Alle Jahre wieder ... Spielzeug auf dem Labortisch

Ein Bericht aus unserem Laboralltag

Sarah Stürenburg

 

Am CVUA Stuttgart werden jährlich mehr als 200 Spielwaren untersucht. Wichtig ist hierbei die genaue Materialkenntnis, da nur so das Augenmerk gezielt auf die produktrelevanten Risiken gelegt werden kann. Die Produktpalette der untersuchten Proben reichte 2013 von Kunststoff- und Holzspielzeug bis hin zu Bastel- und Zeichenmaterial. Ganz überwiegend werden schon lange gültige Grenzwerte eingehalten. „Neue“ Grenzwerte dagegen, wie z. B. für Bor sind auch nach 4 Jahren immer noch „neu“ und werden überschritten.

 

Alle Jahre wieder, passend zur Weihnachtszeit verunsichern Berichte in Verbrauchermagazinen die potentiellen Käufer von Spielzeug. Von den Journalisten werden häufig eigene Maßstäbe zur Beurteilung angelegt. Verständlich ist dieses Vorgehen, wenn keine Grenzwerte für den Einsatz gesundheitlich kritischer Stoffe vorliegen. Ob die getroffenen Beurteilungen schlüssig sind, ist unserer Meinung nach strittig.

 

Am CVUA Stuttgart werden jedes Jahr Spielwaren untersucht und die Ergebnisse anhand der aktuellen rechtlichen Regelungen bewertet. Hierzu zählen u.a. die im Juli 2013 in Kraft getretenen neuen chemischen Anforderungen an Spielzeug. Darüber hinaus werden auch Themen aufgegriffen, bei denen aus Sicht des lebensmittelchemischen Sachverständigen schon längst Regelungsbedarf besteht wie z.B. bei Farbstoffen.

 

Unbeschwerte Farbenpracht

Wassermalfarben und Kreiden, aber auch Kunststoffspielzeug enthalten verschiedene farbgebende Substanzen. Hierbei kann es zum Einsatz schwermetallhaltiger Farbpigmente kommen. Ein wichtiger Vertreter ist z.B. das kräftig gelbe, jedoch giftige Bleichromat. Schädliche Schwermetalle sind in Spielzeug grundsätzlich unerwünscht, daher bestehen Grenzwerte für deren Abgabe aus Spielzeug.

 

2013 wurden ca. 20 Kreiden und Wassermalfarben und 16 Proben Sandspielzeug aus Kunststoff auf ihren Gehalt an Schwermetallen und toxischen Elementen untersucht. Erfreulicherweise waren alle Proben frei von bedenklichen Schwermetallen.

 

Noch mehr Farbe: Fasermaler

Im Inneren von Fasermalern befindet sich ein Stück Filz, auf dem die Farbstoffe aufgebracht sind. Durch ein geeignetes Lösemittel, wird die Farbe beim Malen vom Filz auf das Papier übertragen. Zwischenzeitlich sind für Kinder hauptsächlich Filzstifte auf Wasserbasis erhältlich. Früher wurden jedoch auch organische Lösemittel verwendet, die Benzol enthielten. Da Benzol ein hochgradig krebserregender Stoff ist, wurde für Spielzeugmaterial ein Grenzwert von 5 mg/kg festgelegt.

 

2013 wurden zwanzig Fasermaler auf ihren Benzolgehalt untersucht. Insgesamt waren 157 Einzeluntersuchungen aufgrund der Farbvielfalt notwendig. Der Trend der letzten Jahre setzt sich fort. In keinem Fasermaler war der Grenzwert überschritten.

 

Abb. 1: Vorbereitung für die Messung: grüner und roter Filz mit und ohne Lösungsmittel.

Abb. 1: Vorbereitung für die Messung: grüner und roter Filz mit und ohne Lösungsmittel.

