Per- und polyfluorierte Alkylsubstanzen (PFAS)

Christina Riemenschneider

 

Was sind PFAS und wo kommen sie vor?

Als per- und polyfluorierte Alkylsubstanzen (PFAS), welche häufig auch irreführend „PFC“ genannt werden, wird eine Stoffgruppe von mehr als 4000 Einzelsubstanzen beschrieben, die anthropogenen Ursprungs sind. Aufgrund ihrer thermischen, chemischen und biochemischen Stabilität, der Beständigkeit gegenüber UV-Strahlung und Verwitterung, sowie schmutz-, farb-, fett- und wasserabweisenden Eigenschaften finden sie in einer Vielzahl von Industrie- und Konsumprodukten Anwendung (Tabelle 1). Die wichtigsten Vertreter dieser Stoffgruppe sind die Perfluoroktansäure (PFOA) und die Perfluoroktansulfonsäure (PFOS).

 

Tabelle 1: Verwendung von PFAS

Industriezweig Verwendung (direkt/indirekt)
Textilindustrie Imprägnierungsmittel: atmungsaktive Jacken
Papierindustrie schmutz-, fett- und wasserabweisende Papiere
Möbelindustrie, Teppichindustrie Imprägnierung, Polituren, Reinigungsmittel
Glasindustrie Antifoggingmittel
Chipindustrie Antistatika
Haushaltsindustrie Pfannen- und Topfbeschichtung, Reinigungsmittel, Kleber, Farben, Lacke, Polituren
Lebensmittel-Verpackungen schmutz-, fett- und wasserabweisende Verpackungen
Feuerwehr Feuerlöschschäume
Landwirtschaft Pestizide (zur Verbesserung der Sprüheigenschaften)
Metallindustrie Chrombäder (um Aerosolbildung im Sinne des Arbeitsschutzes zu vermeiden)
Sport Zusatz für Skiwachs, Outdoor-Bekleidung

 

Wie gelangen PFAS in Lebensmittel?

Perfluorierte Alkylsubstanzen, insbesondere PFOA und PFOS, sind aufgrund ihrer chemischen Struktur sehr stabile Verbindungen, die durch äußerliche Einflüsse wie Licht, Hitze, Wasser oder Mikroben kaum zersetzt werden. Daher sind sie mittlerweile weltweit in der Umwelt (Boden, Luft, Wasser) sowie in tierischen und menschlichen Gewebeproben nachweisbar. Der Eintrag in die Umwelt kann entweder „direkt“ (z. B. durch Freisetzung aus Konsumprodukten) oder „indirekt“ (z. B. durch den Abbau von polyfluorierten Vorläuferverbindungen) erfolgen. Über die Umwelt werden PFAS schließlich von Tieren und Pflanzen aufgenommen und gelangen somit in die menschliche Nahrungskette. Hierbei stellen Fisch und Fleisch die Hauptexpositionsquelle dar. Darüber hinaus ist auch ein Übergang von PFAS aus Lebensmittelkontaktmaterialien, wie z. B. Backpapier oder Teflonpfannen, in Lebensmittel möglich.

Untersuchungsergebnisse zu PFAS in Lebensmitteln

Am CVUA Freiburg werden PFAS seit 2014 in diversen pflanzlichen und tierischen Lebensmitteln untersucht. Ein Großteil der Proben stammt aus den Land- und Stadtkreisen Rastatt, Baden-Baden, Mannheim und wurden aufgrund eines dortigen Kontaminationsfalls entnommen.

 

Ein Teil der Untersuchungsergebnisse ist bereits durch Internetbeiträge auf der Seite des CVUA Freiburg veröffentlicht:

 

Befunde und Beurteilung perfluorierter Alkylsubstanzen (PFAS) in Leber und Fleisch von Wildschweinen (2019)

Perfluorierte Alkylsubstanzen (PFAS) in tierischen und pflanzlichen Lebensmitteln (2016)

 

Nähere Informationen zum Kontaminationsfall sind auf der Seite des Regierungspräsidiums Karlsruhe zu finden:

 

Stabstelle PFC des Regierungspräsidiums Karlsruhe

Wie sind Gehalte von PFAS in Lebensmitteln gesetzlich geregelt?

Für PFAS existieren weder von der Europäischen Union noch von Deutschland festgelegte Höchstgehalte in Lebensmitteln. Jedoch wurden PFOA und PFOS im Jahr 2008 von der Europäischen Behörde für Lebensmittelsicherheit (EFSA) erstmals toxikologisch bewertet und tolerierbare tägliche Aufnahmemengen festgelegt [1]. Eine toxikologische Neubewertung dieser beiden Verbindungen durch die EFSA führte Ende 2018 mit der Veröffentlichung vorläufiger wöchentlicher Aufnahmemengen zu einer deutlichen Absenkung dieser Werte [2]. In dieser Stellungnahme wurde eine tolerierbare wöchentliche Aufnahmemenge (TWI; tolerable weekly intake) für PFOA von 6 ng pro kg Körpergewicht und für PFOS von 13 ng pro kg Körpergewicht festgelegt. Im September 2020 wurde von der EFSA eine erneute Stellungnahme zur Bewertung des Risikos für die menschliche Gesundheit durch mit PFAS belastete Lebensmittel veröffentlicht. In dieser Stellungnahme wurde eine tolerierbare wöchentliche Aufnahmemenge (TWI; tolerable weekly intake) für die Summe von vier PFAS (PFOA, PFOS, Perfluornonansäure (PFNA) und Perfluorhexansulfonsäure (PFHxS)) von 4,4 ng pro kg Körpergewicht festgelegt [3].

 

Darüber hinaus hat das Ministerium für Ländlichen Raum und Verbraucherschutz Baden-Württemberg (MLR) Beurteilungswerte für einige weitere PFAS festgesetzt (Tabelle 2). Diese Beurteilungswerte gelten ausschließlich in Baden-Württemberg und dienen Überwachungsbehörden als Grundlage für die Bewertung von PFAS-Gehalten in Lebensmitteln.

Tabelle 2: Beurteilungswerte einzelner PFAS in verschiedenen Lebensmittelgruppen für Baden-Württemberg
Name Kürzel Obst/Gemüse
µg/kg
Getreide
µg/kg
Fleisch, Fisch, Innereien
 µg/kg
Honig
 µg/kg
Perfluorbutansäure PFBA 9,4 21 100 100
Perfluorpentansäure PFPeA 2,8 6,5 30 30
Perfluorhexansäure PFHxA 5,7 13 60 60
Perfluorheptansäure PFHpA < 2 < 2 3 3
Perfluordecansäure PFDA < 2 < 2 < 2 -
Perfluorbutansulfonsäure PFBS 5,7 13 60 60

 

Literatur

[1] Opinion of the Scientific Panel on Contaminants in the Food chain on Perfluorooctane sulfonate (PFOS), perfluorooctanoic acid (PFOA) and their salts, The EFSA Journal 2008, Journal number, 653, 1-131

[2] Scientific Opinion on the risk to human health related to the presence of perfluorooctane sulfonic acid and perfluorooctanoic acid in food, EFSA Journal 2018, 16(12):5194, 284 pp

[3] Scientific Opinion on the risk to human health related to the presence of perfluoroalkyl substances in food. EFSA Journal 2020; 18(9):6223, 391 pp.

 

 

Artikel erstmals erschienen am 23.03.2021