Alle Jahre wieder Weihnachtsgebäck: Aus den Backstuben in die Labore der Untersuchungsämter BW

Verena Bock, Anke Rullmann, (CVUA Karlsruhe), Dr. Carmen Breitling-Utzmann, Dorothee Doludda (CVUA Stuttgart), Christa Klusch, Hans-Ulrich Waiblinger (CVUA Freiburg)

 

Pünktlich zum Start der Weihnachtsbäckerei wird auch an den Chemischen und Veterinäruntersuchungsämtern Baden-Württemberg das Gebäck unter die Lupe genommen: Zimtsterne werden auf Cumarin und Lebkuchen auf den Acrylamid-Gehalt untersucht. Auch die Überprüfung der korrekten Deklaration von Allergenen bildet einen Untersuchungsschwerpunkt.

Das Bild zeigt Weihnachtsgebäck verschiedener Art auf einem Teller

Verschiedenes Weihnachtsgebäck (Bild: CVUA Karlsruhe)

 

Untersuchungen zu Cumarin in Zimtsternen

Cumarin kommt als natürlicher Duft- und Aromastoff vor allem in Cassia-Zimt vor. Ein kleiner Teil der Bevölkerung ist besonders empfindlich für die leberschädigende Wirkung von Cumarin. In Tierversuchen konnte, bei Gaben hoher Mengen über lange Zeiträume, eine krebserzeugende Wirkung nachgewiesen werden. Für den Menschen gibt es derzeit jedoch keine Hinweise auf eine cumarinbedingte Tumorbildung [1].

 

Grenzwerte für Cumarin in zimthaltigen Lebensmitteln wurden in der VO (EG) Nr. 1334/2008 festgelegt. Für traditionelle und/oder saisonale Backwaren mit der Bezeichnung „Zimt“, also z. B. Zimtsterne, ist hier ein maximaler Höchstgehalt von 50 mg Cumarin pro kg Backware erlaubt.

 

Im Vorjahr wurden 31 Proben Zimtsterne untersucht. 22 Proben stammten aus handwerklicher Herstellung. Einzig bei dieser Herstellungsweise ergaben sich höhere Cumarinbefunde, wobei jedoch nur zwei Proben die geltende Höchstmenge überschritten.

 

Auch die bislang im Jahr 2020 durchgeführten Untersuchungen zeigen ein positives Bild. Es wurden bisher sieben Proben Zimtsterne aus handwerklicher Herstellung untersucht. Alle ermittelten Cumarin-Gehalte lagen deutlich unter der gesetzlichen Höchstmenge.

 

Eine einfache Möglichkeit zur Reduktion von Cumarin in Weihnachtsgebäck ist im Übrigen die Verwendung von Ceylon-Zimt, der weitaus weniger Cumarin enthält, anstelle von Cassia-Zimt.

 

Untersuchungen zu Acrylamid

Beim Backen von Lebkuchen, Plätzchen und Co. kann neben leckeren Aromen auch die herstellungsbedingte Kontaminante Acrylamid entstehen.
Acrylamid bildet sich aus den natürlicherweise in Lebensmitteln vorkommenden Bestandteilen Asparagin und sog. reduzierenden Zuckern (z. B. Glucose und Fructose), wenn Lebensmittel bei höheren Temperaturen und geringer Feuchtigkeit zubereitet werden. Diese Bedingungen sind unter anderem beim Frittieren und Backen von Lebensmitteln gegeben. Lebkuchen haben aufgrund ihrer Zutaten (z. B. Glucose und Fructose aus Honig, Hirschhorn-Salz als Backtriebmittel) und Herstellungsbedingungen besonders viel Potential, Acrylamid zu bilden.

 

Seit 2018 gilt die VO (EU) 2017/2158 (EU-Acrylamid-VO), die Hersteller bestimmter Lebensmittelgruppen verpflichtet, durch Minimierungsmaßnahmen den Acrylamid-Gehalt dieser Lebensmittel so niedrig wie möglich zu halten.
Diese oft schon seit vielen Jahren angewandten Minimierungsmaßnahmen sorgen auch weiterhin für niedrige Gehalte an unerwünschtem, da gesundheitlich bedenklichem Acrylamid in Weihnachtsgebäck.
Von 38 Proben Spekulatius, Lebkuchen und Mürbegebäck, die bislang in diesem Jahr am CVUA Stuttgart untersucht wurden, lag nur in zwei Proben (5 %) der Acrylamid-Gehalt im Bereich des Richtwertes. In allen anderen Proben waren die Gehalte unauffällig.

