Sommerzeit ist Grillzeit
Grillgut im Test - kaum Qualitätsmängel und nur in zwei Proben nicht deklarierte Allergene nachweisbar
Pünktlich zur Grillsaison nahmen die Chemischen- und Veterinäruntersuchungsämter Baden-Württembergs Grillgut genauer unter die Lupe. Im Fokus standen Untersuchungen von mariniertem Grillfleisch und Grillkäse auf Allergene sowie die Qualität von Grillwürsten. Nur zwei Produkte wurden wegen fehlender Allergenkennzeichnung beanstandet. Die Qualität von Grillwürsten war überwiegend hervorragend.
Mariniertes Grillgut im Test - Allergiker aufgepasst
Als Untersuchungsziel hatten die Lebensmittelchemiker der CVUAs bei mariniertem Grillgut nicht deklarierte Allergene insbesondere Senf, Sellerie und Soja im Fokus.
Mariniertes Grillgut und Grillwürste auf einem Holzkohlegrill
Infokasten
Kennzeichnung von Allergenen Stoffe, die Allergien und Unverträglichkeiten auslösen, sind im Zutatenverzeichnis bei vorverpackten Lebensmitteln nach der europaweit gültigen Lebensmittelinformations-Verordnung (LMIV) anzugeben und entsprechend z.B. durch Fettdruck hervorzuheben. Insgesamt 14 Hauptallergene sind in der LMIV gelistet. Die Art und Weise der Allergenkennzeichnung bei offener Ware wird durch die nationale Lebensmittelinformations-Durchführungsverordnung (LMIDV) geregelt. So können sich Allergiker gezielt über vorhandene allergene Zutaten informieren. Lesen Sie auch nähere Informationen zur Allergenkennzeichnung und Beurteilung von Allergenbefunden.
Insbesondere in der Marinade von Grillfleisch und Grillkäse werden im Rahmen der Herstellung Zutaten wie z.B. Gewürz- oder Würzmischungen eingesetzt, die Allergene (z.B. Senf, Sellerie) enthalten können. Diese müssen gemäß den rechtlichen Anforderungen bei vorverpackten Waren im Zutatenverzeichnis aufgeführt und kenntlich gemacht werden.
Insgesamt 61 Produkte wurden auf die Allergene Senf, Sellerie und Soja untersucht. Dabei handelte es sich um eine breite Palette an überwiegend vorverpacktem, mariniertem Grillgut wie beispielsweise marinierter Schweinebauch, Schweinehals, Schweinenackensteaks, Spare Ribs, Putensteaks oder Grillkäse. Erfreulicherweise waren lediglich zwei (3 %) der insgesamt 61 untersuchten Proben auffällig. Davon wurde ein Produkt als gesundheitsschädlich beurteilt, da das Allergen Senf in allergologisch relevanten Mengen nachgewiesen wurde und aus der Kennzeichnung die Anwesenheit von Senf nicht hervorging. In einem weiteren Produkt war der analytische Befund bezüglich des Allergens Soja auffällig. Auch hier war aus der Kennzeichnung dieses Produktes die Anwesenheit von Soja nicht ersichtlich. Da keine allergologisch relevanten Mengen nachgewiesen wurden, ging in diesem Fall ein Hinweis an die zuständige Lebensmittelüberwachungsbehörde mit der Bitte um Überprüfung vor Ort, ob das nachgewiesene Allergen rezepturbedingt oder lediglich als Verunreinigung in das Lebensmittel gelangt ist.
Grillwürste für das Grillfest – stimmt die Qualität?
Das Angebot an Grillwürsten ist vielfältig. Sie werden sowohl gebrüht als auch roh verkauft. Untersucht wurden vor allem die beliebten Wurstsorten „Rostbratwurst“, „Grobe Bratwurst“, „Fränkische Bratwurst“, „Bratwurst“ und „Geflügel-Bratwurst“, aber auch die gerne gegrillten Erzeugnisse wie „Rote Wurst“, „Bauernbratwurst“, „Käseknacker“ und die in Baden-Württemberg bekannte „Oberländer“.
