Untersuchung von PAK – ein Update

Magdalena Köhler, Jannika Oßkopp

 

In den Jahren 2020 bis 2021 hat das CVUA Stuttgart insgesamt 101 Bedarfsgegenstände auf ihren Gehalt an polyzyklischen aromatischen Kohlenwasserstoffen (PAK) untersucht. In lediglich einer Probe wurden erhöhte Gehalte u. a. an den EPA-PAK Phenanthren, Fluoranthen und Pyren bestimmt. Die in der VO (EG) Nr. 1907/2006 festgelegten Grenzwerte wurden in keiner Probe überschritten.

 

Abb.1 und 2: Zusammenstellung von untersuchten Proben (Symbolbilder, Produktbeispiele unabhängig von auffälligen Befunden).

Abb.1 und 2: Zusammenstellung von untersuchten Proben (Symbolbilder, Produktbeispiele unabhängig von auffälligen Befunden)

 

Hintergrund und rechtliche Vorgaben

Laut Bundesinstitut für Risikobewertung (BfR) gelten PAK als krebserzeugend. Die unterschiedlichen „Substanzen weisen jedoch unterschiedliche kanzerogene Wirkungsstärken (Potenz) auf“ [1]. Das bedeutet in Bezug auf die Leitsubstanz Benzo[a]pyren, dass von anderen PAK teilweise eine 10-, 100- oder 1000-fach höhere oder 10-fach geringere Menge benötigt wird, um dieselbe toxikologische Wirkung auszulösen [1]. Von der EU wurde in der Verordnung (EG) Nr. 1907/2006 über Chemikalien (der sogenannten REACH-Verordnung) für 8 PAK (Benzo[a]pyren, Benzo[e]pyren, Chrysen, Benzo[a]anthracen, Dibenzo[a,h]anthracen, Benzo[j]fluoranthen, Benzo[b]fluoranthen und Benzo[k]fluoranthen) mit einer hohen krebserzeugenden Wirkungsstärke ein Grenzwert von je 1 mg/kg Material für die Einzelsubstanz festgelegt. Dieser Grenzwert gilt für Erzeugnisse wie Sportgeräte, Werkzeuge für den privaten Gebrauch, Haushaltsgeräte, Bekleidung, Schuhe, Handschuhe und Sportkleidung, Armbänder etc., die nach dem 27.12.2015 erstmals in Verkehr gebracht wurden. Für Spielzeug und andere Baby- und Kleinkindprodukte, die nach dem 27.12.2015 erstmals in Verkehr gebracht wurden, liegt der Grenzwert bei je 0,5 mg/kg [2].

 

EPA-PAKs

In einzelnen Proben werden auch PAK nachgewiesen, die der Gruppe der Umwelt-PAK zuzuordnen sind (z. B. Fluoranthen, Phenanthren, Pyren, Anthracen). Diese Substanzen sind vor allem PAK, die bei Untersuchungen in der Umwelt (Luft, Wasser, Boden) häufig nachgewiesen wurden und dafür als Leitsubstanzen von der amerikanischen Umweltbehörde (EPA – Environmental Protection Agency) charakterisiert wurden. Das BfR beschreibt, dass bei Hautkontakt mit entsprechenden PAK-haltigen Produkten die PAK in der Regel sehr gut über die Haut aufgenommen werden können [3]. Da nach Einschätzung des BfR die Exposition des Menschen mit PAK ebenso über die Umwelt gegeben ist, sollte ihr Vorhandensein in Verbraucherprodukten bis zur technischen Unvermeidbarkeit minimiert werden [4]. Auch wenn für diese Substanzen (EPA-PAKs) bisher keine Grenzwerte abgeleitet werden konnten, kann ein zusätzliches gesundheitliches Risiko nicht ausgeschlossen werden.

 

Infokasten

GS-Zeichen

Für den Erhalt des GS-Zeichens (GS steht für Geprüfte Sicherheit) werden nicht nur die acht in der REACH-Verordnung geregelten PAK überprüft, sondern auch die Gehalte an weiteren PAK, wie einige der o. a. EPA-PAK. Diese werden gemäß den Vorgaben des Ausschusses für Produktsicherheit (AfPS) für die Prüfung und Bewertung von Polyzyklischen aromatischen Kohlenwasserstoffen bestimmt und beurteilt, siehe Tabelle 1 [5]. Jedoch sollte man sich bewusst sein, dass die Hersteller bzw. Importeure nicht dazu verpflichtet sind ihre Produkte mit dem GS-Zeichen zu versehen. Um das Zeichen allerdings zu erhalten, muss ein Antrag gestellt werden.