 

Interessant ist, dass unterschiedliche Spekulatiussorten durchaus auch unterschiedlich hohe Acrylamid-Gehalte aufweisen. Eine Auswertung der Untersuchungen der letzten drei Jahre hat ergeben, dass Gewürzspekulatius mit einem durchschnittlichen Gehalt von 150 µg/kg deutlich mehr Acrylamid enthält als Butterspekulatius (Mittelwert: 70 µg/kg). Am meisten Acrylamid wurde in Mandelspekulatius gefunden. Hier tragen die Mandeln zu einem mittleren Acrylamid-Gehalt von 230 µg/kg bei. Der Richtwert, den Spekulatius und andere Kekse einhalten müssen, liegt bei maximal 350 µg/kg Acrylamid.

 

Das Bild zeigt verschiedenes Weihnachtsgebäck auf einem Tablett, darunter Lebkuchen, Spekulatius und Vanillekipferl.

Typisches Weihnachtsgebäck für eine Untersuchung auf Acrylamid (Bild: CVUA Stuttgart)

 

Untersuchungen auf nicht deklarierte Allergene und Kennzeichnung

Ein heikles Thema bei handwerklich hergestelltem Weihnachtsgebäck ist erfahrungsgemäß die korrekte Kennzeichnung vorverpackter Ware.

 

Nicht deklarierte Allergene

Im Vorjahr wurden 25 Proben auf nicht deklarierte Allergene untersucht, wobei in 8 Proben (32 %) Bestandteile von Haselnüssen bzw. Weizen nachgewiesen wurden, obwohl dies die Kennzeichnung nicht erwarten ließ. In den bislang für 2020 untersuchten Proben waren zwei von 14 Proben auffällig (14 %).

 

Ein derartiger Befund geht aber nicht zwingend mit einer fehlerhaften Kennzeichnung einher, denn Spurenanteile allergener Stoffe, die aufgrund von herstellungsbedingten und technisch unvermeidbaren Kreuzkontaminationen in das Lebensmittel gelangen, sind von der Kennzeichnungspflicht ausgenommen. In solchen Fällen wird deshalb der zuständigen Lebensmittelüberwachungsbehörde empfohlen, die Herstellungsbedingungen beim betroffenen Betrieb zu überprüfen.

 

Sonstige Kennzeichnungsmängel

Weiterhin problematisch ist insbesondere für kleinere Hersteller oftmals die korrekte Kennzeichnung von vorverpacktem Weihnachtsgebäck nach den Vorgaben der Lebensmittelinformationsverordnung (LMIV). Häufig fehlt die Hervorhebung allergieauslösender Stoffe oder eine spezifische Bezugnahme auf das verwendete Allergen - z. B. Nennung der Zutat „Nuss“ anstatt „Haselnuss“. Außerdem werden verwendete Zutaten oft nicht vollständig aufgezählt oder die Nährwertdeklaration gibt Grund zur Beanstandung.

2019 war die Kennzeichnung bei 19 von insgesamt 29 Proben und damit über jede zweite Probe auffällig. Die bislang für 2020 vorliegenden Ergebnisse zeichnen ein ähnliches Bild.

 

Fazit

Insgesamt trüben die Untersuchungsergebnisse die Weihnachtsstimmung nur wenig: Auffällige Befunde hinsichtlich zu hoher Cumarin- oder Acrylamid-Gehalte sind eher die Ausnahme.
Eine korrekte und vollständige Kennzeichnung von Weihnachtsgebäck aus handwerklicher Herstellung ist jedoch weiterhin selten. Wer daher unter Lebensmittelunverträglichkeiten und Allergien leidet oder aus anderen Gründen bestimmte Zutaten in Lebensmitteln meiden möchte, sollte beim Kauf von vorverpacktem Weihnachtsgebäck aus Bäckereien grundsätzlich vorsichtig sein und sich nicht blind auf die Angaben auf der Verpackung verlassen.

 

Weitere Literatur

Cumarin

[1]   Fragen und Antworten zu Cumarin in Zimt und anderen Lebensmitteln, Aktualisierte FAQ vom 27.09.2012

[2]   Neue Erkenntnisse zu Cumarin in Zimt, Stellungnahme Nr. 036/2012 des BfR vom 27.09.2012

[3]   Coumarin in flavourings and other food ingredients with flavouring properties, Scientific Opinion of the Panel on Food Additives, Flavourings, Processing Aids and Materials in Contact with Food (AFC), Adopted on 8 July 2008, The EFSA Journal (2008) 793, 1-15

 

Lebensmittelkennzeichnung

[4]   https://www.service-bw.de/web/guest/lebenslage/-/lebenslage/Kennzeichnung+von+Lebensmitteln-5000186-lebenslage-0

[5]   https://www.verbraucherportal-bw.de/,Lde/Startseite/Verbraucherschutz/Lebensmittelkennzeichnung

 

 

Artikel erstmals erschienen am 15.12.2020