Hydroxymethylfurfural (5-HMF) in getrockneten Früchten – ein Problem?

Stefanie Marschik, Alicia Harter

 

Getrocknete Früchte, wie beispielsweise Rosinen, getrocknete Pflaumen oder Aprikosen, werden gerne als Snack oder zum Frühstück im Müsli gegessen. Durch die Trocknung werden die Früchte länger haltbar und können das ganze Jahr über gekauft und auf Vorrat gelagert werden. Doch der Trocknungsprozess lässt auch unerwünschte Reaktionsprodukte wie das 5-Hydroxymethylfurfural (kurz: 5-HMF) entstehen. In den Jahren 2023 und 2024 hat das CVUA Stuttgart 103 Proben getrocknete Früchte auf ihren Gehalt an 5-HMF untersucht. Dabei waren deutliche Unterschiede bei den verschiedenen Trockenfrüchten zu erkennen.

 

Wie entsteht 5-HMF in getrockneten Früchten?

Frische Früchte weisen einen hohen Gehalt an Wasser und einen geringen Gehalt an Nährstoffen auf . Aufgrund ihres hohen Wassergehaltes sind frische Früchte leicht verderblich. Um Früchte länger haltbar zu machen, werden diese u. a. getrocknet . Durch die Trocknung kann überdies die Konzentration an verschiedenen Nährstoffen erhöht und eine kostspielige Lagerung (u. a. Kühlung und Luftfeuchtigkeitsanpassung) eingespart werden . Konventionelle Trocknungsmethoden sind immer noch die Sonnen- oder Freilufttrocknung, im Laufe der Zeit kamen neue Technologien wie die Ofen-, Mikrowellen-, Vakuum-, IR- oder Gefriertrocknung hinzu .

 

Zu den am häufigsten verzehrten Trockenfrüchten zählen u. a. Rosinen, Pflaumen, Aprikosen, Pfirsiche, Äpfel, Birnen, Feigen und Datteln. Vor der eigentlichen Trocknung werden die Früchte oftmals geschwefelt oder blanchiert. Diese Vorbehandlung dient der Minimierung der enzymatischen Bräunung, d. h. sie erhält zum Beispiel die orange Farbe von Aprikosen, und schützt zudem vor mikrobiellem Verderb und Schädlingen. Durch die Trocknung kann der Wassergehalt der Frucht auf 15–25 %, bei neuesten Verfahren auch bis auf 5 %, gesenkt werden . Rechtlich wird der Wassergehalt für Trockenfrüchte einer Fruchtart durch die Leitsätze für Obsterzeugnisse geregelt, in welcher maximale Wassergehalte festgelegt sind . Nach der eigentlichen Trocknung können die Trockenfrüchte durch nachgeschaltete Wasserdampfbehandlung, schonend rehydratisiert werden. Hierdurch werden die für ihre weiche Konsistenz bekannten Soft-Früchte erhalten .

 

Im Rahmen der Trocknung kommt es aufgrund der Wärmeeinwirkung zu zahlreichen chemischen Reaktionen wie beispielsweise der Maillard-Reaktion. Es entstehen neben gewünschten Reaktionsprodukten wie den geschmacks- und farbgebenden braunen Melanoidinen, auch unterwünschte Reaktionsprodukte wie beispielweise 5-Hydroxymethylfurfural (5-HMF) (siehe Infokasten) .

 

Auswahl an getrockneten Früchten.

Abbildung 1: Auswahl an getrockneten Früchten, von links nach rechts Apfel, Mango, Banane, Gojibeere, Feigen, Datteln, Cranberries, Pflaumen

 

Vorkommen von 5-HMF in Trockenfrüchten

Hohe Gehalte an 5-HMF weisen vor allem kohlenhydratreiche Lebensmittel auf, die einer Erhitzung unterzogen worden sind. Dabei können die Gehalte von wenigen Milligramm pro Kilogramm (z. B. in Wein oder Brot) bis hin zu mehreren Tausend Milligramm pro Kilogramm (z. B. in Trockenfrüchten, Kaffee und Karamellprodukten) variieren .

