Wo Schinken drauf steht muss auch Schinken drin sein…aber ist das immer so?

Elisabeth Steger

 

Welche Erwartung an die Qualität des Schinkens darf der Verbraucher haben, wenn er sich ein mit Schinken belegtes Brötchen oder eine Schinkenpizza bestellt? Die Antwort ist klar - wo Schinken drauf steht muss auch Schinken drin sein! Dies gilt nicht nur für das Fleischerzeugnis als solches, sondern auch für zusammengesetzte Produkte wie Schinkenpizza oder Schinkenbrötchen.
 

Schinkenbrötchen und Pizza                                                                                         

Schinkenprodukte gehören zu den sogenannten Kochpökelwaren. Gerade bei Kochpökelwaren gibt es am Markt eine breite Palette an Produkten in unterschiedlichsten Qualitäten und Preissegmenten, die bei der Herstellung von verarbeiteten Produkten verwendet werden können - aber eben nicht alle den Namen Schinken tragen dürfen. Auf einer fertig gebackenen Pizza beispielsweise hat der Verbraucher dann kaum mehr eine Möglichkeit sicher zu erkennen, welche Art von Kochpökelware enthalten ist bzw. welche Qualität die Zutat aufweist.

 

Der Bereich Convenience Food am CVUA Freiburg ist zuständig für die amtliche Untersuchung und Beurteilung von Fertiggerichten wie Pizza und belegten Brötchen in Baden-Württemberg. Für 2020 stand die Überprüfung der Zusammensetzung und Bezeichnung entsprechender Produkte mit Schinkenanteil im Fokus.

Projektbeschreibung

Eine Überprüfung bzw. Aussage über die Qualität einer Zutat ist bei zusammengesetzten Produkten nicht immer zweifelsfrei möglich. Bei der Probenahme von Pizza und belegter Backware wurden deshalb vor Ort jeweils die Kennzeichnung des zusammengesetzten Lebensmittels bei Abgabe an den Verbraucher sowie die Kennzeichnung der als Zutat verwendeten Kochpökelware dokumentiert. Zur Beurteilung wurde neben dem sensorischen Befund die Bezeichnung der Produkte, beispielsweise auf Speisekarten oder Schildern in der Auslage, und die Kennzeichnung der Rohware herangezogen.

 

Kennzeichnung

 Schild in der Auslage                                                                      Speisekarte

Schinken und andere Kochpökelwaren

Die Beschaffenheit von Schinken und anderen Kochpökelwaren ist in den Leitsätzen des Deutschen Lebensmittelbuches für Fleisch und Fleischerzeugnisse definiert. Danach handelt es sich bei einem als „Schinken“ bezeichneten Erzeugnis um ein Produkt aus der Hinterextremität des Schweins. Charakteristisch für ein ausschließlich als „Schinken“ bezeichnetes Produkt ist unter anderem der visuelle ganzstückige Charakter des unzerkleinerten, natürlich gewachsenen muskulären Gewebeverbandes des Gesamtproduktes. Wird die Kochpökelware aus der Vorderextremität des Schweines hergestellt, wird das Erzeugnis als „Vorderschinken“ bezeichnet. Für derartige Produkte ist kein Trinkwasserzusatz erlaubt.

Wird eine Kochpökelware aus kleineren Schinkenteilen zusammengefügt, so kann das Erzeugnis beispielsweise als „Formfleisch-Schinken, aus Fleischstücken zusammengefügt“ bezeichnet werden.

Wird bei der Herstellung von Kochpökelwaren Trinkwasser z.B. in Form von Flüssigwürze zugesetzt, so muss dies ebenfalls in der Bezeichnung des Erzeugnisses klar benannt werden (z.B. mit 15 % Trinkwasser).

Produkte eigener Art mit deutlich abweichender Qualität und Produktbeschaffenheit werden häufig als Schinkenerzeugnisse dargestellt. Dabei handelt es sich um eine brühwurstartig feinzerkleinerte Masse mit kleinen Fleisch- und Speckeinlagen. Diese Erzeugnisse sind sehr weich im Biss und enthalten neben Wasser meist auch Stärke oder Fremdeiweiß. Derartige Produkte können nicht mit den Kochpökelwaren, resp. Schinkenerzeugnissen verglichen werden und benötigen als Bezeichnung eine umfassende Beschreibung des Produktes. Im Handel werden sie unter anderem als „Pizzabelag nach Art einer groben Brühwurst“ ggf. mit weiteren Ergänzungen bezeichnet.

