Rückstände pharmakologisch wirksamer Stoffe - Untersuchungsergebnisse aus dem Jahr 2021

Franziska Scharmann (CVUA KA)

 

Pharmakologisch wirksame Stoffe werden in der landwirtschaftlichen Nutztierproduktion in Form von zugelassenen Tierarzneimitteln eingesetzt. Die Anwendung von Tierarzneimitteln ist unerlässlich, um erkrankte Tiere zu behandeln. Tierarzneimittel leisten so einen wichtigen Beitrag zur Erhaltung der Tiergesundheit und damit zum Tierschutz sowie zur Produktion qualitativ hochwertiger tierischer Lebensmittel. Nach einer Behandlung lebensmittelliefernder Tiere muss jedoch zum vorbeugenden Schutz des Verbrauchers sichergestellt werden, dass keine Rückstände der Arzneimittel in von diesen Tieren gewonnen Produkten wie Fleisch, Fisch, Milch, Eiern oder Innereien vorhanden sind.

 

Die Überwachung tierischer Lebensmittel auf solche unzulässigen Rückstände pharmakologisch wirksamer Stoffe wird europaweit nach einheitlichen Maßstäben durchgeführt. Weitere Informationen zu den Hintergründen, den rechtlichen Anforderungen und der Überwachung der Rechtsvorgaben sind hier anschaulich zusammengefasst: Rückstände pharmakologisch wirksamer Stoffe. Die Überwachung der Einhaltung der Rechtsvorschriften zu diesen Rückständen in Lebensmitteln tierischen Ursprungs wird in Baden-Württemberg durch Untersuchung von Proben entlang der Lebensmittelkette aus Erzeugerbetrieben, Schlachtbetrieben und dem Lebensmittelhandel sichergestellt.

 

Proben im Rahmen des nationalen Rückstandskontrollplans (NRKP)

Für das Land Baden-Württemberg wurden im Jahr 2021 im Rahmen des NRKP insgesamt 4096 Proben lebensmittelliefernder Tiere am CVUA Karlsruhe auf Rückstände pharmakologisch wirksamer Stoffe analysiert. Diese Proben wurden direkt im Erzeugerbetrieb (15 %) oder im Schlachtbetrieb (85 %) erhoben.

In Proben von 13 untersuchten Tieren (0,3 %) wurden Rückstände pharmakologisch wirksamer Stoffe nachgewiesen. Die meisten der analysierten Stoffe stammten dabei aus der Gruppe der Antibiotika (also Arzneimittel die gegen Bakterien wirken) und der Gruppe der Antiparasitika (Arzneimittel die gegen Parasiten, wie z.B. Zecken, Flöhe und Läuse wirken). Lediglich 3 Proben (0,08 %) wurden beanstandet, da die rechtlichen Vorgaben nicht eingehalten wurden.

 

Dabei handelte es sich um drei Rinder, deren Nieren Rückstände des Glukokortikoids Dexamethason oberhalb der zulässigen Höchstmenge enthielten. Glukokortikoide wie Dexamethason werden als entzündungshemmende Arzneimittel eingesetzt. Die Muskulatur war nur bei einem der Tiere auffällig und enthielt ebenfalls Dexamethason oberhalb der Höchstmenge. In einer der genannten Nierenproben wurde zudem der Stoff Meloxicam in einer Konzentration oberhalb der Höchstmenge nachgewiesen. Meloxicam ist ein schmerzstillendes, entzündungshemmendes und fiebersenkender Wirkstoff aus der Gruppe der nicht-steroidalen Antiphlogistika.

 

Weitere Informationen zur bundesweiten Auswertung der Ergebnisse des NRKP finden sich auch auf der Internetseite des Bundesamts für Verbraucherschutz und Lebensmittelsicherheit (BVL). Hier werden auch die nationalen Jahresberichte zum NRKP veröffentlicht.

 

Hemmstoffproben auf Grundlage der tierischen Lebensmittel-Überwachungsverordnung (Tier-LMÜV)

Der § 10 der nationalen Tier-LMÜV verpflichtet die zuständigen Behörden, 2 % aller Kälber und 0,5 % aller gewerblich geschlachteten Huftiere auf Rückstände zu untersuchen. Die dadurch geforderte Probenmenge geht über die Anzahl der Proben aus dem – auf europäischen Vorgaben basierenden – NRKP hinaus. Die Differenz der Proben zwischen den Vorgaben des NRKP und der Tier-LMÜV wird direkt in den Schlachtbetrieben erhoben und in der Regel zunächst mittels allgemeinem Hemmstofftest (AHT) untersucht.

