Glyphosat in Obst und Gemüse – so präsent wie in den Medien?

Ein Bericht aus unserem Laboralltag

Dr. Florian Hägele

 

Glyphosat – kaum ein anderes Pestizid findet so viel Beachtung in der öffentlichen Berichterstattung und wird so kontrovers diskutiert. Seit nun mehr 40 Jahren wird Glyphosat in verschiedenen Pflanzenschutzmitteln weltweit und in enormen Mengen zur Bekämpfung von Unkräutern eingesetzt. Doch wie stellt sich die Situation auf unseren Lebensmitteln dar? Spiegelt sich der große Einsatz von Glyphosat auch in der Belastung unseres Obst und Gemüses mit dem Pestizid wieder? Die Untersuchungen des CVUA Stuttgart von insgesamt 17.222 Proben konventionell und ökologisch erzeugtem Obst und Gemüse in den Jahren 2010 bis 2019 geben Aufschluss.

 

Foto: Obst- und Gemüseauslagen eines Marktstands.

 

Was ist Glyphosat?

Glyphosat (chemische Bezeichnung: N-(Phosphonomethyl)glycin) wird weltweit in der Landwirtschaft und im Gartenbau als herbizider Wirkstoff zur Unkrautbekämpfung im Anbau von Kulturpflanzen eingesetzt. Auch in Deutschland und der Europäischen Union (EU) ist Glyphosat aktuell noch als Pflanzenschutzmittelwirkstoff zur Bekämpfung von Unkraut zugelassen. Glyphosat wird durch grüne Pflanzenteile aufgenommen und verteilt sich in der ganzen Pflanze. Als nicht selektives Herbizid führt Glyphosat zu einem vollständigen Absterben aller Pflanzen und kann daher nicht während des Wachstums von Kulturpflanzen eingesetzt werden, da es diese ebenfalls schädigen würde. Außerhalb der EU werden jedoch auch gentechnisch veränderten Nutzpflanzen mit einer Glyphosatresistenz angebaut, die eine Anwendung von Glyphosat während des Anbaus ermöglichen. Abgesehen von der Anwendung als Herbizid wird Glyphosat in einigen Kulturen, wie z. B. Getreide, Linsen oder Bohnen zur Sikkation (Vorerntebehandlung zu Zwecken der Abreifebeschleunigung) eingesetzt. In der Kritik steht Glyphosat, da der Wirkstoff nachteilige Aspekte auf die Umwelt ausübt und seitens der Internationalen Agentur für Krebsforschung (IARC) als „wahrscheinlich krebserzeugend“ für den Menschen eingestuft wurde. Andere Organisationen und Behörden, wie das Bundesinstituts für Risikobewertung (BfR) oder die Europäische Behörde für Lebensmittelsicherheit (EFSA), kommen jedoch zu dem Schluss, dass bei bestimmungsgemäßer und sachgerechter Anwendung von Glyphosat keine gesundheitlichen Bedenken bestehen. [1]

 

Wie wird Glyphosat in Lebensmitteln bestimmt?

Glyphosat gehört zu einer Gruppe stark polarer Pestizide, die mit Hilfe der sogenannten QuPPe (Quick Polar Pesticides) Methode bestimmt werden. Bei dieser Methode wird Glyphosat mit angesäuertem Methanol aus dem zerkleinerten, homogenisierten Untersuchungsmaterial extrahiert und mittels Flüssigchromatographie mit Massenspektrometrie-Kopplung (LC-MS/MS) qualitativ und quantitativ bestimmt. Damit kann unser Labor, in Abhängigkeit der Probenmatrix, Bestimmungsgrenzen bei Obst und Gemüse von 0,02 mg/kg Probe und eine Nachweisgrenze von 0,007 mg/kg realisieren. Die QuPPe Methode ermöglicht also einen sicheren Nachweis auch kleiner Rückstandsgehalte an Glyphosat in unserem Obst und Gemüse.

