Rollbraten im Discooutfit, Löcher im Entenblech und Draht als besondere Beilage – Kurioses auf dem Labortisch

Ein Bericht aus unserem Laboralltag

Sarah Stürenburg

 

Eine kleine Warnung vorweg, der folgende Text dient nicht als Lifehack zum Basteln von leuchtendem Rollbraten und preisgünstigen Reparaturarbeiten. Wir zeigen eine amüsant-interessante Kuriositätensammlung des Bedarfsgegenständelabors rund um das Thema Braten. Vielleicht genau das Richtige, da es doch langsam auf Ostern zugeht?

 

So kommt der Rollbraten ins Disco-Outfit

Als nachhaltige Alternative zu Kunststoffgeschenkbändern hat in den letzten Jahren das Baumwollhaushalts- bzw. Küchengarn sein Revival erlebt. Lange Zeit nur noch vom Handwerksmetzger zum Wurstabbinden genutzt, findet es inzwischen Anwendung als stylisches Verpackungsband. Als Küchengarn kommt es aber auch mit Lebensmitteln in Kontakt. In 2022 wollten wir daher die meist rotweiß gestreiften Schnüre unter die Lupe nehmen. Wir prüften vor allem, ob Farbstoffe übergehen, und fanden erfreulicherweise keine Auffälligkeiten.

 

Es landeten aber auch Bratengarne auf dem Labortisch. Diese werden verwendet um z. B. Rollbraten oder Rouladen während der Zubereitung in Form zu halten. Eine Bratenschnur fiel hier besonders auf. Sie war im Vergleich zu den „naturbelassenen“, leicht beigefarbenen Schnüren ausgeprägt weiß. Was für den Verbraucher ein Zeichen für besondere Sauberkeit oder Reinheit sein könnte, ist für den Lebensmittelchemiker ein Warnsignal. Strahlendes Weiß wird durch sogenannte optische Aufheller erreicht. Diese Substanzen nehmen unsichtbares UV-Licht auf und geben es als sichtbares Licht wieder ab. Dadurch reflektiert das Material stärker als gewöhnlich und erscheint damit heller. Zudem verschiebt sich die Farbe ins Bläuliche und gleicht damit einen Gelbstich aus. Diese Effekte erzeugen für unser Auge in Summe ein strahlendes Weiß. Im Haushalt nutzt man dieses Resultat bei Waschmittelzusätzen zur Weißwäsche. Auch da wird einem sprichwörtlich etwas „weißgemacht“.

 

Im Labor wird dieser Effekt für eine schnelle Voruntersuchung genutzt. Gibt man die Bratengarnrolle unter die UV-Lampe, wird der Effekt verstärkt, die Garnrolle fluoresziert bzw. leuchtet blau. Und an dieser Stelle kommen wir nochmal auf die weiße Wäsche zurück, denn die meisten kennen dieses Phänomen, wenn in der Disco das Schwarzlicht eingeschaltet wird. Einige dieser Aufheller sind für ihre allergieauslösende Eigenschaft bekannt. Vor allem die Stilbenderivate sind hier zu nennen. Während ein Allergiker einen solchen Zusatz bei Waschmitteln dank der Kennzeichnung umgehen kann, ist eine Bratenschnur dahingehend nicht gekennzeichnet. Der Zusatz wäre auch kein Problem, wenn die Substanz fest an das Material gebunden und damit nicht auf das Lebensmittel überginge. Bei strahlend weißen Servietten kennen wir im Labor das Problem, dass die Aufheller gerne auf das damit in Berührung kommende Lebensmittel überwandern und somit vom Verbraucher unerkannt mitverzehrt werden.

 

Daher wurde die Schnur entsprechend geprüft: Hierzu wird sie in Kontakt mit Glasfaserpapieren gebracht, die mit unterschiedlichen Lebensmittelsimulanzien getränkt sind. Unter anderem soll 3 %ige Essigsäure z. B. einen weinhaltigen Bratensud simulieren oder Sonnenblumenöl die Fettkruste des Bratens nachahmen. Nach dem Kontakt war auf den Glasfaserpapieren wie zu erwarten mit bloßem Auge nichts zu sehen. Aber unter der UV-Lampe ergab sich ein 1:1 Abdruck der Schnur (s. Abbildung 1).

 

Abbildung 1: UV-aktiver Abdruck der Bratenschnur.

Abbildung 1: UV-aktiver Abdruck der Bratenschnur

 

Meist gehen Spuren über, die als Flecken auf dem Papier zu sehen sind, aber so ein „Stempelabdruck“ zeigt doch sehr deutlich, dass der optische Aufheller überwandert. Daraufhin legten wir ein kurzes Stück des Garns bei 70 °C für eine halbe Stunde direkt in das Lebensmittelsimulanz (hier 95 %iges Ethanol als Ersatz für fettige Lebensmittel und 10 %iges Ethanol für wässrige Lebensmittel). Bedenkt man, wie lange und bei welchen Temperaturen ein Braten gebacken wird, sind die Bedingungen eher milde gewählt. Aber selbst hier leuchtete das Migrat unter der UV-Lampe (s. Abbildung 2).

 

Abbildung 2: Simulanzien nach Kontakt zur Bratenschnur und Blindwert ohne Kontakt.