 

Der AHT ist ein bakterieller Test, der auf der Wachstumshemmung des Testkeims Bacillus subtilis beruht. Mit dem AHT werden von einem Tier Niere und Muskulatur auf das Vorhandensein von Hemmstoffen überprüft. Der Test ist zwar unspezifisch, aber er gibt in vielen Fällen erste Hinweise auf das Vorhandensein von Tierarzneimitteln (Antibiotika) in den Probenmatrices.

 

In Baden-Württemberg wurden 2021 insgesamt rund 26.500 Tiere mittels AHT untersucht, davon 4.543 am CVUA Karlsruhe; die anderen Untersuchungen erfolgten zum größten Teil in den Laboren einiger Kreisbehörden mit großen Schlachtbetrieben und ein kleiner Teil wurde am STUA Aulendorf getestet.

 

Fällt der AHT positiv aus, wird die Probe zur chemisch-physikalischen Nachuntersuchung ans CVUA Karlsruhe gesendet, um die Wirkstoffe, die den sog. Hemmhof verursachen, zu identifizieren und zu quantifizieren.

 

Im Berichtsjahr ergaben sich in Baden-Württemberg bei Proben von 37 Tieren (0,14 %) positive Hemmstoffbefunde. Bei den anschließenden chemisch-physikalischen Bestätigungsanalysen wurden in den Proben von 25 Tieren (0,09 % aller untersuchten AHT-Proben) Rückstände an pharmakologisch wirksamen Stoffen identifiziert. Eine Auflistung dieser Befunde enthält Tabelle 1. Häufig werden in einer Probe auch mehrere Wirkstoffe nachgewiesen. Bei 21 Tieren (0,08 %) überschritten die festgestellten Rückstände die zulässigen Höchstmengen und wurden aus diesem Grund beanstandet.

 

Tabelle 1: Proben mit positivem AHT und anschließendem Rückstandsbefund.

Dargestellt ist jeweils die Gesamtzahl an Muskel- bzw. Nieren-Proben pro identifiziertem Wirkstoff (gesamt) sowie die Anzahl, bei welcher es bei bestimmten Wirkstoffen zu einer Höchstmengenüberschreitung kam (>HM). Mehrfachzählungen sind möglich.

Wirkstoff

Muskel

Niere

  gesamt  

    >HM    

  gesamt  

    >HM    

Amoxicillin 1 0 1 1
Benzylpenicillin 3 0 5 3
Dexamethason 3 1 3 3
Doxycyclin 2 0 2 1
Enrofloxacin/Ciprofloxacin (Summe) 12 9 12 11
Flunixin 0 0 1 1
Ketoprofen 1 0 1 0
Marbofloxacin 1 1 1 1
Oxytetracyclin 1 1 1 1
Sulfadiazin 1 0 1 0
Tetracyclin 1 1 2 1

 

Lebensmittelproben aus dem Handel

Neben den NRKP- und den Hemmstoff-Proben werden in Baden-Württemberg auch Lebensmittel tierischer Herkunft aus dem Handel (amtliche Proben nach dem Lebensmittel- und Futtermittelgesetzbuch, LFGB) stichprobenartig auf Rückstände pharmakologisch wirksamer Stoffe überprüft. Das Augenmerk liegt hierbei z. B. auf Proben aus Drittstaaten, da in Nicht-EU-Staaten häufig andere gesetzliche Anforderungen gelten, oder auf Lebensmitteln, die in der Vergangenheit schon einmal auffällig waren. Im Jahr 2021 wurden am CVUA Karlsruhe in diesem Zuge insgesamt 921 Proben untersucht. Rückstände pharmakologisch wirksamer Stoffe wurden in 27 Proben (2,9 %) nachgewiesen. Tabelle 2 gibt einen Überblick über die Rückstandsbefunde in den Proben aus dem Lebensmittelhandel.

