Pestizidrückstände in tierischen Lebensmitteln - Untersuchungsergebnisse 2024

S. Schätzle, S. Obermeier, A. Muzyka, A. Schächtele (CVUA Freiburg)

 

Im Jahr 2024 wurden am CVUA Freiburg insgesamt 921 Lebensmittelproben tierischen Ursprungs auf Pestizidrückstände untersucht, davon 271 im Rahmen des Nationalen Rückstandskontrollplans (NRKP). Eine umfangreiche Auswertung der Untersuchungsergebnisse dieser Proben liegt nun vor.

 

Collage Zeichnungen: Fleisch, Milch, Eier, Honig, Fisch

 

Die Untersuchungsergebnisse von 2024 zeigen, dass Pestizidrückstände in Lebensmitteln tierischen Ursprungs in der Regel in sehr niedrigen und unbedenklichen Konzentrationen vorliegen. Im Jahr 2024 wurden keine Überschreitungen der gesetzlich festgelegten Höchstmengen festgestellt - die meisten Rückstandsgehalte lagen deutlich darunter. Dennoch ist es von Bedeutung, dass Lebensmittelproduzenten auf eine sorgfältige Handhabung von Reinigungs- und Desinfektionsmitteln in der Produktion achten, um den Eintrag von Pestizidrückstände über diesen Weg weiter zu minimieren.

Infokasten

Pflanzenschutzmittel sind Stoffe, die in der Landwirtschaft verwendet werden, um Pflanzen vor Schädlingen, Krankheiten und Unkräutern zu schützen. Diese Substanzen können als Rückstände in Lebensmitteln verbleiben, insbesondere, wenn sie während der Produktion oder Lagerung von Nahrungsmitteln eingesetzt werden. Neben Pflanzenschutzmitteln können auch Biozide, die zur Desinfektion und Bekämpfung von Schädlingen verwendet werden, Rückstände in Lebensmitteln hinterlassen. Pflanzenschutzmittel und Biozide werden unter dem Begriff Pestizide zusammengefasst.

 

Wie gelangen Pestizide in tierische Lebensmittel?

Zeichnung: Kuh

Pestizidrückstände gelangen auf unterschiedliche Weise in tierische Lebensmittel. Sie können durch kontaminiertes Futtermittel, Trinkwasser, Desinfektionsmittelrückstände oder Umweltverunreinigungen, v.a. die sogenannten „Alt-Pestizide“, in die Lebensmittelkette gelangen.

Zur Begrenzung der Pestizid-Belastung sind EU-weit Rückstandshöchstgehalte festgesetzt. Das CVUA Freiburg überprüft durch dessen Untersuchungen unter anderem, ob die geltenden Höchstgehalte eingehalten werden.

 

 

Ergebnisse im Einzelnen

In 30 % der im Berichtsjahr 2024 untersuchten tierischen Lebensmittelproben wurden zwar Pestizidrückstände bestimmt (Abbildung 1), jedoch in keinem Fall oberhalb der Höchstmengen. In vier Proben wurden dennoch vergleichsweise hohe Rückstände festgestellt. Bei diesen Proben handelte es sich um drei Fischproben und eine Probe Mozzarella, in denen Biozidrückstände, insbesondere Chlorat und quartäre Ammoniumverbindungen (QAVs), bestimmt wurden. Insgesamt gab es 490 positive Befunde.

Die Häufigkeit von Rückständen variierte je nach Lebensmittelmatrix. In Fisch- und Milchproben wurden in etwa der Hälfte aller Proben Rückstände festgestellt, während bei Fleischproben in nur ca. 25 % der Proben Rückstände bestimmbar waren.

 

Abbildung 1: Relativer Anteil der Befunde an Pestizidrückständen oberhalb der Bestimmungsgrenze (BG) in Abhängigkeit der Matrix. (n = Anzahl der untersuchten Proben pro Matrix)

Abbildung 1: Relativer Anteil der Befunde an Pestizidrückständen oberhalb der Bestimmungsgrenze (BG) in Abhängigkeit der Matrix. (n = Anzahl der untersuchten Proben pro Matrix).

 

Abbildung 2: Anteil der Pestizidbefunde (Gehalte oberhalb der Bestimmungsgrenze (BG)) in Fleisch- proben in Abhängigkeit der Tierart.

Abbildung 2: Anteil der Pestizidbefunde (Gehalte oberhalb der Bestimmungsgrenze (BG)) in Fleischproben in Abhängigkeit der Tierart.

Die Auswertung der Daten ergab zudem, dass die Häufigkeit der Befunde von der Tierart abhängig ist (siehe Abbildung 2). Diese Unterschiede könnten mit der Art der Haltung und Lebensweise der Tiere zusammenhängen. So weisen Tiere, die in freier Wildbahn leben oder Tiere, die in Freilandhaltung gehalten werden vergleichsweise häufiger Pestizidrückstände auf als beispielsweise Schweine, die häufig in Stallhaltung leben und eine vergleichsweise kurze Lebensdauer haben. Diese Annahme würde auch dafürsprechen, dass sogenannte „Alt-Pestizide“ in den Proben von Wildtieren oder Tieren aus Freilandhaltung am häufigsten gefunden werden.

 

 

 

Untersuchung von Verdachtsproben

Im Jahr 2024 wurden insgesamt 18 Verdachtsproben auf Pestizidrückstände untersucht.

 

Icon: FischIm Zusammenhang mit gehäuftem Fischsterben wurden zur Feststellung der Todesursache zwei Fische untersucht. In den beiden Fällen konnten keine Pestizide nachgewiesen werden.

