Nährwertangaben auf dem Prüfstand – im Brennpunkt Lyoner, Wiener & Co.
Claudia Andlauer (CVUA Karlsruhe), Luisa Stanojlovic, Marion Hahn, Miriam Zeiher (CVUA Sigmaringen), Bianca Gmeiner, Dr. Joachim Kuntzer (CVUA Stuttgart), Jürgen Glatz (CVUA Freiburg)
Bildquelle: CVUA-Karlsruhe
Als Information über die Zusammensetzung eines Lebensmittels sind Nährwertangaben auf der Verpackung eine wichtige Hilfe für die Verbraucher. Seit 13. Dezember 2016 ist die Angabe der sogenannten „Big 7“ bei allen verpackten Lebensmitteln Pflicht. Bislang waren Nährwertangaben gesetzlich nur vorgeschrieben, wenn das Lebensmittel mit nährwert- oder gesundheitsbezogenen Angaben (zum Beispiel als „fettreduziert“) ausgelobt war, ansonsten war die Nährwertangabe freiwillig.
Wie die Nährwertkennzeichnung aussehen muss, regelt die Verordnung (EU) Nr. 1169/2011 (LMIV). Vorgeschrieben ist grundsätzlich die Tabellenform, in der sich die Angaben bei festen Lebensmitteln auf 100 Gramm des Lebensmittels beziehen. Bei verpackten Lebensmitteln müssen die sogenannten „Big 7“, das sind der Brennwert, sowie der Gehalt an Fett, gesättigten Fettsäuren, Kohlenhydraten, Zucker, Eiweiß und Salz angegeben werden. Ausgenommen sind zum Beispiel Fleischerzeugnisse, die in kleinen Mengen durch den Hersteller direkt an den Endverbraucher oder an lokale Einzelhandelsgeschäfte abgegeben werden. Für lose Ware aus der Theke gilt die Vorschrift nicht.
Wie werden Nährwertangaben ermittelt?
Die Nährwertangaben sind Durchschnittswerte, sie beruhen auf
- der Lebensmittelanalyse des Herstellers oder
- iner Berechnung auf der Grundlage der bekannten oder tatsächlichen durchschnittlichen Werte der verwendeten Zutaten oder
- einer Berechnung auf der Grundlage von allgemein nachgewiesenen und akzeptierten Daten
Ob die Angaben auf der Verpackung auch zutreffen, wurde 2017 an insgesamt 89 Proben Brühwurst und Brühwürstchen überprüft. Dabei wurden Produkte mit und ohne Nährwertauslobung untersucht. Die beiden Produktgruppen werden im Folgenden getrennt betrachtet.
Traditionell stehen die Brühwürste und Brühwürstchen an der Spitze der Beliebtheitsskala der Fleischerzeugnisse in Deutschland. Von den im Jahr 2016 verzehrten 2,415 Millionen Tonnen Fleischerzeugnisse entfiel ein Drittel allein auf die Brühwurst. Die beliebtesten Sorten sind Lyoner, Fleischwurst und Brühwürstchen wie Wiener und Bockwurst [1]. Neben diesen Favoriten wurden noch Schinkenwurst, Mortadella, Weißwurst, Käse-Würstchen, Bratwurst, Wollwurst, Oberländer und Putenwürstchen untersucht.
Analytisch bestimmt wurde jeweils der Fettgehalt, der Gehalt an gesättigten Fettsäuren, Eiweiß und Salz. Die Untersuchungsergebnisse wurden daraufhin mit den Packungsangaben verglichen.
Wie groß darf die Abweichung sein?
Abweichungen der angegebenen durchschnittlichen Werte von den tatsächlichen sind möglich, da Lebensmittel aufgrund natürlicher Schwankungen und Veränderungen bei der Herstellung und Lagerung nicht immer exakt den angegebenen Nährwert enthalten können. Wie groß diese Abweichungen sein können wurde 2012 in einem Leitfaden der EU-Kommission veröffentlicht, in dem auch Messungenauigkeiten bereits berücksichtigt sind. Die zulässigen Toleranzen nach dem Leitfaden sind in der folgenden Tabelle (Bild) dargestellt.
Zulässige Abweichungen der auf der Verpackung angegebenen durchschnittlichen Nährwerte von den tatsächlich enthaltenen Nährwerten.