 

In Fruchtsaft und Honig sind 5-HMF-Gehalte schon länger in Beobachtung. Hier gilt ein hoher 5-HMF-Gehalt als Indiz für eine zu starke, meist technologisch vermeidbare, thermische Belastung der Lebensmittel . Aufgrund der besonderen Herstellungsweise ist bei getrockneten Früchten grundsätzlich mit höheren 5-HMF-Gehalten zu rechnen . Somit sollte es möglich sein, durch schonende Herstellungsverfahren (z. B. durch niedrige Temperaturführung) den Gehalt an 5-HMF deutlich zu reduzieren.

 

Besonders hohe Gehalte wurden in der Literatur bisher u. a. bei Trockenpflaumen (bis 2200 mg/kg), Trockenaprikosen (> 1000 mg/kg) und getrockneten Johannisbeeren (> 1000 mg/kg) beschrieben. Getrocknete Feigen hingegen weisen laut Literatur kaum 5-HMF auf .

 

Infokasten

5-HMF – Bildung und Toxizität

5-HMF kann in Lebensmitteln auf zwei unterschiedlichen Wegen gebildet werden. Zum einen durch einen säurebedingten Umbau von Zuckern (z. B. Glucose oder Fructose) beim Karamellisieren oder über die Maillard-Reaktion, einer Reaktion von Zuckern mit Eiweißstoffen. Die Bildung von 5-HMF über einen säurebedingten Umbau findet überwiegend in Honig statt. Bei Trockenfrüchten entsteht 5-HMF hingegen vor allem durch die Maillard-Reaktion .

 

Chemische Strukturformel von 5-Hydroxymethylfurfural (5-HMF).

5-Hydroxymethylfurfural (5-HMF)

 

Zur Einstufung der Toxizität von Stoffen kann u. a. die in Tierversuchen bestimmte mittlere letale Dosis (LD50) herangezogen werden. Unter der LD50 wird dabei die statistisch errechnete Einzeldosis eines Stoffes verstanden, die bei 50 % der exponierten Tiere innerhalb eines bestimmten Zeitraums zum Tode führt . D. h. je höher der LD50-Wert ist, umso weniger toxisch ist die Substanz.

 

Für 5-HMF konnten durch tierexperimentelle Studien sehr hohe LD50-Werte (LD50 Ratte: 3100 mg/kg KG und LD50 Maus: 1910 mg/kg KG) bestimmt werden, weshalb für 5-HMF von einer sehr geringen akuten Toxizität auszugehen ist. Vor dem Hintergrund des aktuellen wissenschaftlichen Kenntnisstandes ist das Bundesinstitut für Risikobewertung (BfR) in seiner Stellungnahme aus dem Jahr 2011 zu dem Schluss gekommen, dass 5-HMF als gesundheitlich unbedenklich einzustufen ist . Hingegen besitzt das unter bestimmten metabolischen Voraussetzungen durch Sulfonierung gebildete Stoffwechselprodukt Sulfoxymethylfurfural (SMF) mutagenes Potenzial . Ob die in Tierstudien nachgewiesene Metabolisierung von SMF im menschlichen Körper möglich ist, ist bisher jedoch noch nicht abschließend geklärt .

 

Chemische Formel der Umwandlung im Stoffwechsel von 5-HMF zu SMF.

Umwandlung im Stoffwechsel von 5-HMF zu SMF [14]

 

Untersuchungen auf 5-HMF am CVUA Stuttgart

In den Jahren 2023 und 2024 wurde der Gehalt an 5-HMF in insgesamt 82 getrockneten und 12 gefriergetrockneten Früchten (u. a. Aprikosen, Gojibeeren, Pflaumen, Cranberries, Feigen, Datteln, Korinthen, Mangos, Sultaninen und Sauerkirschen) untersucht. Dabei wurden sowohl konventionelle als auch Bio-Produkte, sowie Produkte derselben Art, die zum Teil einem Veredelungsverfahren (Rehydratisierung zur Herstellung von Soft-Früchten, z. B. Pflaumen, Aprikosen) unterzogen worden sind, untersucht. Von den insgesamt 82 untersuchten getrockneten Früchten wiesen mehr als ein Drittel der Proben (32 Proben, 39 %) Gehalte an 5-HMF von mehr als 100 mg/kg auf, der Spitzenreiter, eine Probe getrocknete Cranberries, lag bei 2277 mg/kg (Abbildung 2).

