Yersinia enterocolitica in Hunden und Katzen

Ein Bericht aus unserem Laboralltag

Jörg Rau (CVUA S), Ivonne Stamm (Vet Med Labor, IDEXX, Ludwigsburg)

 

Erfolgreiche Zusammenarbeit in einer umfangreichen Multi-Methoden Studie mit dem Vet Med Labor (IDEXX), Ludwigsburg

 

Yersinia enterocolitica ist einer der wichtigsten bakteriellen Erreger von Durchfallerkrankungen (Gastroenteritiden) des Menschen. Als wichtigste Kontaminationsquelle gelten rohes Schweinefleisch und die daraus hergestellten Lebensmittel. Haustiere können sich über ihr Futter ebenfalls mit dem Erreger infizieren, ggf. erkranken und möglicherweise das Bakterium an den Menschen weitergeben.

 

Infokasten

Yersinia enterocolitica

Die Yersiniose, eine akute Durchfallerkrankung,  gehört zu den sogenannten Zoonosen. Dies sind Infektionen die vom Tier auf den Menschen übertragen werden. Einige Varianten von Y. enterocolitica sind dabei der wichtigste Auslöser dieser oft Kinder betreffenden Erkrankung [4].


Als Hauptinfektionsquelle für Y. enterocolitica gilt der Verzehr kontaminierter tierischer Lebensmittel, insbesondere Schweinefleisch und Rohmilch, sowie kontaminiertes Wasser [5].


Y. enterocolitica ist ein Gram-negatives, fakultativ anaerobes Stäbchen und gehört zur Familie der Enterobacteriaceae. Es werden nach ihren Stoffwechselleistungen Biovare und nach der Reaktion mit Antiseren Serovare unterschieden.  Bestimmte Bioserovare werden dabei besonders häufig im Zusammenhang mit humanen Yersiniosen nachgewiesen (in Deutschland die Bioserovare 4/O:3, 2/O:9 und 2/O:5,27). Bei diesen Typen findet sich in der Regel auch der Ail-Faktor, ein Protein, das für die Anheftung an die Darmwand - und damit für die Pathogenität - entscheidend sein soll [5].


Das CVUA Stuttgart ist in Baden-Württemberg für die mikrobiologische Untersuchung von Lebensmitteln zuständig, die im Zusammenhang mit humanen Erkrankungen erhoben werden. Y. enterocolitica gehört zu den Krankheitserregern auf die wir routinemäßig entsprechende Proben untersuchen.

 

Foto eines Hundes.Eine gemeinsame umfangreiche Prävalenzstudie mit der Vet Med Labor GmbH, IDEXX Laboratories, Ludwigsburg konnte nun zeigen, dass erkrankte Hunde und Katzen in größerem Umfang als bisher bekannt Träger verschiedener Y. enterocolitica-Typen sind - darunter im großen Anteil potentiell humanpathogener Varianten [1].

 

Für die Untersuchung von fast 7000 diagnostischen Kotproben ergänzten sich dabei die Techniken, die in unserer Kooperation zur Verfügung standen:
Nach der speziellen Anreicherung wurden verdächtige Bakterienisolate per MALDI-TOF MS (Matrix-unterstützte Laserdesorptions/Ionisations-Flugzeit-Massenspektrometrie) als Y. enterocolitica identifiziert. Von den mehr als 180 erhaltenen Isolaten wurde anschließend der Bioserotyp bestimmt und die Isolate per Infrarotspektroskopie (FT-IR) und mit einer molekularbiologischen Methode (PCR) näher charakterisiert [2, 3]. Hierbei stand besonders der Nachweis des Adhäsions- und Invasions-Faktors im Vordergrund (ail-Gen), einer der Hauptfaktoren der Y. enterocolitica-Pathogenität.

 

Foto "Yersinien auf Selektiv-Nährboden".Durch die Kombination moderner spektroskopischer Methoden - der MALDI-TOF MS und der FT-IR - konnten die aus einem kurzen Zeitfenster stammenden Isolate, schnell und verlässlich bearbeitet werden.
Die Kotproben waren zur Diagnosestellung vom behandelnden Tierarzt bei verschiedenen Durchfallerkrankungen der Tiere an das Vet Med Labor, Ludwigsburg eingesandt worden.