 

Tabelle 1: Einzuhaltende Höchst-PAK-Gehalte für die Zuerkennung des GS-Zeichens
Parameter
Kategorie 1
Kategorie 2
Kategorie 3
Materialien, die dazu bestimmt sind, in den Mund genommen zu werden, oder Materialien mit längerfristigem Hautkontakt (länger als 30s) bei bestimmungsgemäßer Verwendung
- in Spielzeug nach RL 2009/48/EG oder
- für die Verwendung durch Kinder (a,b) bis zu drei Jahren
Materialien, die nicht in Kat. 1 fallen, mit längerfristigem Hautkontakt (länger als 30s) oder wiederholtem kurzfristigem Hautkontakt (c) bei bestimmungsgemäßer oder vorhersehbarer Verwendung (d)
Materialien, die nicht in Kat. 1 oder 2 fallen, mit kurzfristigem Hautkontakt (bis zu 30 s) bei bestimmungsgemäßer oder vorhersehbarer Verwendung
In mg/kg
 
a. Verwendung durch Kinder
b. Sonstige Verbrau-cherprodukte
a. Verwendung durch Kinder
b. Sonstige Verbrau- cherprodukte
Benzo[a]pyren
< 0,2
< 0,2
< 0,5
< 0,5
< 1
Benzo[e]pyren
< 0,2
< 0,2
< 0,5
< 0,5
< 1
Benzo[a]anthracen
< 0,2
< 0,2
< 0,5
< 0,5
< 1
Benzo[b]fluoranthen
< 0,2
< 0,2
< 0,5
< 0,5
< 1
Benzo[j]fluoranthen
< 0,2
< 0,2
< 0,5
< 0,5
< 1
Benzo[k]fluoranthen
< 0,2
< 0,2
< 0,5
< 0,5
< 1
Chrysen
< 0,2
< 0,2
< 0,5
< 0,5
< 1
Dibenzo[a,h]anthracen
< 0,2
< 0,2
< 0,5
< 0,5
< 1
Benzo[ghi]perylen
< 0,2
< 0,2
< 0,5
< 0,5
< 1
lndeno[1‚2,3-cd]pyren
< 0,2
< 0,2
< 0,5
< 0,5
< 1
Phenanthren, Pyren, Anthracen, Fluoranthen
< 1
< 5
< 10
< 20
< 50
Summe
Summe
Summe
Summe
Summe
Naphthalin
< 1
< 2
<10
Summe 15 PAK
< 1
< 5
< 10
< 20
< 50

a Juristisch definiert wird als „Kind“ eine Person vor Vollendung des 14. Lebensjahres.
b Verwendung durch Kinder schließt sowohl aktiven als auch passiven Direktkontakt durch Kinder ein.
c Formulierung „wiederholter kurzfristiger Hautkontakt“ aus REACH Anhang XVII Nr. 50 Ergänzung (Verordnung (EU) Nr. 1272/2013)
d Gemäß Begriffsbestimmungen des ProdSG (Abschnitt 1 § 2 Nr. 28) ist vorhersehbare Verwendung die Verwendung eines Produkts in einer Weise, die von derjenigen Person, die es in den Verkehr bringt, nicht vorgesehen, jedoch nach vernünftigem Ermessen vorhersehbar ist.

 

Analytische Untersuchung im Labor

Die Untersuchung von insgesamt 26 verschiedenen PAK erfolgt am CVUA Stuttgart mittels GC-MS-Technik. Dazu wird die Probe mit Toluol extrahiert und der Extrakt zunächst gaschromatographisch (GC) getrennt bevor die Einzelsubstanzen anhand ihrer Masse im Massenspektrometer (MS) identifiziert und quantifiziert werden. Mehr dazu finden Sie auch in unserem Beitrag aus 2016 zur Untersuchung von Kletterschuhen.

 

Untersuchungsergebnisse

Im Jahr 2020 wurden insgesamt 87 Verbraucherprodukte (u. a. Fitnessarmbänder, Babyschuhe mit Gummisohle, Schwimmflossen, Yogamatten und Halloweenartikel) auf 25 verschiedene PAK untersucht (siehe Tabelle 2). Davon war keine Probe aufgrund ihres PAK-Gehaltes auffällig.

