Moderne trifft Tradition
MALDI-TOF als innovatives Element bei der Untersuchung von Rohmilchbutter hergestellt nach Großmutters Manier

Dr. Christine Wind, Silke Helble, Dr. Klaus Pietsch (CVUA Freiburg)

 

Bei der Untersuchung von Rohmilchbutter und den zugehörigen Starterkulturen erwies sich die MALDI-TOF-Technologie als geeignetes Instrument zum Vergleich und zur Identifizierung von Mikroorganismen. Dabei konnte festgestellt werden, dass die Herstellung einer hygienisch einwandfreien und gesundheitlich unbedenklichen Butter aus Rohmilch in kleineren landwirtschaftlichen Betrieben neben der strikten Einhaltung einer guten Hygienepraxis und dem Einsatz geeigneter Säuerungs- bzw. Starterkulturen auch das notwendige technologische Know-how erfordert.

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Nach den rechtlichen Vorgaben der Butterverordnung darf Butter als Rohmilcherzeugnis nur hergestellt werden, wenn zur Säuerung des Rohrahmes ausschließlich spezifische Milchsäurebakterien (Starterkulturen) verwendet werden. Durch den gezielten Einsatz geeigneter Bakterienkulturen soll insbesondere die Säuerung des Rahmes in Verbindung mit der Unterdrückung von Fremdkeimen (Krankheitserreger, Hygieneindikatoren, Verderbsorganismen) sowie die Bildung von Aromastoffen (z. B. Essigsäure, Milchsäure, Diacetyl) gesteuert werden. Die richtige Dosierung der Kulturen bei der Herstellung beeinflusst den Verlauf der Säuerung in Abhängigkeit von Temperatur und Zeit entscheidend.

Am CVUA Freiburg wurden in einem mehrjährigen Untersuchungsprogramm Rohmilchbutter-Proben von lokal ansässigen Herstellern untersucht. Dabei handelte es sich in der Regel um landwirtschaftliche Direktvermarkterbetriebe, die den Rohstoff Milch selbst erzeugen und daraus Rohmilchbutter zum direkten Verkauf an den Endverbraucher herstellen. Häufig fußt in diesen Betrieben das Wissen über die Grundlagen der Butterherstellung auf der Erfahrung mehrerer Generationen (Abbildungen 1 und 2).

 

Rohmilchbutter

Abbildungen 1 und 2: Rohmilchbutter

 

Neben den Butter-Proben wurden auch Proben der zugehörigen Starterkulturen untersucht, sofern diese in den Betrieben Verwendung fanden. Aus den Butter-Proben wurden aerobe und anaerobe Milchsäurebakterien isoliert. Die Isolate und die jeweiligen Starterkulturen wurden anschließend mittels MALDI-TOF identifiziert und miteinander verglichen.

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Hinter dem Begriff MALDI-TOF (Matrix Assisted Laser Desorption / Ionisation - Time Of Flight) verbirgt sich ein modernes innovatives und insbesondere schnelles Untersuchungsverfahren zur Identifizierung und Charakterisierung von Mikroorganismen. Die zu analysierenden Mikroorganismen, eingebettet in eine Matrix, werden mit Hilfe eines Lasers beschossen. Dabei verlassen sie explosionsartig ihren Untergrund (Desorption) und werden ionisiert. Anschließend folgt ihre Beschleunigung in einem elektrischen Feld. Ein Ionendetektor wandelt die ankommenden Ionen in ein elektrisches Signal um. Es handelt sich um eine massenspektrometrische Untersuchung mit Analyse der Flugzeit. Zur Identifikation der Mikroorganismen werden die resultierenden Daten mit einer Datenbank verglichen.

Anhand des Vergleichs der Milchsäurebakterien aus den Butter-Proben und den dazugehörigen Starterkulturen sollte festgestellt werden, ob diese Kulturen sich in der Butter etabliert haben. Zur Beurteilung der Säuerung wurden bei den Butter-Proben ergänzend der pH-Wert im Serum und der Milchsäuregehalt ermittelt. Außerdem wurde der mikrobiologische Status der Butter-Proben durch die Untersuchung auf Verderbsorganismen, Hygieneindikatoren und verschiedene Krankheitserreger überprüft.

 

Ergebnisse aus den Untersuchungen und Schlussfolgerungen

Bei allen mit spezifischen Milchsäurebakterien hergestellten Butter-Proben, mit einer Ausnahme, wurden vergleichbare MALDI-TOF-Spektren der Bakterien-Isolate und der jeweils zugehörigen Starterkulturen ermittelt, was eine Vermehrung der Kultur während der Rahmreifung belegen konnte. Dennoch wurden zum Teil geringe Milchsäuregehalte und nur mäßig abgesenkte pH-Werte im Serum festgestellt. Als mögliche Ursache kann in diesen Fällen diskutiert werden, ob der Säuerungsverlauf zu langsam bzw. ob überhaupt eine ausreichende Säuerungsaktivität der Starterkultur gegeben war, um die Begleitflora adäquat zu unterdrücken. In mehr als der Hälfte dieser Proben wurden trotz des Einsatzes von Starterkulturen auffällig hohe Keimgehalte an Verderbsorganismen und Hygieneindikatoren nachgewiesen. Dies macht deutlich, dass allein die Verwendung spezifischer Mikroorganismen kein Garant für ein mikrobiologisch-hygienisch einwandfreies Lebensmittel ist.

 

In einem Fall waren die MALDI-TOF-Spektren von Butter-Isolaten und eingesetzter Starterkultur nicht vergleichbar (Abbildung 3). Die Isolate konnten zwei verschiedenen Gattungen von Bakterien (Lactococcus und Leuconostoc) zugeordnet werden, was zeigt, dass in diesem Fall eine entsprechende Vermehrung der Starterkultur während der Rahmreifung nicht stattgefunden hat. Ursächlich in Betracht zu ziehen sind die Verwendung einer ungeeigneten Kultur oder aber eine fehlerhafte Dosierung/Handhabung.

 

Dendrogramm

Abbildung 3: Dendrogramm der mittels MALDI-TOF identifizierten Isolate aus einer Säuerungskultur und der entsprechenden Rohmilchbutter

 

Detaillierte Ergebnisse und Schlussfolgerungen wurden auf der 52. Arbeitstagung des Arbeitsgebietes Lebensmittelhygiene der DVG in Garmisch-Partenkirchen vom 27. bis 30. September 2011 im Rahmen einer Posterpräsentation vorgestellt. Weiter zum Poster (pdf, 170 kByte)    Poster in höherer Auflösung (pdf, 2700 kByte)

 

Danksagung

Für die Untersuchungen der Isolate mittels MALDI-TOF danken wir der Firma Mabritec AG (Riehen, Schweiz).

 

 

Artikel erstmals erschienen am 04.05.2012