Fisch online kaufen – heute eine „normale“ Einkaufsmöglichkeit oder gibt es Probleme beim Versand dieser Frischeprodukte?

Dr. Manfred Möllers, Tabata Rajcic de Rezende, Dr. Helen Buchholz, Dr. Monika Lexe, Anke Rullmann, Dr. Gudrun Kopf

 

Die Umsätze im Online-Lebensmittelversand steigen seit Jahren. Es finden sich auch zunehmend Angebote zu Lebensmitteln, die sich auf den ersten Blick nicht unbedingt für diese Vertriebsform anbieten – wie leicht verderblicher frischer Fisch, der eine besondere Kühl-Logistik erfordert.

 

Die Untersuchungen des CVUA Karlsruhe an kühlpflichtigen Lebensmitteln aus dem Internethandel haben in der Vergangenheit gezeigt, dass der Versand solcher Waren nicht unproblematisch ist [1, 2]. Bereits im Jahre 2015 untersuchte das CVUA Karlsruhe unterschiedliche Fischerzeugnisse aus dem Internethandel insbesondere auf die Einhaltung der Temperaturvorschriften, die sensorische und mikrobiologische Qualität nach Lieferung und Lagerung entsprechend der Herstellerangaben [3].

 

Im Jahre 2019 wurde erneut der Bereich Frischfisch beleuchtet, jedoch wurde diesmal vorrangig Fisch aus der Aquakultur als Proben bestellt, um diesen zusätzlich auf Rückstände pharmakologisch wirksamer Stoffe (Antibiotika) zu untersuchen. Wiederum wurden die Anlieferungstemperatur, die sensorische und mikrobiologische Beschaffenheit der Produkte, sowie die Einhaltung von Kennzeichnungsvorschriften sowohl in der Internetpräsentation als auch auf der Verpackung geprüft. Bei einzelnen Proben wurde auch die angegebene Tierart überprüft.

 

Das Internetüberwachungsteam in Baden-Württemberg (Stabsstelle Tiergesundheit und Verbraucherschutz (STV)) am Regierungspräsidium Tübingen und das Chemische und Veterinäruntersuchungsamt (CVUA) in Karlsruhe bestellten im Sommer 2019 bei acht Online-Anbietern insgesamt 15 kühlpflichtige Proben Fisch. Besonderes Augenmerk sollte auf Welse aus Aquakultur gelegt werden , um diese auf mögliche Tierarzneimittelrückstände zu untersuchen. Wie sich im Laufe der Recherche herausstellte, war Wels im Onlineangebot nicht sehr verbreitet, so dass am Ende lediglich drei Proben Wels in die Untersuchung einflossen. Alternativ wurden deshalb auch andere Aquakulturfische wie Forelle, Dorade oder auch Zander bei der Probenauswahl berücksichtigt. Die Zahl der in Frage kommenden Anbieter wurde dadurch begrenzt, dass aufgrund der jeweiligen Transportlogistik nicht selten nur regional vertrieben wird.

 

Bestellung und Anlieferung

Die Proben wurden im August 2019 bestellt, um die Produkttemperaturen unter Versandbedingungen in der wärmeren Jahreszeit zu prüfen. Lediglich ein Anbieter in diesem Projekt lieferte selbst aus, wobei ein Kühlfahrzeug zum Einsatz kam und der Fisch bis zur Abgabe unter Schmelzeis aufbewahrt wurde. Alle anderen Versender lieferten über normale Paketdienste, jeweils immer als Express-Lieferung, so dass das Paket sein Ziel am Folgetag erreichen sollte und damit nur einen Tag unterwegs war. Der Fisch wurde in den Paketen thermo-isoliert und mit unterschiedlichen Kühlelementen verpackt (siehe Abbildung 1). Bei den mit Paketdiensten verschickten Proben war die Sendung teilweise mit einem Hinweis versehen, dass es sich um Lebensmittel handelte, die nach Erhalt unverzüglich gekühlt zu lagern sind. Da die genutzten Paketdienste jedoch keine Kühlmöglichkeit anbieten, hat ein solcher Hinweis auf den Transport selbst keinen Einfluss.

 

Aus lebensmittelrechtlicher Sicht ist zu beachten, dass die Verantwortlichkeit zur Einhaltung der Kühlkette beim Lebensmittelunternehmer liegt. Internethändler, die Lebensmittel anbieten, gelten als Lebensmittelunternehmer, da sie die Lebensmittel in Verkehr bringen. Somit sind sie für den Transport bis zur Abgabe bzw. gesicherten Übergabe an den Verbraucher verantwortlich, es sei denn, sie delegieren die Verantwortung vertraglich an das Transportunternehmen.

