Chips, Cracker, Erdnüsse, Salzletten und Co. – Welche Fußball-Knabbereien enthalten am wenigsten Acrylamid?
Ein Bericht aus unserem Laboralltag
Dr. Carmen Breitling-Utzmann
Was wäre ein gelungener Fußball-Abend ohne Chips und andere leckere Knabbereien als Nervennahrung für ein hoffentlich mitreißendes Spiel? Der Inhalt einer Chipstüte erlebt selten die zweite Halbzeit. Von Klassikern wie Kartoffelchips, Crackern und Salzbrezeln bis zu Gemüse- und Linsenchips, die Snackindustrie bietet hier eine große Auswahl. Bei der Herstellung dieser Produkte kann es leider auch zur Bildung von unerwünschten Prozesskontaminanten wie zum Beispiel Acrylamid kommen. Die Untersuchungen des CVUA Stuttgart der letzten Jahre haben gezeigt, dass Kartoffelchips in der Regel die gesetzlich festgelegten Richtwerte einhalten, während in Gemüsechips immer noch zum Teil sehr hohe Gehalte an diesem gesundheitlich bedenklichen Kontaminant enthalten sind. Auch in geschwärzten Oliven sind häufig stark erhöhte Acrylamid-Gehalte zu finden. Wer beim Chipsgenuss die Acrylamidaufnahme niedrig halten möchte, kann zum Beispiel auf Linsen- oder Kichererbsenchips ausweichen. Auch Knabbereien wie geröstete Erdnüsse, Bananenchips oder Nuss-Frucht-Mischungen sind eine gute Alternative, sie wiesen in den Untersuchungen des CVUA Stuttgart eher niedrige Acrylamid-Gehalte auf.
Der herstellungsbedingte Kontaminant Acrylamid bildet sich, wenn die in Lebensmitteln natürlich vorkommende freie Aminosäure Asparagin mit reduzierenden Zuckern wie Glucose oder Fructose bei Temperaturen über 120 °C und geringem Wassergehalt reagiert. Diese Bedingungen herrschen zum Beispiel beim Backen, Frittieren oder Rösten von Lebensmitteln vor. Acrylamid steht im Verdacht, das Erbgut zu verändern und das Krebsrisiko zu erhöhen (siehe auch Infobox am Ende des Artikels).
Da es sich bei vielen beliebten Snacks wie zum Beispiel Kartoffelchips, Cracker, Salzbrezeln oder auch Oliven um hochprozessierte Lebensmittel handelt, können bei deren Herstellung oft Bedingungen herrschen, die die Bildung von Acrylamid fördern.
Das CVUA Stuttgart hat daher in den letzten Jahren auch Snacks unterschiedlichster Art auf Acrylamid untersucht. Die Tabelle zeigt den mittleren Acrylamid-Gehalt (Median), den wir in Produkten wie Kartoffelchips, Crackern, gerösteten Erdnüssen, Kokoschips, Nuss-Frucht-Mischungen wie zum Beispiel Studentenfutter oder auch in Salzbrezeln festgestellt haben.
Lebensmittel (Anzahl Proben) |
min
|
max
|
Median
|
Richtwert
|
Überschreitungen Anzahl (%) |
---|---|---|---|---|---|
[µg/kg]
|
|||||
Nuss-/Fruchtmischung (7) |
< 5
|
21
|
5
|
-
|
|
Kokoschips (9) |
< 5
|
110
|
5
|
-
|
|
Linsen-/Kichererbsenchips (26) |
< 5
|
1600
|
29
|
-
|
|
Geröstete Erdnüsse (12) |
19
|
68
|
37
|
-
|
|
Bananenchips (17) |
42
|
163
|
70
|
-
|
|
Salzstangen, Salzbrezeln (10) |
27
|
200
|
76
|
400
|
0 (0) |
Cracker (24) |
24
|
586
|
168
|
400
|
2 (8) |
Kartoffelchips (63) |
60
|
2430
|
217
|
750
|
8 (13) |
Gemüsechips (112) |
120
|
3570
|
1000
|
-
|
Für Salzbrezeln, Kartoffelchips und Cracker sind in der EU-Acrylamid-Verordnung [1] Richtwerte festgelegt. Diese werden in der Regel auch eingehalten, der mittlere Gehalt liegt sogar deutlich darunter. Dies zeigt, dass die seit 2002 entwickelten Minimierungsmaßnahmen greifen und vereinzelte Richtwertüberschreitungen eher die Ausnahme sind. Auch in Bezug auf andere Inhaltsstoffe und die Kennzeichnung kommt es bei Kartoffelchips selten zu Beanstandungen, wie das CVUA Freiburg im Internet-Beitrag „Unbeschwert knabbern mit Chips und Co.?“ berichtet.