Die Methode wird von vielen Laboratorien weltweit benutzt und befindet sich im Prozess der Standardisierung. Parallel wird die Methode stetig weiterentwickelt und um zusätzliche Stoffe und Probenarten erweitert. So lässt sich beispielsweise auch das Hauptabbauprodukt von Glyphosat, Aminomethylphosphonsäure (AMPA), mit Hilfe der QuPPe Methode bestimmen. Aktuell findet eine Erprobung der sogenannten Ionenchromatographie mit Massenspektrometrie-Kopplung (IC-MS/MS) statt, mit der sich in unserem Labor zukünftig eine noch kleinere Bestimmungsgrenze von Glyphosat verwirklichen lässt.

 

Gibt es Grenzwerte für Glyphosat in Lebensmitteln?

Die Verordnung (EG) Nr. 396/2005 regelt EU-weit maximal zulässige Höchstgehalte an Pestizidrückständen in oder auf Lebens- und Futtermitteln pflanzlichen und tierischen Ursprung. Rückstandshöchstgehalte beziehen sich immer auf eine Kombination aus dem jeweiligen Wirkstoff und einer Obst-, Gemüsekultur unter Berücksichtigung der jeweiligen Anwendungsart. Für die meisten Obst- und Gemüsesorten wurden Glyphosat Höchstgehalte (Maximum Residue Levels (MRL)) entsprechend der unteren analytischen Bestimmungsgrenze (zumeist 0,1 mg/kg) festgesetzt. Für einige Ausnahmen können die erlaubten Rückstandsgehalte jedoch höher liegen. Dazu gehören insbesondere Kartoffeln (0,5 mg/kg), Getreide (z. B. Weizen und Roggen: 10 mg/kg; Gerste und Hafer: 20 mg/kg), Ölsaaten (Lein-, Raps-, und Senfsamen: 10 mg/kg; Sojabohnen und Sonnenblumenkerne: 20 mg/kg), Hülsenfrüchte (Bohnen: 2,0 mg/kg; Linsen, Erbsen und Lupinen: 10 mg/kg) und (Kräuter)-Tees (2,0 mg/kg). Für das Abbauprodukt von Glyphosat, AMPA, existieren keine Höchstgehalte.

 

Infokasten

Rückstandshöchstgehalte

Rückstandshöchstgehalte sind keine toxikologischen Endpunkte oder toxikologisch begründete Grenzwerte. Sie werden aus Rückstandsversuchen abgeleitet, die unter realistischen Bedingungen durchgeführt werden. Danach erfolgt eine Gegenüberstellung der zu erwartenden Rückstände mit den toxikologischen Grenzwerten, um die gesundheitliche Unbedenklichkeit bei lebenslanger und ggf. einmaliger Aufnahme zu bewerten.

Ein Lebensmittel mit Rückständen über dem Rückstandshöchstgehalt ist nicht verkehrsfähig, darf also nicht verkauft werden. Nicht jede Überschreitung von Rückstandshöchstgehalten geht jedoch mit einem gesundheitlichen Risiko einher. Hier ist eine differenzierte Betrachtung erforderlich. [2]

 

Höchstgehalte an Pestizidrückständen in Lebensmittel für Säuglinge und Kleinkinder regelt die nationale Verordnung über diätetische Lebensmittel (Diätverordnung) zur Umsetzung einer EU-Richtlinie. Die Diätverordnung besagt, dass Lebensmittel für Säuglinge oder Kleinkinder, jeweils nicht mehr als 0,01 mg/kg an Pflanzenschutz-, Schädlingsbekämpfungs- und Vorratsschutzmitteln, bezogen auf das verzehrfertig angebotene Erzeugnis, enthalten dürfen.

 

Wie viele Lebensmittelproben hat das CVUA Stuttgart seit 2010 auf Glyphosat untersucht?

Im Rahmen der amtlichen Lebensmittelüberwachung untersucht das CVUA Stuttgart als Zentrallabor für Rückstände und Kontaminanten in pflanzlichen Lebensmitteln Obst und Gemüse in Baden-Württemberg auf Pestizide, darunter auch Glyphosat. Von 2010 bis Ende 2019 wurden insgesamt 17.222 Proben Obst und Gemüse auf Rückstände an Glyphosat untersucht. Hiervon stammen 14.571 Obst und Gemüse Proben aus konventionellem Anbau. Aus ökologischem Anbau wurden in diesem Zeitraum 2.651 Proben untersucht. Die Probenauswahl erfolgt sowohl entsprechend dem Warenkorb als auch risikoorientiert und deckt dabei das gesamte Spektrum an Lebensmitteln pflanzlichen Ursprungs ab.

