Ergebisse der Rückstandsuntersuchungen von Obst und Gemüse auf den Wachstumsregulator Ethephon (Januar bis November 2009)

Nadja Bauer

 

Hintergrund der Untersuchungen

Der Wirkstoff Ethephon (2-Chlorethyl-phosphonsäure) ist ein Pflanzenwachstumsregulator, der vielseitig zur Steuerung biologischer Prozesse eingesetzt wird. Ethephon dient z.B. der Blühinduzierung im konventionellen Ananas-Anbau, damit die Pflanzen zur selben Zeit blühen und Früchte tragen, der Ertragsregulierung und Förderung der Reife vor der Ernte bei Äpfeln, Zitrusfrüchten, Feigen und Tomaten, es erleichtert die Ernte durch Loslösen der Früchte bei Kirschen und Stachelbeeren, es wird benutzt zur Reifebeschleunigung nach der Ernte bei Bananen und Mangos und dient auch der Hemmung des Längenwachstums sowie als Halmstabilisator bei Getreide. Ethephon dringt in das pflanzliche Gewebe ein und zerfällt dort unter Abspaltung von Ethylen, was sich auf den Wachstumsprozess auswirkt. Aufgrund der sehr breiten Anwendung des Wachstumsregulators Ethephon im Obst- und Gemüseanbau wurden im Jahr 2009 am CVUA Stuttgart verstärkt pflanzliche Lebensmittel auf Ethephon-Rückstände untersucht.

 

Foto: Eine halbierte Feige auf einem weißen Teller. Bildernachweis: Pixelio.de

 

Zusammenfassung

Von Januar bis November 2009 wurden am CVUA Stuttgart insgesamt 561 Proben Obst und Gemüse auf Ethephonrückstände untersucht. In 27 (4,8 %) Proben konnten Rückstände des Wachstumsregulators Ethephon nachgewiesen werden (Tabelle 1). In 15 (2,7 %) Proben lagen die festgestellten Ethephongehalte über den jeweils gesetzlich festgelegten Höchstmengen, hierbei handelte es sich um acht Feigen, drei Orangen, zwei Pomelos, eine Mango und eine Probe Tafeltrauben. Eine Probe Orangen wurde als „nicht sicheres und damit nicht zum Verzehr geeignetes Lebensmittel“ gemäß Verordnung (EG) Nr. 178/2002 beurteilt, da der in dieser Probe festgestellte Rückstandsgehalt an Ethephon zu einer Überschreitung der toxikologisch noch akzeptablen Aufnahmemenge, der sogenannten akuten Referenzdosis (ARfD), führen kann. (Erläuterung siehe Infokasten). Eine gesundheitliche Beeinträchtigung kann insbesondere bei Kleinkindern mit hohem Orangenverzehr nicht mit der erforderlichen Sicherheit ausgeschlossen werden.

 

Infokasten

Akute Referenzdosis (Acute Reference Dose, ARfD)

Zur Bewertung von Pflanzenschutzmittelwirkstoffen, die eine hohe akute Toxizität aufweisen und schon bei einmaliger oder kurzzeitiger Aufnahme gesundheitsschädliche Wirkungen auslösen können, eignet sich der ADI-Wert ( acceptable daily intake) nur eingeschränkt. Da er aus längerfristigen Studien abgeleitet wird, charakterisiert er eine akute Gefährdung durch Rückstände in der Nahrung möglicherweise unzureichend. Deshalb wurde neben dem ADI-Wert ein weiterer Expositionsgrenzwert eingeführt, die sogenannte acute reference dose (akute Referenzdosis, ARfD). Die Weltgesundheits­organisation hat die ARfD als diejenige Substanzmenge definiert, die über die Nahrung innerhalb eines Tages oder mit einer Mahlzeit aufgenommen werden kann, ohne dass daraus ein erkennbares Gesundheitsrisiko für den Verbraucher resultiert. Anders als der ADI- wird der ARfD-Wert nicht für jedes Pflanzenschutzmittel festgelegt, sondern nur für solche Wirkstoffe, die in ausreichender Menge geeignet sind, die Gesundheit schon bei einmaliger Exposition schädigen zu können.

