Nitrosamine in Babyartikeln und Luftballonen
Dr. Gabriele Steiner
Während in Flaschen-und Beruhigungssaugern in Bezug auf die Abgabe von Nitrosaminen auch in 2012 keine Auffälligkeiten festgestellt wurden, war dies bei Luftballonen nicht der Fall. Von insgesamt 28 Proben lagen 6 Proben (= 22%) über der zulässigen Höchstmenge. Trotzdem zeichnet sich auch für diese Produktgruppe - über mehrere Jahre gesehen - eine kontinuierliche Verbesserung der Qualität ab. Allerdings ist hier wie auch bei anderen Erzeugnissen aus Latex bzw. Naturkautschuk (z.B. Spieltiere) eine sorgfältige Überwachung des Produktionsprozesses durch den Hersteller außerordentlich wichtig: denn augenscheinlich können dieselben Erzeugnisse desselben Herstellers bezüglich ihrer Nitrosaminbelastung sehr verschieden sein.
Was sind Nitrosamine bzw. nitrosierbare Stoffe?
Nitrosamine sind Stoffe, die als krebserregend eingestuft sind. Bei nitrosierbaren Stoffen handelt es sich um Vorstufen der Nitrosamine, die sich beim Herstellungsprozess und insbesondere bei der Vulkanisation aus den hier verwendeten Hilfsstoffen bilden können. Der Gesetzgeber hat aufgrund der toxikologischen Relevanz dieser Stoffe Höchstmengen für deren Abgabe festgelegt..
Unsere Untersuchungsergebnisse der vergangenen Jahre
Luftballone
Seit Jahren stehen Luftballone im Fokus der Untersuchungen in Bezug auf deren Abgabe von Nitrosaminen bzw. nitrosierbaren Stoffen.
Zwar haben sich die Abgabewerte für Nitrosamine in 2012 erfreulicherweise gegenüber den Vorjahren weiter verringert, denn bei insgesamt 24 von 28 Proben (= 86%) lag die Abgabemenge unter der gesetzlich festgelegten Höchstmenge von 50 µg pro Kilogramm Gummimaterial. Jedoch liegt die Produktqualität von Luftballons in Bezug auf die Nitrosaminabgabe immer noch deutlich unter dem Niveau, das im Jahr 2008 Stand der Technik war: hier lagen die Nitrosaminabgabewerte bei insgesamt 91% der untersuchten Luftballone unter der jetzt geltenden gesetzlichen Höchstmenge von 50 µg und 81% sogar unter 10 µg (bis 2008 Richtwert des BfR: 10 µg/kg). Die Einführung des höheren Grenzwertes von 50 µg/kg Mitte des Jahres 2008 führte damit spontan aber auch perspektivisch gesehen zu einer bis jetzt anhaltenden Verschlechterung der Abgabewerte gegenüber dem Qualitätsniveau von 2008.
Abb.1: Nitrosaminabgabe bei Luftballons (2006-2012).
Für die Höhe der Abgabe von nitrosierbaren Stoffen ergibt sich ein ähnliches Bild: Obwohl vor 2008 lediglich ein hoher Richtwert des BfR von 2000 µg/kg für die Abgabe dieser Stoffe galt, lagen die Abgabewerte damals noch zu 100% unter der erst ab 2008 geltenden und niedrigeren Höchstmenge von 1000 µg/kg.
Abb. 2: Abgabe von nitrosierbaren Stoffen bei Luftballons (2006-2012).
Inzwischen hat sich der Prozentsatz der Proben, die einen höheren Abgabewert aufweisen, als die gesetzlich festgelegte Höchstmenge zulässt, auf einem ähnlichen Niveau gehalten: 26% (2009), 23% (2010) und 22% (2012). Wobei die Werte in 2011 eher einen Hoffnungsschimmer zuließen, denn hier war ein dramatischer Rückgang der Beanstandungsquote für die Abgabe von nitrosierbaren Stoffen auf nur 5% festzustellen (s. a. Abb. 2). In 2012 ist die Beanstandungsquote wieder auf 22% angestiegen.
Spielfiguren/-tiere für Babys
Ende 2011 wurde aufgrund einer Pressemitteilung von Ökotest bekannt, dass das Kultspielzeug Sophie la Girafe hinsichtlich hoher Abgabemengen von nitrosierbaren Stoffen aufgefallen war.
In diesem Zusammenhang wurden beim CVUA Stuttgart insgesamt 5 Proben dieser Spielfigur zur Untersuchung vorgelegt. In der Folge wurden in 3 dieser Proben auch erhebliche Überschreitungen der Abgabewerte für nitrosierbare Stoffe festgestellt. Die Abgabemengen dieser 3 Proben lagen weit (um das 18- bis 25-fache) über dem für derartige Erzeugnisse geltenden nationalen Grenzwert von 0,1 mg/kg. Die beiden anderen Proben waren dagegen unauffällig. Äußerlich hatten sich die Proben nicht unterschieden. Das einzige Unterscheidungsmerkmal waren die unterschiedlichen Chargennummern, die lt. Hersteller für unterschiedliche Fertigungszeitpunkte stehen. Die Rückrufaktion des Herstellers startete schließlich Ende Mai 2012. Trotzdem wurde das Verkehrsverbot und die Gültigkeit der nationalen Regelungen Deutschlands von Seiten des Herstellers weiterhin angezweifelt.
Der Beschluss der EU-Kommission (2012/60/EU) vom 1.3.2013 bestätigt jedoch eindeutig die Rechtmäßigkeit der deutschen Regelungen für Spielzeug aus Natur- oder Synthesekautschuk für Kinder bis zu 36 Monaten.
Demnach gelten die niedrigeren deutschen Grenzwerte für Nitrosamine und nitrosierbare Stoffe (0,01 bzw. 0,1 mg/kg) auch nach Inkrafttreten der in der EU-Spielzeug-Richtlinie EU-weit ab Juli 2013 geltenden und deutlich höheren Höchstmengen (0,05 bzw. 1,0 mg/kg).
Die Entscheidungsgründe der EU-Kommission lauten:
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Die Festlegungen der deutschen Grenzwerte von 0,01 mg/kg für Nitrosamine und 0,1 mg/kg für nitrosierbare Stoffe seien zum Schutz der Gesundheit des Kindes erfolgt;
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In 2008 (Zeitpunkt der Festlegung) gab es noch keine EU-weit gültigen Höchstmengen für Nitrosamine, daher besteht keine Konkurrenzsituation;
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Die deutschen Grenzwerte besitzen keine Auswirkungen auf den EU-Binnenmarkt, da sich die Hersteller auf die deutschen Anforderungen einstellen konnten.
Bildernachweis
CVUA Stuttgart