 

Wie stellt sich die Rückstandssituation auf unserem Obst und Gemüses dar?

Lediglich bei 78 von insgesamt 17.222 Proben wurden Glyphosatrückstände oberhalb der Bestimmungsgrenze von 0,02 mg/kg nachgewiesen. Dies entspricht einem Anteil von insgesamt 0,45 %. Dabei stammen von den 78 positiv getesteten Proben 72 Proben aus konventionellem und 6 Proben aus ökologischem Anbau. Bei positiv auf Glyphosat getesteten Proben wurde ein mittlerer Glyphosatgehalt von 0,80 mg/kg bestimmt. Der höchste bestimmte Glyphosatgehalt wurde zu 9,3 mg/kg in einer Probe Leinsamen ermittelt. Erwartungsgemäß war ökologisch erzeugtes Obst und Gemüse weniger häufig mit Glyphosatrückständen belastet als konventionell erzeugte Ware. Ein Überblick über die Befunde in Lebensmitteln aus konventionellem und ökologischem Anbau gibt Tabelle 1.

 

Bei 138 Proben (0,80 %) wurden Glyphosatrückstände im Spurenbereich, das heißt oberhalb der Nachweisgrenze von 0,007 mg/kg nachgewiesen. In diesen Fällen kann zwar eine Aussage getroffen werden, dass Glyphosat enthalten ist, eine genaue Bestimmung des Rückstandgehaltes ist jedoch aufgrund der geringen Gehalte analytisch nicht mehr möglich. Besonders relevant für unsere Kleinsten ist, dass in keiner der 132 untersuchten Proben Säuglingsnahrung Spuren an Glyphosat nachgewiesen wurden.

 

Glyphosatgehalte oberhalb der jeweiligen, gesetzlich EU-weit harmonisierten Rückstandshöchstgehalte wurden insgesamt nur bei 27 von 17.222 Proben festgestellt, was einer Quote von lediglich 0,16 % entspricht. Diese Proben wurden in der Folge lebensmittelrechtlich beanstandet. Bei 3 der 27 beanstandeten Proben handelte es sich um Proben (Linsen) aus ökologischem Anbau. Diese Proben wurden zusätzlich als irreführend hinsichtlich der Auslobung „öko“ beurteilt.

 

Verglichen mit anderen Pestiziden unseres Routinespektrums von über 750 Stoffen stellen eine Detektionshäufigkeit von 0,45 % bzw. eine Beanstandungsquote von 0,16 % insgesamt äußerst geringe Werte dar. Dieser Umstand ist vor allem darauf zurückzuführen, dass die Anwendung von Glyphosat in der Regel nur zur initialen Entfernung von Unkräutern vor der Kultivierung des Obsts oder Gemüses auf der Anbaufläche erfolgt, so dass in der Folge auch nur geringe Rückstände an Glyphosat beim Verbraucher ankommen. Mit Ausnahme der Sikkation bei bestimmten Kulturen oder bei gentechnisch veränderten Pflanzen erfolgt während des Anbaus dagegen zumeist keine Anwendung von Glyphosat mehr. Während der Vorgang der Sikkation hierzulande stark reguliert ist [1] und mit Glyphosat behandelte gentechnisch veränderte Pflanzen, mit Ausnahme von gentechnisch verändertem Futtermittel, kaum nach Deutschland importiert werden, waren die vergleichsweise seltenen Glyphosatbefunde bei von uns untersuchten Proben wenig überraschend.

 