 

Quelle: http://www.bfr.bund.de/cm/218/grenzwerte_fu...on_pflanzenschutzmittelrueckstaenden.pdf

 

Ergebnisse

Feigen

In 10 von 18 (56 %) untersuchten Feigenproben konnten Ethephonrückstände nachgewiesen werden. Bei 8 Proben (44 %) lagen die Ethephongehalte über der gesetzlich festgelegten Höchstmenge von 0,05 mg/kg Feigen. Diese Feigen stammten aus Brasilien (2), Israel (1) und der Türkei (5). Ergebnisse siehe Tabelle 2.

 

Zitrusfrüchte

Insgesamt wurden 51 Proben Zitrusfrüchte auf Ethephonrückstände untersucht. In 6 (11,8 %) Proben konnten Ethephonrückstände nachgewiesen werden, hierbei handelt es sich um 4 Proben Orangen und 2 Proben Pomelo. In beiden Pomeloproben und in 3 dieser 4 Orangenproben lagen die festgestellten Ethephonrückstandsgehalte über der gesetzlich festgelegten Höchstmenge von 0,05 mg/kg. Der in einer Orangenprobe aus Südafrika festgestellte Ethephongehalt in Höhe von 1,3 mg/kg Orangen führte zu einer Überschreitung der akuten Referenzdosis von 0,05 mg/kg. Bei dieser Probe konnte somit eine gesundheitliche Beeinträchtigung insbesondere bei Kleinkindern mit hohem Orangenverzehr nicht mit der erforderlichen Sicherheit ausgeschlossen werden. Die Probe wurde als „nicht sicheres Lebensmittel“ im Sinne der Verordnung (EG) Nr. 178/2002 eingestuft. Da bei Orangen die Schale in der Regel nicht mitverzehrt wird, wurde die zugrundeliegende Expositionsschätzung auf den essbaren Orangenanteil (ohne Schale) bezogen (VELS-Modell: Banasiak et al, Abschätzung der Aufnahme von Pflanzenschutzmittel-Rückständen in der Nahrung mit neuen Verzehrsmengen für Kinder. Bundesgesundheitsbl – Gesundheitsforsch – Gesundheitsschutz 48 (2005) 84-98).

 

Exotische Früchte

Insgesamt wurden 39 Proben exotische Früchte auf den Wirkstoff Ethephon untersucht. Dabei konnten in 6 (15 %) Proben (5 Ananasproben und 1 Probe Mango) Ethephonrückstände nachgewiesen werden. Der in der Mangoprobe nachgewiesene Rückstandsgehalt lag über der gesetzlich festgelegten Höchstmenge von 0,05 mg/kg wohingegen die in den 5 Ananasproben nachgewiesenen Ethephongehalte alle unterhalb der gesetzlich festgelegten Höchstmenge von 2 mg/kg lagen und somit nicht zu beanstanden waren.

 

Trauben

In 4 von 70 (6 %) untersuchten Traubenproben konnten Rückständes des Wachstumsregulators Ethephon nachgewiesen werden. Hierbei handelte es sich um 4 Proben rote Tafeltrauben wobei lediglich in einer der 4 Proben der festgestellte Gehalte über der gesetzlich festgelegten Höchstmenge von 1 mg/kg Trauben lag.

 

Tomaten

Lediglich eine von 40 untersuchten Tomaten wies Ethephonrückstände auf. Der nachgewiesene Gehalt lag jedoch deutlich unterhalb der gesetzlich festgelegten Höchstmenge von 1 mg/kg.

 

Sonstige Proben

Obwohl die Verwendung von Ethephon bei Bananen als Nacherntereifungsmittel, bei Äpfeln und Birnen zur Ertragsregulierung und bei Kirschen zur Ernteerleichterung und Reifebeschleunigung zugelassen ist, konnte in keiner der untersuchten Bananen- (13), Äpfel- (10), Birnen- (32) oder Kirschenproben der Wachstumsregulator Ethephon nachgewiesen werden.

 

Die Ergebnisse der 27 Proben mit positiven Ethephonbefunden sind in Tabelle 2 detailliert dargestellt.

