Aktuell und von Relevanz für Mensch und Tier: Das Rattenbissfieber

Ratte mit abszedierender Lungenentzündung nach Infektion mit dem wichtigsten Erreger des Rattenbissfiebers

Ein Bericht aus unserem Laboralltag

Dr. Katharina Schwalm-Wunsch, Dr. Jörg Rau

 

Die Ratte ist als Reservoir und meist „stiller Träger“ von Streptobacillus (S.) moniliformis, dem wichtigsten Erreger des Rattenbissfiebers bekannt [1, 2]. Ratten können symptomlose Träger des Erregers sein und diesen durch direkten und indirekten Kontakt auf den Menschen übertragen (Zoonose).

 

Abb. 1 (Archivbild): Farbratte, Foto: Kira Hoffmann/Pixabay, CC0 Public Domain.

Abb. 1 (Archivbild): Farbratte, Foto: Kira Hoffmann/Pixabay, CC0 Public Domain

 

In der Pathologie des CVUA Stuttgart wurde dieses Bakterium in der Lunge einer Farbratte nachgewiesen, die an einer hochgradigen eitrigen Lungenentzündung (Abb. 2, 3) erkrankt war. Die Ratte litt zudem an einer Mykoplasmose und verstarb infolge der ausgeprägten entzündlichen Lungenveränderungen.

 

Dieser Fall von Streptobazillose bei einer Ratte zeigt eindrucksvoll, dass S. moniliformis auch bei als Haustieren gehaltenen Ratten regelmäßig präsent ist und bei geschwächten Ratten eine schwere Erkrankung hervorrufen kann.

Ratten als Heimtiere und Familienmitglieder haben oft engen Kontakt zu ihren Besitzern und stellen daher eine Infektionsquelle für verschiedene Erreger dar, die bei Menschen zu Erkrankungen oder sogar zum Tod führen können [3].

 

Abb. 2: Lunge mit multiplen, das Lungengewebe verdrängenden Abszessen (rechts im Anschnitt), Foto: Team Pathologie (CVUA Stuttgart).

Abb. 2: Lunge mit multiplen, das Lungengewebe verdrängenden Abszessen (rechts im Anschnitt), Foto: Team Pathologie (CVUA Stuttgart)

 

Abb. 3: kleine glasige Kolonien von S. moniliformis auf einer Blutagarplatte, Foto: R. Sting (CVUA Stuttgart).

Abb. 3: kleine glasige Kolonien von S. moniliformis auf einer Blutagarplatte, Foto: R. Sting (CVUA Stuttgart)

 

Hinweise für das Fachkollegium

Der kulturelle Nachweis von Streptobacillus-Arten ist aufgrund der Wachstumsbedingungen eine Herausforderung [4]. Sie werden daher eher selten nachgewiesen. Bei der Identifizierung des Erregers erweist sich inzwischen die MALDI-TOF-Massenspektrometrie als entscheidendes Werkzeug. Durch die enge Kooperation mit dem Landesbetrieb Hessisches Landeslabor (LHL) steht uns eine schlüssig ergänzte Sammlung an Referenzspektren zur Verfügung. Dadurch wird auch die Abgrenzung von nahe verwandten Arten aus derselben Bakterien-Gattung erleichtert (Abb. 4).

 

Die ergänzenden Referenzspektren der Streptobacillus sp. sind für das Fachkollegium über die MALDI-User Plattform MALDI-UP per Tausch zugänglich [5].

 

Abb. 4: MALDI-TOF-Massenspektrometrie für ein Isolat aus der Lunge einer Farbratte. Der Vergleich der Massenspektren weist Streptobacillus moniliformis eindeutig nach. Die Darstellung als Clustervergleich zeigt das „Isolat aus Farbratte“ im Umfeld verwandter Spezies.

Abb. 4: MALDI-TOF-Massenspektrometrie für ein Isolat aus der Lunge einer Farbratte. Der Vergleich der Massenspektren weist Streptobacillus moniliformis eindeutig nach. Die Darstellung als Clustervergleich zeigt das „Isolat aus Farbratte“ im Umfeld verwandter Spezies.

 

Links und Referenzen

[1] Eisenberg T., Rau J. (2016). Ratten, Bisse, Fieber – Rattenbissfieber – Ein selten nachgewiesener Krankheitserreger im Fokus einer erfolgreichen Zusammenarbeit.

[2] Landesbetrieb Hessisches Landeslabor (2018). Rattenbissfieber – eine unterschätzte Erkrankung.

[3] Süß-Dombrowski C. (2017). Rattenbesitzer an Leptospirose gestorben: War die eigene Schmuseratte die Infektionsquelle?

[4] Eisenberg T, Ewers C, Rau J, Akimkin V, Nicklas W (2016). Approved and novel strategies in diagnostics of rat bite fever and other Streptobacillus infections in humans and animals. Virulence. 2016 Aug 17;7:630-48.

[5] MALDI-UP, die MALDI User Plattform

 

Artikel erstmals erschienen am 23.12.2021