Update Sensorik – Trinkflaschen und Isolierbecher weiterhin geruchlich und geschmacklich auffällig

Ein Bericht aus unserem Laboralltag

Magdalena Köhler, Sarah Stürenburg, Jannika Oßkopp

 

Im Jahr 2020 wurden bisher 142 Proben, unter anderem auch Bienenwachstücher, eine trendige Alternative zu Alu- oder Frischhaltefolie, sensorisch untersucht. Bei den Tüchern wurden keine sensorischen Auffälligkeiten festgestellt. Die COVID-19- Pandemie wirkt der nachhaltigen Verwendung von Mehrwegverpackungen beim Verpacken von Essen „to-go“ entgegen. Erfreulich war das Ergebnis bei den dadurch wieder vermehrt verwendeten Einweg-Isolierbehältern. Bei allen 16 Behältern traten keine sensorischen Beeinträchtigungen auf. Auffällig waren im Jahr 2020 die Fahrradtrinkflaschen (4 von 16 Flaschen) und Trinkblasen (2 von 7 Stück).

 

Im vorangegangenen Jahr 2019 wurden insgesamt 136 unterschiedlichste Gegenstände mit Lebensmittelkontakt auf die Abgabe von geschmacklich oder geruchlich wahrnehmbaren Stoffen untersucht. Auffällig waren, wie auch in den vergangenen Jahren, die Kaffeeisolierbecher und Trinkflaschen. Bei einem Drittel dieser Gegenstände ist die sensorische Qualität mangelhaft. Eiswürfelformen, Mikrowellengeschirr und Schnabeltassen führten zu keinem Fehlaroma in dem darin geprüften Lebensmittel.

 

Übersicht

Einen Überblick der geprüften Produkte sowie die damit verbundenen Ergebnisse der sensorischen Untersuchung bieten die folgenden Grafiken. Besonders erfreulich sind die Ergebnisse aus dem Jahr 2020. Insgesamt nur zehn Proben waren bei der sensorischen Untersuchung auffällig.

 

Balkendiagramm: Sensorikergebnisse aus dem laufenden Jahr 2020.

 

Im Jahr 2019 waren insbesondere die Kaffeeisolierbecher, Trinkflaschen und die faltbaren Trinkflaschen bei der sensorischen Untersuchung auffällig.

 

Balkendiagramm: Sensorikergebnisse aus dem  Jahr 2019.

 

Die Untersuchungen im Einzelnen

Kaffeeisolierbecher

Isolierbecher für warme Getränke werden heutzutage als nachhaltige Alternative zu Einwegbechern massenweise angeboten. Diese Becher gibt es in verschiedensten Formen, Farben und Materialkombinationen und somit auch in unterschiedlichsten Preiskategorien. Unsere Untersuchungen im Jahr 2019 haben gezeigt, dass vier von elf Bechern (36 %) im darin abgefüllten heißen Trinkwasser deutliche geruchliche und geschmackliche Abweichungen verursachten. Bevor man einen Becher kauft, kann es hilfreich sein, den Deckel zu öffnen und den Geruch zu prüfen. Oft verfliegt er, bei manchen Bechern jedoch bleibt er. Bei solchen Isolierbechern sollte man sich bewusst sein, dass geruchsaktive Substanzen auch auf das warme Getränk übergehen können.

 

Trinkflaschen, Trinklernbecher und Trinkblasen

Wiederverwendbare Trinkblasen und Trinklernbecher werden am CVUA Stuttgart jährlich untersucht, da diese im Rahmen der sensorischen Untersuchung häufig zu beanstanden waren. Insgesamt wurden im Jahr 2019 von den 21 untersuchten Trinkflaschen sechs Flaschen (29 %) aufgrund unserer sensorischen Untersuchung als nicht verkehrsfähig beurteilt. Im Jahr 2020 waren zwei von 14 Trinklernbechern (14 %) als sensorisch auffällig zu beurteilen. Besonders auffällig war auch das Ergebnis der sensorischen Untersuchung von Trinkblasen im Jahr 2020. Zwei von sieben Trinkblasen (28 %) entsprachen nicht den Vorgaben. Das Ergebnis der sensorischen Untersuchung der Fahrradtrinkflaschen ist leider, wie auch in den letzten Jahren, nicht zufrieden stellend, 4 von 16 Flaschen waren auffällig (25 %).

 

Bienenwachstücher

Zur Vermeidung von Plastikabfällen werden neuerdings sogenannte Bienenwachstücher als nachhaltige Alternative zu Alu- und Frischhaltefolien beworben. Zum Abdecken von Schüsseln und Einpacken von Broten können diese wiederverwendbaren Tücher genutzt werden. Nach dem Gebrauch werden die Tücher mit kaltem Wasser abgewaschen und sind dann wieder einsatzbereit. Unsere Untersuchungen haben ergeben: keines der Tücher beeinflusste sensorisch nachteilig das Prüflebensmittel Gurke.

 

Sensorisch auffällige Lebensmittelbedarfsgegenstände meiden!

