Tahini und Halva – Gefahrenquellen für Salmonellenerkrankungen

Ein Bericht aus dem Laboralltag der CVUAs Stuttgart und Freiburg

Sabine Horlacher (CVUA Stuttgart), Laura Schiel und Carsten Opfer (CVUA Freiburg)

 

Halva und Tahini

 

Bei Tahini und Halva handelt es sich um Produkte aus Sesam, die vor allem in der arabischen Küche verwendet und gegessen werden. In den letzten Jahren häuften sich Meldungen über mit Salmonellen kontaminierte Produkte – eine nicht zu unterschätzende Gesundheitsgefahr für Verbraucher. 

 

Die Chemischen und Veterinäruntersuchungsämter Baden-Württembergs untersuchen jährlich über 50.000 Lebensmittelproben aller Art, um die Verbraucher u.a. vor einer Gesundheitsgefährdung durch den Verzehr von Lebensmitteln zu schützen [1]. So wurden seit dem Jahr 2020 unter anderem insgesamt 42 Tahini- und Halva-Produkte mikrobiologisch auf Salmonellen untersucht. Diese stammten u.a. aus der Türkei und Jordanien sowie vereinzelt aus Deutschland oder der Europäischen Union, aber vor allem aus Syrien. Dabei wurden zwischen September 2021 und April 2022 in drei Proben Halva, die alle aus Syrien stammten, Salmonellen seltener Serovare (zwei Nachweise Salmonella [S.] Amsterdam; ein Nachweis S.Havana) gefunden. Da diese Art von Produkt als Süßspeise direkt verzehrt wird, sind die betroffenen Chargen als gesundheitsschädlich anzusehen und damit ungeeignet für den menschlichen Verzehr. Salmonellen können – auch in geringen Konzentrationen –in der Regel 12-36 Stunden nach der Keimaufnahme zu Magen-Darm-Erkrankungen insbesondere mit Durchfall, Bauchschmerzen, gelegentlich Erbrechen und Fieber führen.

 

Die Lebensmittelüberwachung veranlasste nach diesen Funden öffentliche Warnungen des Verbrauchers, die u.a. über das bundesweite Portal www.lebensmittelwarnung.de abrufbar sind, und informierte EU-weit die Behörden über das europäische Schnellwarnsystem RASFF, was weitere behördliche Maßnahmen nach sich zog. Zeitgleich wurden die nachgewiesenen Salmonellenisolate mit Hilfe einer weiteren Typisierung nach dem sogenannten NGS-Verfahren (Next Generation Sequencing, [2]) analysiert. Dieses wird seit einiger Zeit in Baden-Württemberg standardmäßig beim Nachweis von krankmachenden Keimen durchgeführt, um Isolate aus Lebensmittelproben mit Erkrankungsfällen beim Menschen abzugleichen. Das Verfahren erfolgt in Zusammenarbeit mit dem Bundesinstitut für Risikobewertung (BfR) und dem Robert-Koch-Institut (RKI).

 

Die nachgewiesenen Salmonellen aus den Halva-Proben passen zu einem Ausbruchsgeschehen in mehreren Ländern, bei dem häufig Kinder betroffen sind und das wahrscheinlich auf den Verzehr von Sesamprodukten wie Halva und Tahini aus Syrien zurückzuführen ist [3].

 

Sonderprogramm durchgeführt

Vor diesem Hintergrund wurde u.a. von Baden-Württemberg angeregt, Einfuhrkontrollen von Sesamprodukten aus Syrien zu verstärken bzw. weitere risikobasierte Lebensmitteluntersuchungen in den Bundesländern durchzuführen. Im Rahmen eines Sonderprogramms wurden daher im letzten Monat im CVUA Freiburg 30 Tahini-Proben und 3 Halva-Proben sowie im CVUA Stuttgart 39 Halva-Proben, die weit überwiegend aus Syrien stammen, auf das Vorkommen von Salmonellen untersucht. Dabei arbeiteten die Lebensmittelüberwachungssysteme durch zeitnahe und zügige Probennahme der Vor-Ort-Behörden und die schnelle Analyse und Beurteilung in den Untersuchungsämtern Hand-in-Hand.

 

Nach den Ergebnissen der mikrobiologischen Untersuchungen waren 3 Halva-Proben sowie 12 Tahini-Proben mit gesundheitsschädlichen Salmonellen seltener Serovare (v.a. S. Amsterdam, aber auch S.Havana, S.Orion, S.Senftenberg, S.Kintambo) kontaminiert. Dies führte zu erneuten umfangreichen Rückrufen dieser Produkte.

 

Fazit

Der Bevölkerung wird dringend geraten, die Warnmeldungen ernst zu nehmen und diese Produkte nicht zu verzehren, da sie eine sogenannte Salmonellose (durch Salmonellen verursachte Lebensmittelinfektion) hervorrufen können. Insbesondere Säuglinge, Senioren und Menschen mit geschwächtem Immunsystem können dabei schwere Krankheitsverläufe entwickeln, die in Krankenhausaufenthalten enden können. Wie es zur Kontamination mit Salmonellen in diesen Produkten kam, ist noch unklar, da über die genaue Herstellung oder den Anbau und die Ernte der Rohware Sesam keine Informationen vorliegen. Inwieweit evtl. das gegenwärtige Verbot des krebserzeugenden Pflanzenschutz- und Begasungsmittels Ethylenoxid [4] eine Rolle spielt, ist spekulativ.

 

Der Vorgang zeigt jedoch, dass die in Baden-Württemberg etablierte funktionierende, effektive Lebensmittelüberwachung zum Schutz des Verbrauchers wichtig ist, um weitere Erkrankungsfälle zu vermeiden.

  

Halva

Halva Halwa oder Helva ist eine Süssware, die i.d.R. aus Sesammus (= Tahini) sowie Honig, Zucker oder Glukosesirup und Olivenöl besteht. Sie kann durch die Zugabe von Pistazien, Nüssen oder auch Kakao verfeinert werden. Diese süße Spezialität stammt ursprünglich aus Indien, Iran, Pakistan und Zentralasien und wird vor allem im arabischen Raum verzehrt.

Tahini

Tahini oder Tahin ist eine Paste aus feingemahlenen Sesamkörnern. Es dient als Grundzutat zu Halva oder wird als Würzung für Hummus und Dressings verwendet. Es kann aber auch als Dip gereicht oder als Alternative zu Brotaufstrichen verwendet werden. In Nachspeisen, denen es einen leicht nussigen Geschmack verleiht, kann es als Ersatz von Süßungsmitteln genutzt werden. Tahini wird vor allem in der arabischen Küche verwendet.

Bildnachweis

Abbildung 1 und 2: CVUA Stuttgart, Abbildung 3: CVUA Freiburg

 

Weitere Informationen

[1] Mikroorganismen in Lebensmitteln [2] Erregeridentifizierung: Molekularbiologische Methoden

[3] Multi‐country outbreak of multiple Salmonella enterica serotypes linked to imported sesame‐based products | EFSA (europa.eu)

[4] Lieber „Kemie“ statt Keime? – In der EU ist beides nicht zulässig

 

 

Artikel erstmals erschienen am 28.06.2022