Pflanzenschutzmittel in Lebensmitteln tierischer Herkunft und organische Kontaminanten in Lebensmitteln - Bilanz 2015

Wolf Benjamin Dambacher, Dr. Tanja Radykewicz (CVUA Freiburg)

 

Untersuchungsspektrum Pestizide und org. KontaminantenUntersuchungsspektrum

Das CVUA Freiburg untersucht Lebensmittel tierischer Herkunft zentral für Baden-Württemberg auf Rückstände von Pflanzenschutzmitteln. Die Untersuchung auf organische Kontaminanten erstreckt sich auch auf pflanzliche Lebensmittel.

Das Pflanzenschutzmittelspektrum umfasst neben den zum langjährigen Routineuntersuchungsprogramm gehörenden fettlöslichen Pyrethroiden, Organochlor- und Organophosphorverbindungen auch mittelpolare und polare Pflanzenschutzmittel sowie deren Metaboliten. Im Gegensatz zu den früher in der Landwirtschaft eingesetzten unpolaren Pflanzenschutzmitteln, die sich in der Nahrungskette angereichert haben, werden die heute angewendeten polareren Pflanzenschutzmittel im tierischen Organismus schnell abgebaut, so dass Rückstände von aktuell eingesetzten Ausgangssubstanzen (Pflanzenschutzmittel) bisher nur in Einzelfällen nachweisbar waren.

Das Untersuchungsprogramm für organische Kontaminanten beinhaltet seit vielen Jahren die langlebigen organischen Schadstoffe (engl. persistent organic pollutants, POPs). Die Stockholmer Konvention ist eine Übereinkunft über völkerrechtlich bindende Verbots- und Beschränkungsmaßnahmen für die in der dazu erstellten Liste aufgeführten POPs. Bei diesen Stoffen handelt es sich hauptsächlich um chlorierte, bromierte und fluorierte Kontaminanten. Über die Stoffe der Stockholmer Konvention hinaus werden am CVUA Freiburg auch Nitromoschusverbindungen (synthetische Duftstoffe) sowie natürlich vorkommende Inhaltsstoffe, die eine schädliche Wirkung für den Menschen haben können (z.B. Pyrrolizidinalkaloide - PA in Honig), untersucht.

Insgesamt 1.040 Proben tierischer Herkunft wurden auf Rückstände von Pflanzenschutzmitteln und organischen Kontaminanten untersucht. 528 dieser Proben wurden im Lebensmittelhandel aus den Produktgruppen Fleisch und Fleischprodukte, Fisch und Fischprodukte, Milch und Milchprodukte und Babynahrung erhoben. Zudem wurden 117 Proben Honig untersucht. Im Rahmen des Nationalen Rückstandskontrollplanes wurden direkt bei den Erzeugern oder im Schlachthof 279 Proben entnommen. Dazu kamen 2 Humanmilchproben aus Baden-Württemberg zur Untersuchung. Als Referenzlabor der Weltgesundheitsorganisation (WHO) und United Nations Environment Programme (UNEP) hat das CVUA Freiburg 6 gepoolte Humanmilchproben für die laufende internationale WHO/UNEP-Studie auf Gehalte an POPs analysiert.

 

In Zusammenhang mit der Zentralaufgabe „perfluorierte Alkylsubstanzen (PFAS) in Lebensmitteln" wurden zusätzlich 223 tierische und 219 pflanzliche Proben untersucht. 23 % der tierischen und 39 % der pflanzlichen Proben stammten aus den Landkreisen Rastatt und Mannheim sowie aus dem Stadtkreis Baden-Baden. Diese Proben wurden im Rahmen eines Kontaminationsverdachts entnommen. Die Ergebnisse der PFAS-Untersuchungen werden in Kürze in einem separaten Beitrag veröffentlicht.

 

Gesamtbild

Nach wie vor ist eine Hintergrundbelastung an Altlasten von langlebigen Organochlorpestiziden, den sog. Altpestiziden, sowie an chlor- und bromorganischen Kontaminanten vorhanden, die jedoch ständig weiter abnimmt. Dennoch sind Lebensmittel tierischer Herkunft weiterhin die Hauptquelle für die Aufnahme dieser Stoffe durch den Verbraucher. Daher wird die Lebensmittelüberwachung die Rückstandssituation weiterhin beobachten, um die Aufnahme dieser unerwünschten Stoffe langfristig abzuschätzen, die zeitliche Entwicklung aufzuzeigen und eventuell vorhandene „Hot Spots" zu erkennen. Diese Stoffgruppen sind auch Bestandteil des bundesweiten Monitorings, an dem sich das CVUA Freiburg jedes Jahr beteiligt.

 

Besonders relevant und repräsentativ für die Belastung mit Altpestiziden und Kontaminanten sind die Stoffe Hexachlorbenzol (HCB), Lindan, Gesamt-DDT, PCB 153 (als Markersubstanz für die Stoffgruppe der polychlorierten Biphenyle), Dieldrin, Endosulfan, Moschusketon/Moschusxylol sowie die polybromierten Diphenylether (PBDE, Summe aus BDE 28, 47, 99, 100, 153, 154 und 183 ). Die gemessenen Gehalte sind inzwischen sehr niedrig. Der höchste Gehalt mit 16 µg DDT/kg Rindfleisch schöpft die gültige Höchstmenge nicht einmal zu 2 % aus.