 

Abbildung 1: Beispiele für Transportverpackungen und Darstellung der Temperaturmessung.

Abbildung 1: Beispiele für Transportverpackungen und Darstellung der Temperaturmessung

 

Folgende Produkttemperaturen wurden am CVUA Karlsruhe bei den angelieferten Proben ermittelt:

Online-Händler
Probenart
Eingangstemperatur
1
Regenbogenforelle
10,3 °C
Zanderfilet
8,5 °C
2
Welsfilet
3,7 °C
3
Welsfilet
10,6 °C
Regenbogenforelle
10,8 °C
4
Regenbogenforelle
3,3 °C
Kabeljaufilet
2,7 °C
5
Regenbogenforelle
8,0 °C
Kabeljaufilet
2,5 °C
6*
Zanderfilet
1,8 °C
Kabeljaufilet
3,0 °C
7
Bachsaiblingsfilet
4,9 °C
Dorade
4,7 °C
8
Welsfilet
3,8 °C
Seezunge
1,6 °C

*Anlieferung auf Schmelzeis

 

Frischer Fisch ist von den Lebensmittelunternehmern ständig bei der Temperatur von schmelzendem Eis zu halten (Hygienevorschriften). Wo kein Schmelzeis verwendet wird, ist durch geeignete Kühlung eine Temperatur von maximal 2 °C einzuhalten. Diese Anforderungen wurden nur bei der Direktanlieferung von Händler 6 eingehalten, der die Proben auf Schmelzeis anlieferte. Bei den durch Paketdienste angelieferten Proben war mindestens bei einem der Produkte die erforderliche Temperatur überschritten. Hierbei ist anzumerken, dass die Temperaturen im hier betrachteten Zeitraum für die Jahreszeit nicht besonders hoch waren. In dem Zeitraum des Probenversands waren die Minimaltemperaturen zwischen 9 °C und 16 °C, die Maximaltemperaturen zwischen 24 °C und 29 °C.

Im August kamen in anderen Jahren regelmäßig Maximaltemperaturen von mehr als 35 °C und auch sogenannte Tropennächte mit mehr als 20 °C vor. Somit sind noch weitaus höhere Außentemperaturen möglich, bei denen die Einhaltung der erforderlichen Temperatur dann noch schwieriger sein würde.

 

Bemerkenswert ist, dass bei einigen Anbietern die Proben in einem Paket unterschiedliche Temperaturen aufwiesen, wobei das Erzeugnis aus Meeresfischerei teilweise kühler war als das aus der Aquakultur. Möglicherweise wurden die Erzeugnisse aus der Aquakultur kurz oder unmittelbar nach dem Schlachten, also sehr frisch, verpackt, und nicht zuvor durch Schmelzeis auf eine Produkttemperatur von unter 2 °C abgekühlt. Direkt nach dem Schlachten entspricht die Produkttemperatur des Fisches der Wassertemperatur der Aquakultur- oder Hälterungsanlage, und die ist im Sommer meist über 10 °C. Die Kühlelemente in den Transportpackungen haben nicht die Kühlkapazität Produkte effektiv herunterzukühlen, sondern können lediglich die Temperatur einer Sendung eine bestimmte Zeit halten. Der Meeresfisch dagegen wird üblicherweise sofort nach dem Fang in Schmelzeis gelagert und ist schon bei der Anlandung entsprechend heruntergekühlt. Gelangt er in den Handel, hat er bereits die niedrige Schmelzeistemperatur, mit der er verpackt und versandt wird.

 

Ergebnisse der weiteren durchgeführten Untersuchungen

Sensorische und mikrobiologische Untersuchung

Alle Proben wurden am Tag des Probeneingangs sensorisch und mikrobiologisch untersucht. Hierbei waren sämtliche Proben sensorisch unauffällig und auch bei der mikrobiologischen Untersuchung waren keine auffälligen Befunde festzustellen.

 

Untersuchungen auf pharmakologisch wirksame Stoffe

Sämtliche zehn Proben, die nach der Lieferantenangabe aus Aquakultur stammten – Regenbogenforelle, Zanderfilet, Welsfilet, Bachsaiblingsfilet und Dorade – wurden auf pharmakologisch wirksame Stoffe untersucht, jedoch konnten erfreulicherweise keine Rückstände nachgewiesen werden.