 

Schleimiges Missvergnügen

Neben den Schwermetallen ist auch das Element Bor bzw. dessen Säure schädlich. Seit Jahren ist bekannt, dass sogenannte „Schleimmassen“ viel Borsäure enthalten. Die Borsäure wird einerseits zur Konservierung zugesetzt. Andererseits ist die Chemikalie wesentlich dafür verantwortlich, dass die Masse ihre schleimartige, dehnbare Konsistenz erhält.

 

Auch in Knetmassen kann Borsäure zur Konservierung eingesetzt werden.

 

Borsäure ist als reproduktionstoxisch eingestuft und sollte daher nicht in höheren Mengen im Spielzeug vorkommen. Seit Juli 2013 gelten neue Grenzwerte für toxische Elemente in Spielzeug, wozu auch Bor gehört.

 

Soll Spielzeug hinsichtlich seiner Abgabe an toxischen Elementen, (z.B. Bor) beurteilt werden, so muss die Spielzeugbeschaffenheit geprüft werden. Die neuen Grenzwerte sind in drei Kategorien eingeteilt, die von der Konsistenz und Art des Spielzeugs abhängen. Es werden folgende Kategorien unterschieden (Grenzwert für Bor):

 

  • abgeschabtes Spielzeugmaterial z.B. Lack von Holzspielzeug (15 000 mg/kg)
  • trockenes, brüchiges bzw. geschmeidiges Spielzeugmaterial (1200 mg/kg)
  • haftendes bzw. flüssiges Spielzeugmaterial (300 mg/kg)

 

2013 wurden insgesamt 19 Proben Schleim- und Knetmassen auf ihre Borsäure- bzw. Borabgabe untersucht. Die Knetmassen enthielten wenig oder kein Bor. Wohingegen 5 Schleimmassen hohe Borgehalte aufwiesen.

Die untersuchten Proben lagen mit ca. 350 mg/kg bis 790 mg/kg zwischen dem Grenzwert für haftendes bzw. für geschmeidiges Material. Allerdings blieben nur bei zwei Proben Reste an der Haut haften. Bei diesen beiden Proben war der Grenzwert nach der oben genannten Einteilung überschritten und wurden daher entsprechend beurteilt.

 

Exotische Fundstellen

Durch das bundesweite Monitoring lag 2013 ein Schwerpunkt der Untersuchungen auf Weichmacher in Spielzeug, Körper- und Schleimhautkontaktmaterialien (z.B. Gebisse).

 

Abb. 2: Im Dunkeln leuchtende Vampirgebisse aus dem Faschingsbedarf.

Abb. 2: Im Dunkeln leuchtende Vampirgebisse aus dem Faschingsbedarf.

 

In diesem Rahmen wurden auch Spielwaren wie Rasseln, Greiflinge, Ziehfiguren und Puppen aus weichem Kunststoff untersucht.

 

Bei den Rasseln und Greiflingen zeigten die Untersuchungen, dass die Hersteller auf alternative Materialien umgestiegen sind. So war keines der Produkte aus weichmacherhaltigem Polyvinylchlorid (PVC), sondern aus weniger kritischen Materialien wie Polyethylen, Polystyrol und Mischpolymeren hergestellt.

 

Auch die Puppen und Ziehfiguren, die aus PVC-haltigen Materialien hergestellt waren, enthielten keine für Spielzeug verbotene Phthalatweichmacher.

 

Der Trend der letzten Jahre, dass verbotene Weichmacher nur noch selten in Spielzeug verwendet werden, wurde durch die Untersuchungen in 2013 bestätigt. Bei den positiven Befunden handelte es sich eher um exotische Produkte, wie eine Schnur zum Auffädeln von Perlen, „Zuckerstreusel“ eines Donut-förmigen Kosmetikspiegels (s.a. Bild) und die aus PVC-Bodenmaterial bestehende Unterseite eines in einem Handwerkbetrieb hergestellten Holzpuzzles.

 

Abb. 3: Donut-Kosmetikspiegel mit phthalathaltigen „Zuckerstreusel.

Abb. 3: Donut-Kosmetikspiegel mit phthalathaltigen „Zuckerstreusel.

