Aus der Arbeit des Europäischen Referenzlabors: Monitoring von Pestizidrückständen in Milch und Säuglingsanfangsnahrung aus ganz Europa

Karin Tschiggfrei (CVUA Freiburg)

 

Produktspektrum SäuglingsanfangsnahrungDas Europäische Referenzlabor für Pestizidrückstände in tierischen Lebensmitteln und Waren mit hohem Fettgehalt (engl. food of animal origin, EURL-AO) untersuchte 78 Proben milchbasierte Säuglingsanfangsnahrung sowie 54 Proben Milch aus ganz Europa auf Pestizidrückstände mittels Multirückstandsmethoden. Der Fokus lag auf Pestiziden mit hoher Toxizität (niedrige ADI-Werte), für die der Standard-Rückstandshöchstgehalt von 0,01 mg/kg für Säuglinge unter 16 Wochen nicht als sicher angesehen wird.

 

Auf Anfrage der Europäischen Kommission veröffentlichte die Europäische Behörde für Lebensmittelsicherheit (EFSA) am 28. Juni 2018 eine wissenschaftliche Stellungnahme zu Pestiziden in Lebensmitteln für Säuglinge und Kleinkinder (Scientific Opinion on pesticides in foods for infants and young children). Es wurde der Schluss gezogen, dass Pestizidrückstände mit einem Rückstandshöchstgehalt von 0,01 mg/kg für Lebensmittel für Säuglinge unter 16 Wochen, für die ein gesundheitsbezogener Richtwert (HBGV) von 0,0026 mg/kg KG/Tag oder höher vorliegt, wahrscheinlich nicht zu einer inakzeptablen Exposition mit diesen Wirkstoffen führen. Für Rückstände mit HBGVs unter diesem Wert werden jedoch niedrigere Rückstandshöchstgehalte empfohlen.

Fragestellung und Zielsetzung

Die Europäische Kommission forderte daher von den Europäischen Referenzlaboratorien für Pestizidrückstände in Getreide und Futtermittel (EURL-CF), in Lebensmittel tierischen Ursprungs (engl. food of animal origin, EURL-AO) sowie für Einzelrückstandsmethoden (engl. single residue method, EURL-SRM) Informationen zu den niedrigsten erreichbaren Bestimmungsgrenzen für rund 60 ausgewählte, relevante Wirkstoffe in Säuglingsnahrung und Milch. Darüber hinaus forderte die Europäische Kommission von den EURLs Informationen zur Rückstandslage in Milch und Säuglingsnahrung innerhalb der EU an, sodass eine Entscheidung über die Senkung der Rückstandshöchstgehalte getroffen werden kann.

 

Daher wurde ein EU-weites Monitoring vom EURL-AO (Schwerpunkt auf Multirückstandsmethoden (MRM) -gängige Verbindungen in Produkten auf Milchbasis), EURL-CF (Schwerpunkt auf MRM-Verbindungen in Produkten auf Getreidebasis) und EURL-SRM (Schwerpunkt auf SRM-Verbindungen in allen Produkten) durchgeführt.

Europäische Referenzlabore

Das am CVUA Freiburg angesiedelte Referenzlabor der Europäischen Union (EURL) für Pestizide in Lebensmitteln tierischer Herkunft und Waren mit hohem Fettanteil (EURL AO) ist Teil eines Netzwerkes von insgesamt vier EURLs, die sich mit Pestizidrückständen in Lebens-und Futtermitteln beschäftigen.

Auch das EURL für halogenierte persistente organische Verbindungen in Futtermitteln und Lebensmitteln (EURL-POPs) ist am CVUA Freiburg angesiedelt.

Als EURL sind die Labore für die wissenschaftliche und technische Unterstützung der Kommission zuständig, ebenso wie für die Verbesserung und Harmonisierung der Analysemethoden, die von amtlichen Laboratorien anzuwenden sind, sowie deren Analysedaten. Die Aufgaben der EURLs sind in Artikel 94 der Verordnung (EU) 2017/625 aufgeführt.