Anders sieht es dagegen bei den gesetzlich noch nicht geregelten Gemüsechips aus. Diese werden häufig aus Süßkartoffeln, Pastinaken und Roter Bete hergestellt, Gemüsesorten die aufgrund ihres höheren Zuckergehaltes anfälliger für die Bildung von Acrylamid sind, als herkömmliche Kartoffeln. Hier wurden vom CVUA Stuttgart im Jahr 2023 sogar Acrylamid-Gehalte bis zu 3500 µg/kg gemessen, mehr als vierfach über dem zulässigen Richtwert für Kartoffelchips. In Bezug auf Gemüsechips ist nicht zu erkennen, dass Minimierungsmaßnahmen durchgeführt werden oder dass diese greifen, siehe hierzu auch unser Internet-Beitrag „5 Jahre EU-Acrylamid-Verordnung – Alles gut?“.
Erfreulich niedrige Acrylamid-Gehalte hat das CVUA Stuttgart in Linsen- und Kichererbsenchips festgestellt. Diese wiesen mit einem mittleren Gehalt von 29 µg/kg nochmals deutlich weniger Acrylamid als herkömmliche Kartoffelchips auf.
Abbildung 1: Grafische Darstellung der mittleren Acrylamid-Gehalte in verschiedenen Snacks in µg/kg. Für die Auswertung wurden die Jahre 2018 bis 2023 bzw. bis Mitte 2024 herangezogen.
Wer statt Chips lieber Oliven snackt, sollte genau auf die Sorte achten. Sogenannte geschwärzte Oliven, die ihre dunkle Farbe nicht durch natürliche Reifung am Olivenbaum, sondern durch einen absichtlich herbeigeführten Oxidationsprozess erhalten, können zum Teil erhebliche Acrylamid-Gehalte aufweisen. Dagegen enthalten grüne oder natürlich am Baum gereifte schwarze Oliven in der Regel kaum Acrylamid. Weitere Informationen hierzu finden Sie in unseren Internet-Beiträgen „Salzige Angelegenheit – Salz und Acrylamid in eingelegten Oliven“ und „5 Jahre EU-Acrylamid-Verordnung – Alles gut?“.
FAZIT
Fußball schauen und dabei wenig Acrylamid knabbern – hier sind Sie die Schiedsrichterin oder der Schiedsrichter. Jede Verbraucherin und jeder Verbraucher kann selbst entscheiden, zu welchen Snacks sie greifen!
Infokasten
Acrylamid – Unerwünschter herstellungsbedingter Kontaminant
Im Jahr 2002 berichteten schwedische Wissenschaftler erstmals über den Nachweis von Acrylamid in Lebensmitteln. Weitergehende Untersuchungen haben gezeigt, dass sich Acrylamid vor allem in stärkehaltigen Lebensmitteln bildet, die trocken erhitzt werden, also zum Beispiel beim Backen, Rösten und Frittieren von Lebensmitteln.
Acrylamid erhöht im Tierversuch die Wahrscheinlichkeit für Erbgutveränderungen und das Auftreten von Tumoren. Epidemiologische Untersuchungen haben bislang noch keinen direkten Zusammenhang zwischen Acrylamid in unserer Nahrung und dem Auftreten verschiedener Krebsarten nachweisen können. Allerdings ist nach toxikologischen Berechnungen der Abstand zwischen der Aufnahme durch die Ernährung und einer im Tierversuch als gesundheitsschädlich festgestellten Acrylamid-Dosis zu gering, um ein Gesundheitsrisiko für den Menschen auszuschließen [2].
Solange das Risiko durch Acrylamid in Lebensmitteln nicht abschließend geklärt ist, gilt das "ALARA"-Prinzip (as low as reasonably achievable): Lebensmittel sollten so hergestellt werden, dass der Gehalt an Acrylamid so niedrig wie möglich ist. Seit 2018 gelten für Lebensmittel, die besonders für die Acrylamid-Bildung anfällig sind, wie zum Beispiel Kaffee, Chips, Cracker oder Pommes frites, EU-weit gesetzlich festgelegte Richtwert, die in der Verordnung (EU) 2017/2158 (EU-Acrylamid-Verordnung) gemeinsam mit entsprechenden Minimierungsmaßnahmen veröffentlicht wurden [1].
Weiterführende Informationen zum Thema Acrylamid finden sie auch in einem Übersichtsartikel zu Acrylamid und in unserem Internetbeitrag "5 Jahre EU-Acrylamid-Verordnung – Alles gut?"
Bildernachweis
Archivbild: Aaron Mervin, Pixabay, CC0 Public Domain
Quellen
[1] Verordnung (EU) 2017/2158 zur Festlegung von Minimierungsmaßnahmen und Richtwerten für die Senkung des Acrylamidgehalts in Lebensmitteln; Amtsblatt der Europäischen Union, L 304/24 vom 21.11.2017
[2] EFSA Panel on Contaminants in the Food Chain (CONTAM). Scientific Opinion on Acrylamide in Food. (2015) EFSA Journal 13(6): 4104–4424, doi:10.2903/j.efsa.2015.4104