 

 

 

Yersinien auf Selektiv-Nährboden (Cefsulodin-Irgasan-Novobiocin-Agar; CIN-Agar).

 

In 4,6% von 4325 Proben vom Hund und 0,3% der 2624 Proben von Katzen wurden Y. enterocolitica über MALDI-TOF MS identifiziert.

 

Die Bestätigung und die nähere Charakterisierung der über 180 Isolate wurden dann am CVUA Stuttgart durchgeführt: Über 90% der näher untersuchten Y. enterocolitica Isolate vom Hund waren dabei Träger des ail-Gens, wobei die Isolate aus Proben jüngerer Hunde hier überwiegen.

Abbildung "Y. enterocolitica Kolonien unter dem Mikroskop".Bei allen sieben Katzenisolaten wurde dieses Pathogenitäts-Gen ebenfalls nachgewiesen. Die drei am meisten gefundenen Bio/Serotyp-Kombinationen (4/O:3, 2/O:9 und 2/O:5,27) entsprechen denen, die auch
bei den meisten Yersiniosen des Menschen gefunden werden. Häufig wurden in den Haustierproben auch der Bioserotyp 3/O:3 und wesentlich seltener der Typ 5/O:3 nachgewiesen. Diese sind als Krankheitserreger beim Menschen weniger von Bedeutung.

 

 

Y. enterocolitica Kolonien unter dem Mikroskop.

 

Die Ergebnisse zeigen, dass unsere beliebtesten Haustiere ein Reservoir von möglicherweise auch human-pathogenen Y. enterocolitica-Varianten sein können. Dies gilt insbesondere, wenn die Tiere selber Durchfallsymptome zeigen. In der Vergangenheit sind Y. enterocolitica aber auch von Haustieren ohne Symptome isoliert worden. Dies ist problematisch, da der Tierbesitzer über die mögliche Yersinien-Trägerschaft seines tierischen Hausgenossen nichts weiß. Erst nach einer entsprechenden Laboruntersuchung auf pathogene Y. enterocolitica kann eine entsprechende Beratung des Tierbesitzers durch den behandelnden Tierarzt erfolgen, um dem möglichen Infektionsrisiko zu begegnen.

 

Quellen:

  • [1] Stamm I., M. Hailer, B. Depner, P. A. Kopp, J. Rau (2013):
    Yersinia enterocolitica in Diagnostic Fecal Samples from European Dogs and Cats: Identification by Fourier Transform Infrared Spectroscopy and Matrix-Assisted Laser Desorption Ionization–Time of Flight Mass Spectrometry. J. Clinic. Microbiology 51: (published ahead of print 02.01.2013, doi:10.1128/JCM.02506-12) http://jcm.asm.org/content/early/2013/01/02/JCM.02506-12.abstract.
  • [2] Infrarotspektroskopie zum Nachweis von pathogenen Yersinia enterocolitica; Internet-Beitrag des CVUA Stuttgart vom 22.09.2009. https://www.ua-bw.de/pub/beitrag.asp?subid=1&Thema_ID=2&ID=1210&Pdf=No.
  • [3] Kuhm, A., D. Sutter, R. Felleisen, J. Rau (2009):
    Identification of Yersinia enterocolitica on Species and Subspecies Level by Fourier Transform Infrared Spectroscopy. Appl. Environm. Microbiol. 75:  5809-5813 http://aem.asm.org/content/75/18/5809.full.
  • [4] Rosner B., K. Stark,  M. Höhle, D. Werber (2012): Yersiniose – Risikofaktoren in Deutschland. Epid. Bull. 2012(6): 47-51.
  • [5] Bundesinstitut für Risikobewertung: Yersinien. Seite aufgerufen am 15.01.2012. http://www.bfr.bund.de/de/yersinien-54364.html.

 

Bildernachweis

Jörg Rau (CVUA S). Ivonne Stamm (Vet Med Labor, IDEXX, Ludwigsburg).

 

 

Artikel erstmals erschienen am 24.01.2013