Bunte und schillernde Farben – Einfluss der Bedruckung von Lebensmittelkontaktmaterialien auf das verpackte Lebensmittel
Dr. Birgit Gutsche
Lebensmittelkontaktmaterialien werden häufig zu Informations-, Werbe- und Dekorationszwecken bedruckt. Die dazu genutzten Farbsysteme bergen jedoch Risiken. Die verwendeten Substanzen können, je nach ihrem Migrationspotential, in das verpackte Gut übergehen. In Klebeetiketten von 28 Käseproben und 14 trockenen Lebensmitteln waren zum Teil sehr hohe Konzentrationen an Photoinitiatoren enthalten, die in drei Fällen zu nicht zulässigen Gehalten an Photoinitiatoren im Lebensmittel führten. Bei den untersuchten 31 Einmaltrinkbechern stellte die Bedruckung im Hinblick auf den Übergang von Photoinitiatoren kein Problem dar. Im Gegensatz dazu waren von 14 bedruckten Kunststoff-Trinkflaschen drei auffällig.
Abb.: Beispiele für Lebensmittelverpackungen aus Folien mit bunt bedruckten Klebeetiketten.
Rechtliche Situation
Derzeit gibt es weder auf nationaler noch auf EU-Ebene rechtlich verbindliche, substanzspezifische Regelungen zum Übergang von Druckfarbenbestandteilen aus Verpackungen auf Lebensmittel. In der Schweiz sind seit dem 1. Mai 2011 in der Verordnung des Eidgenössischen Departement des Innern (EDI) über Bedarfsgegenstände nur bestimmte Stoffe für die Herstellung von Verpackungstinten zugelassen. Diese Stoffe müssen spezifische Anforderungen erfüllen. In Deutschland wird es in Kürze eine vergleichbare Regelung geben. Die Einundzwanzigste Verordnung zur Änderung der Bedarfsgegenständeverordnung (sog. Druckfarbenverordnung) liegt im Entwurf vor (Stand 23.10.2013). Darin werden Stoffe für die Herstellung bedruckter Lebensmittelbedarfsgegenstände und der Übergang dieser Stoffe auf Lebensmittel geregelt.
Bedruckung von Lebensmittelkontaktmaterialien
Lebensmittelkontaktmaterialien werden häufig zu Informations-, Werbe- und Dekorationszwecken bedruckt. In dem vom BMELV geförderten Projekt „Ausmaß der Migration von Druckfarbenbestandteilen aus Verpackungsmaterialien in Lebensmittel“ erfolgte zwischen Dezember 2009 bis Mai 2011 eine Bestandsaufnahme über Art und Menge des Übergangs von Druckfarbenbestandteilen auf Lebensmittel. Der Fokus dieser Studie, an der das CVUA Stuttgart aktiv beteiligt war, lag auf Lebensmittelverpackungen mit längerfristigem Lebensmittelkontakt. Offene Fragen zur Bedeutung von Klebeetiketten auf Verpackungsfolien oder zur Bedruckung von Lebensmittelkontaktmaterialien wie Einmalgeschirr oder Kunststoff-Trinkflaschen sollten Schwerpunktuntersuchungen in 2013 beantworten. Dabei lag der Fokus der Untersuchungen auf Photoinitiatoren, die zur Farbstoffhärtung beim UV-Druckverfahren eingesetzt werden.
Infokasten
Photoinitiatoren im UV-Druck
Im Gegensatz zu lösemittelbasierten Farben ermöglichen UV-Farben eine sekundenschnelle Trocknung und bieten damit die Möglichkeit für hohe Druckgeschwindigkeiten. Die Vernetzung wird durch eine definierte UV-Strahlung ausgelöst („initiiert“). Die Reaktion wird durch Photoinitiatoren gestartet: Sie absorbieren auftreffendes UV-Licht, zerfallen dabei in sogenannte freie Radikale und steuern den Härtungsprozess. Welche Photoinitiatoren eingesetzt werden ist vom Farbsystem abhängig.
Klebeetiketten auf verpacktem Käse – wandern Photoinitiatoren in den Käse?
Zwei Serien von insgesamt 28 Käseproben, die in Folien mit bunten Klebeetiketten verpackt waren, wurden auf Photoinitiatoren untersucht. Es handelte sich um verschiedene Weich-, Schnitt- und Hartkäse aus dem Inland (8 Proben) und dem europäischen Ausland (20 Proben, 7 Länder).
Bei 11 Käseproben war die Verpackung direkt bedruckt. Nur in einem Fall konnten hier Photoinitiatoren nachgewiesen werden. Alle Proben waren mit bunt bedruckten Klebeetiketten auf der Verpackungsfolie beklebt. Die Etiketten enthielten nahezu alle Photoinitiatoren, die prinzipiell durch die Verpackungsfolie in das Lebensmittel wandern können.
