Beurteilung von Bachblütenprodukten
Bachblüten sind in der Regel Lebensmittel und keine Arzneimittel
Maixner S., el-Atma O. (CVUA Karlsruhe)
Grundlagen der Bach-Blütentherapie
Bei Produkten aus dem Bereich der Volksmedizin ist oftmals keine therapeutische Wirksamkeit belegt. Ein typisches Beispiel ist die so genannte Bach-Blütentherapie, die vom walisischen Arzt Dr. Edward Bach (1896 - 1936) als Behandlung von 38 postulierten Seelenzuständen mit entsprechenden Blütenauszügen entwickelt wurde.
Dr. Bach war der Meinung, dass ein gesunder Geist den Schlüssel zur Gesundung von einer Krankheit darstellt:
„Krankheit sei weder Grausamkeit noch Strafe, sondern einzig und allein ein Korrektiv; ein Werkzeug, dessen sich unsere Seele bedient, um uns auf unsere Fehler hinzuweisen ...“
Dr. Bach ging davon aus, dass Krankheiten durch seelisches Ungleichgewicht, durch krankmachende Gefühle, verursacht werden. Solche Gefühle sind z.B. Ängste, mangelndes Selbstvertrauen, übertriebene Gutmütigkeit u. ä. Insgesamt unterschied er zwischen 38 unterschiedlichen Gemütszuständen, die er als negativ bzw. krankmachend empfand.
Am Anfang liegt das psychische Problem, „die sogenannte Verhaltensstörung". Diese kann sich auf viele verschiedene Arten äußern, z. B. übertriebene Ängstlichkeit, übermäßige Aggressivität und vieles andere. Wird dies nicht behandelt, führt dies in der Folge zu körperlichen Krankheitsbildern.
Als Beispiele solcher Zustände werden Stress und Probleme genannt, die sich auf den Magen negativ auswirken. Ebenso sei der Körper für Infekte viel anfälliger, wenn er unter psychischer Belastung steht. Die Bach-Blütentherapie geht von dem Ansatz aus, dass es bei den angesprochenen Verhaltensstörungen in bestimmten Bereichen des bioenergetischen Feldes des Menschen (Aura) zu Energieverlusten kommt. Dr. Bach fand 38 Pflanzen, denen er eine spezifische Energie zuschrieb, mit der sich die Energieverluste des bioenergetischen Feldes des Menschen beseitigen lassen. Damit ist die Blütentherapie theoretisch eine Substitutionstherapie. Die im bioenergetischen Feld des Menschen fehlende Energie wird als „Blütenenergie" zugeführt und damit Energieabfall kompensiert. Dies soll zur Harmonisierung des Körpers und damit zur Vorbeugung von Krankheiten führen.
Dr. Bach hat in die Therapie die Bach-Blütenmittel eingeführt. Die von ihm postulierte Energie der beschriebenen 38 Pflanzen konservierte er in diesen Mitteln, indem er die morgens gepflückten Blüten bis zur Welkung in frischem Quellwasser auszog. Das entstandene Mazerat wird dann im Verhältnis 1:1 mit Cognac zur sogenannten „Stock-Lösung" verarbeitet und dann vergleichbar den Zubereitungen in der Homöopathie verdünnt. Jede der verschiedenen Essenzen passt spezifisch zu einem der negativen Gemütszustände bzw. zu einer der angesprochenen „Verhaltensstörungen" und soll diesen, mitsamt der körperlichen Folgeerscheinungen, wieder ins Lot bringen. Auch Bach-Blüten-Erzeugnisse werden ähnlich wie in der Homöopathie nach einem Prinzip der Verdünnung hergestellt. Bei beiden Therapien beruht die naturwissenschaftlich nicht fassbare Wirkung auf immateriellen Grundlagen wie Informationsübertragung.
Die Bach-Blütentherapie wird beispielsweise bei emotionalen Beschwerden und als Begleittherapie akuter und chronischer Erkrankungen empfohlen. Als Kombinationspräparat gibt es die Rescue Remedy-Tropfen (Notfall-Tropfen). Die Bach-Blütentherapie ist ein wissenschaftlich nicht belegtes Verfahren. Aus aktuellem Anlass wird darauf hingewiesen, dass es keinen wissenschaftlichen Beleg über die Wirkung von Bachblüten auf das Corona-Virus gibt.
Rechtliche Betrachtung
Bis 2008 wurden Bach-Blütenprodukte oftmals als Arzneimittel oder Produkte mit arzneilicher Zweckbestimmung in den Verkehr gebracht. In Baden-Württemberg wurden Bach-Blütenpräparate in den Fällen, in denen diese Erzeugnisse mit Arzneimittelwirkungen beworben wurden und ein eindeutiger Bezug zur Therapie des Dr. Bach erkennbar war, als (Präsentations-) Arzneimittel eingestuft. Durch die Gerichtsentscheidung des Oberlandesgerichts Hamburg 2008 (OLG Hamburg Urteil vom 21.02.2008, 3 U 235/06) und nachfolgend auch des Bundesgerichtshofs (BGH Urteil vom 21.09.2017 I ZR 29/13) zu einem Vorgang von 2013 hat sich eine Einstufung der Bach-Blütenprodukte als Lebensmittel verfestigt, wobei auch weiterhin bei entsprechender Aufmachung eine Beurteilung als Präsentations-Arzneimittel in Frage kommt.
Aufgrund ihrer Herstellung aus Pflanzen, die üblicherweise nicht als Lebensmittel verzehrt werden, wie zum Beispiel „Weiße Waldrebe (Clematis vitalba)“, „Drüsentragendes Springkraut (Impatiens glandulifera)“ oder „Doldiger Milchstern (Ornithogalum umbellatum)“ bleibt bei einer Produkteinstufung als Lebensmittel oder Nahrungsergänzungsmittel zu prüfen, ob Bach-Blütenprodukte in der Europäischen Union bereits vor dem Stichtag 15. Mai 1997 in nennenswertem Umfang als Lebensmittel verwendet wurden. Die Frage, ob Bachblütenprodukte somit als zulassungspflichtige neuartige Lebensmittel einzustufen sind, wird gerade auf EU-Ebene geklärt.
Die den Bach-Blütenprodukten zugeschriebenen Wirkungsversprechen unterliegen den lebensmittelrechtlichen Vorschriften über gesundheitsbezogene Werbung (Verordnung (EG) 1924/2006). Danach sind nur geprüfte und zugelassene Werbeaussagen möglich, die in der Liste in der Verordnung (EU) 432/2012 veröffentlicht wurden. Aussagen zu Eigenschaften der Vorbeugung, Behandlung und Heilung von Krankheiten sind bei Lebensmitteln generell verboten (Verordnung (EU) 1169/2011). Im Unionsregister können alle geprüften „Claims“ eingesehen werden. Dort findet man sowohl die zugelassenen, als auch die abgelehnten Werbeaussagen. Bisher wurden in der Verordnung (EU) 432/2012 noch keine Claims zu den verschiedenen postulierten Bachblütenwirkungen zugelassen. Bachblütenprodukte haben keine nachweisbaren Wirkungen, sondern beruhen auf esoterischen Konzepten, was auch das OLG Düsseldorf feststellt (Urteil vom 20.07.2017 I-20 U 120/16).
Literatur:
- Pschyrembel Naturheilkunde und alternative Heilverfahren, 3. Aufl., Walter de Gruyter 2006
- Unionsregister