Brennend-beißiger Käsegeschmack – Was steckt dahinter? Biogene Amine in Käse: Das Zusammenspiel von Sensorik, Analytik und Mikrobiologie

Dr. Christine Wind, Silke Helble (CVUA Freiburg)

 

Die Ergebnisse eines mehrjährigen Untersuchungsprogramms des CVUA Freiburg lassen erkennen, dass der sensorische Befund, der Gehalt an sogenannten biogenen Aminen und das Vorkommen von aminbildenden Keimen in Käse korrelieren.

Es wurde festgestellt, dass sehr hohe Gehalte an biogenen Aminen i.d.R. mit sensorischen Abweichungen assoziiert sind. In solchen Proben sind tyramin- und/oder histaminbildende Bakterien isolierbar.

 

Weiterhin zeigen die durchgeführten Untersuchungen, dass insbesondere in Hartkäsen sehr hohe Gehalte an biogenen Aminen auftreten können, was für eine Proportionalität zwischen Reifedauer des Käses und Amingehalt spricht.

 

Bei Käsen aus Rohmilch wurden hohe Gehalte an biogenen Aminen häufiger festgestellt als bei Käsen aus wärmebehandelter Milch. Während bei Rohmilchkäse u.a. die Rohmilch-Keimflora ursächlich in Betracht gezogen werden kann, muss bei Käsen aus wärmebehandelter Milch von einer Rekontamination während der Herstellung ausgegangen werden.

Biogene Amine - Entstehung und mögliche gesundheitliche Auswirkungen beim Verzehr

In gereiften Käsesorten (v.a. Schnitt- und Hartkäse) können biogene Amine durch die Stoffwechselaktivität bestimmter Mikroorganismen aus Aminosäuren, den Eiweißbausteinen, gebildet werden. Das wohl bekannteste biogene Amin ist Histamin. Weitere häufig vorkommende biogene Amine sind Tyramin, Putrescin und Cadaverin. 

Aminbildende Mikroorganismen werden z.B. über kontaminierte Milch oder auch bei Hygienemängeln während der Herstellung in den Käse eingetragen. Durch verstärkten mikrobiellen Eiweißabbau nimmt der Gehalt an biogenen Aminen im Verlaufe der Reifung des Käses zu.

 

Abbildung 1: Rissbildung und

Verschattungen als Teigfehler bei Käse

KäseHohe Gehalte an biogenen Aminen (v.a. Histamin) sind oft vergesellschaftet mit geschmacklichen Abweichungen (bizzelnd, beißig-brennend) und Teigfehlern wie beispielsweise Rissbildung (Abbildung 1). Sie stellen somit einen Indikator für die Käsequalität dar.

Die beim Verzehr von Käse aufgenommenen biogenen Amine werden von gesunden Menschen im Verdauungstrakt inaktiviert. Bei Aufnahme sehr hoher Konzentrationen biogener Amine, individueller Überempfindlichkeit oder in Kombination mit Medikamenteneinnahme (Monoaminooxidase-Hemmer) können jedoch gesundheitliche Beschwerden wie Bauchkrämpfe, Übelkeit, Juckreiz oder Kopfschmerzen auftreten. Durch den Konsum von tyraminhaltigem Käse ausgelöste Bluthochdruckkrisen sind unter der Bezeichnung „Cheese-effect“ bekannt.

Aufgrund der regionalen Bedeutung der Käseherstellung im Regierungsbezirk Freiburg werden am CVUA Freiburg regelmäßig Käseproben auf das Vorhandensein von biogenen Aminen untersucht.

 

Dabei wird eine sensorische Untersuchung durchgeführt, die die Beschreibung des Aussehens der Probe sowie die Feststellung von Geruch und Geschmack beinhaltet. Parallel dazu wird der Gehalt an biogenen Aminen mittels HPLC (Hochleistungsflüssigkeitschromatografie) gemessen. Zusätzlich wird ein mikrobiologisches Verfahren zur Identifizierung aminbildender Keime in Käse durchgeführt.

 

Konsequenzen für die Käseherstellung

Die mikrobiologischen Untersuchungsergebnisse verbunden mit vor Ort in Herstellerbetrieben gewonnenen Erkenntnissen lassen erkennen, dass die Betriebshygiene einen entscheidenden Einfluss auf den Gehalt an biogenen Aminen in Käse hat.

 

Regelmäßige sensorische Stichproben des Herstellers können dazu beitragen, abnorme Käse frühzeitig zu erkennen. Aufgrund des Anstiegs der Amingehalte durch die mikrobielle Aktivität während der Reifung, ist bei Auffälligkeiten von einer vollständigen Ausreifung abzusehen und eine vorzeitige Verwertung der Käse anzuraten, um zu gewährleisten, dass ausschließlich qualitativ einwandfreie Käse in Verkehr gebracht werden.

 

Detaillierte Ergebnisse wurden auf der 52. (27. bis 30. September 2011) und 53. (25. bis 28. September 2012) Arbeitstagung des Arbeitsgebietes Lebensmittelhygiene der DVG in Garmisch-Partenkirchen vom im Rahmen einer Posterpräsentation vorgestellt:

 

Poster: Biogene Amine in Käse: Erkenntnisse aus Sensorik, Mikrobiologie und HPLC

Poster: Untersuchung des Verlaufes der Bildung biogener Amine in Rohmilch-Hartkäse anhand einer Stufenkontrolle

 

 

Artikel erstmals erschienen am 08.03.2012