In allen positiven Proben wurde ein Übergang von Photoinitiatoren in den Käse geprüft. Trotz der zum Teil sehr hohen Konzentrationen im Etikett waren lediglich in zwei Lebensmittelproben deutliche Gehalte an Photoinitiatoren nachweisbar. Dies führte in einem Fall zur Beurteilung des Überganges toxikologisch nicht bewerteter Substanzen (Migrationsgrenzwert 10 µg/kg) auf das Lebensmittel. Im anderen Fall handelte es sich um Benzophenon, dessen Migrationsgrenzwert von 600 µg/kg eingehalten wurde. Eine mögliche Ursache für den geringen Übergang der Photoinitiatoren geht aus den Konformitätserklärungen der Verpackungen hervor. Teilweise wurden als Folien Mehrschichtmaterialien eingesetzt, die Schichten mit Barriere-Eigenschaften aufweisen dürften. Weiterhin werden die Produkte nur relativ kurze Zeit gekühlt aufbewahrt. Die „Wandergeschwindigkeit“ ist bei niedrigen Temperaturen verringert. In Verbindung mit der kurzen Lagerdauer und dem Folienmaterial gehen Photoinitiatoren dann kaum in den verpackten Käse über.
Klebeetiketten auf Folienverpackungen – wandern Photoinitiatoren ins Lebensmittel?
Viele trockene Lebensmittel wie Getreide und Hülsenfrüchte werden in Folientüten verpackt und mit Klebeetiketten gekennzeichnet. In 14 Handelsproben wurden die Etiketten und die verpackten Lebensmittel untersucht. Wiederum waren die Etiketten von 12 Proben im UV-Druckverfahren unter Verwendung von Photoinitiatoren bedruckt. In einer Probe wurde ein Übergang des Photoinitiators Methylbenzophenon ins Lebensmittel festgestellt und rechtlich beurteilt.
Bunt bedruckte Einmaltrinkbecher – gelangen Druckfarbenbestandteile beim Stapeln von der Außen- auf die Innenseite der Becher?
Dass es möglich ist, durch die Auswahl der Druckfarben und geeignete Prozessführung einen Übergang von Druckfarbenbestandteilen zu verhindern, belegt die Analyse von 31 bunt bedruckten Einmaltrinkbechern. Das Stapeln der Becher kann die bedruckte Außenseite des Bechers mit der Becherinnenseite in Kontakt bringen (Abklatsch). Weiterhin können Substanzen den Luftraum zwischen den Bechern durchdringen (Gasphasentransfer). Hierdurch können Druckfarbenbestandteile ins Innere der Becher und von dort in das eingefüllte Getränk gelangen. Um diese Kontaminationsquelle zu erfassen, wurden Becher aus der Stapelmitte mit 3 Gew.-% Essigsäure als Lebensmittelsimulanz für saure Lebensmittel wie z.B. Fruchtsäfte befüllt und 24 Stunden bei 40 °C gelagert. In keinem Lebensmittelsimulanz konnten Photoinitiatoren nachgewiesen werden. Den zur Verfügung stehenden Konformitätserklärungen war zu entnehmen, dass die Trinkbecher überwiegend mit Druckfarben bedruckt waren, die ein geringes Migrationspotential aufweisen.
Kunststoff-Trinkflaschen mit Aufdruck
Anders sieht die Situation bei bedruckten Kunststoff-Trinkflaschen aus. Von 14 untersuchten Proben wurde in drei Proben ein Übergang von bis zu drei toxikologisch nicht bewerteten Photoinitiatoren in das Lebensmittelsimulanz für saure Getränke (3 Gew.-% Essigsäure) bei einer Lagerzeit von 24 Stunden und einer Temperatur von 40 °C nachgewiesen. Dieser Übergang wurde als unvertretbare Veränderung des Lebensmittels bewertet. Die Trinkflaschen wurden als nicht verkehrsfähig beurteilt.
Fazit
Klebeetiketten auf Lebensmittelverpackungen enthalten meist Photoinitiatoren. Ein Übergang der Photoinitiatoren durch das Verpackungsmaterial ist grundsätzlich möglich und sollte vom Verpacker kritisch geprüft werden.
Die Bedruckung von Kunststoff-Trinkflaschen unter Verwendung von Photoinitiatoren scheint kritisch zu sein. Offensichtlich stellen einige Kunststoffe keine ausreichende Barriere für Photoinitiatoren dar. Ein Sachverhalt, der am CVUA Stuttgart weiter verfolgt wird.
Bildernachweis
CVUA Stuttgart.