Verbraucher*innen sollten es nicht in Kauf nehmen, dass Lebensmittelbedarfsgegenstände, wie z. B. Trink- oder Isolierflaschen, das darin abgefüllte Lebensmittel geruchlich oder geschmacklich beeinflussen. Beim Kauf sollten daher alle Sinne eingesetzt werden. Nicht nur der Preis und das Aussehen sind entscheidend, sondern auch der Geruch des Materials. Verfliegt der Geruch nicht innerhalb kürzester Zeit, kann es im späteren Gebrauch zu Geruchs- bzw. Geschmacksbeeinträchtigungen kommen. Entsprechende fremdartige Gerüche zeugen von minderwertiger Qualität und können vermieden werden.

 

Infokasten

Vertrauen Sie ihren Sinnen!

Manche Stoffe, wie z. B. Styrol, sind nicht mit einem toxikologischen Grenzwert belegt, da man Styrol schon in sehr geringen Konzentrationen sensorisch wahrnimmt. Ein Lebensmittel, das nach Styrol schmeckt oder riecht, würde nicht gegessen oder getrunken werden, obwohl der toxikologische Grenzwert noch gar nicht erreicht wurde.

 

Ablauf einer sensorischen Untersuchung

Für die sensorische Prüfung wird das wohl empfindlichste Messgerät eingesetzt: der Mensch. Zur Prüfung wird der Lebensmittelbedarfsgegenstand mit einem Prüflebensmittel befüllt, das dem zum Befüllen vorgesehenen Lebensmittel ähnelt. Wenn verschiedenartige Lebensmittel eingefüllt werden können, wird zur Prüfung ein möglichst geschmacksarmes Lebensmittel, z. B. Wasser verwendet. Darüber hinaus werden zwei sensorisch inerte Gefäße, zumeist aus Glas, befüllt und bei denselben Kontaktbedingungen wie der Lebensmittelbedarfsgegenstand gelagert. Diese dienen als Vergleichsproben. Anschließend verkostet eine Gruppe von 6 bis 8 Prüfer*innen diese 3 Proben und versucht diejenige heraus zu finden, die mit dem Bedarfsgegenstand in Kontakt war (sog. Dreiecksprüfung, gemäß DIN 10955). Zusätzlich muss hierbei der Unterschied der kontaktierten Probe zu den beiden sensorisch unauffälligen Vergleichsproben anhand einer Skala von 0–4 beurteilt werden. Die Stufe 0 bedeutet hierbei, dass kein Unterschied zu den beiden Vergleichsproben besteht. Die höchste Stufe 4 bedeutet, dass eine starke Geruchs- oder Geschmacksabweichung vorliegt. Die Einzelergebnisse werden anschließend statistisch ausgewertet. Es müssen mindestens 6 übereinstimmende Ergebnisse vorliegen. Übereinstimmend bedeutet, dass die Differenz nicht mehr als 1,5 vom Median abweichen darf. Wird unter Einhaltung dieser Bedingungen von 6 Prüfer*innen die Stufe 3, also eine deutlich wahrnehmbare Abweichung festgestellt, entspricht die Probe nicht den rechtlichen Vorschriften.

Bei der Untersuchung von Lebensmitteln resultiert aus einer sensorischen Abweichung allein meist keine rechtliche Folge. Sie dient als Hinweis, dass weitere Untersuchungen durchzuführen sind, die z. B. einen Verderb nachweisen. Im Gegensatz dazu wird im Bereich der Lebensmittelbedarfsgegenstände im Falle einer sensorischen Abweichung ein Verkehrsverbot ausgesprochen, da das Lebensmittelbedarfsgegenständerecht vorsieht, dass keine Geschmacks- oder Geruchsstoffe auf das Lebensmittel übergehen dürfen.

 

Erweiterter Schutz des Verbrauchers

Verbraucherschutz geht über den reinen Gesundheitsschutz hinaus. Der Gesetzgeber regelt mit der VO (EG) Nr. 1935/2004, dass Materialien oder Gegenstände, die dazu bestimmt sind, mit Lebensmitteln unmittelbar oder mittelbar in Berührung zu kommen, ausreichend inert sein müssen. Das heißt, der Stoffübergang muss begrenzt sein. Er darf die Gesundheit nicht gefährden, das Lebensmittel nicht unvertretbar verändern und zudem die organoleptischen Eigenschaften – also Geruch und Geschmack – nicht nachhaltig beeinflussen.

Somit ist für Verbraucher*innen zusätzlich zum Gesundheitsschutz auch noch der Schutz vor negativer sensorischer Beeinflussung gegeben. Auch ohne einen stoffbezogenen Befund im Labor können auffällige Produkte so aus dem Verkehr gezogen werden. Der menschliche Geruchs- und Geschmackssinn ist oft viel empfindlicher als ein modernes Analysengerät. Schon bevor eine Gesundheitsgefahr eintritt, kann zum Schutze des Verbrauchers ein Produkt, welches sensorisch auffällig ist, aus dem Verkehr gezogen werden.

Mit einer sensorischen Auffälligkeit ist nicht zwangsläufig eine Gefährdung der Gesundheit verknüpft, eine solche kann aber auch nicht ausgeschlossen werden. Jedoch ist eine sensorische Abweichung regelmäßig ein Hinweis für eine mindere Qualität.

 

Artikel erstmals erschienen am 17.12.2020