Beurteilungspraxis und rechtliche Grundlagen

Für die Beurteilung der Kennzeichnung von Kochpökelwaren als Bestandteil eines Fertiggerichtes haben die Chemischen und Veterinäruntersuchungsämter in Baden-Württemberg ein Merkblatt erstellt. Grundsätzlich gilt: Wo Schinken draufsteht, muss auch Schinken drin sein. Eine in unzutreffender Weise verwendete Bezeichnung „Schinken“ kann in der Speisekarte auch nicht in Form eines Hinweises oder einer Fußnote klargestellt werden.

Untersuchungsergebnisse

Für das Projekt wurden im Jahr 2020 37 Proben erhoben und beurteilt. Diese umfassten12 Pizzen mit Schinken und 25 belegte Backwaren (Brote, Brötchen und Baguettes). Bei der Mehrzahl der Proben (33 Stück) handelte es sich um lose Ware. Die weiteren 4 Proben waren als vorverpackte Lebensmittel einzustufen.

 

Die gute Nachricht: Bei zwei Drittel der Proben entsprach die Kennzeichnung den rechtlichen Vorgaben. Bei 30 % der Proben war hingegen die Kennzeichnung der verwendeten Kochpökelware als irreführend zu beurteilen, zwei Proben wiesen kleinere Kennzeichnungsmängel auf.

 

Auffällig war, dass die Kennzeichnung der belegten Backwaren deutlich häufiger den Vorgaben entsprach als die der untersuchten Pizzen [siehe Abbildung]. Von 12 Pizzen wurden immerhin 8 Kennzeichnungen als irreführend beurteilt, drei Kennzeichnungen waren unauffällig und bei einer Probe bestanden geringfügige Kennzeichnungsmängel. Bei den 25 zur Untersuchung vorgelegten Backwaren waren 21 Kennzeichnungen nicht zu beanstanden. Bei einer Probe lagen kleinere Kennzeichnungsmängel vor und drei Proben wurden als irreführend beurteilt.

 

Untersuchungsergebnisse

 

Bei der Hälfte der untersuchten Pizzen (6 Proben) wurden Kochpökelwaren aus Putenfleisch verwendet. Fünf dieser Fleischerzeugnisse enthielten außerdem 8 % Gewürzlake. Eine ausreichende Kennzeichnung der Tierart war nur bei einer Probe durch die Bezeichnung „Pizza Putenschinken“ erfolgt. In diesem Fall fehlte jedoch der ergänzende Hinweis auf die 8 % Gewürzlake im Erzeugnis. Auffällig war außerdem, dass bei vier Proben in der Benennung der Pizzen die Bezeichnungen „Schinken“ und „Putenschinken“ gleichzeitig verwendet wurden (z.B. „Pizza Schinken mit Putenschinken“), obwohl bei der Herstellung ausschließlich eine Kochpökelware aus Putenfleisch verwendet wurde. Diese Formulierung wäre jedoch nur für Produkte zutreffend, bei deren Herstellung sowohl Hinterschinken vom Schwein als auch Putenschinken zum Einsatz kamen. Dies war bei keiner der vorliegenden Proben der Fall.

 

Von den 25 belegten Backwaren war nur bei einer Probe eine Kochpökelware aus Putenfleisch enthalten und darauf wurde in der Bezeichnung des belegten Brötchens auch korrekt hingewiesen.

Fazit – Ausblick

Die doch recht hohe Quote von 30 % Beurteilungen als irreführende Kennzeichnung zeigt, dass hier noch immer erheblicher Nachbesserungsbedarf auf Seiten der Lebensmittelunternehmer besteht.

 

Um bei zusammengesetzten Produkte keine falsche Bezeichnung zu wählen, sollten Hersteller stets auf die Kennzeichnung oder die Produktspezifikation ihrer Rohwaren achten.

 

Die Beurteilung der Schinkenqualität in Fertiggerichten wird von Seiten des CVUA Freiburg daher weiterhin ein Untersuchungsschwerpunkt bleiben, wobei das Produktspektrum im Jahr 2021 auch auf weitere zusammengesetzte Lebensmittel erweitert wird.

 

 

Weitere Informationen

Merkblatt: Kennzeichnung von Schinken, Formfleischerzeugnissen und Imitaten auf der Speisekarte oder am Schild an der Ware

 

 

Bildnachweis

alle CVUA Freiburg

 

 

Artikel erstmals erschienen am 04.01.2021