 

Tabelle 2: LFGB-Proben mit Rückstandsbefunden

 Aufgelistet sind alle Proben, in welchen ein oder mehrere pharmakologisch wirksame Stoffe nachgewiesen wurden, sortiert nach Lebensmittelgruppen. Erläuterung zur Bewertung:

"unter HM" = Gehalt des Stoffes in der Probe liegt unterhalb der gesetzlich festgelegten Höchstmenge im entsprechenden Gewebe;

"über HM" = die Rückstandshöchstmenge für diesen Stoff wurde in der Probe überschritten;

*Hinweis zu Leucomalachitgrün: Hier gilt keine gesetzliche Höchstmenge, sondern ein Referenzwert für Maßnahmen (siehe Infokasten).

Proben

Herkunft

Rückstandsbefunde

Beanstandung

Wirkstoff

Wirkstoffgruppe

Bewertung

Fleischstücke Huhn

Gesamtprobenzahl: 80

Hähnchenabschnitte

Deutschland

Nicarbazin

Antibiotika

unter HM

nein

Fleischstücke Kaninchen

Gesamtprobenzahl: 11

Ganzes Kaninchen

Deutschland

Diclazuril

Antiparasitika

unter HM

nein

Fleischerzeugnisse

Gesamtprobenzahl: 63

Corned Beef

ohne Angabe

Ivermectin

Antiparasitika

unter HM

nein

Corned Beef

Brasilien

Ivermectin, Doramectin

Antiparasitika

unter HM

nein

Corned Beef

Brasilien

Ivermectin

Antiparasitika

unter HM

nein

Corned Beef

Brasilien

Ivermectin

Antiparasitika

unter HM

nein

Corned Beef

Brasilien

Ivermectin

Antiparasitika

unter HM

nein

Corned Beef

Brasilien

Ivermectin

Antiparasitika

unter HM

nein

Fische

Gesamtprobenzahl: 120

Regenbogenforelle

Deutschland

Leukomalachitgrün

Farbstoffe

über RWM*

ja

Regenbogenforelle

Deutschland

Leukomalachitgrün

Farbstoffe

über RWM*

ja

Regenbogenforelle

Türkei

Enrofloxacin

Antibiotika

unter HM

nein

Forellenfilet

Dänemark und Färöer

Leukomalachitgrün

Farbstoffe

unter RWM*

nein

Krebstiere

Gesamtprobenzahl: 78

Party-Garnelen

Vietnam

Doxycyclin

Antibiotika

unter HM

nein

Black Tiger Garnelen

Bangladesch

Leucomalachitgrün

Farbstoffe

unter RMW*

nein

Black Tiger Garnelen

Bangladesch

Leukomalachitgrün

Farbstoffe

unter RMW*

nein

Party Garnelen

Vietnam

Chlortetracyclin

Antibiotika

unter HM

nein

White Tiger Shrimps

Vietnam

Oxytetracyclin

Antibiotika

unter HM

nein

Eier

Gesamtprobenzahl: 106

Hühnereier

Deutschland

Oxfendazolsulfon

Antiparasitika

unter HM

nein

Hühnereier

Deutschland

Lasalocid

Antibiotika

unter HM

nein

Hühnereier

Deutschland

Lasalocid

Antibiotika

unter HM

nein

Hühnereier

Deutschland

Lasalocid

Antibiotika

unter HM

nein

Hühnereier

Deutschland

Tiamulin

Antibiotika

unter HM

nein

Hühnereier

Deutschland

Tylosin

Antibiotika

unter HM

nein

Hühnereier

Deutschland

Lasalocid

Antibiotika

unter HM

nein

Hühnereier

Deutschland

Lasalocid

Antibiotika

unter HM

nein

Honig

Gesamtprobenzahl: 93

Akazienhonig

Rumänien

Flumequin

Antibiotika

über HM

ja

Blütenhonig

Türkei

Sulfadimidin

Antibiotika

unter HM

nein

 

Insgesamt wurden 3 Proben (0,3 %) beanstandet, da die gesetzlichen Anforderungen nicht eingehalten waren. Eine Regenbogenforelle wurde aufgrund ihres Gehaltes an Leukomalachitgrün (siehe auch Infokasten) beanstandet. Auch die daraufhin erhobene Nachprobe (ebenfalls eine Regenbogenforelle) enthielt Leukomalachitgrün oberhalb des Referenzwertes für Maßnahmen und wurde somit ebenfalls beanstandet. Diese beiden Proben wurden darüber hinaus als Lebensmittel, das infolge einer durch einen Fremdstoffbewirkten Kontamination für den Verzehr durch den Menschen ungeeignet ist, beurteilt.