 

Diagramm: 5-HMF-Gehalte in mg/kg in verschiedenen Trockenfrüchten mit eingezeichnetem Median.

Abbildung 2: 5-HMF-Gehalte in mg/kg in verschiedenen Trockenfrüchten mit eingezeichnetem Median (n > 3); Bestimmungsgrenze 5 mg/kg; 2x Ananas, 1x Apfel , 13x Aprikose, 1x Blaubeere, 22x Dattel, 2x Feige, 1x Rosine, 1x Mango, 9x Kirsche, 10x Cranberry, 13x Pflaume.

 

Die Gehalte innerhalb einer Trockenfruchtkategorie können deutlich schwanken, wie Abbildung 2 für getrocknete Kirschen, Cranberries und Pflaumen zeigt. Da zu den untersuchten Proben keine Daten zur Herstellung vorliegen, kann die Ursache der Schwankungen nicht genauer differenziert werden. Vermutlich spielt die Temperaturführung im Trocknungsprozess, das angewandte Trocknungsverfahren und im Falle der Cranberries ihr hoher Säuregehalt (säureinduzierte Bildung von 5-HMF ) eine entscheidende Rolle.

 

In Trockenfeigen, getrockneten Mangostreifen, getrockneten Ananasstücken, getrockneten Datteln und getrockneten Gojibeeren (nicht in Abbildung 2 aufgeführt) wurden die geringsten Gehalte an 5-HMF, unter oder nahe der Bestimmungsgrenze von 5 mg/kg, nachgewiesen. 22 Proben getrocknete Datteln waren gänzlich frei von 5-HMF, wobei in 2 Proben Dattelmark (nicht in Abbildung 2 aufgeführt) zwischen 10 und 20 mg/kg 5-HMF nachgewiesen wurden. Dieser Anstieg an 5-HMF in Dattelmark könnte auf die weitere Verarbeitung, inklusive eines weiteren Erhitzungsschritts, zurückzuführen sein.

 

In den untersuchten getrockneten Aprikosen, Ananas, Äpfeln und Rosinen wurden jeweils geringe Gehalte unterhalb von 100 mg/kg an 5-HMF nachgewiesen.

 

Erstaunlicherweise konnten auch in gefriergetrockneten, und daher nicht thermisch belasteten Früchten (z. B. Erdbeeren, Himbeeren, siehe Tabelle 1) 5-HMF Gehalte bis zu 178 mg/kg nachgewiesen werden. Dies ist ein Hinweis, dass es möglicherweise noch einen temperaturunabhängigen Bildungsweg von 5-HMF in gefriergetrockneten Früchten gibt. Die Untersuchungen im Vergleich zu konventionell getrockneten Früchten werden in 2025 fortgeführt.

 

Tabelle 1: 5-HMF Gehalte in 12 untersuchten gefriergetrockneten Früchten.
Früchte gefriergetrocknet 
Anzahl Proben
Mittlerer 5-HMF Gehalt
Banane 
1
14
Beerenmix (Erdbeer, Johannisbeere, Himbeere) 
1
178
Erdbeere
4
45
Feige
1
< BG
Heidelbeere
1
40
Himbeere
3
104
Mango 
1
< BG

 

Die höchsten Gehalte an 5-HMF, zwischen 100 und 2277 mg/kg 5-HMF, wurden in getrockneten Pflaumen, getrockneten Cranberries und getrockneten Kirschen bestimmt. Vergleicht man innerhalb dieser Warengruppen (getrocknete Pflaumen, Cranberries und Kirschen) die jeweils untersuchten Bio-Produkte und konventionellen Produkte hinsichtlich des 5-HMF Gehalts zeichnet sich eine Tendenz ab, dass die Bio-Produkte einen geringeren Gehalt an 5-HMF aufweisen, siehe Abbildung 3. Eine mögliche Erklärung könnte eine schonendere Temperaturführung sein, hierzu sind jedoch weitere Untersuchungen mit der Erhebung von relevanten zusätzliche Daten, wie beispielsweise dem angewendeten Trocknungsprozess, notwendig.

 

Kastengrafik: 5-HMF-Gehalte mit Mittelwertangabe.