Auswahl geeigneter Methoden und Probenahme

Zunächst wurden geeignete MRM-Methoden für die Matrizes Milch (QuEChERs-EMR Aufarbeitung, GC- und LC-MS/MS Messung) und Säuglingsanfangsnahrung (QuEChERs und DFG S10 Aufarbeitung, GC- und LC-MS/MS Messung) ausgewählt und gemäß den Kriterien nach SANTE/12682/2019 validiert.

 

Abbildung 1: Die Milchproben wurden mittels QuEChERs-EMR Methode aufgereinigt. Für die Aufarbeitung einer Probe werden 5 g Milch verwendet (links). Nach der Aufreinigung werden die gewonnenen Probenextrakte in Vials überführt und für die Messung mittels GC- und LC-MS/MS vorbereitet.

Abbildung 1: Die Milchproben wurden mittels QuEChERs-EMR Methode aufgereinigt. Für die Aufarbeitung einer Probe werden 5 g Milch verwendet (links). Nach der Aufreinigung werden die gewonnenen Probenextrakte in Vials überführt und für die Messung mittels GC- und LC-MS/MS vorbereitet (rechts).

 

Im Anschluss wurden 78 Proben milch-basierte Säuglingsanfangsnahrungsproben (für Säuglinge unter 16 Wochen) aus ganz Europa auf 47 ausgewählte MRM-Stoffe untersucht. Die Proben wurden in 24 unterschiedlichen Ländern durch Unterstützung von Nationalen Referenzlaboren gezogen (siehe Abbildung 1). Die untersuchten Proben umfassen neben klassischer Säuglingsanfangsnahrung (53%) auch Proben mit der Auslobung „laktosefrei“ (10%), hypoallergen (hydrolysiertes Milchprotein, 23%), Refluxkrankheit (10%) und Zöliakie (4%). 13 Proben wurden außerdem als ökologisch beworben.

 

Abbildung 2: Übersicht über die Herkunft der 78 Proben Säuglingsanfangsnahrung aus 24 europäischen Ländern, die auf MRM-gängige Verbindungen untersucht wurden.

Abbildung 2: Übersicht über die Herkunft der 78 Proben Säuglingsanfangsnahrung aus 24 europäischen Ländern, die auf MRM-gängige Verbindungen untersucht wurden.

 

Zusätzlich wurden 54 Milchproben, die in 21 unterschiedlichen Ländern in Europa entnommen wurden, auf 60 ausgewählte Analyten untersucht. Aufgrund von Handhabung und Transport wurden insbesondere langlebige UHT Milch (42 Stück) neben zwei pasteurisierten Proben und 10 Rohmilchproben aus Deutschland ausgewählt. Der Fettgehalt liegt im Bereich 2,5-3,8%. Unter den Proben befanden sich drei Proben aus ökologischer Landwirtschaft, drei Proben mit der Auslobung „laktosefrei“ und fünf Proben mit einer speziellen Auslobung für Kinder.

Die Ergebnisse

In dem Monitoring wurden 60 bzw. 47 MRM-gängige Analyten für Milch bzw. Säuglingsanfangsnahrung berücksichtigt. Darunter befinden sich auch die von DG-SANTE priorisierten Analyten Chlorpyrifos, Cyhalothrin, Cypermethrin, Fluquinconazole und Ethoprophos. In den Milch- und Säuglingsanfangsnahrungsproben wurden keine Rückstände von Pestiziden, die in dem Monitoring berücksichtigt wurden, durch das EURL-AO quantifiziert. Die Konzentrationen der überwachten Substanzen lagen in allen Säuglingsanfangsnahrungsproben und Milchproben unter den Bestimmungsgrenzen der jeweiligen Methode. Die Bestimmungsgrenzen der verwendeten Methoden liegen für die untersuchten Analyten im Bereich von 0,0005 mg/kg bis 0,006 mg/kg Milch bzw. Säuglingsanfangsnahrung.

 

 

Weitere Informationen

EU-Referenzlabor für Pestizidrückstände in Lebensmitteln tierischer Herkunft und Waren mit hohem Fettgehalt

Gemeinsames Portal der Europäischen Referenzlaboratorien für Pestizidrückstände

EU-Referenzlabor für halogenierte persistente organische Schadstoffe (POP) in Futtermitteln und Lebensmitteln

 

 

Artikel erstmals erschienen am 01.06.2021