 

Tabelle 2: Untersuchungsergebnisse aus dem Jahr 2020
Proben 2020
Probenanzahl
Beanstandet aufgrund des PAK-Gehaltes
Fitnesstracker
10
-
Erotik-Spielzeug
20
-
Babyschuhe mit Gummisohle
10
-
Schwimmflossen, Schnorchelsets
9
-
Yogamatten
8
-
Ersatzgriffe für Fahrräder
10
-
Halloweenartikel
20
-
insgesamt
87
-

 

 

Im Jahr 2021 untersuchte das CVUA Stuttgart bisher 14 Bedarfsgegenstände auf PAK, darunter Fitnessgeräte, Fahrradgriffe, Spielwaren und Scherzartikel (siehe Tabelle 3). In nur einer Probe Lenkergriffe wurden erhöhte Gehalte an den EPA-PAK Phenanthren, Pyren, Anthracen und Fluoranthen festgestellt. Unter Berücksichtigung der Messunsicherheit lag die Summe jedoch nicht gesichert über 10 mg/kg (Grenzwert für den Erhalt des GS-Zeichens für Verbraucherprodukte mit längerfristigem Hautkontakt, siehe Infokasten).

 

Tabelle 3: Untersuchungsergebnisse aus dem Jahr 2021
Proben 2021
Probenanzahl
Beanstandet aufgrund des PAK-Gehaltes
Fitnessgeräte mit gummiertem Griff
3
-
Fahrradgriffe aus Gummi/weichem Kunststoff
6
-
Spielwaren und Scherzartikel
5
-
insgesamt
14
-

 

Fazit

Erfreulicherweise war in den insgesamt 101 Bedarfsgegenstände-Proben aus den Jahren 2020 und 2021 nur eine Probe aufgrund ihres PAK-Gehaltes auffällig, wobei auch bei dieser Probe „Lenkergriff“ keine gesicherte Grenzwertüberschreitung, weder nach den Vorgaben der REACH-Verordnung, noch nach den Vorgaben für den Erhalt des GS-Zeichens, vorlag.

 

Ausblick

Auch wenn in den Jahren 2020 und 2021 keine Proben aufgrund des PAK-Gehaltes beurteilt wurden, wird das CVUA Stuttgart weiterhin Bedarfsgegenstände auf ihren Gehalt an PAK untersuchen, da diese als krebserzeugend gelten. Im Sinne des vorbeugenden Verbraucherschutzes werden wir zusätzlich weitere Produktgruppen untersuchen. Im Rahmen des Bundesmonitoring 2021 werden außerdem deutschlandweit Verbraucherprodukte mit Körperkontakt (z. B. Schutzbekleidung und Schuhe) auf ihren PAK-Gehalt untersucht und die Untersuchungsergebnisse bundesweit zusammengetragen. Zusätzlich werden Daten zur Menge an PAK, die aus dem Material auf die Haut übergehen könnten, gesammelt. Dies könnte weitere Hinweise zur toxikologischen Relevanz der PAK-Gehalte geben.

 

Quellen

[1] BfR: Aktualisierte Stellungnahme Nr. 051/2009 des BfR vom 14. Oktober 2009 zu polyzyklische aromatische Kohlenwasserstoffe (PAK) in Spielzeug, aktualisiert am 21.12.2009.

[2] VO (EG) 1907/2006: Verordnung (EG) Nr. 1907/2006 des Europäischen Parlaments und des Rates vom 18. Dezember 2006 zur Registrierung, Bewertung, Zulassung und Beschränkung chemischer Stoffe (REACH), zur Schaffung einer Europäischen Chemikalienagentur, zur Änderung der Richtlinie 1999/45/EG und zur Aufhebung der Verordnung (EWG) Nr. 793/93 des Rates, der Verordnung (EG) Nr. 1488/94 der Kommission, der Richtlinie 76/769/EWG des Rates sowie der Richtlinien 91/155/EWG, 93/67/EWG, 93/105/EG und 2000/21/EG der Kommission (ABl. L 396 S. 1, ber. 2007 L 136 S. 3 zur Fussnote [4], ber. 2020 L 279 S. 23), zuletzt geändert durch Art. 1 VO (EU) 2021/979 vom 17.6.2021 (ABl. L 216 S. 121)

[3] BfR: PAK in verbrauchernahen Produkten müssen so weit wie möglich minimiert werden, aktualisierte Stellungnahme Nr. 025/2009 vom 08.06.2009.

[4] BfR: Krebserzeugende polyzyklische aromatische Kohlenwasserstoffe (PAK) in Verbraucherprodukten sollen EU-weit reguliert werden – Risikobewertung des BfR im Rahmen eines Beschränkungsvorschlages unter REACH Stellungnahme Nr. 032/2010 des BfR vom 26. Juli 2010.

[5] AfPS GS 2019:01 PAK: Prüfung und Bewertung von Polyzyklischen aromatischen Kohlenwasserstoffen (PAK) bei der Zuerkennung des GS-Zeichens, Stand 10. April 2020.

 

Artikel erstmals erschienen am 30.08.2021