Von den untersuchten 46 Proben stammten 27 Proben aus dem Einzelhandel, 13 Proben aus Metzgereien und 6 Proben aus größeren Herstellerbetrieben in Baden-Württemberg.
Getestet wurde bei allen 46 Proben jeweils auf Fleischqualität, Wasser- und Fettgehalt, sowie auf den Zusatzstoff Phosphat.
BEFFE - Ein Maß für die Qualität einer Wurst
Regelungen zur Zusammensetzung einer klassischen „Rostbratwurst“ und den meisten anderen, in Deutschland üblichen Fleischerzeugnisse sind in den Leitsätzen für Fleisch und Fleischerzeugnisse des Deutschen Lebensmittelbuchs enthalten. Diese Leitsätze sind die zwischen Herstellern (Wirtschaftsverbände), Wissenschaft, Behörden und Verbraucherverbändern abgestimmten Anforderungen an Standardprodukte im vielen Bereichen der Lebensmittelherstellung, die sogenannte allgemeine Verkehrsauffassung und weisen Qualitätskriterien, wie Mindestwerte für das sogenannte bindegewebseiweißfreie Fleischeiweiß (BEFFE), für die einzelnen Würste auf. Der BEFFE-Wert ist ein Maß für den Anteil des Bindegewebes im Fleisch. Ein niedriger Bindegewebeanteil im Fleisch steht für hochwertiges Fleisch und ist somit ein Maß für die Qualität des verwendeten Fleisches und der daraus hergestellten Wurstware. Bei einer Auslobung als „Delikatess“ oder „Spitzenqualität“ muss dieser Wert nochmals deutlich besser sein.
Dieser Parameter fiel sehr positiv auf: Der BEFFE-Wert des eingesetzten Fleisches entsprach bei allen 46 untersuchten Proben, davon 11 mit Auslobung als Spitzenqualität, den Anforderungen der Leitsätze.
Zusatzstoff Phosphat - Kennzeichnung und Höchstmenge überprüft
Bei der Brühwurstherstellung muss Wasser in Form von Eis (sogenannte Eisschüttung) zugefügt werden, um bei der Zerkleinerung der Wurstmasse im Kutter ein Überhitzen zu vermeiden und die Masse cremig zu halten und der Wurst hinterher die gewünschten sensorischen Eigenschaften wie Saftigkeit und Biss zu verleihen. Schlachtwarmes Fleisch besitzt kurzzeitig die Fähigkeit Wasser ohne Zusatzstoffe zu binden. Da schlachtwarmes Fleisch heutzutage selten verfügbar ist, sind Zusatzstoffe, sogenannte Kutterhilfsmittel, erforderlich, die das Wasser in der Wurstmasse binden. Die beste Wirkung haben Phosphate, die im Zutatenverzeichnis als „Stabilisator“ anzugeben sind, zum Beispiel als „Stabilisator E450“ oder „Stabilisator Diphosphate“.
Bei offener Ware muss die Kenntlichmachung des Phosphatzusatzes auf dem Schild an der Ware oder durch eine Kennzeichnung im Aushang oder Zusatzstoffordner erfolgen.
Analytisch wurden alle Proben auf die Verwendung des Zusatzstoffes Phosphat getestet und die Kennzeichnung überprüft.
Die zulässige Phosphathöchstmenge war bei keiner der Proben überschritten. Bei 2 von den 46 untersuchten Proben fehlte jedoch die Deklaration des Phosphatzusatzes beim Verkauf in offener Form.
Rechtliche Werte für Wasser- und Fettgehalte eingehalten?
Beim Wasser/Fleischeiweiß-Verhältnis handelt es sich um eine analytische Berechnungsgrundlage zur Ermittlung der Menge des zugesetzten Wassers bei der Herstellung, die nur in begrenztem Umfang z. B. aus technologischen oder sensorischen Gründen (siehe auch Leitsätze des Deutschen Lebensmittelbuches) erlaubt ist. Je mehr Wasser in der Wurst steckt, umso weniger Fleisch enthält sie. Zur Beurteilung dieses Messwertes werden Kriterien eines Expertengremiums (Gesellschaft Deutscher Chemiker – Arbeitsgruppe Fleischwaren) herangezogen. Überschreitungen der Kriterien werden als Zugabe von nicht erlaubtem Wasser gewertet.