 

Fazit und Bewertung

Die Ergebnisse der Rückstandsuntersuchungen im Jahr 2009 zeigen, dass Ethephonrückstände fast ausschließlich in Obstproben und hier überwiegend bei exotischen Früchten und Zitrusfrüchten nachgewiesen werden konnten. Hinsichtlich der verschiedenen Herkunftsländer, konnte kein eindeutiger Trend, was das Auftreten von Ethephonrückständen betrifft, festgestellt werden. Die nachgewiesenen Rückstandsgehalte lagen in mehr als der Hälfte der Proben mit positiven Ethephonbefunden (15 von 27 Proben) über der jeweils gesetzlich festgelegten Höchstmenge (Tabelle 1). In einer Probe Orangen führte der hohe Rückstandsgehalt sogar zu einer Überschreitung der akuten Referenzdosis und damit verbunden zu einer Beurteilung der Probe als „nicht sicheres Lebensmittel“ im Sinne der Verordnung (EG) Nr. 178/2002. Aufgrund dieser hohen Beanstandungsquote, werden die Untersuchungen auf Ethephonrückstände bei Obst und Gemüse auch im Jahr 2010 fortgesetzt.

 

Tabelle 1: Ergebnisse der Ethephonrückstandsuntersuchungen bei Obst und Gemüse (CVUAS Jan. - Nov. 2009)
Kultur Anzahl Proben Proben mit Ethephon-rückständen Proben mit Ethephonrückständen über der HM Proben mit ARfD-Ausschöpfung > 100 %
Ananas 6 5* - -
Feigen 18 10 (56 %) 8 (44 %) -
Mango 9 1* 1* -
Orangen 17 4 (24 %) 3 (18 %) 1 (202 %)
Pomelo 6 2* 2* -
Trauben 70 4 (6 %) 1 (1,4 %) -
Tomate 40 1 (2,5 %) - -
Summe 561 27 (4,8 %) 15 (2,7 %) 1

*Anzahl Proben für prozentuale Auswertung zu gering

 

Tabelle 2: Detaillierte Untersuchungsergebnisse der Proben mit positiven Ethephonbefunden (CVUAS Jan. - Nov. 2009)
Matrix Herkunftsland Ethephongehalt [mg/kg]Höchstmenge (HM) [mg/kg]Bewertung*
Ananas Costa Rica 0,092 2 10
Ananas Ghana 1,2 2 10
Ananas Costa Rica 0,025 2 10
Ananas Costa Rica 0,004 2 10
Ananas Panama 0,65 2 10
Feige Türkei 0,13 0,05 12
Feige Türkei 0,42 0,05 12
Feige Türkei 0,81 0,05 12
Feige Türkei 0,094 0,05 11
Feige Türkei 0,024 0,05 10
Feige Türkei 0,034 0,05 10
Feige Türkei 0,20 0,05 12
Feige Brasilien 0,55 0,05 12
Feige Brasilien 0,22 0,05 12
Feige Israel 0,52 0,05 12
Mango Dominikanische Republik 0,058 0,05 11
Orange Simbabwe 0,55 0,05 12
Orange Südafrika 1,3** 0,05 12
Orange Südafrika 0,009 0,05 10
Orange Südafrika 0,14 0,05 12
Pomelo China 0,23 0,05 12
Pomelo China 0,24 0,05 12
Tafelweintraube rot Namibia 1,43 1 11
Tafelweintraube rot Argentinien 0,063 1 10
Tafelweintraube rot Südafrika 0,40 1 10
Tafelweintraube rot Südafrika 0,024 1 10
Tomate Niederlande 0,18 1 10

*Bewertung : 10 = mit Rückständen unter der HM; 11 = mit Rückständen über der HM ohne Beanstandung (nicht gesichert); 12= mit Rückständen über der HM führt zur Beanstandung

**Ausschöpfung der ARfD: 202 %

 

Bildernachweis

Feigenhälften, Fotograf: Dennis Brandt, Pixelio.de, Image-ID=85702

 

Artikel erstmals erschienen am 07.12.2009