 

Icon: MilchEine Milch-Probe, die aus einem Milchautomaten entnommen wurde, wurde gezielt auf Biozide, QAVs aus verwendeten Reinigungsmitteln untersucht. Es waren keine Rückstände an QAVs nachweisbar.

 

Icon: HonigBei einer Bio-Imkerei bestand der Verdacht, dass nicht zugelassene Pestizide eingesetzt wurden. In diesem Zusammenhang wurden vier Bierdeckel untersucht. Diese wurden in die Bienenstöcke eingebracht und standen im Verdacht mit Pestiziden versetzt worden zu sein. In den analysierten Bierdeckel-Proben wurden Rückstände von Chinomethionat, Chlorpyriphos-methyl und Amitraz-Metaboliten gefunden. Bei diesen Pestiziden handelte es sich um grundsätzlich nicht zugelassene Pestizide.

 

Zudem wurden insgesamt 7 Honigproben polizeilich beschlagnahmt und dem CVUA Freiburg zur Untersuchung auf Pflanzenschutzmittel vorgelegt. In diesen Honigproben waren geringe Konzentrationen verschiedener Wirkstoffe nachweisbar, jedoch alle unterhalb der Bestimmungsgrenze.

Bei einer weiteren Verdachtsprobe handelte es sich um Blütenpollen, die im Verdacht standen mit Pestiziden aus der umliegenden Landwirtschaft belastet zu sein. Die Untersuchungsergebnisse waren unauffällig.

Des Weiteren wurde eine Futtermittelprobe auf Pentachlorphenol (PCP) untersucht, bei der ein vergleichsweise höherer Gehalt an Dioxinen festgestellt wurde. Dioxine können als Begleitkontamination von PCP auftreten, da die Eintragsquelle beider Kontaminanten gleich sein kann. PCP war in der Probe allerdings nicht nachweisbar.

 

Rückstände der verschiedenen Pestizidgruppen

Organochlorpestizide – „Alt-Pestizide“ als persistente Rückstände

82 % der festgestellten Pestizidrückstände entfielen auf Organochlorpestizide, wobei mehr als zwei Drittel dieser Befunde Hexachlorbenzol (HCB) mit 45 % und Dichlordiphenyltrichlorethan (DDT) mit 24 % ausmachte – obwohl diese Substanzen in der EU seit Jahrzehnten verboten sind. Die Rückstände lagen in der Regel deutlich unter den festgelegten Höchstwerten und stellen somit keine gesundheitliche Gefahr dar. Hintergrund dazu ist deren hohen Persistenz in der Umwelt und ihre fettlöslichen Eigenschaften, sodass sie auch Jahre nach der letzten Anwendung in tierischen Lebensmitteln gefunden werden.

Biozide - Chlorat und Quartäre Ammoniumverbindungen (QAVs)

Icon: SprühdoseChlorat ist ein in der EU seit dem Jahr 2008 nicht mehr zugelassenes Pflanzenschutzmittel. Neben der Anwendung als Pflanzenschutzmittel kann Chlorat z.B. auch als Rückstand durch den Einsatz als Reinigungsmittel (Biozid) in das Lebensmittel gelangen. Bei der Verarbeitung von mikrobiologisch anfälligen Lebensmitteln, wie z.B. Fisch, können dem Prozesswasser chlorhaltige Mittel zugesetzt worden sein, die durch chemischen Abbau zu Chloratrückständen im Wasser und damit auch in den prozessierten Lebensmitteln führen können. In einer Probe Mozzarella und in 2 Fischproben wurden vergleichsweise hohe Chloratgehalte festgestellt. In den übrigen Proben wurde kein Chlorat oder nur sehr niedrige Gehalte an Chlorat festgestellt.

 

Icon: SprühdoseQAVs wie Dialkyldimethylammoniumchlorid (DDAC) und Benzyldodecyldimethyl-ammoniumchlorid (BAC-C12) werden in Desinfektionsmitteln eingesetzt und können in tierischen Lebensmitteln Rückstände hinterlassen. Diese Substanzen sind in der EU in Desinfektionsmitteln zugelassen, jedoch nicht als Wirkstoffe in Pflanzenschutzmitteln. Bei der Verarbeitung von Lebensmitteln ist eine korrekte Handhabung und Nachspülung nach der Desinfektion entscheidend, um Rückstände im Lebensmittel zu minimieren [1]. In einer Fischprobe sowie einer Probe Milchspeiseeis wurden im Vergleich zu anderen Proben derselben Matrix (Fische bzw. Milch/-produkte) innerhalb des gleichen Untersuchungszeitraums hohe Gehalte an QAVs festgestellt.

 

Für Chlorat und QAVs in Fisch ist bislang kein Rückstandshöchstgehalt festgelegt. Trotzdem wurde bei den Proben mit vergleichsweise höheren Gehalten die Hersteller darauf hingewiesen, dass der Eintrag von Chlorat bzw. QAV durch eine gute Herstellungspraxis (z.B. durch ausreichendes Nachspülen von desinfizierten Oberflächen mit Trinkwasser) vermeidbar ist.

 

 

Lesen Sie den ausführlichen Bericht

 

Literatur

[1] Desinfektionsmittelrückstände in Speiseeis 2010 bis 2013, 10.04.2025

Bildnachweis

Icons: https://icons8.de/, 24.04.2025

Zeichnungen: https://pixabay.com/de/, 24.04.2025

 

 

 

Artikel erstmals erschienen am 15.05.2025