Abbildung 2: Simulanzien nach Kontakt zur Bratenschnur und Blindwert ohne Kontakt

 

Damit der Rollbraten nicht unerkannt ein schwarzlicht-taugliches Muster trägt, gibt es in der Verordnung (EG) Nr. 1935/2004 für solch einen Fall eine eindeutige Beurteilungsgrundlage. Materialien, die mit Lebensmitteln in Kontakt kommen sollen, dürfen keine Stoffe in Mengen abgeben, die eine unvertretbare Veränderung des Lebensmittels herbeiführen. Damit darf die Bratenschnur so auch nicht verkauft werden.

Hier war die Ente vor dem Ende nicht gut!

 

Wenn wir schon beim Thema Braten sind, Entenbraten kommen bei großen Anlässen gerne als Delikatesse auf die Festtafel. Besonders praktisch, wenn die Ente schon ofenfertig auf dem Einwegblech verpackt und gewürzt gekauft werden kann. Allerdings hat in einem Fall genau diese Verpackung einen Strich durch die oft nicht ganz günstige Rechnung gemacht. Ein Verbraucher reichte bei der Lebensmittelüberwachungsbehörde eine Beschwerde über Löcher im Alublech seiner grillfertigen Ente ein.

 

Einwegbleche aus Aluminium sind für neutrale, ungesalzene Speisen mit kurzzeitigem Kontakt ein geeignetes Kontaktmaterial. Unsere Untersuchungen von Fleischkäse in Aluschalen haben gezeigt, dass hier keine kritischen Mengen an Aluminium übergehen. Sobald allerdings Salz oder Säure zusammen mit Flüssigkeiten in Kontakt mit Aluminium kommt, beginnt die „Chemie“ und das Aluminium wird zu Aluminiumionen oxidiert. Anders gesagt, das Metall löst sich auf. Besonders schnell geht dies bei Hitzeeinwirkung, aber auch eine lange Kontaktzeit bei Kühltemperaturen kann zum Auflösen von Aluminium führen, wie die Aufnahmen des Entenblechs zeigen.

 

Abbildung 3: Einwegbackblech mit Löchern.

Abbildung 3: Einwegbackblech mit Löchern

 

Diese gelösten Aluminiumionen sind wiederum gut in wässrigem Medium löslich und gelangen so in die Würze und in die Ente. Tatsächlich haben unsere Untersuchungen gezeigt, dass der Aluminiumgehalt im Fleisch der Ente, das dem Blech zugewandt war, wesentlich höher war, als im Fleisch der abgewandten Seite.

 

Aber nicht nur der Aluminiumgehalt war erhöht. Bei genauerer Betrachtung befanden sich auch abgebrochene Aluminiumblechpartikel an den Entenschlegeln (s. Foto). Für den Übergang von Aluminium auf die Ente kommt die oben genannte Beurteilungsgrundlage ebenfalls zum Tragen. Und darüber hinaus ist die Ente natürlich nicht zum Verzehr geeignet.

 

Abbildung 4: Aluminiumblechpartikel an Entenkeule.

Abbildung 4: Aluminiumblechpartikel an Entenkeule

 

Ein Tipp:

Allen, die beim Grillen oder im Backofen gerne zu Aluminiumblechen oder zur Lagerung ihrer Lebensmittel zu Aluminiumfolie greifen, raten wir, diese nicht mit sauren oder salzigen Speisen in Kontakt zu bringen, auch nicht über längere Zeit im Kühlschrank oder Tiefkühler.

 

Das Huhn mit gewissem Extra

Von der Ente zum Huhn. Statt selbst zubereiten oder küchenfertig kaufen, bleibt natürlich noch die Variante des Caterings oder Lieferservices. Aber in diesem Fall landete das frittierte Huhn mit unwillkommener Drahtbeilage auf dem Teller eines Verbrauchers. Bei der Vorortkontrolle des Imbisses fiel ein Sieb auf, das zum Frittieren genutzt wurde und dessen Innenteil nur noch notdürftig mit Drähten am Rahmen befestigt war.

 

Abbildung 5: Notdürftig repariertes Sieb.

Abbildung 5: Notdürftig repariertes Sieb

 

Die Fragestellung der Lebensmittelkontrolleurin war nun, ob es sich bei der Fleischbeilage um einen dieser Drähte handelt. Durch Analyse der einzelnen Elemente konnte eine gute Übereinstimmung ermittelt werden. Allerdings war auch sehr interessant, welche Drähte hier zum Befestigen dienten. Bei genauem Hinsehen fielen an den Drähten, nahe des Handgriffes Reste einer Kunststoffummantelung auf. Es war also schnell klar, dass zum Befestigen Gefrierbeutelverschlüsse genutzt worden waren, deren Kunststoffhülle durch reges Frittieren weggeschmolzen und somit ins Lebensmittel übergegangen waren.

 

Abbildung 6: Überreste der Kunststoffummantelung.

Abbildung 6: Überreste der Kunststoffummantelung

 

Das waren nur drei kurios-interessante Beispiele von Proben auf unserem Labortisch. Wir sind gespannt was das Jahr 2023 für uns bereit hält!

 

Bildernachweis

CVUA Stuttgart

 

Artikel erstmals erschienen am 03.04.2023