Tabelle 1: Übersicht über Glyphosatbefunde in Lebensmitteln aus konventionellem und ökologischem Anbau (CVUA Stuttgart 2010 bis 2019)
Warengruppe
Probenzahl
Proben mit Spuren-gehalten
< 0,02 mg/kg (1)
mit Rückständen
> 0,02 mg/kg (2)
Proben > MRL (3)
Ökologischer Anbau
Konventioneller Anbau
alkoholfreie Getränke
227
2
-
-
-
Backwaren
17
-
-
1 (5,9 %)
-
Rohstoffe zur Bierherstellung
20
-
-
-
-
Gemüse
7.270
54
-
1 (0,01 %)
1 (0,01 %)
Gemüseerzeugnisse
481
3
-
-
-
Getreide und
Getreideerzeugnisse
521
10
1 (0,2 %)
15 (2,9 %)
9 (1,7 %)
Gewürze
126
5
-
3 (2,4 %)
-
Hülsenfrüchte und Ölsaaten, Schalenobst, Sojaerzeugnisse
473
13
3 (0,6 %)
37 (7,8 %)
15 (3,2 %)
Kaffee
4
-
-
-
-
Kartoffeln und stärkereiche Pflanzenteile
429
15
-
-
-
Nahrungsergänzungsmittel
19
-
-
-
-
Obst
6.223
30
1 (0,02 %)
11 (0,2 %)
2 (0,03 %)
Obsterzeugnisse
459
5
 
 
 
Pilze und Pilzerzeugnisse
521
-
1 (0,2 %)
1 (0,2 %)
-
Säuglingsnahrung
132
-
-
-
-
Tee
86
-
-
3 (3,8 %)
-
Wein und Weinerzeugnisse
214
1
-
-
-
Summe aller Proben
17.222
138 (0,80 %)
6 (0,03 %)
72 (0,45 %)
27 (0,16 %)

(1) Nachweisgrenze (LOD: limit of detection): kleinste Konzentration, die qualitativ noch bestimmt werden kann

(2) Bestimmungsgrenze (LOQ: limit of quantification): kleinste Konzentration, die quantitativ mit notwendiger Präzision bestimmt werden kann

(3) MRL = Maximum Residue Level: Höchstgehalt

 

Das Abbauprodukt AMPA, für das es hinsichtlich Obst und Gemüse keine Höchstgehalte gibt, war wie Glyphosat nur in seltenen Fällen nachweisbar. AMPA wurde lediglich in 48 Proben (Mittelwert: 0,088 mg/kg) nachgewiesen, wobei 46 Proben der Warengruppe Zuchtpilze zuzuordnen waren. Dies ist dadurch zu erklären, dass Zuchtpilze Stoffe aufnehmen können, die aus dem Substrat, häufig Stroh, stammen. Wurde das Getreidestroh zuvor mit Glyphosat behandelt, können Rückstände des Abbauprodukts AMPA in die Pilze gelangen.

 

Gibt es Warengruppen, die auffälliger sind als andere?

Auch wenn die Befundhäufigkeit bei Obst und Gemüse insgesamt niedrig war, so sind jedoch für vereinzelte Warengruppen, insbesondere bei Getreide und Getreideerzeugnissen sowie Hülsenfrüchten, Auffälligkeiten zu beobachten (siehe Tabelle 1). Bei Getreide und Getreideerzeugnissen wurden bei 16 von 521 untersuchten Proben (3 %) Glyphosatrückstände > 0,02 mg/kg bestimmt. Bei 9 Proben (1,7 %) überstiegen die Glyphosatgehalte die jeweils festgesetzten Höchstgehalten (Tabelle 2). Innerhalb der Warengruppe Getreide und Getreideerzeugnisse zeichnet sich eine hohe Befundhäufigkeit bei Buchweizen (15 %) und Hirse (32 %; siehe Tabelle 2) ab. Weizen, Dinkel, Hafer und Roggen (Proben vornehmlich aus Deutschland stammend) waren dagegen nicht mit Glyphosat belastet. Auch Reis aus traditionellen Anbauländern war hinsichtlich der Glyphosatbelastung unauffällig.

 

Tabelle 2: Übersicht über Glyphosatbefunde in Getreide und Getreideerzeugnissen (CVUA Stuttgart 2010 bis 2019)
 
Probenzahl
Positive Proben > 0,02 mg/kg (1)
Proben > MRL (2)
Min
(mg/kg)
Max
(mg/kg)
Mittelwert
(mg/kg)
Buchweizen
47
7 (15 %)
6 (13 %)
0,024
2,8
0,96
Dinkelkörner
51
-
-
-
-
-
Gerste
28
2 (7 %)
-
0,096
0,42
0,26
Hafer
43
-
-
-
-
-
Hirse
19
6 (32 %)
3 (16 %)
0,029
0,28
0,15
Reis
94
-
-
-
-
-
Roggen
34
-
-
-
-
-
Weizen
116
-
-
-
-
-
Sonstige (Quinoa, Mais, Grünkern, Getreideerzeugnisse, Emmer, Amarant)
89
1
-
0,068
0,068
0,068
Summe aller Proben
521
16 (3 %)
9 ( 2 %)
0,024
2,8
0,53

