA-Prinzip (für „As Low As Reasonably Achievable“, was auf Deutsch bedeutet: „so niedrig wie vernünftigerweise erreichbar“), Rechnung getragen.
Untersuchungsergebnisse Aflatoxine und Ochratoxin A
Von Anfang 2016 bis April 2025 untersuchte das CVUA Sigmaringen insgesamt 32 Proben Sesampaste, 35 Proben Sesam, 21 Proben Sesamhalva und 21 Proben Sesamöl auf die Aflatoxine B1, B2, G1 und G2. In keiner der Sesamöl-Proben waren die Aflatoxine über der Bestimmungsgrenze der Methode enthalten. Auch bei Sesam und Sesampaste waren nur 3 Proben (4 % der Proben) mit Aflatoxin B1 in Mengen knapp über der Bestimmungsgrenze der Methode belastet (< 1 µg/kg). Lediglich in den Sesamhalva-Proben quantifizierte das CVUA Sigmaringen häufiger Aflatoxine (6 von 21 Proben, 29 %). Eine der Proben musste das CVUA wegen Überschreitung des EU-weiten Höchstgehaltes für Aflatoxin B1 beanstanden. Ob die Aflatoxingehalte allerdings auf die Hauptzutat Sesam oder andere in geringeren Mengen enthaltene Zutaten wie Erdnüsse oder Pistazien zurückzuführen waren, ist nicht feststellbar. Ochratoxin A war in keiner der 21 untersuchten Proben Sesampaste und auch in keiner der 14 Proben Halva nachweisbar. Lediglich in einer von 21 Proben Sesamöl und in einer von 41 Proben Sesam bestimmte das CVUA Sigmaringen Ochratoxin A.
Untersuchungsergebnisse Alternariatoxine
Im Gegensatz zu Aflatoxinen und Ochratoxin A waren Alternariatoxine wesentlich häufiger in den untersuchten Proben (18 Proben Sesampaste, 25 Proben Sesam, 21 Proben Sesamöl, 11 Proben Halva) zu finden. 10 von 11 Proben Halva enthielten AME, während AOH, TEA, TEN und ALT nicht nachgewiesen wurden. AME kommt auch in Sesampaste, Sesam und Sesamöl am häufigsten von den 5 untersuchten Alternariatoxinen vor, gefolgt von AOH und TEA, während TEN und ALT eher selten bestimmt wurden (siehe Abbildungen 1 und 3). Für Sesamsamen und die zu 100 % aus Sesamsamen bestehende Sesampaste gibt es Richtwerte für AOH, AME und TEA, die auch mehrere Proben überschritten. Seit der Veröffentlichung der Richtwerte 2022 gibt das CVUA Sigmaringen Hinweise zu solchen Richtwertüberschreitungen für weitere Maßnahmen an die Lebensmittelkontrolle vor Ort weiter. Oft lag bei einer Probe nicht nur eines der 3 Alternariatoxine über den Richtwerten, sondern gleich 2 oder 3 (siehe Abbildung 2).
Abbildung 1: Anteil der Proben an Sesam und Sesampaste, bei denen der Gehalt des jeweils genannten Alternariatoxins unterhalb der Bestimmungsgrenze (links), oberhalb der Bestimmungsgrenze aber unterhalb des Richtwerts (mittig) oder über dem Richtwert (rechts) lag.
Abbildung 2 zeigt die Proben Sesam und Sesampaste mit Gehalten von AOH (jeweils linke Säule) und/oder AME (jeweils rechte Säule) über 10 µg/kg. Sind die Richtwerte überschritten, sind die Säulen rot eingefärbt. In einzelnen Proben sind die Gehalte an AOH und AME relativ hoch. Der höchste bisher bestimmte Gehalt von AME lag mit
276 µg/kg fast 10-fach über dem Richtwert von 30 µg/kg, der maximale Gehalt von AOH mit 160 µg/kg etwa 5-fach. TEA überschritt den Richtwert mit dem höchsten Gehalt von ca. 440 µg/kg etwa 4,5-fach.
Abbildung 2: Gehalte von AOH (linke Säule, helles Orange und Rot) und AME (rechte Säule, dunkles Orange und Rot) in den 43 untersuchten Proben Sesam und Sesampaste.
Für Sesamöl sind im Gegensatz zu Sesam keine Richtwerte festgelegt. Insgesamt zeigt ein Vergleich der Daten für Sesam und Sesampaste (Abbildung 1) mit denen von Sesamöl (Abbildung 3) aber, dass Sesamöl noch häufiger mit Alternariatoxinen belastet ist als Sesam und Sesampaste.
Abbildung 3: Anteil der Proben an Sesamöl bei denen der Gehalt des jeweils genannten Alternariatoxins unterhalb der Bestimmungsgrenze (links) oder oberhalb der Bestimmungsgrenze (rechts) lag.
Die bisher bestimmten Gehalte sind allerdings niedriger als in Sesam und Sesampasten. In Sesamöl war kein AOH-Gehalt über 10 µg/kg quantifizierbar, der maximale Gehalt an AME lag knapp unter 100 µg/kg, der von TEA bei
ca. 200 µg/kg (siehe Tabelle 1).
AOH |
AME |
TEA |
|
---|---|---|---|
Anzahl Ölproben Gehalt < Bestimmungsgrenze |
12
|
1
|
11
|
Anzahl Ölproben Gehalt > Bestimmungsgrenze bis 10 µg/kg |
9
|
6
|
-
|
Anzahl Ölproben Gehalt > 10 µg/kg bis 50 µg/kg |
-
|
10
|
7
|
Anzahl Ölproben Gehalt > 50 µg/kg bis 100 µg/kg |
-
|
4
|
-
|
Anzahl Ölproben Gehalt > 100 µg/kg |
-
|
-
|
2
|
Das CVUA Sigmaringen wird auch in den nächsten Jahren Proben von Sesam und Sesamprodukten untersuchen und somit die Datenbasis für das Vorkommen der Alternariatoxine erweitern.
Bilder:
CVUA Sigmaringen