 

Tabelle: Rückstände von Altpestizid-Rückständen und Kontaminanten in Lebensmitteln

Tabelle: Rückstände von Altpestizid-Rückständen und Kontaminanten in Lebensmitteln

Pflanzenschutzmittel und organische Kontaminanten - Ökologische und konventionell erzeugte Lebensmittel im Vergleich

Rindfleisch

RindfleischprobeDas CVUA Freiburg hat die regelmäßige Untersuchung von Rindfleisch fortgeführt. Im Jahr 2015 hat es 38 Proben aus konventioneller Erzeugung und 12 Proben aus ökologischer Erzeugung auf Rückstände von Pflanzenschutzmitteln und organische Kontaminanten untersucht. Insgesamt sind Lebensmittel durch sogenannte Altpestizide und organische Kontaminanten nur noch auf niedrigem Niveau belastet. So beträgt beispielsweise der mittlere Gehalt für Gesamt-DDT 0,5 µg/kg für Rindfleisch aus ökologischer Erzeugung und 1,5 µg/kg für Rindfleisch aus konventioneller Erzeugung.

 

Es gibt jedoch immer wieder Einzelfälle, bei denen höhere Gehalte dieser Stoffe in Rindfleisch ermittelt werden. Eine Probe Rindfleisch aus konventioneller Erzeugung wies einen Gehalt von 16 µg DDT/kg auf; bei einer Probe aus ökologischer Erzeugung konnte ein Gehalt von 4 µg/kg ermittelt werden. Zum Vergleich: Die derzeit gültige Höchstmenge für DDT liegt bei 1000 µg/kg. Bei den polychlorierten Biphenylen zeigte sich ein ähnliches Bild. Bei einem Hauptteil der Proben lag der ermittelte Gehalt unterhalb der durchschnittlichen Hintergrundbelastung von 1 µg/kg Rindfleisch (mittlerer PCB-Gehalt für Öko-Rindfleisch: 1,2 µg/kg, für konventionelles Rindfleisch: 0,9 µg/kg). Vier Proben aus der ökologischen Produktion und vier Proben aus der konventionellen Produktion wiesen etwas höhere Gehalte auf. Der höchste ermittelte PCB-Gehalt liegt bei 8,0 µg/kg Rindfleisch.


Im Vergleich der mittleren Gehalte von ökologisch und konventionell erzeugtem Rindfleisch aus den Jahren 2003 bis 2006 mit den Daten aus den Jahren 2009, 2012 und 2015 zeigt sich, dass die Rückstandsgehalte von HCB und PCB in Rindfleischproben aus ökologischer Produktion etwas höher als diejenigen aus konventioneller Produktion sind. Generell ist aber festzustellen, dass die Belastung sehr gering und rückläufig ist.

 

Tabelle: Rückstände von Altpestizidrückständen und Kontaminanten in Rindfleisch 2015

Tabelle: Rückstände von Altpestizidrückständen und Kontaminanten in Rindfleisch 2015

Babybrei mit Milchanteil

Babybrei-VerpackungDie gesetzlichen Anforderungen an Säuglings- und Kleinkindernahrungsmittel bezüglich der Belastung mit Pestizidrückständen und Kontaminanten sind besonders hoch. So gilt für diese Stoffe eine generelle Höchstmenge von 0,01 mg/kg (= 10 µg/kg) bezogen auf das Lebensmittel in der Verzehrsform. Für einige spezielle Stoffe gelten sogar noch niedrigere Höchstmengen.
Insgesamt 34 Proben Babybrei mit Milchanteil wurden auf die anfangs genannten Stoffgruppen untersucht. 29 Proben stammten aus konventioneller Produktion und 5 Proben aus ökologischer Produktion. Der Anteil der untersuchten Bioproben entspricht dem Marktanteil von ökologischen Produkten bei dieser Art von Kleinkindernahrung. Die Untersuchungsergebnisse zeigen auf, dass in Säuglings- und Kleinkindernahrungsmitteln persistente Organochlor-Pestizide und Umweltkontaminanten sowie Nitromoschusverbindungen kaum vorkommen. In einem Bio-Milchbrei wurden Spuren von Hexachlorbenzol (0,1 µg/kg) und in einem konventionellen Milchbrei Spuren von Chlorpyrifos (0,3 µg/kg) festgestellt, die jedoch weit unter der Höchstmenge liegen.

Rückstände an Bioziden in Babynahrung

BabynahrungDas Untersuchungsspektrum bei Säuglings- und Kleinkindernahrungsmittel umfasste im Berichtsjahr auch Biozide. Dies sind Stoffe, die während der Reinigung beispielsweise von Arbeitsoberflächen eingesetzt werden. Die Umgebung bei der Lebensmittelherstellung soll sauber und weitgehend keimfrei sein. Auf den Arbeitsoberflächen dürfen aber keine Rückstände von Bioziden verbleiben, damit diese die Lebensmittel nicht verunreinigen können. Daher müssen die Flächen nach der Anwendung von Bioziden sorgfältig nachgereinigt werden. Bekannte Biozide sind quartäre Ammoniumverbindungen (QAV) und Chlorat.
Das Labor hat 34 Proben Babybrei mit Milchanteil und 19 Proben Milchmahlzeiten untersucht. In 2 Proben waren QAV bestimmbar, die Gehalte lagen aber jeweils unter der Höchstmenge. In 8 Proben gab es Befunde von Chlorat, 4 dieser Proben wurden mit Gehalten zwischen 0,02 und 0,3 mg Chlorat/kg verzehrsfertiger Nahrung beanstandet.
Die ermittelten Gehalte von Rückständen und Kontaminanten lassen keinen signifikanten Unterschied zwischen Produkten aus ökologischer und solchen aus konventioneller Produktion erkennen. Die vereinzelt festgestellten, geringfügig erhöhten Gehalte sind unabhängig von der Produktionsart.

 

 

Bildnachweis

alle CVUA Freiburg

 

 

Artikel erstmals erschienen am 03.06.2016