Abbildung 3: Kastengrafik (50 % aller untersuchten Gehalte innerhalb des jeweiligen farbigen Kastens); 5-HMF-Gehalte, mit Mittelwertangabe, in 24 konventionellen und 7 Bio-Trockenfrüchten (Kirsche 6x konventionell und 3x bio, Cranberry 8x konventionell und 2x bio, Pflaume 10x konventionell und 3x bio). Ausreißer Cranberry konventionell mit 2277 mg/kg und Pflaume biologisch mit 603 mg/kg nicht dargestellt.

 

Fazit

Die Untersuchungsergebnisse des CVUA Stuttgart zeigen, dass getrocknete Früchte unterschiedliche und durchaus sehr hohe 5-HMF-Gehalte haben können. Diese reichen von der Bestimmungsgrenze (5 mg/kg) bis hin zu über 2000 mg/kg 5-HMF. Tendenziell zeigen getrocknete Datteln, Feigen, Aprikosen, Goji-Beeren und Mangos niedrigere 5-HMF-Gehalte im Vergleich zu getrockneten Pflaumen, Cranberries und Kirschen auf.

 

Eine rechtliche Vorgabe, wie z. B. einen Höchstwert für 5-HMF in getrockneten Früchten gibt es bislang nicht. Solange nicht abschließend geklärt ist, ob das aus 5-HMF gebildete, toxikologisch relevante Stoffwechselprodukt SMF (siehe Infokasten) auch im Menschen entsteht, sollte der Eintrag an 5-HMF über die Nahrungskette weiterhin durch Untersuchungen der Lebensmittelüberwachung beobachtet und seitens der Hersteller, soweit wie technologisch möglich, reduziert werden. Wir setzen unsere Untersuchungen in getrockneten Früchten auch in 2025 fort.

 

Quellen

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Radojčin, M., Pavkov, I., Bursać Kovačević, D., Putnik, P., Wiktor, A., Stamenković, Z., Kešelj, K., Gere, A. (2021). Effect of Selected Drying Methods and Emerging Drying Intensification Technologies on the Quality of Dried Fruit: A Review. Processes 9/1, 132.

 

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Capuano, E., Fogliano, V. (2011). Acrylamide and 5-hydroxymethylfurfural (HMF): A review on metabolism, toxicity, occurrence in food and mitigation strategies. LWT – Food Science and Technology 44/4, 793–810.

 

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Code of Practice (CoP) des A.I.J.N. (Association of the Industry of Juices and Nectars from Fruits and vegetables of the European Union) für Apfelsaft, Stand September 2019.

 

Murkovic, M., Pichler, N. (2006). Analysis of 5-hydroxymethylfurfual in coffee, dried fruits and urine. Mol. Nutr. Food Res. 50/9, 842–846.

 

Rada-Mendoza, M., Olano, A., & Villamiel, M. (2002a). Determination of hydroxymethylfurfural in commercial jams and in fruit-based infant foods. Food Chemistry, 79, 513–516.

 

[12] Mousavi, R., Alizadeh, M., Saleh-Ghadimi, S. (2016). Consumption of 5-hydroxymethylfurfural-rich dried fruits is associated with reduction in urinary excretion of 8-hydroxy-2´-deoxyguanosine: a randomized clinical trial. Eur Food Res Technol 242/5, 677–684

 

Bundesinstitut für Risikobewertung. Online-Glossar, zuletzt aufgerufen am 18.08.2025.

 

Bundesinstitut für Risikobewertung (2011). 5-HMF-Gehalte in Lebensmitteln sind nach derzeitigem wissenschaftlichem Kenntnisstand gesundheitlich unproblematisch. Stellungnahme Nr. 030/2011, zuletzt aufgerufen am 18.08.2025.

 

Pastoriza de la Cueva S, Álvarez J, Végvári Á, Montilla-Gómez J, Cruz-López O, Delgado-Andrade C, Rufián-Henares JA (2017). Relationship between HMF intake and SMF formation in vivo: An animal and human study. Mol Nutr Food Res. 2017 Mar;61(3).

 

Bildquellen

CVUA Stuttgart: Fiona Schert, Jael Diaz dos Santos

EU-Bio-Logo der Europäischen Kommission

 

Artikel erstmals erschienen am 09.09.2025