 

Außerdem wurde eine Probe Akazienhonig beanstandet, in welcher der antibiotisch wirksame Stoff Flumequin nachgewiesen wurde. In der EU ist bislang kein Antibiotikum zum Einsatz bei Bienen zugelassen. Allerdings kann es in bestimmten Fällen zu einer sogenannten „Umwidmung“ von Arzneimitteln kommen, wodurch Stoffe auch bei Tieren angewendet werden dürfen, für welche (noch) keine Zulassung besteht. Um die Verkehrsfähigkeit von Lebensmitteln in solchen Fällen zu beurteilen, werden deshalb Höchstmengen anhand der für diesen Stoff für andere Gewebe bzw. Tierarten festgelegten Höchstmengen abgeleitet (gemäß der DVO (EU) 2018/470). Der Gehalt an Flumequin der genannten Probe überschritt diese abgeleitete Höchstmenge.

Infokasten

Malachitgrün und Leukomalachitgrün

Malachitgrün ist ein Farbstoff aus der Gruppe der Triphenylmethanfarbstoffe, der – wie der Name schon sagt – eine leuchtend grüne Farbe besitzt und z. B. zum Färben von Papier oder Textilien verwendet wird.

 

Darüber hinaus besitzt Malachitgrün auch antibakterielle und antiparasitäre Eigenschaften, weshalb es in der Fischzucht, insbesondere zur Behandlung der Weißpünktchenkrankheit, eingesetzt wird. Bei Tieren, die der Lebensmittelerzeugung dienen, ist der Einsatz innerhalb der EU jedoch aufgrund der mutagenen und kanzerogenen Eigenschaften nicht zulässig. In Nicht-EU-Staaten kann Malachitgrün hingegen auch bei der Aufzucht von Speisefischen zum Einsatz kommen.

 

Im aquatischen Organismus wird Malachitgrün schnell verstoffwechselt und zu Leukomalachitgrün umgewandelt. Leukomalachitgrün ist deutlich persistenter als Malachitgrün und kann sich im Fettgewebe von Fischen anreichern. Nach der Behandlung von Tieren mit Malachitgrün ist daher häufig analytisch nur noch Leukomalachitgrün nachzuweisen.

 

Obwohl es sich bei Malachitgrün um einen nicht zugelassenen Stoff handelt, gilt formal rechtlich keine Nulltoleranz in Lebensmitteln. Denn durch die Verordnung (EU) 2019/1871 sind so genannte Referenzwerte für Maßnahmen (RWM) für nicht zulässige pharmakologisch wirksame Stoffe festgelegt. Diese sollen sowohl das toxikologische Potential als auch das analytisch Machbare berücksichtigen. Somit entsprechen Lebensmittel mit Rückständen an Malachitgrün/Leukomalachitgrün erst dann nicht den rechtlichen Vorgaben, wenn die Konzentration dem RWM entspricht oder diesen übersteigt. Derzeit liegt der RWM für die Summe von Malachit- und Leukomalachitgrün in Fleisch von Erzeugnissen der Aquakultur bei 2 µg/kg.

 

Wird ein verbotener oder nicht zugelassener Stoff nachgewiesen, wird jedoch in jedem Fall (unabhängig von der gefundenen Menge) die zuständige Behörde informiert, damit Nachforschungen angestellt werden können, ob eine vorschriftswidrige Behandlung der Tiere stattgefunden hat.

Fazit

Insgesamt zeigen die Untersuchungsergebnisse des CVUA Karlsruhe, dass die Vorschriften hinsichtlich pharmakologisch wirksamer Stoffe in Lebensmitteln tierischen Ursprungs im Jahr 2021 – ähnlich den Jahren zuvor – in Baden-Württemberg weithin eingehalten werden.

 

Weitere Informationen

Internetseite CVUAKA Abt.3 PWS

 

 

Artikel erstmals erschienen am 13.12.2022