(1) Bestimmungsgrenze (LOQ: limit of quantification): kleinste Konzentration, die quantitativ mit notwendiger Präzision bestimmt werden kann

(2) MRL = Maximum Residue Level: Höchstgehalt

 

Von insgesamt 473 Proben aus der Warengruppe Hülsenfrüchte, Ölsaaten, Schalenobst, Sojaerzeugnisse wurden 40 Proben positiv auf Glyphosat getestet (> 0,02 mg/kg). Dies entspricht einem Anteil von 9 % (siehe Tabelle 3). Bei 15 Proben (ca. 3 %) überstiegen die Glyphosatgehalte die jeweils festgesetzten Höchstgehalte (Tabelle 3). Hohe Befundhäufigkeiten waren vor allem bei Erdnüssen (13 %), Kichererbsen (11 %), Leinsamen (21 %) und Linsen (15 %) zu beobachten. Mit einer Beanstandungsquote von 9 % ist Linsen hinsichtlich der Glyphosatbelastung eine besondere Relevanz beizumessen. Bei insgesamt 12 von 128 Linsen wurden Höchstgehaltsüberschreitungen an Glyphosat festgestellt.

 

Tabelle 3: Übersicht über Glyphosatbefunde in Hülsenfrüchten, Ölsaaten, Schalenobst und Sojaerzeugnissen (CVUA Stuttgart 2010 bis 2019)
 
Probenzahl
Positive Proben > 0,02 mg/kg (1)
Proben > MRL (2)
Min
(mg/kg)
Max
(mg/kg)
Mittelwert
(mg/kg)
Bohnen
88
5 (6 %)
1 (1 %)
0,23
4,2
1,3
Erdnuss
24
3 (13 %)
1 (4 %)
0,059
0,11
0,077
Kichererbsen
19
2 (11 %)
-
0,26
1,2
0,7
Leinsamen
29
6 (21 %)
-
0,20
9,3
2,0
Linsen
128
19 (15 %)
12 (9 %)
0,048
4,1
1,3
Ölsamen
12
1 (8 %)
1 (8 %)
1,1
1,1
1,1
Sojabohnen
52
1 (2 %)
-
0,89
0,890
0,89
Sonnenblumenkern
17
1 (6 %)
-
0,51
0,510
0,51
Süßlupinen
2
-
-
-
-
-
Wachtelbohnen
11
1 (9 %)
-
1,67
1,670
1,7
Walnuss
17
1 (6 %)
-
0,092
0,092
0,092
Sonstige (Cashewnuss, Chiasamen, Edelkastanie, Erbse, Hanfsaat, Haselnuss, Kokusnuss, Kürbiskerne, Mandel, Mohn, Mungbohne, Paranuss, Pecanuss, Pistazie, Raps, Sesam, Süßlupine)
74
-
-
-
-
-
Summe aller Proben
473
40 (9 %)
15 (3 %)
0,048
9,3
1,3

(1) Bestimmungsgrenze (LOQ: limit of quantification): kleinste Konzentration, die quantitativ mit notwendiger Präzision bestimmt werden kann

(2) MRL = Maximum Residue Level: Höchstgehalt

 

Ursächlich für die vergleichsweise hohe Befundhäufigkeit bzw. Beanstandungsquote bei Getreide und Getreideerzeugnissen sowie Hülsenfrüchten ist der Vorgang der sog. Sikkation bei der Feldkultivierung. Die Sikkation bezeichnet einen Vorgang in der Landwirtschaft, bei dem Feldfrüchte, wie Getreide oder Hülsenfrüchte, zu Zwecken der Abreifebeschleunigung mit Sikkanten (häufig Glyphosat) behandelt werden. Die Pflanze wird dabei gezielt abgetötet, wodurch die Früchte gleichzeitig vollständig reifen und eine einfache Ernte ermöglichen. Da dieser Vorgang kurz vor der Ernte erfolgt, können daraus höhere Rückstände an Glyphosat im Endprodukt resultieren. In Deutschland ist der Vorgang der Sikkation streng reguliert und nur in bestimmten Situationen erlaubt [1].

