Rattenbesitzer an Leptospirose gestorben: War die eigene Schmuseratte die Infektionsquelle?

Ein Bericht aus unserem Laboralltag

Dr. Christine Süß-Dombrowski

 

Der Besitzer einer Ratte ist an Leptospirose gestorben. Wo konnte er sich mit dieser schweren Infektionskrankheit angesteckt haben? Vielleicht sogar an seinem eigenen Haustier?

 

Wir berichten über eine Ratte eines Mannes, die zu uns zur Untersuchung gebracht wurde. Ihr Besitzer war nach kurzer schwerer Krankheit an Leptospirose gestorben. Der Verdacht fiel auf sein eigenes Haustier als mögliche Infektionsquelle.

 

Foto: Karsten Paulick/Pixabay, CC0 Public Domain.

Foto: Archivbild, Karsten Paulick/Pixabay, CC0 Public Domain.

 

Die Ratte des Verstorbenen wurde an das CVUA Stuttgart zur Untersuchung gebracht. Es konnte nicht ausgeschlossen werden, dass das Tier die Ursache für die Erkrankung ihres Besitzers an Leptospirose war.

Die noch jugendlich erscheinende weiße Ratte befand sich in sehr gutem Ernährungs- und Pflegezustand. Sie hatte ein glattes glänzendes Fell und zeigte äußerlich keine Krankheitsanzeichen. Auch die inneren Organe waren makroskopisch und histologisch (feingeweblich) ohne Krankheitsanzeichen. Erst mit der histologischen Sonderfärbung nach Warthin-Starry konnten in der ansonsten gesunden Niere massenhaft schraubenförmige Bakterien nachgewiesen werden.

 

Histologischer (feingeweblicher) Schnitt der Rattenniere, Versilberung nach Warthin- Starry: schraubenförmige Bakterien in Interstitium. Fotos: Dr. Christine Süß-Dombrowski, CVUA Stuttgart.

Histologischer (feingeweblicher) Schnitt der Rattenniere, Versilberung nach Warthin- Starry: schraubenförmige Bakterien in Interstitium. Fotos: Dr. Christine Süß-Dombrowski, CVUA Stuttgart.

 

Der Verdacht auf eine Infektion der Ratte mit Leptospiren konnte mittels Polymerasekettenreaktion (PCR) bei uns im Haus bestätigt werden. Am Bundesinstitut für Risikobewertung (BfR) Berlin erfolgte die Gensequenzierung und Identifizierung des Erregers als Leptospira interrogans Serogruppe icterohaemorrhagiae.

Infokasten

Die Leptospirose

Bei der Leptospirose handelt es sich um eine bakterielle, generalisiert verlaufende Infektionskrankheit von Mensch und Tier. Die Erreger der Leptospirose können in zahlreiche Serogruppen und Serovare der Spezies Leptospirainterrogans (L.) eingeteilt werden: z.B. L. icterohaemorrhagiae, L. grippotyphosa, L. canicola, L. pumona u.v.a. Sie verursachen bei Mensch und Tier unterschiedlich schwere Erkrankungen.

 

Leptospiren sind spiralförmige bis zu 20 µm große bewegliche Bakterien. Sie kommen weltweit vornehmlich in Nagetieren wie Ratten und Mäusen, aber auch in Haustieren, wie beim Schwein und Rind, sowie bei Hunden und Wildtieren (Wildschwein, Fuchs, Igel, oder Hase) vor. Infizierte erkrankte und nicht erkrankte Tiere scheiden Leptospiren in großen Mengen über den Urin aus. Die Erreger gelangen so in Gewässer, den Boden und auf Gegenstände. In konstant feuchter Erde mit neutralem pH-Wert sind sie lange überlebensfähig. Trockenheit und Seife, ggf. Desinfektionsmittel, sind einfache und wirksame Mittel, um Leptospiren abzutöten.

 

Die Infektion erfolgt über Hautverletzungen und die Schleimhäute bei Arbeiten in der Erde, beim Baden, Tauchen oder beim Barfußgehen auf feuchtem Untergrund. Menschen erkranken auch nach Bissen durch Ratten und Mäuse, wobei hier der gleichzeitig abgesetzte Urin als Infektionsquelle anzunehmen ist. Infektionen treten gehäuft in den Sommermonaten auf. Die Infektion mit Leptospiren kann beim Menschen mit grippeartigen milden Symptomen verlaufen oder auch mit schweren Symptomen und tödlichem Ausgang in Abhängigkeit von den krankmachenden Eigenschaften des Erregers und der Abwehrlage des Betroffenen. Mit Antibiotika ist die Leptospirose gut behandelbar, sofern die Behandlung frühzeitig begonnen wird.

 

Hunde sollten vorbeugend regelmäßig gegen Leptospirose geimpft sein. Für sie ist in Deutschland ein Impfstoff zugelassen.

Es ist davon auszugehen, dass der an Leptospirose verstorbene Mann sich an seiner eigenen Ratte mit Leptospiren infiziert hatte. Wir möchten hier noch einmal betonen, dass die Ratte äußerlich und auch organisch völlig gesund war und keine Hinweise auf eine Erkrankung des Tieres vorlagen.

Bei der Haltung von Ratten als Heimtier sollte daher stets ein hygienischer und distanzierter Umgang mit der Ratte gewahrt werden. Insbesondere ist auf eine unversehrte Haut der die Ratte betreuenden Personen zu achten. Immungeschwächte Personen sollten keinen körperlichen Kontakt zu Nagetieren oder deren Ausscheidungen haben.

 

Laut Infektionsbericht des Landesgesundheitsamtes Baden-Württemberg Nr. 27/2017 handelt es sich bei der humanen Leptospirose nicht um Einzelfälle. Im Jahr 2017 wurden bislang sieben Leptospirose-Fälle aus Baden-Württemberg übermittelt, davon vier im laufenden Monat Juli. Im Jahr 2016 wurden mit insgesamt 21 Fällen die höchsten Erkrankungszahlen mit jeweils fünf Fällen in den Monaten August und September beobachtet. Am stärksten betroffen, so der Infektionsbericht, sind Männer (75 %) im Alter zwischen 40 und 60 Jahren. Als mögliche Expositionsrisiken wurde in sieben Fällen Ratten- bzw. Oberflächenwasserkontakt angegeben.

 

Ergänzend weisen wir darauf hin, dass Menschen beim Aufenthalt in schlammigen sumpfigen Böden wasserdichte Schutzkleidung tragen sollten, um den direkten Kontakt mit Schlamm und nasser Erde zu vermeiden. Alle Hunde, besonders jedoch wasserliebende Hunde und Jagdhunde, sollten grundsätzlich regelmäßig gegen Leptospirose geimpft werden.

 

Quellen

[1] H. Kraus/ A. Weber et al.: Zoonosen, 3. Aufl.; Deutscher Ärzteverlag

[2] M. D. McGavin, J.F. Zachary : Pathologie der Haustiere; Verlag Elsevier Urban und Fischer

[3] Robert Koch Institut

 

Artikel erstmals erschienen am 31.07.2017