Was sind Weiße und Schwarze Trüffel?

Ein Bericht aus unserem Laboralltag

Dr. Pat Schreiter, Ellen Scherbaum

 

Nicht alle Trüffelarten mit weißen bzw. dunkelbraunen bis schwarzen Schalen dürfen einfach als Weiße bzw. Schwarze Trüffel bezeichnet werden, das stellt die Anlage 1 der neuen Leitsätze für Speisepilze und Speisepilzerzeugnisse (2020) nun klar.

 

Bild 1: Verschiedene Trüffelarten mit weißen (erste und zweite Reihe) bzw. dunkelbraunen bis schwarzen Schalen (dritte und vierte Reihe), deren Differenzierung anhand der makroskopischen Merkmale (Aussehen und Geruch) für Verbraucher nicht leicht ist.

Bild 1: Verschiedene Trüffelarten mit weißen (erste und zweite Reihe) bzw. dunkelbraunen bis schwarzen Schalen (dritte und vierte Reihe), deren Differenzierung anhand der makroskopischen Merkmale (Aussehen und Geruch) für Verbraucher nicht leicht ist.

 

Die Leitsätze des Deutschen Lebensmittelbuches beschreiben die Verkehrsauffassung bestimmter Lebensmittel. Sie sind zwar nicht rechtsverbindlich, dennoch sind sie eine Art Standards, die – in der Praxis – den Herstellern, dem Handel, den Verbrauchern und auch der Lebensmittelüberwachung Orientierungshilfe geben. Sie sollen daher auch möglichst die aktuelle Verkehrsauffassung wiedergeben: was Verbraucher unter einer Bezeichnung eines Lebensmittels verstehen und die anderen am Lebensmittelverkehr beteiligten Kreise, wie Hersteller und Handel, akzeptieren. Vor diesem Gesichtspunkt hat die Deutsche Lebensmittelbuch-Kommission am 18.08.2020 im Bundesanzeiger (Fundstelle: BAnz AT 18.08.2020 B4) die Neufassung der „Leitsätze für Speisepilze und Speisepilzerzeugnisse“ [1] veröffentlicht, die die mittlerweile 12 Jahre alte Fassung „Leitsätze für Pilze und Pilzerzeugnisse“ aus dem Jahr 2008 ersetzt .

 

In der Neufassung der Leitsätze für Speisepilze und Speisepilzerzeugnisse wurde die Anlage 1, das „Verzeichnis der üblichen Speisepilzarten“, verschlankt. Diese konzentriert sich jetzt auf für Verbraucher in Deutschland bzw. für die industrielle Verarbeitung relevanten Speisepilze, deren Essbarkeit und Speisewert nach den neuesten mykologischen Erkenntnissen überprüft [2,3] wurde. So wurden beispielsweise neben dem Austernseitling noch weitere Seitlingen wie Kräuterseitling oder Limonenseitling, die in den letzten Jahren vermehrt im Handel zu sehen sind, aufgenommen, und der gern von Verbrauchern gesammelte Schopftintling ist aufgrund seiner leicht Verderblichkeit praktisch nicht marktfähig und wurde daher aus der Liste entfernt.

 

Außerdem wurden in der Anlage 1 der Neufassung die Bezeichnungen der Pilze mit den landläufigen oder den im Handel üblichen Bezeichnungen angeglichen oder ergänzt. So steht z. B. Enoki (die handelsübliche Bezeichnung für die gezüchtete Form) neben Samtfußrübling. Besonders erwähnenswert sind die Änderungen der Bezeichnungen für „Weiße Trüffel“ und „Schwarze Trüffel“.

 

Wenn Trüffelkenner und Feinschmecker von einer Weißen Trüffel sprechen oder von dem komplexen, harmonischen Duft und Geschmack der Schwarzen Trüffel schwärmen, meinen sie zweifellos die weiße Alba-Trüffel (Tuber magnatum) und die schwarze Périgord Trüffel (T. melanosporum). Die weiße Alba-Trüffel (T. magnatum) gehört zu den teuersten Lebensmitteln überhaupt. Für ihren einzigartigen und intensiven Duft zahlen Liebhaber bis zu 6000 Euro für ein Kilogramm. Die schwarze Périgord Trüffel (T. melanosporum), auch schwarzer Diamant genannt, kann bis zu 3000 Euro pro Kilogramm kosten.