Bei 43 von 46 untersuchten Proben wurde der zulässige Höchstwert für den Wasserzusatz eingehalten. Bei einer Probe aus dem Einzelhandel und bei zwei Proben aus Metzgereien wurde eine leicht überhöhte Zugabe von Wasser beanstandet, die möglicherweise auf eine erhöhte Eisschüttung bei der Herstellung zurückzuführen ist.
Der maximal zulässige Fettgehalt ist ebenfalls in den Beurteilungskriterien des Expertengremiums enthalten und wird über das Fett/Fleischeiweiß-Verhältnis ermittelt. Überschreitungen wurden nicht festgestellt.
Ergebnisübersicht zur Untersuchung der Qualität von Bratwürsten
Fazit:
Beim marinierten Grillgut waren von 61 der auf allergene Stoffe untersuchten Proben nur 2 wegen fehlender Kennzeichnung auffällig. Auch wenn diese Zahl gering erscheint, so ist zu beachten, dass dies zu gravierenden gesundheitlichen Problemen bei Allergikern führen kann. Aufgrund des Nachweises von allergologisch relevanten Mengen eines Allergens wurde eine Probe davon als gesundheitsschädlich beurteilt.
Bei unseren Untersuchungen zur Qualität von Grillwürsten wurden erfreulicherweise nur wenige Mängel festgestellt. Die in den Leitsätzen für Fleisch und Fleischerzeugnisse festgelegten Qualitätskriterien (hier BEFFE) und die maximalen Fettgehalte wurden eingehalten. Beim unerlaubten Wasserzusatz und der Kenntlichmachung von Phosphaten zeichnete sich, mit wenigen Ausnahmen, ein positives Bild ab.
Autoren: Anke Rullmann, Claudia Andlauer (CVUA Karlsruhe), Bianca Gmeiner, Dr. Joachim Kuntzer, Dr. Wolfgang Waizenegger (CVUA Stuttgart), Luisa Stanojlovic, Marion Hahn, Elisabeth Burgmaier-Thielert, Dr. Gabriele Engler-Blum (CVUA Sigmaringen), Hans-Ulrich Waiblinger (CVUA Freiburg)
Weiterführende Informationen
Untersuchungsämter Baden-Württembergs: Allergene in Lebensmitteln
VO (EU) 1169/2011: Verordnung (EU) Nr. 1169/2011 des Europäischen Parlaments und des Rates vom 25. Oktober 2011 betreffend die Information der Verbraucher über Lebensmittel und zur Änderung der Verordnungen (EG) Nr. 1924/2006 und (EG) Nr. 1925/2006 des Europäischen Parlaments und des Rates und zur Aufhebung der Richtlinie 87/250/EWG der Kommission, der Richtlinie 90/496/EWG des Rates, der Richtlinie 1999/10/EG der Kommission, der Richtlinie 2000/13/EG des Europäischen Parlaments und des Rates, der Richtlinien 2002/67/EG und 2008/5/EG der Kommission und der Verordnung (EG) Nr. 608/2004 der Kommission (ABl. L 304/18, 2015 ABl. L 50/41), zuletzt geändert durch die Verordnung (EU) Nr. 2015/2283 vom 25. November 2015 (ABl. L 327/1)
LMIDV: Verordnung zur Durchführung unionsrechtlicher Vorschriften betreffend die Information der Verbraucher über Lebensmittel (Lebensmittelinformations-Durchführungsverordnung) vom 5. Juli 2017 (BGBl. I S. 2272)
Leitsätze für Fleisch und Fleischerzeugnisse des Deutschen Lebensmittelbuchs vom 27./28.11.1974 (Beilage zum BAnz. Nr. 134 vom 25.07.1975, GMBl. Nr. 23 S. 489 vom 25.07.1975), zuletzt geändert am 25.11.2015 (BAnz AT 23.12.2015 B4, GMBl Nr. 69/70 S. 1357 vom 29.12.2015)