Obwohl eine Sikkation teilweise auch bei Kartoffeln erfolgt, stellt sich die Situation bei dieser Produktgruppe unauffällig dar. Von 429 untersuchten Kartoffeln wies keine Probe Glyphosatrückstände oberhalb der Bestimmungsgrenze oder des Höchstgehaltes auf. Bei 15 Kartoffelproben wurden lediglich Spurengehalte oberhalb der Nachweisgrenze festgestellt.

 

Gibt es Unterschiede in der Glyphosatbelastung resultierend aus der Herkunft des Obsts und Gemüses?

Das im Zeitraum 2010 bis 2019 untersuchte Obst und Gemüse stammt aus 99 verschiedenen Ländern rund um den Globus. Die große Mehrzahl der Proben (ca. 64 %) wurde jedoch in Deutschland (6.108 Proben) und anderen Ländern der Europäischen Union (4.992 Proben) angebaut. Bei den insgesamt 11.100 aus der EU stammenden Proben wurden lediglich bei 15 Proben Glyphosatrückstände (0,1 %) und bei 2 Proben Höchstgehaltsüberschreitungen (0,02 %) festgestellt, was ein überaus positives Bild zeigt. Im Vergleich dazu war Obst und Gemüse aus Drittländern oder mit unbekannter Herkunft signifikant häufiger mit Glyphosat belastet und wies häufiger Glyphosatgehalte über den festgesetzten Höchstgehalten auf (siehe Tabelle 4). Ursächlich hierfür könnten Unterschiede in der Anwendungspraxis von Glyphosat in Drittländern sein. Zudem zeigte sich, dass in der EU erzeugte Ware im Mittel signifikant kleinere Glyphosatgehalte positiv getesteter Proben aufweist als Ware die nicht aus EU-Ländern stammt (Tabelle 4).

 

Bei der regionalen Verteilung der Glyphosatbefunde ist jedoch zu berücksichtigen, dass bei Getreide, Hülsenfrüchten und verarbeiteten Erzeugnissen (z. B. Mehl), im Unterschied zu Obst und Gemüse, eine verpflichtende Angabe der Herkunft nicht erforderlich ist. Gerade bei Buchweizen, Hirse und Linsen Proben, die häufig mit Glyphosat belasteten waren, ist eine genaue Zuordnung zu einem bestimmten Anbauland nicht immer möglich. Es ist daher nicht auszuschließen, dass einige dieser Proben innerhalb der EU oder in Deutschland angebaut wurden.

 

Tabelle 4: Glyphosatrückstände in Obst und Gemüse differenziert nach Herkunft (CVUA Stuttgart 2010 bis 2019)
 
Proben Inland
Proben anderer
EU-Länder
Proben Drittländer
Proben unbekannter Herkunft * )
Proben Gesamt
Anzahl Proben
6.108
4.992
4.212
1.910
17.222
davon mit Rückständen
8 (0,13 %)
7 (0,14 %)
28 (0,66 %)
35 (1,8 %)
78 (0,45 %)
Proben über Höchstgehalt
1 (0,02 %)
1 (0,02 %)
12 (0,28 %)
13 (0,68 %)
27 (0,16 %)
mittlerer Glyphosatgehalt positiv getesteter Proben (mg/kg)
0,35
0,27
1,2
0,74
0,80

* ) im Unterschied zu Obst und Gemüse ist bei Getreide, Hülsenfrüchten und verarbeiteten Erzeugnissen die Angabe der Herkunft nicht erforderlich.

 

Wie sind die auf Obst und Gemüse bestimmten Glyphosatgehalte hinsichtlich ihrer akuten Toxizität zu beurteilen?

Zur Abschätzung möglicher akuter toxischer Risiken bei kurzzeitiger Exposition wird die beim Verzehr eines Lebensmittels aufgenommene Rückstandsmenge der durch die Europäische Behörde für Lebensmittelsicherheit (EFSA) abgeleiteten sogenannten akuten Referenzdosis (ARfD) gegenübergestellt. Für Glyphosat wurde ein ARfD Wert von 0,5 mg/kg Körpergewicht festgesetzt. Resultierend aus den von uns bestimmten Gehalten ist eine akute Gesundheitsschädlichkeit durch Glyphosat nicht gegeben.

