Brucellose bei einem Wildschwein

Dr. Constanze Kirchgäßner, Dr. Michael Suntz (beide CVUA Freiburg)

 

WildschweinEine wichtige Aufgabe des CVUA Freiburg ist die Überwachung von Tierseuchen und Zoonosen, also Krankheitserregern, die vom Tier auf den Menschen übertragbar sind. Dies beinhaltet auch ein i. d. R. anlassbezogenes Gesundheitsmonitoring bei Wildtieren, da sie ein Reservoir für diese Erreger darstellen können. Aus diesem Grund werden regelmäßig Wildtiere im veterinär-pathologischen Labor abgegeben und untersucht.

 

Aktueller Fall

In diesem Fall wurde ein krankes Wildschwein erlegt und das veränderte Gewebe am CVUA Freiburg abgegeben. Bei den Veränderungen handelte es sich um einen einseitig geschwollenen Hoden und einen vereiterten Beckenlymphknoten. Bei der Untersuchung des geschwollenen Hodens konnte auch hier eine eitrig-abszedierende Entzündung festgestellt werden. Bei der anschließenden bakteriologischen Untersuchung des veränderten Gewebes konnten Brucellen aus dem erkrankten Hoden angezüchtet werden. Die Fein-Typisierung des Isolats wurde durch das Friedrich-Löffler-Institut (Riems) vorgenommen und ergab Brucella suis Biovar 2.

Abbildung 1: linker und rechter Hoden, hochgradige einseitige Hodenschwellung

Abbildung 1: linker und rechter Hoden, hochgradige einseitige Hodenschwellung

 

Abbildung 2: linker und rechter Hoden nach Abtragen der Haut, hochgradige einseitige Hodenschwellung (Stern)

Abbildung 2: linker und rechter Hoden nach Abtragen der Haut, hochgradige einseitige Hodenschwellung (Stern)

 

Abbildung 3: Schnittflächen des linken und rechten Hodens, einseitige hochgradige chronische eitrig-abszedierende Hodenentzündung (Stern)

Abbildung 3: Schnittflächen des linken und rechten Hodens, einseitige hochgradige chronische eitrig-abszedierende Hodenentzündung (Stern)

Brucellose – Infektionskrankheit bei Mensch und Tier

Brucellen sind Bakterien und verursachen bei Mensch und Tier die Infektionskrankheit Brucellose. Anhand des bevorzugten Hauptwirts, der als Reservoir dient, werden verschiedene Arten unterschieden. Die wichtigsten sind:

  • Brucella melitensis bei kleinen Wiederkäuern
  • Brucella abortus bei Rindern
  • Brucella suis bei Schweinen
  • Brucella canis bei Hunden
  • Brucella ovis bei Schafen (nicht humanpathogen)

Bei Tieren kommt es zu einer Infektion im Urogenitaltrakt, die mit Fruchtbarkeitsstörungen und bei trächtigen Tieren mit Aborten einhergeht. Männliche Tiere haben Entzündungen des Hodens und des Nebenhodens. Eine Übertragung durch den Deckakt ist möglich. Aufgrund von Gelenksentzündungen können Lahmheiten auftreten.

Anzeigepflichtige Tierseuche

Bei Rindern, Hausschweinen, Schafen und Ziegen ist die Brucellose eine anzeigepflichtige Tierseuche, die staatlich überwacht und bekämpft wird. In Deutschland gelten Rinder-, Schaf- und Ziegenbestände seit 2000 als amtlich frei von Brucellose. In Schweinebeständen kommt es sporadisch zu Ausbrüchen. Beispielsweise konnte Schweinebrucellose im Jahr 2019 zweimal in Haustierbeständen festgestellt werden. Eine Überwachung der Nutztierbestände erfolgt serologisch über Blut oder Milch. Außerdem wird bei der Abklärung von Abortursachen am CVUA Freiburg grundsätzlich auch auf Brucellen untersucht.

Auch Übertragung auf den Menschen möglich

Brucellen sind Zoonoseerreger. Sie können auf den Menschen übertragen werden und dort Erkrankungen auslösen Der Verlauf kann insgesamt sehr unterschiedlich und akut bis chronisch sein. Obwohl ein Großteil der Infektionen symptomlos oder mild verläuft, können auch schwere, meist fieberhafte Erkrankungen (intervallartig) ausgelöst werden. Eine Manifestation im Magen-Darmtrakt, Knochen und Gelenken ist möglich, seltener sind Entzündungen des Urogenitaltraktes, des Nervensystems, der Herzklappen oder der Lunge. Der Hauptübertragungsweg auf den Menschen sind unpasteurisierte Milch bzw. Milchprodukte, seltener Fleisch. Durch die Brucellosefreiheit in den Tierbeständen sind Übertragungen in Deutschland selten. Als besonders gefährdet gelten Personen, die in der Landwirtschaft oder an Schlachthöfen tätig sind sowie Jäger. Im Jahr 2018 wurden dem RKI 37 Erkrankungsfälle beim Menschen übermittelt.

 

Es ist allerdings darauf hinzuweisen, dass beim Menschen nur akute Brucellose-Erkrankungen meldepflichtig sind.

Brucella suis Biovar 2

Brucella suis Biovar 2 kommt in Europa bei Wildschweinen und Feldhasen vor. Die Erregervermehrung findet überwiegend im Genitaltrakt statt, sodass Fruchtbarkeitsstörungen, Aborte und Totgeburten auftreten. Bei männlichen Tieren treten, wie im beschriebenen Fall, einseitige Hodenentzündungen auf. Es kann zur Ausbildung von Abszessen kommen. Allerdings gibt es auch Tiere, die den Erreger ohne Veränderungen, in sich tragen und trotzdem ausscheiden. Eine Übertragung auf Hausschweine oder den Menschen ist möglich.

Der Erreger im Labor

Bei Brucellen handelt es sich um gramnegative, kokkoide Stäbchen, die intrazellulär leben können. Im Labor wachsen Brucellen langsam (2 bis 4 Tage), was besonders bei Vorhandensein einer gut wachsenden Begleitflora problematisch sein kann. Da Brucellen partiell säurefest sind, werden bei Abortmaterial spezielle Färbungen angewendet (z.B. Stamp-Färbung). Der Großteil der Brucellenarten ist über Aerosole auf den Menschen übertragbar. Schon eine geringe Menge des Organismus kann eine Infektion auslösen, weshalb Brucellenkulturen bei einer höheren Sicherheitsstufe (BSL3) bearbeitet werden müssen. Bei serologischen Untersuchungen kann es zu Kreuzreaktionen mit dem Darmbakterium Yersinia enterocolitica kommen.

 

 

Bildnachweis

alle CVUA Freiburg

 

Literatur

  • Bauerfeind, Kimmig, Schiefer, Schwarz, Slencka, Zahner, 2013: Zoonosen, 4., vollständig überarbeitete Auflage
  • Infektionsepidemiologisches Jahrbuch meldepflichtiger Krankheiten für 2018, Robert Koch Institut
  • Tierseuchen-Nachrichten-System, Meldungen „Brucellose der Rinder, Schweine, Schafe und Ziegen“, 2019
  • Markey, Leonard, Archambault, Cullinane, Maguire, 2013: Clinical Veterinary Microbiology, 2nd Edition

 

 

Artikel erstmals erschienen am 30.10.2020