 

Überprüfung der angegebenen Tierart

Bei den drei Welsproben und der Seezungenprobe wurde mittels DNA-Sequenzierung die Angabe der Tierart überprüft, wobei in allen Fällen die angegebene Tierart zutraf. Hier ist anzumerken, dass mit der Bezeichnung „Wels“ nicht nur der europäische Wels (Silurus glanis) sondern auch andere Welsarten (Clarias gariepinus – Afrikanischer Wels; Ictalurus spp. – Zwergwels, Amerikanischer Wels) bezeichnet werden dürfen. Hier muss der Verbraucher auf die wissenschaftliche Bezeichnung achten, um die Fischart zu erkennen.

 

Kennzeichnung

Bei allen Proben wurde auch die Kennzeichnung auf der Internetseite und auf der angelieferten Packung überprüft. Hier waren zahlreiche Kennzeichnungsmängel festzustellen. Lediglich zwei der acht Anbieter konnten sowohl im Internet als auch bei den gelieferten Produkten alle Anforderungen einhalten. Mehrfach waren Anforderungen der Fischetikettierung nicht vollständig erfüllt. Bei mehreren Packungen fehlte das Mindesthaltbarkeitsdatum, das zwar im Internet noch nicht angegeben werden muss, bei der angelieferten Ware jedoch erforderlich ist. Insbesondere auf den Internetseiten fanden sich irreführende Angaben zu Eigenschaften, zur Tierart, unzulässige Angaben zu Nährwerteigenschaften (Vitamine, Omega-3-Fettsäuren) und fehlerhafte Nährwertkennzeichnungen.

 

Fazit

Erfreulicherweise gaben die angelieferten Proben nach dem Ergebnis der sensorischen, mikrobiologischen und chemischen Untersuchungen keinen Anlass zur Beanstandung. Auffällig waren aber die zahlreichen Kennzeichnungsmängel.

 

Jedoch hat sich auch in diesem Projekt wieder bestätigt, dass die Einhaltung der erforderlichen Temperaturen von kühlpflichtigen Lebensmitteln im Internethandel weiter ein Problem darstellt. Bei allen mit Paketdiensten ausgelieferten Proben wurde die für frischen Fisch erforderliche Temperatur nicht eingehalten, trotz der unterschiedlichen, teils recht aufwendigen Isolierverpackungen und Kühlelemente. Wie bereits angemerkt, sind auch deutlich wärmere und damit ungünstigere Wetterlagen möglich oder aber eine verlängerte Transportdauer, z. B. wenn der Empfänger nicht unmittelbar angetroffen wird. Eine Überschreitung der Temperaturen kann durch die Vermehrung pathogener Keime rasch zu unvorhersehbaren mikrobiologischen Risiken oder zum Verderb der Ware führen.

 

Hier stellt sich die Frage, ob der Internethandel, und der Versand über Paketdienste mit ungekühlten Transportfahrzeugen, der sich bereits in der Vergangenheit bei kühlpflichtigen Lebensmitteln als problematisch dargestellt hat, bei frischem Fisch überhaupt realisierbar ist. Lediglich durch die direkte Anlieferung mit Kühlfahrzeugen scheint derzeit die Einhaltung der Temperaturen gewährleistet zu sein. Allerdings gibt es bisher nur wenige regional und überregional tätige Anbieter, so dass für diesen Transportweg je nach Wohnort des Kunden nur einzelne Anbieter zur Verfügung stehen.

 

Anzumerken ist außerdem, dass eine Zanderprobe offensichtlich vor dem Versand gefroren gehandelt wurde, dann für den Versand aufgetaut und zusammen mit einer anderen Fischprobe gekühlt versandt wurde. Vom Gesichtspunkt der Haltbarkeit wäre bei solchen Erzeugnissen ein Handel des gefrorenen Produkts und ein Auftauen beim Verbraucher weitaus ratsamer, da das gefroren länger haltbare Produkt unmittelbar zur Zubereitung aufgetaut werden könnte. Außerdem scheint der Versand von tiefgekühlten Lebensmitteln technisch besser realisierbar zu sein. Das haben auch die Untersuchungen von tiefgekühlten Torten [1] aus dem Internethandel im Jahre 2017 gezeigt, bei denen vier von fünf Proben die erforderliche Temperatur eingehalten hatten.

 

Referenzen

[1] (Eis-)kalt erwischt? Torten aus dem Internethandel

[2] Fleischwaren aus dem Internet – attraktive Alternative oder böse Überraschung?

[3] Frischer Fisch aus dem Netz?

 

 

Artikel erstmals erschienen am 31.08.2020