 

Auch wenn es innerhalb der EU selten eine einheitliche Verkehrsauffassung für ein Lebensmittel gibt, so war die Diskrepanz bei den Trüffeln seither besonders groß. Versteht man in Ländern wie Italien und Frankreich, wo Trüffel viel häufiger gefunden, in großem Stil gehandelt werden und häufig auf dem Speisenplan stehen, unter „tartufo bianco“ und „tarfufo nero“ bzw. „truffe noire“ und „truffe blanche“ doch die sehr kostbare weiße Alba-Trüffel und die hochgeschätzte schwarze Périgord Trüffel, die einem beide beim Verzehr eine wahrliche Gaumenfreude bereiten!

 

In den alten Leitsätzen für Pilze und Pilzerzeugnisse (2008) stand jedoch bei uns in Deutschland der Begriff „Weiße Trüffel“ statt für die hochpreisige und geschätzte Alba-Trüffel (T. magnatum) für die Mäandertrüffel (Choiromyces maeandriformis) (Tabelle 1). Diese ist zwar auch ein unterirdisch wachsender, knolliger Pilz mit weißlichen Schalen (Bild 2), gehört jedoch nicht einmal zur Gattung der echten Trüffel (Tuber), ist roh giftig und hat kaum Marktrelevanz. Der Begriff „Schwarze Trüffel“ stand nicht für die aromatische Périgord Trüffel (T. melanosporum), sondern für die viel weniger geschätzte China-Trüffel (T. indicum, inkl. T. pseudohimalayense, T. himalayense), die nur verblüffende Ähnlichkeit mit der Périgord Trüffel aufweist (Bild 3), aber ein viel schwächeres Aroma hat. Sie kostet daher auch weniger als ein Zehntel der Périgord Trüffel.

 

Tabelle 1: Die in den „alten“ Leitsätzen für Pilze und Pilzerzeugnisse (2008) aufgelisteten Trüffelarten
Verkehrsbezeichnung Wissenschaftliche Bezeichnung
Burgundertrüffel Tuber uncinatum Chatin (auch T. aestivum forma uncinatum)
Chinesische Trüffel, China-Trüffel
( s. auch Schwarze Trüffel)
Tuber indicum C. & M. (inklusive T. himalayense Zhang&Minter; T. sinense Tao & Liu)
Kalaharitrüffel Terfezia pfeilli Hennings
Löwentrüffel Terfezia leonis Tul. (synonym T. arenaria)
Périgordtrüffel Tuber melanosporum Vitt.
Piemonttrüffel, Weiße Piemonttrüffel Tuber magnatum (Pico) Vitt.
Schwarze Trüffel
(s. auch Chinesische Trüffel, China-Trüffel)
Tuber indicum C. & M. (inklusive T. himalayense Zhang&Minter; T. sinense Tao & Liu)
Sommertrüffel Tuber aestivum Vitt. (im weiteren Sinne auch inklusive T. bituminatum Berk & Br., T. macrosporum Vitt., T. mensentericum Vitt.)
Weiße Trüffel Choiromyces venosus (Fr.) Th. Fr. (Synonym: C. maeandriformis Vitt.)
Wintertrüffel Tuber brumale Vitt

 

Bild 2: Zwei Trüffelarten mit weißlichen Schalen. Links: Alba-Trüffel, Königin aller Trüffelarten; rechts: Mäandertrüffel. Diese kommt zwar in Deutschland vor, hat jedoch keine Marktrelevanz. Roh ist diese Trüffelart sogar giftig.

Bild 2: Zwei Trüffelarten mit weißlichen Schalen. Links: Alba-Trüffel, Königin aller Trüffelarten; rechts: Mäandertrüffel. Diese kommt zwar in Deutschland vor, hat jedoch keine Marktrelevanz. Roh ist diese Trüffelart sogar giftig.

 

Bild 3: China-Trüffel (rechts) hat eine verblüffende Ähnlichkeit mit der Périgord Trüffel (links), ist jedoch viel weniger aromatisch und kostet weniger als ein Zehntel der Périgord Trüffel.

Bild 3: China-Trüffel (rechts) hat eine verblüffende Ähnlichkeit mit der Périgord Trüffel (links), ist jedoch viel weniger aromatisch und kostet weniger als ein Zehntel der Périgord Trüffel.