 

Ungewollt bunt

Neben dem genannten Puzzle wurden im Jahr 2013 weitere Holzspielwaren unter die Lupe genommen. Hierzu zählten hauptsächlich Holzperlen und Spielzeug für kleine Kinder. Ein Schwerpunkt lag auf der Untersuchung des Farbstoffübergangs im Kontakt mit Speichel und Schweiß während des Spielens.

 

Für die 29 Holzperlensets, waren aufgrund der Farbvielfalt 144 Einzeluntersuchungen notwendig. Acht Sets zeigten einen Übergang an Farbstoffen. Von den 29 Proben Holzspielzeug zeigten 5 Proben einen Farbstoffübergang.

 

Abb. 4: Farbstoffübergang von Holzwürfeln zum Basteln bei Kontakt mit Schweißsimulanz- ge-tränkten Filterpapierstreifen.

Abb. 4: Farbstoffübergang von Holzwürfeln zum Basteln bei Kontakt mit Schweißsimulanz- getränkten Filterpapierstreifen.

 

Werden für Lebensmittel oder Kosmetika zugelassene Farbstoffe verwendet, ist ein möglicher Farbstoffübergang zwar ärgerlich für den Verbraucher, aber für die Gesundheit nicht kritisch.

 

Bei drei der Perlensets und zwei der Spielzeuge wurde der Farbstoff Rhodamin B identifiziert. Der Einsatz dieses Farbstoffs ist aufgrund seiner negativen Wirkung auf den Menschen bedenklich (s. Infokasten). Daher darf Rhodamin B nach unserer Auffassung für Bedarfsgegenstände mit Haut- bzw. Schleimhautkontakt, insbesondere wenn mit einem Übergang auf die Schleimhäute zu rechnen ist, nicht eingesetzt werden.

 

Infokasten

Rhodamin B

Bei Rhodamin B -auch Brilliant Pink B genannt- handelt es sich um eine Substanz, die von der International Agency for Research on Cancer (IARC) als möglicherweise krebserregend (Gruppe 3) aber auch genotoxisch für den Menschen eingestuft wurde. Die europäische Lebensmittelbehörde EFSA hat in ihrer Stellungnahme von 2005 festgestellt, dass dieser Farbstoff aufgrund der o.a. Kategorisierung der IARC nicht in Lebensmitteln verwendet werden darf. In Kosmetika ist die Verwendung dieses Farbstoffes seit 1993 verboten.

 

Fazit aus den Untersuchungen in 2013

Aus den Untersuchungen in 2013 und mit Rückblick auf die vergangenen Jahre lässt sich schließen, dass die Grenzwerte für Spielzeug eingehalten werden. Dies zeigen die eher „exotischen“ Beispiele für Verstöße gegen das seit 2007 bestehende Phthalatverbot.

Treten neue Grenzwerte, wie im Falle des Bors in Kraft, sind trotz langer Übergangszeiträume von der Veröffentlichung bis zur Gültigkeit eines neuen Grenzwertes (hier 4 Jahre), Schwerpunktkontrollen durch die Überwachung notwendig, bis der Grenzwert flächendeckend berücksichtigt wird.

 

Bildernachweis

CVUA Stuttgart

 

Quellen

BfR: Borsäure in Hüpfknete, Gesundheitliche Bewertung Nr. 014/2005 des BfR vom 27. Oktober 2004 http://www.bfr.bund.de/cm/343/borsaeure_in_huepfknete.pdf

 

EFSA: Opinion of the Scientific Panel on Food Additives, Flavourings, Processing Aids and Materials in Contact with Food on a request from the Commission to Review the toxicology of a number of dyes illegally present in food in the EU, Question No EFSA-2005-082, The EFSA Journal 263, 1-71 (2005), im Internet veröffentlicht unter:

http://www.efsa.europa.eu/en/efsajournal/pub/263.htm

 

Artikel erstmals erschienen am 07.04.2014