 

Umfassende toxikologische Informationen zu Glyphosat erhalten Sie in der vom BfR veröffentlichten toxikologischen Bewertung [3].

 

Infokasten

Akute Referenzdosis (Acute Reference Dose, ARfD)

Zur Bewertung von Pflanzenschutzmittelwirkstoffen, die eine hohe akute Toxizität aufweisen und schon bei einmaliger oder kurzzeitiger Aufnahme gesundheitsschädliche Wirkungen auslösen können, eignet sich der ADI-Wert (acceptable daily intake) nur eingeschränkt. Da er aus längerfristigen Studien abgeleitet wird, charakterisiert er eine akute Gefährdung durch Rückstände in der Nahrung möglicherweise unzureichend. Deshalb wurde neben dem ADI-Wert ein weiterer Expositionsgrenzwert eingeführt, die sogenannte akute Referenzdosis (acute reference dose, ARfD). Die Weltgesundheitsorganisation hat die ARfD als diejenige Substanzmenge definiert, die über die Nahrung innerhalb eines Tages oder mit einer Mahlzeit aufgenommen werden kann, ohne dass daraus ein erkennbares Gesundheitsrisiko für den Verbraucher resultiert. Anders als der ADI- wird der ARfD-Wert nicht für jedes Pflanzenschutzmittel festgelegt, sondern nur für solche Wirkstoffe, die in ausreichender Menge geeignet sind, schon bei einmaliger Exposition die Gesundheit zu schädigen.

 

EU Pesticides database

EFSA calculation model Pesticide Residue Intake Model “PRIMo” – revision 3.1

 

Unser Fazit

Glyphosat in Lebensmitteln – hoch belastet oder unauffällig? Die Untersuchungen des CVUA Stuttgart lassen ein überaus positives Gesamtbild erkennen. In einem Untersuchungszeitraum von 10 Jahren in dem über 17.000 Proben Obst und Gemüse auf Rückstände an Glyphosat untersucht wurden, konnten lediglich bei 78 Proben quantifizierbare Rückstände an Glyphosat bestimmt werden. Dies entspricht einem Anteil von 0,45 %. Besonders erfreulich für alle Eltern ist, dass bei keiner der untersuchen Proben Säuglingsnahrung Rückstände an Glyphosat nachweisbar waren.

 

Glyphosatgehalte oberhalb der jeweiligen, gesetzlich EU-weit harmonisierten Rückstandshöchstgehalte wurden insgesamt nur bei 27 Proben festgestellt, was einer Beanstandungsquote von lediglich 0,16 % entspricht. Verglichen mit anderen Pestiziden unseres Routinespektrums von über 750 Stoffen stellt dies insgesamt äußerst geringe Werte dar. Bei einzelnen Lebensmitteln, wie Linsen, Leinsamen, Buchweizen und Hirse innerhalb der Warengruppen Getreide und Getreideerzeugnissen sowie bei Hülsenfrüchten, lassen sich jedoch tendenziell häufiger Rückstände an Glyphosat bestimmen. Resultierend aus den von uns bestimmten Gehalten ist eine akute Gesundheitsschädlichkeit durch Glyphosat jedoch nicht gegeben.

 

Auch wenn Glyphosatbefunde in Obst und Gemüse, trotz des großen Einsatzes in der Landwirtschaft, eher selten zu beobachten sind, wird das CVUA Stuttgart die Situation weiter beobachten und auch zukünftig Lebensmittel intensiv auf Rückstände an Glyphosat testen.

 

Bildernachweis

CVUA Stuttgart, Andrea Karst, Pestizidlabor

 

Quellen

[1] Bundesministerium für Ernährung und Landwirtschaft (BMEL) – Fragen und Antworten zu Glyphosat

[2] BVL-Broschüre „Pflanzenschutzmittel – sorgfältig geprüft, verantwortungsbewusst zugelassen“, November 2009

[3] Bundesinstitut für Risikobewertung (BfR)

 

Artikel erstmals erschienen am 13.05.2020