Die angegebenen Werte müssen während der gesamten Haltbarkeitsdauer des Lebensmittels eingehalten werden. Treffen die auf der Packung deklarierten Nährwerte nicht zu, so liegt eine Verbrauchertäuschung („Irreführung“) vor.
Vergleich mit deklariertem Gehalt – Produkte ohne „light“-Auslobung
Ein Hauptgewicht wurde auf Proben aus größeren Herstellerbetrieben in Baden-Württemberg gelegt. Aus diesen stammten 31 der insgesamt 62 Produkte ohne „light“-Auslobung. Auffällig waren hierbei 8 Proben (entspricht 26%), bei denen jeweils einer oder mehrere der analysierten Nährwertparameter im Vergleich zu den deklarierten Werten über der Toleranzgrenze lagen. So wurde beispielsweise in einer Probe Putenwürstchen ein um 45% höherer Fettgehalt festgestellt, als deklariert war (siehe Abbildung).
Weitere 4 Proben wurden in Metzgereien erhoben. Dabei fiel eine Probe Wiener durch eine im Vergleich zum analysierten Wert deutlich höher deklarierte Angabe der gesättigten Fettsäuren auf, die über der Toleranzgrenze lag.
27 Proben kamen aus Discountern und Supermärkten. Bei diesen Proben Brühwurst und Brühwürstchen passten alle analytischen Ergebnisse zu den angegebenen Nährwerten.
Nährwertdeklaration von Putenwürstchen in g/100 g und die Überschreitung der Toleranz
In einer Probe Putenwürstchen wurde anstatt des angegebenen Fettgehalts von 20 g je 100 g ein Fettgehalt von 29 g je 100 g analysiert. Der angegebene Wert wurde damit um 45 % überschritten.
Abweichungen zeigten sich insgesamt überwiegend bei der Angabe des Gehalts an gesättigten Fettsäuren und Fett.
Da es sich bei Wurstwaren um Erzeugnisse handelt, bei welchen der Hersteller - im Gegensatz zu einem gewachsenen Stück Fleisch - durch Zugaben von Fett, Eiweiß (Magerfleisch) und Trinkwasser großen Einfluss auf die Zusammensetzung hat, ist davon auszugehen, dass es sich bei den Packungsangaben nicht um Werte auf Basis einer Lebensmittelanalyse des Produktes handelte, sondern um Berechnungen auf der Grundlage offensichtlich ungeeigneter Daten.
Zu viel Fett in „light“-Produkten ?
Von den 89 untersuchten Produkten waren 27 als fettreduziert („light“) ausgelobt. Bei Brühwürstchen bedeutet „light“ oder „leicht“ meist den Austausch von fettem Fleisch durch mageres. Welche Eigenschaft das Lebensmittel „leicht“ macht, muss auf der Verpackung angegeben werden, d. h. es muss zusätzlich als „fettreduziert“ oder „weniger Fett“ gekennzeichnet werden. Nach der EU-Verordnung (EU) Nr. 1924/2008 ist dann eine Reduktion des ausgelobten reduzierten Bestandteils (hier „Fett“) um mindestens 30% gegenüber marktüblichen Produkten erforderlich. Eine Toleranz nach oben ist hier nicht mehr zulässig: Der in der Nährwerttabelle angegebene Fettgehalt darf nicht überschritten werden.
Untersucht wurden 27 Proben Wiener, Schinkenwiener, Bratwurst, Bockwurst und Nürnberger aus Discountern und Supermärkten, die als „light“ und „fettreduziert“ oder „weniger Fett“ bezeichnet waren.
Anzahl der Proben mit Überschreitung des Fettgehalts in Prozent
Von insgesamt 27 untersuchten als fettreduziert („light“) ausgelobten Produkten waren 3 Proben (entspricht 11%) wegen Überschreitung des deklarierten Fettgehalts zu beanstanden.
Der in der Nährwerttabelle deklarierte Fettgehalt wurde bei 2 Proben Schinkenwiener und 1 Probe Nürnberger Rostbratwurst (entspricht 11 %) überschritten und damit als nicht zutreffend beanstandet.
Literatur:
[1] Verzehr von Fleischerzeugnissen, Daten und Fakten, Fleischerhandwerk Geschäftsbericht 2017, URL: http://www.fleischerhandwerk.de/fileadmin/content/03_Presse/Geschaeftsbericht/GB2017_Verzehr_von_Fleischerzeugnissen.pdf, abgerufen am 18.04.2018