 

Nach der alten Fassung der Leitsätze durfte die China-Trüffel auch als Schwarze Trüffel deklariert werden und die Angabe der wissenschaftlichen Bezeichnung ist nicht vorgeschrieben. So ist es nicht verwunderlich, dass seit einigen Jahren immer häufiger Lebensmitteln mit „Schwarzen Trüffeln“ im deutschen Handel angeboten werden, meistens zu einem erschwinglichen Preis, gelegentlich sogar mit einem Anteil bis zu 4 %. Nur das erwartete kulinarische Erlebnis bleibt oft aus, da meist die minderwertigere China-Trüffel verwendet wird, die nach den alten Leitsätzen für Pilze und Pilzerzeugnisse (2008) „korrekt“ als „Schwarze Trüffel“ deklariert wurde. Um den sensorischen Eindruck von Trüffeln in solchen Produkten zu verbessern, wird daher häufig künstliches Aroma zugesetzt, das die weiße Alba-Trüffel imitiert.

 

Mit der Neufassung der Leitsätze für Speisepilze und Speisepilzerzeugnisse (2020) dürfen nunmehr nur die Périgord Trüffel (T. melanosporum) als Schwarze Trüffel bezeichnet werden (Tabelle 2). T. indicum/T. himalayense/T.pseudohimalayense müssen fortan als China-Trüffel oder Chinesische Trüffel deklariert werden. Die Sommertrüffel (Bild 1 untere Reihe, erstes Foto) bzw. Burgunder Trüffel, die mit ihren dunkelbraunen bis schwarzen warzigen Schalen ähnlich wie Périgord Trüffel aussehen, dürfen nach wie vor nicht als Schwarze Trüffel angegeben werden, was in der Praxis gelegentlich auch vorkommt.

 

Tabelle 2: Die in den „neuen“ Leitsätzen für Speisepilze und Speisepilzerzeugnisse (2020) aufgelisteten Trüffelarten
Bezeichnung des Lebensmittels Wissenschaftliche Bezeichnung
Chinesische Trüffel, China-Trüffel Tuber indicum C. & M. (inklusive T. himalayense Zhang & Minter, T. sinense Tao & Liu und T. pseudohimalayense G. Moreno, Manjón, Díez & García-Mont.)
Frühlingstrüffel, Bianchetti-Trüffel 1) Tuber borchii Vittad., Syn. Tuber albidum Pico
Kalaharitrüffel Terfezia pfeilii Hennings
Löwentrüffel Terfezia leonis Tul. (Synonym: T. arenaria (Moris) Trappe)
Perigordtrüffel, Schwarzer Trüffel Tuber melanosporum Vitt.
Piemonttrüffel, Weiße Piemonttrüffel, Weißer Trüffel, Alba-Trüffel Tuber magnatum (Picco)
Sommertrüffel, Burgundertrüffel 2) Tuber aestivum Vitt.
Sporenarme Trüffel 1) Tuber oligospermum (Tul. & C. Tul.) Trappe
Wintertrüffel Tuber brumale Vitt.

1) neu aufgenommene Arten

2) Die Burgundertrüffel (T. uncinatum bzw. T. aestivum var. uninatum) wird auf Grund der Ergebnisse der DNA-Analyse wissenschaftlich als spät-reife Fruchtkörper oder Varietät der Sommertrüffel (T. aestivum) angesehen.

 

Mangels Marktrelevanz und Bedeutung wurde die Mäandertrüffel (Choiromyces maeandriformis) aus der Neufassung entfernt. Die Bezeichnung „Weiße Trüffel“ ist nun für die Alba-Trüffel (Tuber magnatum), Königin aller Trüffelarten, reserviert.

 

Damit ist jetzt klar: Nicht alle Trüffelarten mit weißen bzw. dunkelbraunen bis schwarzen Schalen dürfen einfach als Weiße bzw. Schwarze Trüffel bezeichnet werden.

Mit der Neufassung der Leitsätze für Speisepilze und Speisepilzerzeugnisse (2020) deckt sich die Verwendung der Bezeichnungen „Schwarze“ und „Weiße“ Trüffel nun mit den Erwartungen von Feinschmeckern und Trüffelkennern, sogar denen in Italien und Frankreich. Das ist doch erfreulich.

 

Bildernachweis

Für die Verwendungsgenehmigung der Fotos möchten wir uns bei Dr. Klaus Pietsch, CVUA Freiberg, für das Foto „Tuber oligospermum“ (Bild 1 zweite Reihe, erstes Foto) und Peter Reil, Bösingen, für alle weiteren Trüffelfotos sehr herzlich bedanken.

 

Literatur

[1] BMEL: Leitsätze für Speisepilze und Speisepilzerzeugnisse

[2] DGfM: Die Positivliste der Speisepilze Stand: 20.06.2019

[3] DGfM: Liste der Pilze mit uneinheitlich beurteiltem Speisewert Stand: 20.06.2019

 

Artikel erstmals erschienen am 05.10.2020